Der Pfeilschuß auf den Ritter von Than

Autor: Ueberlieferung
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Nicht weit von Burg Neudahn lag der Stammsitz der Edlen von Sick. Ein Sprößling dieses Geschlechtes wurde von dem jungen Ritter Walter von Than auf der Jagd getötet; die Tat war nicht mit absicht verübt worden, sondern es lag ein böser Zufall vor. Doch der Ritter erbot sich, eine Geldbuße zu erlegen, wie sie das Gesetz vorschrieb, oder ein Gottesgericht in ehrlichem Zweikampf entscheiden zu lassen. Kunz von Sick, der Bruder des Getöteten, war ein jähzorniger Mann und wollte Blutrache üben; darum wies er das Anerbieten des Thaners trotzig ab.

Als Walter einst, nichts Böses ahnend, durch den Forst ritt, kam aus dem Dickicht ein Pfeil auf ihn zugeflogen, der ihn aber verfehlte und in einer Buche haftenblieb. Der junge Ritter nahm den Pfeil und ging damit auf die Burg seines Feindes, als dieser eben viele Gäste um sich versammelt hatte. Er überreichte Ritter von Sick den Pfeil und sagte freundlich: "Ich dachte nicht, daß Ihr Gäste hättet, sonst wär, ich ein andermal gekommen." Dem Hausherrn stieg die Glut des Zornes ins Gesicht; weil er sich aber seiner Tat schämte, suchte er sich zu beherrschen und erwiderte: "Ihr seid mir ein werter Nachbar, nehmt Platz an meinem Tische!" Der Zufall fügte es, daß Walter neben die Tochter des Ritters zu sitzen kam.

Schoneta war ein schönes, verständiges und ehrbares Mägdlein, das wohl Mitleid kannte, aber nicht Haß. Der Ritter von Than und Schoneta fanden Gefallen aneinander. Nachdem die Tafel aufgehoben war, sagte Walter zum Burgherrn: "Ich will Euch eine Sühne vorschlagen, die allen Groll zwischen uns tilgen wird: Gebt mir die Hand Eurer Tochter!" Der Alte gehörte zu den Menschen, denen der Wein gute Laune verleiht, auch hatte ihn Walters Edelmut überrascht. Er gab daher nicht nur sein Jawort, sondern nahm auch zum Andenken an diesen Vorfall einen Pfeil in sein Wappen auf.