Der Teufelsberg bei Seckau

Autor: Ueberlieferung
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Es war an einem Johannistag, als die Tochter eines reichen Bauern aus der Umgebung von Seckau am frühen Morgen das väterliche Haus verließ und sich auf den Weg machte, um eine Verwandte zu besuchen. Sie wählte eine Abkürzung, die über den sogenannten Gamskogel führte. Als sie etwa die Hälfte der Strecke zurückgelegt hatte, gesellte sich ein altes Weiblein zu ihr, mit dem sie bald in ein eifriges Gespräch kam, so daß sie gar nicht auf den Weg achtete, den sie eingeschlagen hatten. Erst als es schon gegen Mittag ging, bemerkte sie, daß sie vom richtigen Weg abgekommen war. Da sich auch der Hunger fühlbar machte und sie gerade in der Nähe einer schattigen Schlucht waren, beschlossen sie, dort ihr Mittagmahl zu verzehren.

Die Alte ging voran, das Mädchen folgte nach und sah auf einmal, wie das alte Weib vor einer steilen Felswand stehenblieb und dort anklopfte. Da tat sich plötzlich eine bisher unsichtbare Tür auf durch die das Mädchen mit seiner Begleiterin in eine weite Höhle trat, aus der ihm von allen Wänden Gold und Edelsteine entgegenblitzten. Hohe diamantene Säulen strebten zur Decke des Raumes empor, und überall auf dem Boden lagen Stücke und Klumpen glänzenden Goldes. Verwirrt über den Anblick, der sich da bot, wollte sich das Mädchen mit einer Frage an die Frau wenden. Aber diese war verschwunden. Dafür stand beim Eingang der Höhle ein schmucker Bursche in Jägertracht, der das Mädchen freundlich aufforderte, sich Taschen und Körbchen mit dem herumliegenden Gold und mit Edelsteinen zu füllen. Das Mädchen stopfte die Taschen und das Körbchen, das es am Arm trug, mit dem glänzenden Zeug an und trat dann wieder ins Freie hinaus. Als es sich aber umwandte, waren der hübsche Jüngling und das Tor im Felsen nicht mehr zu sehen; eine glatte Wand ragte hinter ihm auf.

Nachsinnend über diese seltsame Begebenheit, wollte die Bauerntochter ihren Weg fortsetzen, mußte aber zu ihrem Schrecken bald erkennen, daß sie sich in einer gänzlich unbekannten Gegend befand. Spät in der Nacht langte sie wieder in ihrem Vaterhaus ein. Man hatte sie für tot beweint, weil seit ihrem Aufbruch schon viele Monate verstrichen waren.

Die Kunde von diesem wunderbaren Ereignis verbreitete sich rasch und lockte manchen Schatzsucher auf den Berg, ohne daß es aber einem von ihnen gelungen wäre, das geheimnisvolle Felsentor zu finden. Einmal aber kam ein Bursche in das Dorf, dem man ebenfalls die Geschichte erzählte. Er ließ sich genau den Weg beschreiben, fand wirklich die seltsame Schlucht und - 0 Wunder! - sogar das offene Tor im Felsen. Rasch füllte er in der Höhle seine Taschen mit Diamanten und Gold an und wollte gerade den Rückweg antreten. Aber noch bevor er den Ausgang der Schlucht erreicht hatte, stürzte er tot zu Boden.

Als er nicht wieder im Dorf erschien, machten sich die Leute auf die Suche und fanden ihn schließlich beim Ausgang der Schlucht tot auf.

Seit dieser Zeit nennen die Bewohner der Gegend den Gamskogl den »Teufelsberg«; in der Johannisnacht aber sollen an jener Stelle, wo einst der tote: Bursche lag, blaue Flämmchen aus dem Boden züngeln.