Der Transport der Störe nach dem Fang

Aus: Das Buch für Alle. Illustrierte Familienschrift. Zeitbilder. Heft 1. 1878
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Stör, Fischfang, Fischer, Rogen, Kaviar, Knorpelfisch, Ostsee, Nordsee, Rhein, Weser, Elbe, Oder, Weichsel, Hausen,
Gleich anderen größeren Raubfischen des Meeres pflegen auch die Störe — eine eigene Gattung der sogenannten Knorpelfische, von denen man etwa 7 — 8 Arten kennt — zur Laichzeit in die größeren Ströme hinaufzusteigen, um dort ihre Eier abzulegen, und werden dadurch eine leichte und hochwillkommene Beute für den Menschen. Von den übrigen Meeresfischen unterscheidet sich der Stör durch seinen eigentümlichen Bau mit viereckigem, stark sich verjüngendem Kopfe und spitzer Schnauze und dadurch, dass die Achsenteile des Gerippes knorpelig bleiben und dem Fische eine ungemeine Beweglichkeit und einen starken Ansatz von Muskelfleisch verleihen. Seine lederartige Haut, aus welcher man auch Chagrin oder Fischleder bereiten kann, ist nicht mit Schuppen, sondern mit Knochenschildern bedeckt, welche in fünf Längsreihen über den ganzen Körper verteilt sind.

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Die volkswirtschaftlich bedeutendsten beiden Arten dieser Knorpelstöre sind der eigentliche Stör, der Acipenser sturio der Naturforscher, und der Hausen, Acipenser huso. Ersterer kommt aus der Ost- und Nordsee in Rhein, Weser, Elbe, Oder, Weichsel u. s. w. und wird von Portugal bis Finnland und Island sowohl im Meer wie in den in dasselbe mündenden Flüssen gefangen, kann eine Länge bis zu 18 Fuß erreichen, wird aber meist nur in Exemplaren von 5 — 6 Fuß Länge erlegt. Der Hausen dagegen, der Riese der Familie, der leicht 15 — 24 Fuß lang werden kann und bei den Russen Bjeluga heißt, bewohnt das Schwarze und Asow'sche Meer und den Kaspi-See, steigt von da die in jene Gewässer mündenden Ströme herauf, kommt in der Donau bisweilen sogar bis Preßburg und liefert neben der gepichten Hausenblase (Fischleim) zunächst durch sein nahrhaftes Fleisch, das gleich demjenigen des Störs nicht nach Fisch, sondern eher nach Kalb- oder Rindfleisch schmeckt, einen wesentlichen Beitrag zur Ernährung der russischen Volksmasse. Bei uns in Deutschland ist der Störfang nicht mehr so ergiebig, als er früher war, denn durch unsinnige Verfolgung der laichenden Fische in unseren deutschen Strömen sind Fortpflanzung und Vermehrung derselben gehemmt worden. Vom Stör kann man Alles gebrauchen: die Eier werden eingesalzen und liefern den gesuchten Kaviar; die Haut kann zu Fischleder oder Chagrin, das Knorpelgerüst und die Knochenschilder können zu Leim verarbeitet werden, das Fleisch ist als Speise sehr gesucht, und die Schwimmblase gibt Fischleim gleich derjenigen des Hausens. Die Störe gehören zu den fruchtbarsten Fischen, und manches Weibchen führt über den vierten Teil seines Gewichts an Eiern, oft bis zu 150 Pfund, bei sich; man hat ihrer schon erlegt, die bei einem Gewicht von 28 Zentner gegen 800 Pfund Eier oder Rogen zu Kaviar lieferten. Man fängt den Stör meist mit Netzen, sucht aber die gefangenen Fische so lange wie möglich lebend zu erhalten. Aus diesem Grunde werden den gesungenen Exemplaren, die gewöhnlich 5 — 7 Fuß lang sind, Stricke durch die Kiemendeckel gezogen, während man das andere Ende derselben an den Fischerkähnen befestigt, woraus man die gefangenen Fische dergestalt im Schlepptau umführt, wie wir dies auf unserem Bilde S. 124 sehen. Der Transport in dieser Weise bietet in der Regel keine großen Schwierigkeiten dar, außer bei stürmischem Wetter und widrigem Winde, wo die Fische nicht willig folgen, sondern in die Tiefe tauchen wollen und dadurch oft die Wirkung von Rudern und Segeln beeinträchtigen.

Der Transport der Störe nach dem Fang

Der Transport der Störe nach dem Fang