Wittekind, der Sachsenfürst, lässt sich taufen, wird Herzog zu Sachsen und erhält ein Wappen

Sachsenchronik S. 38. Abel, Chronik. S. 61. Pomarius S. 40.

Wittekind, ein Graf von Engern und Herr zu Iburg, ward von den alten Sachsen zu ihrem König und Kriegsobersten erwählt, und kämpfte viele Jahre mutig gegen Kaiser Karl, allein endlich sah er, dass er nicht widerstehen könne und machte Frieden mit ihm. Vorher aber geschah ein groß Mirakel, dadurch er zum Christentum bewogen wurde. Da Kaiser Karl mit seinem Kriegsvolk am Wasser, die Orha geheißen, lag, da wo jetzt Wolmerstädt liegt, zog König Wittekind, gleich wie ein Bettler mit Lumpen angetan, aus, setzte sich bei Nacht in ein Schifflein und fuhr die Orha hinab bis an Karoli Lager, stieg aus und ging ins Lager, dessen Ordnung und Gelegenheit auszukundschaften. Dies geschah am Ostertage des Jahres, als man zählte sechshundert und sieben und achtzig, und setzte sich Wittekind unter die andern Bettler. Es ließ aber Kaiser Karl allerwegen, wenn er zur Kirche oder Messe ging, den armen Leuten Geld um Gottes Willen geben, daher folgten ihm die armen Leute nach, wo er war. Wie er nun an diesem Ostertage Messe halten ließ und dahin ging, saßen die armen Leute am Wege und unter ihnen König Wittekind, gleich einem Bettler und streckte seinen Arm auch aus, den Pfennig zu empfahlen; weil er aber an seiner rechten Hand einen krummen Finger hatte, ward er dabei erkannt und ergriffen und vor Kaiser Karl gebracht, der fragte ihn, warum er also in Bettlers Gestalt käme. Er antwortete, dass er das Lager hätte erkunden wollen. Karolus aber fragte weiter, was er denn gesehen hätte? Er sprach: Vorgestern sah ich, dass Ihr sehr betrübt wäret und ginget, als wenn Ihr weinen wolltet, und heute habe ich gesehen, dass Ihr fröhlich gewesen und Eure besten Kleider angehabt, und vor dem Tische, der in der Mitte steht, stand einer im Purpurkleide und hob vom Tische ein kleines und über die Maßen schönes Kindlein auf und das Kindlein steckte er Euch, einem nach dem andern in den Mund, und das stellte sich ganz traurig, wenn's hineinsteigen sollte; etlichen aber stieg es mit Freuden in den Mund. Da Karolus solche Rede hörte, sprach er: Du hast mehr gesehen, als ich und alle meine Priester, und er deutete ihm alle Dinge und lehrte ihm den Christenglauben, also, dass sich König Wittekind mit seiner Gemahlin Seva und allem ihren Volke taufen ließ und gute Christen wurden und vom Glauben nimmermehr wieder abtraten. Kaiser Karl nahm aber Wittekind, als er ihn als sein Pate aus der Taufe gehoben, die Krone ab und machte ihn zum Herzog zu Sachsen, und das sollte ei bleiben, dieweil sein Geschlecht währete. Er hat ihm aber alle seine Erblande wieder gegeben, sonderlich die Herrschaft Eugern und ihn zum Herzog von Engern und Westphalen gemacht, und so bekam er auch die Landschaften an der Weser, bei Minden und an der Elbe, Schartau, Magdeburg und das Land um Wittenberg, desgleichen Wettin an der Saale, welche beide, Wittenberg und Wettin, wie man meint, von ihm den Namen haben. Item bekam er Zörbig und den Strich hinauf bis an die Elster oder Pleisse, dass er also ein gewaltiger Fürst über ganz Sachsen geworden ist. Das schwarze Pferd oder der schwarze Phalen, wie es die Sachsen genennet haben, und auch nach solchem Wappen die Ostphalen und Westphalen geheißen sind, welches er im Wappen in einem blutigen Felde führte, hat ihm Kaiser Karolus in ein weißes Pferd verwandelt, zur Erinnerung, dass er aus dem Reiche der Finsternis ins Reich des Lichts versetzt wäre. Solches weißes Pferd haben die Herzöge zu Sachsen in die vierhundert Jahre im Wappen geführt, bis Anno 1186 Herzog Heinrich der Löwe wieder aus Engelland gen Braunschweig kam und damals sein Wappen änderte und in den roten Schild zwei güldene Leoparden, die ihm König Richard in Engelland von den fünf, die er in seinem Schilde führte, geschenkt und das weiße springende Pferd,, so vormals im Schilde stand, oben auf den Helm hat setzen lassen. Also hat Wittekindus, der hier bevor der Sachsen König war, den königlichen Namen verlassen und sich einen Herzog titulieren lassen, und ist also Wittekind der letzte König und erste Herzog zu Sachsen geworden. Es hat auch Kaiser Karolus das neue Herzogtum zu Sachsen nicht auf Westphalen, sondern über die Elbe gegen Schartau bei Magdeburg gelegt, und das ist das alte und erste Herzogtum zu Sachsen gewesen und das Herzogtum von der Elbe genannt worden.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Der Sagenschatz des Königreichs Sachsen