Abschnitt 4. Wilde Flüche und Verwünschungen schallten hinter ihm drein von Bord. ...



Wilde Flüche und Verwünschungen schallten hinter ihm drein von Bord. Während der Kapitän aber an Deck sprang und die Bootsmannschaft nach dem zertrümmerten Boote flog, um es so rasch wie möglich wieder aufzuholen und in Stand zu setzen, zog der dritte Harpunier – der recht gut einsah, wie klug der Flüchtling seine Lage überschaut und seine Aussicht berechnet hatte – die unter die Gaffel niedergeholte Flagge auf. Dadurch gab er ein Zeichen, und der erste Harpunier wusste, was das bedeutete.


Tom war indessen rasch wieder nach oben gekommen, und ehe nur die Mannschaft an Bord einen Entschluss fassen oder etwas mit dem misshandelten Boot anfangen konnte, erreichte er die Spitze des Kanus und schwang sich mit Alohis Hilfe hinein. Sein erster Blick aber war nach dem Schiff zurück, an dessen Gaffel eben die englische Flagge emporstieg – sein erster Griff nach dem neben ihm liegenden Ruder, das er rasch erfasste und brauchte, und die drei Männer wussten jetzt, dass ihre glückliche Flucht allein in der Kraft ihrer Arme lag.

„Halt dort!“, schrie der Kapitän, der sich das schon sicher geglaubte Opfer in so kecker Weise unter den Händen fort wieder entzogen sah. „Halt, oder ich schieße euch über den Haufen!“ Seine Drohung war aber machtlos. Er hatte nicht einmal ein Gewehr zur Hand, und nur eine von dem Bootsteuerer mit nach hinten gebrachte Harpune aufgreifend, schleuderte er sie in blinder Wut hinter dem schon wenigstens hundert Schritt entfernten Kanu her. Sie durchflog nicht die halbe Entfernung und verschwand zischend unter der Oberfläche.

Vorn am Bug des Kanus aber schäumte die klare Flut, und das schlanke leichte Fahrzeug hätte, von den kräftigen Rudern getrieben, wie ein Pfeil über die See dahinfliegen müssen, wäre ihnen bei der raschen Fahrt der so genannte Luvbaum nicht im Weg gewesen.

Die Kanus der Eingeborenen, die aus einem ausgehauenen Baumstamm bestehen, würden nämlich auf offener See und bei dem geringsten Wellenschlag, der sie seitwärts träfe, dem Umschlagen leicht ausgesetzt sein. Das zu verhindern, befestigen sie auf einer Seite, mit über dem Kanu angeschnürten Querhölzern, ein Stück sehr leichtes Holz, etwa acht bis zehn Fuß lang, das, vielleicht vier Fuß vom Kanu entfernt, neben ihm auf dem Wasser schwimmt. Dieses hält dasselbe allerdings so vortrefflich im Gleichgewicht, dass es selbst ziemlich schweren Wogen Trotz bieten kann, hemmt es aber auch natürlich in seinem Lauf. Auf übergroße Schnelle kommt es freilich den Indianern selten an, sie wollen nur sicher und bequem fahren, und diesen Zweck erreichen sie dadurch vollkommen.

Toms kühner Angriff auf seinen gefährlichsten Feind an Bord – das Walfischboot – war übrigens so vollkommen geglückt, dass er von dort aus nicht das mindeste zu fürchten hatte – das Zeichen ausgenommen. Das Boot war für die nächste Zeit vollkommen unbrauchbar, denn es hatte sich, außer dem Schlag, den er mit dem Tomahawk hineingeführt, durch den Sturz auch noch eine der Planken losgerissen. Aber die Flagge! Er wusste recht gut, dass die Leute an Land stets ein aufmerksames Auge auf das Schiff leisteten – – Doch hoffentlich hatten sie sich schon mit ihrer Holzladung beeilt und mochten auch gewiss nicht ganz leer zurückkehren. Keineswegs konnten sie wissen, was hier vorgegangen, und die aufgezogene Flagge war ihnen höchstens nur ein Zeichen zu rascher Rückkehr. Das Innere der Bai ließ sich vom Kanu aus allerdings nicht eher übersehen, bis sie die Einfahrt passierten, da die Brandungswellen der Riffe wie eine Mauer dazwischen lagen. Hatten sie die aber erst einmal erreicht, dann wurde ihnen auch die jetzt entgegenkommende Strömung günstig.

Kein Wort wechselten indessen die drei Männer miteinander, und selbst die sonst lässigen Indianer legten sich mit aller Kraft ihrer Sehnen in die Ruder. Jetzt waren sie in einer Höhe mit der Einfahrt – noch eine Bootslänge, und sie mussten den Landungsplatz ihrer Hütten erkennen können – lagen die Boote noch dort, so waren sie gerettet.

„Da kommen sie!“, rief Alohi und deutete mit dem Ruder hinüber. – „Vorwärts!“, lautete der zwischen den zusammengebissenen Zähnen durchgegebene Befehl des Schotten, und in demselben Augenblick verhüllte auch die nächste Brandungswelle der Einfahrt wieder die weitere Aussicht.

Die beiden Walfischboote hatten während der zuletzt beschriebenen Vorgänge das Land erreicht, und der Harpunier, den der Kapitän mit wenigen Worten davon in Kenntnis gesetzt, dass er nicht gesonnen sei seinen ihm früher entlaufenen Zimmermann wieder freizulassen, war beauftragt worden, nur wenigstens etwas des sehr notwendig gebrauchten Holzes an Bord zu nehmen und so rasch wie irgend möglich zurückzukommen. Natürlich durften die Eingeborenen nicht erfahren, was sie beabsichtigten. Denn so gern sie sonst entlaufene Matrosen auslieferten, hätten sie die Wegführung eines jetzt vollkommen zu ihnen gehörenden Weißen doch am Ende nicht gutwillig zugegeben.

Der Kapitän hatte dabei geglaubt, den Schotten ohne die geringste Schwierigkeit an Bord halten zu können; im Guten natürlich so lange wie möglich, sobald das aber nicht mehr anging, mit Gewalt. Einem voll bemannten Walfischboot hätte er sich ja doch nicht, selbst wenn er die Flucht im Kanu wagte, widersetzen können. Dabei war es ihm fatal, dem solcherart überlisteten Opfer lange Rede und Antwort zu stehen – er wusste, er hatte gesetzlich kein Recht, ihn zu halten, denn auf dies Schiff hatte er sich nie verdungen, und er schämte sich vielleicht der Gewalt dem Schwächeren gegenüber. Der wachthabende Harpunier bekam jedoch strenge Order, ihn gleich durch Aufstampfen an Deck heraufzurufen, sobald der Schotte sich ernstlich widersetzen sollte. In der Ausübung seiner Gewalt an Bord konnte er dann auch jedes unangenehmen Gefühls leichter Herr werden. Dass der Zimmermann auf solche Art seine Flucht versuchen könne, war ihm nicht eingefallen.

Mr. Hobart stand indes am Strand und trieb die Eingeborenen zur Eile an, das Holz herbeizuschaffen. Das ging nur nicht so rasch, denn erstlich war er ihrer Sprache nicht mächtig, und dann haben diese Leute auch wirklich gar keinen Begriff von Zeit, und kennen deshalb auch keine Eile. Was bei ihnen heut nicht fertig wird, bleibt eben auf morgen liegen, das ist der ganze Unterschied, und der morgende ein ebenso guter Tag dafür. Dass die fremden Boote übrigens anders dachten, war ihnen schon von früher her bekannt – die machten immer, dass sie nur so rasch wie möglich wieder fortkamen. Daher, und weil Tomo sich ja auch noch draußen an Bord befand und alles Übrige schon abmachen würde, verstanden sie sich endlich dazu, das Holz aus dem Schatten der Waldung heraus bis auf den Sand zu werfen. Während einige dreißig Mann, von allen Frauen und Mädchen begleitet, die sich um sie her lagerten und ihnen zuschauten, lachend und miteinander schwatzend an die Arbeit gingen, bildete der Harpunier aus seinen Leuten, mit einem andern Teil der Eingeborenen, zwei Ketten, um sich die Scheite einander bis an die Boote zuzuwerfen. Die Bootssteuerer legten es dort so ein, dass es später den Rudernden nicht im Weg sein sollte.

Scheit nach Scheit folgte solcher Art ziemlich rasch einander und wurde in beiden Booten zugleich untergebracht. Noch waren dieselben aber nicht zur Hälfte gefüllt, als der zweite Harpunier, der die eine Kette unter seiner Aufsicht hatte, die wehende Flagge an Bord bemerkte und seinen Vorgesetzten darauf aufmerksam machte.

„ Alle Teufel!“, rief dieser. „Da ist etwas vorgefallen! In eure Boote, Leute – rasch – wir müssen erst sehen, was es ist – in eure Boote sag ich!“

„Und das Holz?“, fragte der zweite Harpunier.

„Mögen die Faulenzer indessen zum Strand schaffen“, rief der erste. „Das bisschen Bewegung wird ihnen überhaupt ganz heilsam sein.“

Während die Leute, dem Befehl gehorsam, auf ihre Plätze sprangen, sahen die Eingeborenen ganz erstaunt die so plötzlich aufgegebene Arbeit an. Dass ihnen der Harpunier dabei mit Zeichen bedeutete, nur ungehindert fortzutragen bis er zurückkomme, machte auch keinen weiteren Eindruck auf sie. Wenn er zurückkam, war es eben noch Zeit genug, und sie sammelten sich jetzt am Strand, um den rasch abstoßenden Booten nachzuschauen. Im Ganzen war es ihnen übrigens recht; brauchten sie doch jetzt vor der Hand nicht länger Holz zu schleppen, und wenn die Weißen das andere haben wollten, würden sie schon wiederkommen. Kamen sie aber nicht, nun so brachte Tomo die Waren für das mitgenommene Holz zurück.

„Wetter noch einmal!“, sagte der Harpunier, der vorn auf der Bank seines kleineren Bootes stand und nach dem Schiff hinüberzusehen versuchte. „Ich möchte nur wissen, was der Alte hat. Wenn er uns noch eine Viertelstunde drüben ließ, waren wir mit allem fertig, und nachher haben wir das verdammte Anlaufen gleich an der nächsten Insel wieder. Da soll immer Zeit gespart werden, und wird nur mehr verwüstet.“

„Am Ende ist irgendetwas mit dem ‚frischen Matrosen‘ vorgefallen“, lachte der Bootssteuerer.

„Nun, mit dem einen Mann und den paar roten Jungen werden doch die zwölf oder dreizehn Menschen, die noch an Bord sind, wohl fertig werden“, brummte der Seemann mit einem halbverbissenen Fluch durch die Zähne. „Das ist überhaupt fauler Kram, und ich wollte – aber was geht’s mich an – was er tut, mag er auch verantworten.“

Die Boote hatten indessen keinen besonders schnellen Fortgang gemacht, da das Holz den Rudernden im Wege war. Nur die ausgehende Ebbe begünstigte sie, und sie näherten sich eben der Ausfahrt, als der alte Harpunier die Flüchtigen erblickte, die eben in wilder Eile an der Einfahrt vorbeiruderten.

„Verdamm mich –“, rief er. „Da geht das Kanu! – Legt euch in die Riemen, Jungen, dass wir nachkommen! Weshalb, zum Teufel, setzen sie denn da nicht mit ihrem Boote nach?“

„Vielleicht sind sie hinterher – wir können sie nur von hier aus noch nicht sehen“, warf der Bootssteuerer ein.

„Hol der Henker das verdammte Holz!“, fluchte der Harpunier wieder. „Die Leute können sich nicht rühren – werft den Bettel über Bord – doch nein – lasst uns erst draußen sein, dass wir den Platz übersehen können.“

Das wäre auch leichter gesagt als ausgeführt gewesen, denn wenn sie das Holz über Bord werfen sollten, mussten sie indessen die Ruder ruhen lassen. Schärfer griffen sie aus, und es dauerte nicht lange, so erreichten sie die Einfahrt in die Riffe, an denen hin sie jetzt das Kanu flüchtig hinabgehen sahen. Der Harpunier, der sein kleines Fernrohr bei sich hatte, erkannte aber damit den Schotten, und wenn er auch noch nicht begriff, wie das alles gekommen sein konnte, so wusste er doch, was der Kapitän von ihm wollte, und folgte seiner Pflicht.

Der in der Richtung nach dem Kanu hin ausgestreckten Hand, dem Zeichen für den Steuernden, gehorchte dieser augenblicklich, der Bug des Bootes flog herum, und während die Leute ihr Möglichstes taten, rascher vorwärts zu kommen, sprang der Harpunier mitten ins Boot hinein und schleuderte selber alle Stücke Holz, die nur irgend den Ruderern im Wege lagen, über Bord. Ein Blick auf das Schiff zeigte dabei, dass er die Absicht des Kapitäns erfüllte, denn die Flagge war wieder eingezogen worden, und die Lucy Evans wendete sich sogar und setzte die oberen Segel, um der Jagd so nahe wie möglich zu bleiben.

Je mehr Holz der Seemann hinauswarf, desto leichter wurde das Boot, desto rascher schoss es vorwärts, und es war schon augenscheinlich, dass sie sich dem verfolgten Kanu näherten. Eine andere Einfahrt in die Riffe, der dasselbe jedenfalls zustrebte, war auch noch nicht zu sehen, oder lag wenigstens von der Brandung verdeckt, und Tom erkannte bald zu seinem Entsetzen, dass die Gefahr, wieder genommen zu werden, mit Riesenschritten über ihn hereinbreche. – Aber die Einfahrt lag gar nicht mehr so fern, und so schmal war diese, dass ihm das Boot kaum wagen durfte, dahinein zu folgen, noch dazu, da es an dieser selben Stelle nie hätte wieder ausfahren können. Die offene See wieder zu erreichen, musste es einen weiten Umweg machen, und zwar im Binnenwasser hin, an der volkreichsten Stelle der Insel vorbei, von wo aus ihm Toms jetzige Landleute doch vielleicht Hindernisse in den Weg legen könnten. Nur jene Einfahrt vor dem Boot zu erreichen, war jetzt die Aufgabe, und das schien nur möglich, wenn sie den hindernden Luvbaum abwarfen.

Ein paar rasch mit Alohi gewechselte Worte erhielten dessen Zustimmung, und Tom riss das Messer, das er noch vom früheren Seeleben an der Seite trug, heraus, um den Bast zu durchschneiden, mit dem die Querstücke daran befestigt waren. Das war im Nu, wenigstens dort, wo er saß, geschehen, der Luvbaum war indes hinten sowohl als vorn befestigt. Während er aber das Querstück mit der Hand hielt, um sein Messer Alohi zurückzureichen, fuhr ihm das glatte Holz, gegen das die Flut jetzt presste, unter der Hand weg. Das Kanu, noch von den beiden anderen Ruderern fast mit derselben Schnelle vorwärts getrieben, bekam durch das gegen das Wasser stemmende Querholz eine andere Richtung und schoss, aus seinem Kurs abdrehend, gerade gegen die Brandungswellen zu.

Alohi beseitigte allerdings mit zwei kräftig geführten Schnitten das Hindernis, aber das schmale Fahrzeug kam dadurch ins Schwanken, und die Indianer sowohl wie besonders Tom, die das Balancieren in so leicht beweglichem Kahn nicht gewohnt waren, brauchten mehrere Minuten, ehe sie nur wieder fest genug saßen, um den Bug desselben der vorigen Richtung zuzudrehen und von den drohenden Brandungswellen abzuwenden.

Das Walfischboot war in dieser versäumten Zeit auf kaum zweihundert Schritt herangekommen, und so nah klang das regelmäßige Ruderausheben in den Dollen desselben, dass Tom wieder und wieder scheu den Kopf danach zurückwarf. Einen Augenblick, als sich das Kanu so plötzlich wandte, hatte der Harpunier allerdings schon geglaubt, das verfolgte Boot hätte irgendeine Einfahrt zwischen den Brandungswellen erreicht und wolle dieselbe benutzen, bald erkannte er aber die wahre Ursache, und ein triumphierendes Lächeln zuckte über seine Züge. Ihn selber dauerte der arme Teufel, den er hier wie einen Verbrecher wieder einfangen musste, und er würde an des Kapitäns Stelle vielleicht anders gehandelt haben, aber der Reiz der Jagd riss ihn auch wieder so weit mit fort, dass er jetzt sein eigenes Leben mit Freuden in die Schanze geschlagen haben würde, nur um den Flüchtigen wieder in seine Gewalt zu bringen.

Es ist das oft ein wunderlicher Zwiespalt in unserem Herzen, von dem wir uns nur selten Rechenschaft zu geben wissen, und manchmal ist’s, als ob irgendein Dämon mit unserem besseren Selbst ringe und kämpfe – und leider trägt der Teufel fast stets den Sieg davon.

Außerdem wäre es ja aber auch eine Schande gewesen, wenn ein Kanu, von drei Rudern getrieben, seinem Boot, dem schnellsten an Bord, in dem vier Riemen mit äußerster Anstrengung geführt wurden, entkommen sollte. Er hätte sich ja geschämt, wieder an Bord zurückzukehren. Unterdessen warf er, mit diesen Gedanken beschäftigt, Scheit nach Scheit über Bord, dass ihm der Schweiß in großen hellen Tropfen von der Stirn lief.

„Das Kanu hat den Luvbaum abgeworfen, um schneller vorwärts zu kommen!“, rief jetzt der Bootsteuerer, der es ebenfalls bemerkt hatte, triumphierend aus. „Seht nur, wie sie hin und her schwanken. Wir gewinnen mit jedem Ruderschlag!“

„Hurra meine Jungen!“, schrie der Harpunier. „Doppelten Grog heut Abend für euch, wenn ihr die Burschen einholt. Nur zehn Minuten, und sie sind unser!“

„Wir kommen nicht von der Stelle, Tom!“, rief Indessen Alohi mit Todesangst dem Weißen zu. „Wenn wir uns viel regen, schlagen wir um!“

„So steuere gerade in die Brandung hinein! „, antwortete der Schotte in Verzweiflung. „Dorthin wagen sie nicht zu folgen, und – besser tot als gefangen.“

„Hier nicht!“, rief aber Alohi ängstlich zurück. „Um unser aller Willen hier nicht. Die Riffe liegen scharf und ausgedehnt dahinter, und unsere Leiber würden zerschmettert und zerrissen werden, ehe sie das Binnenwasser erreichten.“

„Dann sind wir verloren“, murmelte Tom dumpf vor sich hin, während durch eine unvorsichtige Bewegung das Kanu wieder ins Schwanken kam. Die drei Ruder mussten aufhören zu arbeiten, und in derselben Minute schoss der Bug des Walfischbootes an sie heran.

„Komm herüber, mein Bursche, und mache keine unnützen Schwierigkeiten mehr“, sagte der Harpunier, fast eher in einem freundlichen als barschen Ton. „Du siehst, du kommst nicht fort – spring ins Boot und lass die roten Jungen ihr Kanu in Gottes Namen weiter rudern.“

„Mit welchem Recht fallt Ihr mich hier auf offenem Meere an?“, rief aber der Schotte entrüstet. „Seid ihr Freibeuter, dass ihr presst, was ihr zu eurem Dienste braucht?“

„Das macht mit dem Alten aus“, erwiderte ruhig der Harpunier. „Ich habe nur den Auftrag, Euch einzubringen.“

Die Matrosen hatten indessen das Kanu gefasst, und der Harpunier streckte den Arm nach dem Unglücklichen aus.

„Es tut mir bei Gott selber Leid“, setzte er dann leise hinzu. „Aber – zum Teufel, wer hieß Euch auch wieder in des Löwen Rachen hineinsteigen; macht aber jetzt gute Miene zum bösen Spiel, denn das Schlimmste ist doch nur eine Trennung von zehn oder zwölf Monaten von Eurer Insel. Bis dahin haben wir unser Schiff voll, und dass Euch der Kapitän dann hier wieder abliefert, versteht sich wohl von selbst.“

Tom Burton stand einen Augenblick zaudernd in seinem schwanken Kahn. Noch konnte er sich losreißen und über die Brandungswellen hin Tod oder Freiheit suchen – aber die Lust zum Leben siegte doch in ihm. Vom Bord des Schiffes aus war vielleicht noch Rettung möglich – die Wellen hier hätten ihn dem sichern Tod entgegengeschleudert.

„Leb wohl, Alohi“, sprach er, dem Schwager die Hand reichend. „Grüß deine Schwester von mir und sag ihr, was du gesehen hast. Wenn die Brotfrucht zum zweiten Male reift, bin ich hoffentlich wieder bei euch – vielleicht auch früher“, setzte er mit fest zusammengebissenen Zähnen hinzu.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Der Schiffszimmermann