Der Spitz.

Eine der Urrassen des Hundegeschlechts
Autor: O. M., Erscheinungsjahr: 1875

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Themenbereiche
Enthaltene Themen: Hunde, Haustiere, Hunderassen, Urrasse
Die nützlichsten und interessantesten Rassen unserer Haustiere sind nicht immer die beliebtesten, weil meist nicht die schönsten, und so ist auch der Spitz oder Spitzerhund eine der weniger bevorzugten und durch sorgfältige Zuchtwahl veredelten Rassen, obschon eine der merkwürdigsten. Alle kompetenten Tierkenner und namentlich Hundekenner sind nämlich darüber einig, dass der Spitz eine der Urrassen des Hundegeschlechts bildet und in seinem Aussehen wie in seinem Wesen unter allen unseren Haushunden dem wilden Hunde am ähnlichsten ist und den eigentlichen Urtypus des Hundes am treuesten bewahrt hat. Die spitzen aufrechtstehenden Ohren, der geringelte Schweif, die starre stockige Behaarung, die spitze Schnauze, die Wachsamkeit und Beweglichkeit und vor Allem die Unermüdlichkeit des Spitzes erinnern ungemein lebhaft an die noch wildlebenden Hunderassen, an den Dingo, an die fast wilden Eskimohunde und an die nahe verwandten verschiedenen Fuchs-, Schakal- und Wolfsarten.

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Dass der Spitz eine Art Urrasse ist, zeigt er ferner durch verschiedene Erscheinungen: einmal paart er sich seltener mit anderen Rassen: zweitens kommt er meist einfach weiß oder schwarz, seltener schwarzweiß gescheckt, noch seltener in anderen Farben als den angegebenen und in einer schmutzigen Isabellfarbe oder Graugelb vor: drittens sind in den einzelnen Abwechslungen seiner Größe und äußeren Erscheinung nur klimatische oder örtliche Einflüsse, Ernährung usw. als maßgebende Verhältnisse und Ursachen zu bezeichnen. Die eigentlichen charakteristischen Merkmale und Eigenschaften der Rasse aber: die breite hohe Stirne und spitze Schnauze, das stehende spitze Ohr, die straffe stockige Behaarung, der spiralig gerollte, meist nach links getragene Schweif, die ungewöhnliche Lebhaftigkeit, Munterkeit, Wachsamkeit, welche bei älteren Tieren leicht in Neid, Kläfferei und Bissigkeit ausarten, — sind dem Spitz in allen Klimaten und unter allen Völkern gleich eigen. Früher sah man selten einen Frachtfuhrmann ohne das Geleit eines solchen Pommers oder Spitzes: heutzutage ist die Rasse etwas seltener geworden in der großen wie in der kleinen Varietät, welche auf unserem Holzschnitt S. 368 abgebildet sind, und man sieht sie am meisten noch bei Fuhrleuten, Schiffern und beim Landvolks. Und doch verdient diese Rasse mehr Berücksichtigung von Seiten des Menschen, denn der Spitz ist der treueste und wachsamste, Haushund, sehr anhänglich und sehr gelehrig und unbestechlich.

Wegen seiner Beweglichkeit taugt er allerdings nicht an die Kette noch lässt er sich gern einsperren: dagegen sieht, hört und wittert er jeden ungewohnten Vorgang und macht namentlich Nachts sogleich Lärm, weshalb auf Einzelgehöften neben großen trägen Hunderassen immer auch ein solch munterer und wachsamer Spitz gehalten werden sollte.

Der Fuhrmanns-Spitz

Der Fuhrmanns-Spitz