Der Trümmelmann des Alten Fritz

Autor: Ueberlieferung
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Der Alte Fritz hatte einen Trümmelmann (Trommler), den er sehr hochschätzte; denn solange dieser die Trommel rührte, war,s eine Lust im Feld zu stehn. Zuletzt freilich nützten dem König auch seine Siege nichts mehr, denn das Geld ging ihm aus; er trug schon löcherige Stiefel, in die das Wasser hineinlief, und stieg deshalb lieber nicht mehr vom Pferde.

Eines Tages ließ der König den Trümmelmann zu sich rufen und sprach zu ihm: „Trümmelmann, du mußt mir einige Scheffel Gold herschaffen, kieke mal, wo du die herkriegst!“ Der Trümmelmann machte ein trauriges Gesicht, dann aber fiel ihm ein, daß man dem alten Amtmann von Chorin, einem argen Geizhals und Zauberer, der weder Frau noch Kinder hatte, nachsagte, er habe ungezählte Fässer Goldes in heimlichen Kellern lagern.

Trümmelmann machte sich also auf den Weg. Als er in Chorin anlangte, sah er die Arbeitsleute des Alten sich keuchend bei der Ernte abmühen, denn dem hartherzigen Amtmann ging nichts schnell genug. Trümmelmann stellte sich hin und begann seine Trommel zu schlagen. Gleich bei den ersten Wirbeln belebten sich die Mienen und die Glieder der Arbeiter, und bald lief die Arbeit dahin, als regten sich hundert unsichtbare Hände. Ein solcher Schwung gefiel dem Amtmann, und er überlegte, wie er die wunderbare Trommel an sich bringen könne.

Bei Nacht schlief der Trümmelmann nach schlechtem Abendessen in der Bräustube. An diese stieß eine kleine Kammer, die durch eine schmale offene Spalte mit seinem Schlafraum in Verbindung stand. Der Amtmann hatte ihm streng verboten, hier einzutreten. Gegen Mitternacht erwachte der Trümmelmann von dem Geräusch schlürfender Schritte in dieser Kammer. Dann hörte er eine schwere Tür

gehen, und dampfe Kellerluft drang bis zu ihm hin. Nach einiger Zeit schien sich die schwere Tür wieder zu schließen, und die Schritte entfernten sich.

„Ha,“ dachte Trümmelmann, „das muß ich untersuchen!“ Leise betrat er die Kammer, schlug mit seinem Zunder Licht und trommelte sachte mit den Trommelstöcken die Wände entlang. Auf einmal wich ein Teil der Wand zurück, und eine steile Treppe zeigte sich, die in einen Keller hinunterführte, wo mehrere Reihen von Fässern übereinanderstanden. Hier also war der Schatz! Der Trümmelmann stieg vorsichtig die Stufen hinab und versuchte, eines der Fässer zu bewegen; aber er war es nicht imstande, denn so groß war sein Gewicht.

Am nächsten Morgen geschah alles wie Tags zuvor. Der Amtmann benahm sich noch ungeduldiger, und Trümmelmann mußte trommeln, bis ihm die Hände erlahmten. Endlich – schon stieg der Vollmond herauf – war die Arbeit getan, die letzte Fuhre, ein Fuder Erbsen, in die Scheuer gebracht.

Der geizige Amtmann aber kümmerte sich nicht mehr um seinen treuen Helfer und bot ihm nicht einmal ein Abendbrot. Da las Trümmelmann mit knurrendem Magen voll Ärger die Erbsen auf, die beim Einfahren der letzten Fuhre zur Erde gefallen waren, um sich daraus selbst ein Gericht zu bereiten. Als er aber die Bräustube betrat, wo er die vorige Nacht geschlafen hatte, schoß ihm ein Gedanke durch den Kopf. Rasch eilte er in die Nebenkammer, ließ die Wand zurückweichen und streute auf der Treppe, die zum Keller führte, vorsichtig einen Teil der Erbsen aus. Dann kochte er sich die übrigen und legte sich zur Ruhe nieder.

Alles geschah wie in der vorigen Nacht. Aber auf die schlürfenden Schritte und das Ächzen der Tür folgte diesmal ein dumpfer Fall. Dann war alles still. Als Trümmelmann Nachschau hielt, fand er den Alten am Fuß der Treppe tot liegen.

Nun war der König Erbe des einsamen, kinderlosen Geizhalses. Trümmelmann wollte gleich in aller Früh fort, um es dem König zu melden. Doch gerade als er seine Kammer verließ, hörte er Pferdegetrappel, und bald stand der Alte Fritz mit wenigen Getreuen selbst vor ihm und rief: „Trümmelmann, es steht schlecht, vielleicht kannst du noch helfen, her mit dem Geld und deiner Trommel !“ Da berichtete Trümmelmann, was er erlebt hatte. Neun volle Wagen Gold konnte der König aus dem Keller wegschaffen lassen, und nun nahm der Krieg bald eine bessere Wendung und fand schließlich sein Ende.



Der Alte Fritz kannte nunmehr keine Geldsorgen.