Der Karmeliterhof.

Ob der Karmeliterhof einst von den Karmelitermönchen erbaut wurde, ob er seinen Namen davon herleitet, daß die Nutznießung der kleinen Land- und Weinwirthschaft irgend einer Kirche oder einem Lehrinstitut zu Gute kam, weiß heute wohl kaum noch Jemand. Sicher ist nur, daß das uralte Gehöft mit einem Kloster gerade so viel Aehnlichkeit hat, wie ein Fabrikschornstein mit dem Thurm eines Münsters. An das zweistöckige Wohnhaus, dessen drei Fenster breiter Giebel von dem sanft ansteigenden Abhange aus weit über den Rhein hinschaut, schließt sich auf dem anderen Giebel als Fortsetzung eine Scheune an. Von dieser zweigt sich im rechten Winkel ein geräumiges Kelterhaus ab. Das ist Alles, was von dem Karmeliterhofe übrig geblieben, denn die zerfallenen Mauern eines alten Steinkohlenhofes zählen nicht mehr mit; verschwunden ist der massiv errichtete Stall, welcher den Hof gegen Süden abschloß, verschwunden die breite Einfahrt mit den schwergezimmerten Thorflügeln, selbst die Bezeichnungen „Scheune“ und „Kelterhaus“ passen nicht mehr, seitdem diese Gebäude im Innern mit Mauern durchzogen und auf solche Weise etwa ein halbes Dutzend kleiner Miethswohnungen eingerichtet wurden. Je kleiner und abgelegener aber eine Häuslichkeit, um so einladender erscheint sie arbeitsscheuen, mit den Gesetzen auf dem Kriegsfuß lebenden Menschen, und so mochte des Herrn Sebaldus Splitter Bemerkung, daß Gesindel den Karmeliterhof bewohne, bis zu einem gewissen Grade ihre Berechtigung haben.

Und so lag denn der Karmeliterhof an jenem sonnigen Septembertage inmitten der wüsten Gartenfelder und verwilderten Anlagen wie ein zerlumpter Bettler da, welcher, des ewigen Landstreichens und seiner verrotteten Zeugfetzen müde, ernst mit sich zu Rathe geht, ob es nicht vorzuziehen, mittels eines Strickes und eines gesunden Baumastes sich auf kürzestem Wege aus dem irdischen Jammerthal hinauszuhelfen. Von dem Kalkanstrich der Mauern waren nur noch dünn gesäte weiße Inseln auf röthlichem Grunde geblieben. Die mit verwitterten und bemoosten Pfannenziegeln belegten Dächer nahmen sich aus, als hätten sie, des hundertjährigen Dienstes müde, nur auf die Gelegenheit geharrt, mit Anstand als eine stäubende Schuttmasse in sich zusammenzusinken und die zum größten Theil aus Wurmmehl bestehenden Sparren mit hinabzureißen. Wohl rauchten ein paar Schornsteine, aber wie aus Gnade und Barmherzigkeit, und blind und gardinenlos schauten die Fenster auf den mit einer starken Kehrichtlage bedeckten Hof nieder. Dabei Leben überall, und auch wieder keins! Vor einer gemauerten Hütte lagen an verrosteten Ketten drei halb verhungerte Hunde. Träge schnappte bald der eine, bald der andere nach einer Fliege, oder man hätte sie für mumienartig zusammengetrocknete Leichen halten können. Aehnlich lagen und wälzten sich zerlumpte Kinder im Staube, sich gegenseitig einen schrecklich entstellten Zeugstiefel an den Kopf werfend. In der Thür des Kelterhauses kauernd stillte eine schlampige Mutter ihren Säugling. Beide schienen zu schlafen, auch der rothköpfige Bursche, der an dem einen Fenster saß, Kopf und Arm in einer beinahe unmöglichen Stellung auf das Fensterbrett stützte und mit der anderen Hand eine zwischen seinen Zähnen hängende kurze Pfeife hielt. Hin und wieder stahl sich ein Rauchwölkchen zwischen den rothbärtigen Lippen zu dem eingeknickten Schirm seiner abgegriffenen Soldatenmütze empor. Sogar die Sperlinge, die sich zwitschernd in dem übelduftenden Staube badeten, erinnerten an gottvergessene Vagabonden. Und über dieser Stätte traurigen Verfalls und widerwärtiger Verkommenheit wölbte sich ein Himmel so klar und blau, wie nur je über einer Heimat des Friedens und ungetrübten Glückes. Zwischen den Wipfeln der hinter Scheune und Wohnhaus emporragenden Bäume aber zitterten die glänzenden Sonnenstrahlen, gleichsam liebkosend die stummen Zeugen besserer Tage, sie entschädigend für die sie umringende, beinahe menschenfeindliche Wildniß.


So das Aeußere des Karmeliterhofes. Um sein Inneres bis in alle Winkel hinein kennen zu lernen, hätte es einer gewissen Todesverachtung bedurft. Nur in dem ursprünglichen Wohnhause herrschte noch etwas Ordnung, mochte dieselbe immerhin den Charakter des Krampfhaften tragen.

So waren im oberen Stockwerk die nach der Nordseite hinausliegenden drei Zimmer, deren geräumigstes bis in den östlichen Giebel hineinreichte, sauber tapeziert und mit Möbeln versehen, welche mindestens auf eine sorgenfreie Lage und guten Geschmack des Bewohners deuteten. Bilder hingen an den Wänden, meist Darstellungen von Rassepferden und Tänzerinnen, Teppiche lagen auf den Fußböden, nur nicht in dem abgesonderten kleinsten Gemach, welches in eine Art Küche verwandelt worden war, und endlich wurden die Fenster von schweren farbigen Gardinen beschattet, die dafür zeugten, daß man bei der ersten Ausschmückung der Wohnung nicht gespart hatte. An der Thür, durch welche man von einem dunklen Flur in das üppig eingerichtete Schlafzimmer, den Durchgang nach dem auf dem Giebel gelegenen freundlichen Wohnzimmer trat, stand auf einem Porzellanschilde mit großen Buchstaben geschrieben: „L. Marcusi“, ein Name, welchen in „Marquise“ zu verwandeln, bei den Seltsamkeiten seiner Trägerin, es kaum des Witzes eines zwölfjährigen Schulbuben bedurfte.

Fräulein Marcusi, oder vielmehr die Frau Marquise, unter welcher Bezeichnung sie weit und breit bekannt war, saß auf einem gepolsterten Lehnstuhl an dem Fenster, von welchem aus sie hinter einem Blumenbrett hervor über die den Abhang schmückenden Baumgruppen hinweg den Strom weit aufwärts und abwärts zu überblicken vermochte. Eine dickwollige Häkelarbeit lag auf ihrem Schooß. Dieselbe rastete, indem die feinen blaugeaderten Hände in einem vor ihr auf einem Marmortische liegenden Buche blätterten. Den Bewegungen der Hände folgten die Blicke aus zwei großen dunkelbraunen Augen, die heute noch eben so viel Glanz in sich bargen, wie vielleicht vor fünfzig Jahren, als sie noch nicht lange zum ersten Mal in die Welt hinausgeschaut hatten. Nur kalt war dieser Glanz im Laufe der Zeit oder in Folge herber Erfahrungen geworden, so kalt, daß man ihn hätte mit dem Funkeln von Eiskrystallen vergleichen mögen, zwischen welchen die Strahlen einer falben Wintersonne sich brechen. Ihre Haltung wie das sorgfältig geordnete, starke schwarze Haar verleugneten ebenfalls die fünfzig und einigen Jahre, wogegen die kunstvoll aufgetragene rothe und weiße Schminke den Einfluß der Zeit auf das regelmäßig geformte Antlitz mit dem edlen römischen Profil nur sehr nothdürftig verdeckte.

Die tiefe Stille des Zimmers, in welchem nur das gelegentliche Knittern der umschlagenden Blätter oder das Summen einer großen Fliege vernehmbar, wurde durch das gedämpfte Rasseln einer Klingel unterbrochen.

Die dunklen Augen richteten sich auf die gegenüberliegende Wand und überwachten das Schwingen des mit einem Zeugstreifen umwundenen Klöppels. Wiederum schlug derselbe gegen die Glocke, ohne daß die Marquise sich rührte. Erst als der dumpfe Ton sich zum dritten Mal wiederholte, erhob sie sich.

„Der Wegerich,“ flüsterten die schmalen Lippen, die noch nie in ihrem Leben gelacht zu haben schienen, „was mag er wollen? Ich ahne, der Quartalswechsel ist vor der Thür, die Zinsen müssen bezahlt werden, und da soll die Frau Marquise für den abtrünnigen Besitzer eintreten.“

Und dennoch lächelten die verblühten Lippen, aber feindselig, wie um dadurch Jemanden bis in den Tod hinein zu verwunden.

Indem sie durch das Zimmer schritt, gelangte ihre schöne, aber etwas zu hagere Figur zur vollen Geltung, doch wurde das Majestätische ihrer Erscheinung dadurch beeinträchtigt, daß sie auffällig hinkte. Aber selbst in dieser gezwungenen Bewegung, wie in der Art, in welcher sie mit der linken Hand den schleppenden Rock von dunkelgrünem feinem Wollenstoff leicht emporhob, offenbarte sich eine Grazie, welche unverkennbar nicht ausschließlich einer natürlichen glücklichen Veranlagung entkeimte.

Mit beinahe starrer Ruhe entfernte sie den Riegel von der Flurthür, und ohne deren Oeffnen abzuwarten, kehrte sie auf ihren Platz beim offenen Fenster zurück. Schwere Schritte folgten ihr, und als sie von dem Stuhl aus sich nach denselben umsah, stand ein alter Mann vor ihr, der von der Natur in demselben Grade vernachlässigt worden, in welchem sie selbst einer Bevorzugung sich erfreute.

Wenig größer als die hochgewachsene Marquise, ließ seine gebeugte Haltung ihn noch unbedeutender erscheinen. Sein Antlitz mit der großen Hakennase, welches vom Alter verwittert und durchfurcht, war bis auf zwei kleine Büschel unterhalb der Ohren vollständig bartlos. Um so wilder und struppiger erhob sich dafür auf seinem Haupte ein grauer Borstenwust, welchen er von einem Stachelschwein entlehnt zu haben schien. In seinen hellgrauen Augen ruhte dagegen so viel freundliche Wärme, daß er die Hälfte davon an den eisigkalten Blick der Marquise hätte abtreten können, ohne dadurch den eigenen, Zutrauen erweckenden Ausdruck viel zu schädigen.

Wie um den Contrast zu der vor ihm sitzenden stattlichen Erscheinung zu vervollständigen, hatte die Natur ihn zum Ueberfluß mit kurzen Säbelbeinen bedacht, an welche sich Füße anschlössen, deren schwere Bekleidung den Vergleich mit einem mäßigen Rheinkahn gestattete. Er hatte sich offenbar in sein Feierkleid geworfen, denn die Zeit, während er hinter der Marquise einherschritt, benutzte er dazu, abwechselnd den linken und den rechten Aermel seines fadenscheinigen schwarzen Rockes zu betrachten und bald hier, bald dort mittels Daumen und Zeigefinger ein Stäubchen fortzuschnellen.

„Was bringen Sie, mein lieber Vergessener,“ redete die Marquise den sich ehrerbietig Verneigenden mit ihrer metallenen Stimme an, und nicht die leiseste Regung, weder die einer freundlichen Theilnahme, noch Unzufriedenheit machte sich auf ihrem zart schimmernden Antlitz bemerkbar.

Wegerich lächelte schwermüthig.

„Nur zum Theil ein Vergessener,“ antwortete er entschuldigend, „ich will mir zwar kein Urtheil über ihn erlauben, allein hat Herr Rothweil erst die Welt zur Genüge durchstreift, so erinnert er sich auch wieder seines Karmeliterhofes und desjenigen, der seine liebe Noth hat, ihm denselben als Eigenthum zu erhalten. Er wird heimkehren, das unterliegt keinem Zweifel, und alle Verbindlichkeiten lösen, welche einzugehen ich leider gezwungen war.“

„Sie meinen er müsse heimkehren?“ sprach die Marquise eintönig, „nun ja,“ beantwortete sie ihre eigene Frage, „er wird, er muß kommen, wenn die Jahre seinen Körper erst vollständig in eine Ruine verwandelten, und was er dann hier findet, sind ebenfalls Ruinen.“

„Er zählt höchstens zweiundsiebenzig Jahre,“ versetzte Wegerich lebhaft, „und zieht er bereits seit länger als achtzehn Jahren von Ort zu Ort, so befindet er sich unbedingt, ohne mir ein Urtheil über ihn anzumaßen, im Besitz von Mitteln, ausreichend, den Karmeliterhof für seinen Lebensabend wohnlich einzurichten.“

„Für seinen Lebensabend,“ wiederholte die Marquise spöttisch, „doch lassen wir Ihren Herrn Rothweil,“ und sprechender wurde der feindselige Zug um ihre Lippen, „ich kenne ihn nicht, kümmere mich nicht um ihn, bin zufrieden, wenn ich für mein Geld in ländlicher Abgeschiedenheit lebe, ohne deshalb einem Fremden Dank dafür zu schulden. Doch wie viel gebrauchen Sie, um glücklich über den Quartalswechsel hinauszukommen?“

„Eine Verdoppelung des fälligen Miethzinses würde genügen,“ antwortete Wegerich, nicht im mindesten überrascht, daß die Marquise seinem Anliegen zuvorkam, „das heißt, ich betrachte es als ein Darlehn, rückzahlbar –“

„Gut, gut, meiner ungestörten Ruhe bringe ich gern ein Opfer; fertigen Sie den Empfangschein aus, und Sie sollen nicht lange warten.“

„Ich wünsche, es läge in meiner Gewalt, die kleinen Miether vom Hofe zu entfernen –“

„Lassen Sie das arme Gesindel, es bezahlt seine Miethe und mich stört es nicht; hier im Hinterhause höre und sehe ich nichts davon.“

Wegerich schnellte wieder ein Stäubchen von seinem Rockärmel und bemerkte schüchtern:

„Wir werden hier im Hause Zuwachs erhalten –“ er verstummte vor dem Blick, welchen die Marquise ihm zuschleuderte.

„So lange ich ungestört bleibe, nehmen Sie so viele Menschen auf, wie es Ihnen beliebt, ich kümmere mich nicht darum,“ entwand es sich wie mit Widerstreben den schmalen Lippen.

„Eine ältere unverheirathete Person,“ erklärte Wegerich zaghaft, „schon vor neunzehn, zwanzig Jahren wurde ihr ein Unterkommen auf dem Karmeliterhofe versprochen. Eine Verwandte des Herrn Rothweil, heute wird sie eintreffen –“

„Um mit Ihnen vereinigt am Hungertuch zu nagen,“ fiel die Marquise schneidend ein, „nun, meinetwegen. Sorgen Sie aber dafür, daß sie mir aus dem Wege geht, weiter verlange ich nichts. Ich hasse fremde Gesichter.“

„Ich wage zwar nicht, ein Urtheil über ihn zu fällen,“ hob Wegerich sich ängstlich windend an, und er strich seine gesträubten Borsten noch steiler empor, als das wüthende Geheul der Hofhunde ihn aus der peinlichen Lage befreite, für seinen abwesenden Herrn eintreten zu müssen. Er verneigte sich daher unterwürfig, was von der Marquise mit leichtem Kopfnicken beantwortet wurde, und so geräuschlos, wie seine schweren Stiefel es gestatteten, schlich er aus dem Zimmer.

Die Thür hatte sich kaum hinter ihm geschlossen, als die Marquise sich erhob und trotz ihres Gebrechens einige Male mit lebhaften Bewegungen das Zimmer durchmaß. Dann trat sie vor eine Kommode hin, und eine verschließbare Mappe öffnend, sah sie lange auf ein in derselben befindliches Bild nieder. Es war das kunstvoll ausgeführte Porträt eines Mannes mit hoher Denkerstirn, offenem freundlichem Blick und einem gewissen träumerischen Ausdruck in seinen Zügen. Der Anblick mußte verstimmend auf sie einwirken, denn ihre Augen schauten starrer und starrer, bis es sich endlich wie ein Schleier vor dieselben legte. Plötzlich schlug sie die Mappe mit Heftigkeit zu, und sich abkehrend, begann sie wieder auf- und abzuwandeln. Ihr Erbleichen verdeckte die Schminke, aber die Falten, welche sich zu beiden Seiten der fest aufeinander ruhenden Lippen bildeten, zeugten von einer tiefen, am wenigsten milden Erregung.

„Gott erhalte ihn, Gott erhalte ihn,“ lispelte sie so feindselig, als wäre in dem Segensspruch ein Todesurtheil verborgen gewesen, „erhalte ihn, bis ich meine Aufgabe erfüllte, dann mag aus mir werden, was da wolle.“ Und nach einer Pause: „Die Liebe fesselt mit Rosenbanden, mit eisernen Ketten der Haß; muß ich denn immer wieder daran erinnert werden? Doch es ist gut so; was hier lebt,“ und flüchtig ruhte die schmale weiße Hand auf dem feindlich pochenden Herzen, „es möchte sonst einschlafen. Der gute Rothweil,“ fuhr sie nach kurzem Sinnen fort, „seine ganze Verwandtschaft, alle Menschen möchte er beschützen und bietet ihnen ein Asyl auf dem Karmeliterhofe, von welchem ihm längst kein Stein mehr gehört. Der gute Rothweil –“

Sie blieb stehen. Unbewußt hatte sie ihre Stimme mehr und mehr erhoben, bis deren Ton laut ihr Ohr traf. Wie befürchtend, daß ihre Worte über die Grenzen ihrer Wohnung hinausgedrungen sein könnten, spähte sie um sich. Zugleich kehrte ihre kalte Ruhe zurück. Einen Blick warf sie auf die oberhalb der Kommode angebrachte Wanduhr, und schwerfälliger als zuvor, begab sie sich auf ihren Platz am Fenster zurück.

„Ein Uhr,“ flüsterte sie über ihre Häkelarbeit hin, indem die schlanken Finger sich emsig regten, „sie muß bald kommen.“

Dann hörte man nur noch das Summen der vereinsamten Fliege. Zum Fenster herein drang der Duft der außerhalb auf dem Brett in Töpfen blühenden Levkoyen und Reseda. Wie stand der süße Duft so seltsam im Widerspruch zu dem eisigkalten Blick aus den dunklen Augen und zu der starren, gleichsam herausfordernden Haltung. –

Nachdem Wegerich die Wohnung der Marquise verlassen hatte, war er durch eine dem Flur gedämpftes Licht spendende Glasthür in das gegenüberliegende Gemach getreten. Eilfertig begab er sich ans Fenster. Er traf früh genug ein, um zu bemerken, wie Gertrud in Begleitung zweier Fremden nach dem Hofe hinaufbog, einen Holzsplitter aufhob und mit demselben nach den Hunden warf.

„Der Teufel steckt in dem Irrwisch,“ murmelte er verdrossen, „aber er paßt zu der Marquise, wie das Salz zu einer geschmacklosen Brühe, doch mir kann's gleich sein, und mir gehören die armen Bestien ebenfalls nicht.“

Er wendete seine ungetheilte Aufmerksamkeit den beiden Fremden zu, trat jedoch so weit von dem Fenster zurück, daß er vom Hofe aus nicht bemerkt werden konnte. Bis zu einem gewissen Grade menschenscheu, wollte er abwarten, ob der Besuch, in welchem er am wenigsten den angemeldeten Gast vermuthete, ihm, als dem Verwalter des Hofes gelte.

„Die unvernünftigen Thiere fürchten weder Stein noch Peitsche,“ sprach Gertrud spöttisch, als nach ihrem Angriff die Hunde an den Ketten zerrten, wie um dieselben mit Gewalt zu sprengen, „wenn man sie befreit, zerfleischen sie Jeden, der ihnen in den Weg kommt,“ und verstohlen, jedoch funkelnden Blickes beobachtete sie die Wirkung ihrer Worte auf Lucretia.

Diese sah beklommenen Herzens in eine andere Richtung. Perennis gab sich das Ansehen, die schadenfrohe Bemerkung nicht gehört zu haben. Trübselig schweiften seine Blicke über den wüsten Hof zu den zerlumpten Kindern, die ihn kaum beachteten.

„Guten Tag, Rothkopf,“ begrüßte Gertrud den aus dem Fenster rauchenden Tagedieb.

„Der Henker hole den Irrwisch sammt seinen Spitznamen,“ antwortete dieser, wie durch die Vertraulichkeit des schönen Mädchens geschmeichelt, „Fritz Wodei heiße ich, und vergißt Du's wieder, pflücke ich Dir die Goldhaare einzeln aus dem Kopf.“

„Können, Rothkopf, können!“ rief Gertrud lachend zurück, „versuch's, den Sperlingen die Federn auszurupfen.“

Wie unbewußt hatte Lucretia ihres Begleiters Hand ergriffen. Perennis fühlte, daß sie zitterte. Durch einen sanften Druck gab er ihr zu verstehen, daß sie auf seinen Schutz rechnen möge.

„Wo finden wir Herrn Wegerich?“ wendete er sich höflich an den Rothkopf.

„Wegerich?“ hieß es gedehnt zurück, und die Pfeife verließ den Mundwinkel und zielte nachlässig mit der Spitze nach dem Wohnhause hinüber, „gehen Sie da hinein und die Treppe hinauf, da brauchen Sie nicht lange zu suchen.“

„Das hätte ich Ihnen eben so gut sagen können,“ erklärte Gertrud rauh, „und es kommt mir auf einen Dienst mehr oder weniger nicht an; Lohn verlange ich nicht dafür. Doch ich will Ihnen den Weg zeigen. Muß ja selber hinauf mit diesem hier,“ und im Kreise flog der Netzbeutel mit den Fischen.

Sie schritt voraus und trat durch die Hausthür in einen schmalen Flurgang. Perennis, noch immer Lucretia an der Hand, folgte ihr auf dem Fuße. Die Eindrücke, welche er beim ersten Wiedersehen der alten Heimstätte empfangen hatte, waren so überwältigend, daß vor seinen Blicken Alles ineinander verschwamm. Wohl erkannte er die schwergezimmerte eichene Hausthür mit den altmodisch geschnörkelten Eisenbeschlägen wieder, wohl die Fenster mit den unveränderten Messinggriffen, allein die dem Holzwerk aufgetragene Oelfarbe war im Laufe der Jahre zusammengeschrumpft und gerunzelt. Es lag für ihn etwas Greisenhaftes in jedem einzelnen Stück, welches aus jenen längst vergangenen Tagen herrührte. Kleiner, unbedeutender erschien dem Manne, was der Knabe einst als Gewaltiges betrachtete.

Wie ein Vogel schwebte Gertrud die schmale gewundene Treppe hinauf. Langsam, wie schwer tragend an ihren Empfindungen, folgten Perennis und Lucretia. Oben wurden sie vom dem irrwischartigen Mädchen erwartet. Spöttisches Bedauern ruhte auf den charakteristischen Zügen. In dem Halbdunkel des Flurganges schienen ihre Augen zu glühen, wie die nachtlebender Thiere. In Gedanken mochte sie die eigene Gewandtheit mit der Schwerfälligkeit der Fremden vergleichen.

„Da hinten liegt eine Thür mit Fensterscheiben,“ sprach sie, sobald jene bei ihr eingetroffen waren, und sie wies mit dem Fischnetz den sich von der Treppe abzweigenden Gang hinunter, „da klopfen Sie an, Sie mögen auch ohne das eintreten, der Wegerich, obwohl bissig, wie die Hunde auf dem Hofe, nimmt's nicht für ungut,“ und Perennis lustig zunickend, verschwand sie auf der linken Seite des Ganges durch eine Thür, hinter welcher der Küchenraum der Marquise lag.

„Endlich sind wir auf uns allein angewiesen,“ wendete Perennis sich, erleichtert aufathmend, an seine liebliche Begleiterin, „und ich denke, wir fahren deshalb nicht schlechter. Ein räthselhaftes Wesen, diese Gertrud. Auf der Straße, oder vielmehr in einem zerfallenen Festungsgraben aufgewachsen, verräth sie in Haltung wie Bewegungen, zügellos, wie sie sein mögen, zuweilen sogar in ihrer Ausdrucksweise Manches, das an die Sitten gebildeter Stände erinnert. Und dann der in ihren Augen sich ausprägende Scharfsinn und die beinahe philosophische Verachtung fremder Urtheile.“

„Ursprünglich bin ich nicht zaghaft,“ antwortete Lucretia, indem sie langsam der Glasthür zuschritten, „allein dies Mädchen fürchte ich.“

„Und grundlos,“ entgegnete Perennis, angesichts der Glasthür stehen bleibend, um Lucretia Zeit zu gönnen, sich auf die kommenden Ereignisse vorzubereiten, „gewiß grundlos,“ wiederholte er eindringlicher, „zu einem häufigen, wohl gar freundschaftlichen Verkehr mit diesem wunderbaren Irrwisch möchte ich indessen nicht rathen, wenn Sie in Ihrem Entschluß, länger unter diesem Dach zu weilen, noch nicht schwankend geworden sein sollten.“

„Meine Absicht ist noch immer dieselbe,“ erklärte Lucretia, und die wohlwollenden Rathschläge blieben augenscheinlich nicht ohne beruhigende Wirkung auf sie, „nach den ersten Erfahrungen gehört freilich Muth dazu.“

„Welchen Sie besitzen,“ ermunterte Perennis, „und er wird gestählt durch das Bewußtsein, sich jederzeit einer Umgebung entziehen zu können, welche peinlich zu werden droht.“

„Ich fürchte mich nicht länger,“ versetzte Lucretia holdselig erröthend, und wie um ihren Muth zu beweisen, entzog sie Perennis ihre Hand.

Entschlossen klopfte sie an die von Innen mit einem rothen Zeugstreifen verhangene Glasthür. Ein höfliches „Herein!“ war die Antwort. Perennis öffnete, und vor sich sahen sie im ungünstigsten Licht die wie lauernd gebeugte Gestalt des Hausverwalters, ungünstig, weil sein Antlitz dem durch die Fenster hereinfallenden Licht abgekehrt war, die Eintretenden also dessen Ausdruck nicht gleich zu erkennen vermochten. Sie unterschieden nur ein tiefgerunzeltes, von einem Borstenwald überragtes Gesicht mit langer Hakennase, und Lucretia's Herz, eben noch hoffnungsvoll bewegt, schnürte sich zusammen bei dem Gedanken, die tägliche Genossin der unheimlichen Erscheinung zu werden. Ihr zweiter Blick galt der Umgebung, die kaum minder wunderlich, als das Aeußere Desjenigen, der sich hier zu Hause fühlte. Eine eiserne Bettstelle und einfache Möbel, zu welchen gewissermaßen vier Wandschränke gehörten, gaben Kunde von einem anspruchlosen Junggesellenleben. An den Wänden waren außerdem Tragebretter angebracht worden, auf deren einem kleine Flaschen, Krüge, eine Spirituslampe nebst Leimtiegel und mehrere ausgestopfte Vögel bunt durcheinander standen. Ein anderes trug abgegriffene Bücher; wieder ein anderes Tannenzapfen, besonders schöne Moosflechten und Muscheln. In dem einen Winkel standen etwa ein Dutzend Spazierstöcke, jeder mit einem sauber geschnitzten Thierkopf als Krücke versehen. In einer anderen Ecke lehnten eine Vogelflinte und eine Guitarre; den Ehrenplatz aber nahm der eiserne Kochofen ein, auf welchem in einem Blechkessel Wegerichs Mittagessen lustig brodelte.

„Herr Wegerich?“ fragte Perennis, als derselbe bescheiden zur Seite trat und durch eine Verbeugung zum Nähertreten aufforderte.

„Mein Name ist Wegerich,“ hieß es bereitwillig zurück, „in der Abwesenheit des Herrn Rothweil mit der Verwaltung dieses Gehöftes betraut, erlaube ich mir die Frage, womit ich den Herrschaften dienen kann.“

Der alte Mann hatte sich dem Licht zugekehrt und Perennis entdeckte, daß Lucretia's Unruhe schwand, ihr gutes Antlitz sich mehr und mehr erhellte.

„So stelle ich Ihnen Fräulein Lucretia Nerden vor,“ wendete er sich darauf an Wegerich, als dieser ihn unterbrach.

„Diese junge Dame will sich auf dem Karmeliterhofe begraben?“ rief er klagend aus, „hier, wo Jedermann das Lachen verlernt, sogar die wenigen Blumen nur mit Widerstreben blühen und duften? Ach, meine schöne junge Dame, ich entsinne mich genau, achtzehn Jahre ist es mindestens her, als Herr Rothweil kurz vor seiner Abreise Ihren Namen in die Liste derjenigen eintrug, denen er das Recht einräumte, jederzeit auf dem Karmeliterhofe Schutz und Obdach zu fordern. Ich konnte nur vermuthen, daß reiferes, im Entsagen geübtes Alter von diesem Recht Gebrauch machen würde; und nun kommt solch junges, liebes, herziges Kind, nein, das konnte ich nicht ahnen, oder ich hätte abgerathen –“

„Sie möchten mir das Obdach verweigern, auf welches ich so zuversichtlich rechnete?“ fragte Lucretia zutraulich flehend, daß Wegerich auf sie hinstarrte, als hätte er seinen Sinnen nicht getraut.

„Nein, nein, ich verweigere nichts,“ antwortete er gleich darauf, „ich darf nichts verweigern, aber warnen kann ich Sie, liebes, freundliches Kind, ohne mir deshalb ein entscheidendes Urtheil anzumaßen; denn hierher gehören Sie nicht, wenigstens jetzt noch nicht, vielleicht später, wenn Ihr väterlicher Freund von seinen Reisen heimgekehrt sein wird und die Verhältnisse hier sich günstiger gestalten. Glauben Sie mir,“ fuhr er fort, als er in dem freundlichen Antlitz las, daß seine Warnungen nicht fruchteten, „den Karmeliterhof umweht keine gesunde Luft. Seit Jahren versuche ich, einige Blumen zu ziehen, allein was ich mühsam pflanzte, verdorrte bald wieder, und was nicht verdorrte, vernichteten ruchlose Hände. Wollen auch Sie vor der Zeit verwelken oder gar gewaltsam um Ihren Jugendmuth betrogen werden? Nein, fordern Sie die Gefahr nicht heraus. Auf dem Karmeliterhofe und in seiner Umgebung gedeiht nur Unkraut, schießen nur Giftpflanzen üppig empor.“

„Warum solch trübe Bilder?“ unterbrach Lucretia den alten Mann in seinem Redefluß, und um ihre frischen vollen Lippen lagerte wieder das süße, wenn auch etwas erzwungene Lächeln, „meinen Entschluß erschüttern Sie dadurch nicht. Und wohin sollte ich wohl in der großen Welt mit meinem Bischen Armuth? Wissen wir aber, wo die Giftpflanzen wachsen, so kostet es uns keine Mühe, unseren Weg um dieselben herum zu wählen.“

Wie in Verzweiflung blickte Wegerich zu Perennis auf. Dieser hatte die sich vor ihm abspinnende Scene mit inniger Theilnahme beobachtet. Wohl begriff er, daß der alte Mann gerechtfertigte Gründe für seine Einwendungen hatte, aber er war auch nicht blind dafür, daß Lucretia nirgend einen gewissenhafteren Freund und Beschützer hätte finden können. Anstatt daher auf seine stummen Bitten einzugehen, trat er auf Lucretia's Seite.

„So versuchen Sie es wenigstens,“ rief er ermuthigend, „versuchen Sie es einige Wochen oder auch nur Tage; erfüllen sich unserer jungen Freundin Erwartungen nicht, so ist noch immer Zeit, mit ruhiger Ueberlegung nach einem anderen Unterkommen auszuschauen.“

Hiermit hatte Perennis die letzten Bedenken Wegerichs verscheucht, und wie dieser sich kurz zuvor sträubte, beeilte er sich jetzt, seinen lieblichen Gast noch einmal als Hausgenossin zu begrüßen. Der alte Mann, der vor den eisigen Blicken der Marquise schüchtern die Augen niederschlug, der den Verkehr mit anderen Menschen auf das kleinste Maß beschränkte, wie war er plötzlich so regsam, so zuvorkommend, so fieberhaft heiter geworden, als er Lucretia in das oberhalb der Hausthür gelegene Zimmer führte, in welchem ein Bett und einige Möbel von seinen eigenen Händen aufgestellt worden waren, sogar mehrere eingerahmte Lithographien an den Wänden hingen.

Perennis war in Wegerichs Wohnung zurückgeblieben. Er wollte durch seine Gegenwart das Wachsen des Vertrauens zwischen lieblich erschlossener Jungfräulichkeit und dem sich bereits beugenden Greisenalter nicht stören. Aber im Geiste begleitete er sie, ergötzte er sich an der Munterkeit, mit welcher Lucretia, nunmehr wieder von den freundlichsten Hoffnungen beseelt, die Dienste des alten Mannes entgegennahm. Aber noch eine andere Gestalt tauchte vor ihm auf, ein Mann mit bleichem sommersprossigem Antlitz, amphibienartigen Augen, schlaffer Haltung und berechnender Stimme. Wie kam es, daß die Erinnerung an ihn peinlich auf ihn einwirkte, anstatt etwas von dem herzlichen Wohlwollen, welches Lucretia in ihm wachgerufen hatte, auf denjenigen zu übertragen, der dazu berufen, über kurz oder lang des Lebens Freud und Leid gewissenhaft mit ihr zu theilen?

„Onkel Sebaldus,“ vibrirte eine herzige Stimme in seinen Ohren, „es waren schöne Zeiten; Sie der große ernste Mann, und ich das lustige verzogene Kind.“

Das Oeffnen der Thür störte ihn in seinen Träumen, und zu ihm herein schlüpfte der alte Wegerich. Sein verwittertes Antlitz glühte, große Schweißtropfen perlten auf seiner glänzenden Stirn, die grauen Borsten sträubten sich auf seinem Haupte, wie das Rückenhaar einer gereizten Katze; in den blinzelnden Augen aber ruhte so viel freudiges Wohlwollen, daß der ganze Karmeliterhof damit zur Genüge hätte ausgerüstet werden können.

„Solch zufriedenes Gemüth,“ strömte es förmlich von seinen Lippen, „ich wage zwar nicht, mir ein Urtheil darüber anzumaßen, aber es ist, als ob die Sonnenstrahlen durch das morsche Dach hindurch ihren Weg zu mir herniedergefunden hätten.“

„Wir trafen uns zufällig,“ versetzte Perennis, „und da unser Ziel dasselbe, so blieben wir beisammen.“

„Auch Sie wollten –?“ hob Wegerich verwirrt an, als Perennis beruhigend einfiel:

„Nicht auf dem Karmeliterhofe bleiben, sondern mich nur nach den hiesigen Verhältnissen und vor allen Dingen nach Herrn Rothweil selber erkundigen. Ich weiß nicht, ob er jemals von einem Brudersohn zu Ihnen sprach.“

„Sie sind ein Rothweil,“ rief Wegerich erstaunt aus, „ein Sohn des Herrn Rothweil, aus dessen Händen der Hof in den Besitz seines Bruders überging?“

„Matthias Rothweil heiße ich,“ bestätigte dieser, die ihm gereichte Hand herzlich drückend, „ich führe indessen den Beinamen Perennis, welchen ich dem Vorschlage meines gelehrten Herrn Onkels und Pathen verdanke. Ich soll ein schwächliches Kind gewesen sein, welchem man kein langes Leben prophezeite, zumal der Winter vor der Thür. Der Onkel aber nannte mich eine perennirende Pflanze, und ich blieb seitdem der Perennis. Ihrer Person entsinne ich mich indessen nicht mehr.“

„Kurz vor Ihres Herrn Onkels Abreise kam ich erst zu ihm,“ erklärte Wegerich, „und ich glaube, mein Eintreffen zeitigte seinen Entschluß, eine größere Reise zu unternehmen. Mir erging es nicht sonderlich gut, und mit Dank nahm ich die Stelle als Gärtner bei ihm an. Er erschien mir damals sehr gebeugt; Manche behaupteten, über den Verlust eines Angehörigen. Er selbst sprach nie ein Wort zu mir darüber, und danach zu fragen kam mir nicht zu.“

„Mein Vater starb wohl gerade in jener Zeit,“ versetzte Perennis nachdenklich, „es mag ihn doppelt schmerzlich berührt haben, weil derselbe hier sein Vorgänger gewesen. Ich selbst lebte bis zu meinem sechsten Jahre in diesen Räumen, und da ist mein Wunsch gewiß gerechtfertigt, dieselben noch einmal zu besuchen. Benutzen wir daher die Zeit, während welcher Ihr junger Gast sich in seinem Zimmer einrichtet, zu einem Rundgange.“

„Es wird nicht gehen, nein, es geht nicht,“ erwiderte Wegerich ängstlich einfallend, „außer dem Arbeitszimmer des Herrn Rothweil ist Alles vermiethet – es gab kein anderes Mittel, den tief verschuldeten Hof Ihrem Herrn Onkel zu erhalten.“

„So treten wir in sein Arbeitszimmer. Und im Grunde handelt es sich für mich augenblicklich nur darum, ein halbes Stündchen ungestört mit Ihnen zu sein.“

Wegerich erhob keine Einwendungen mehr. Er zog einen Schlüssel hervor, und nach der Südseite seines Zimmers hinüberschreitend, öffnete er die Thür zu dem Raum, welcher, an die Wohnung der Marquise stoßend, die Hälfte des Giebels einnahm. Nachdem Beide eingetreten waren, schloß er die Thür hinter sich ab, und schweigend beobachtete er, wie Perennis, als hätte er eine geweihte Stätte betreten, die Blicke im Kreise herumsandte. Es waren feierliche Minuten, die verrannen, Minuten, in welchen seine früheste Kindheit und mit dieser alle Gestalten vor seiner Seele vorüberzogen, die jene fernen Tage zu den glücklichsten seines Lebens machten.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Der Schatz von Quivira