Abschnitt 2. Er trieb, wie alle diese Kaufleute (oder besser Krämer) an den indianischen Grenzen, ja selbst in den westlichen Ansiedelungen, fast nur Tauschhandel und gab für Felle und geräuchertes ...

Er trieb, wie alle diese Kaufleute (oder besser Krämer) an den indianischen Grenzen, ja selbst in den westlichen Ansiedelungen, fast nur Tauschhandel und gab für Felle und geräuchertes, oft auch frisches Fleisch, für Pelze und gegerbte Häute, für Bärenöl und Honig wieder solche Waaren, deren die Indianer bedurften, als: Pulver und Blei, Decken, Eisenwaaren (wie Tomahawks und Messer), Büchsen, Zinnober, Glaskorallen &c. &c.; sein Haupthandel bestand aber in dem verbotenen Whisky, den er um so theurer an die Indianer abließ, da diese wußten, daß es ihm durch das Gesetz von seinem großen Häuptling verboten war, ihnen das „fließende Feuer“ weder zu schenken noch zu verkaufen. Er hielt auch aus dem Grund die Fässer unter dem Hause vergraben, obgleich er in diesem abgelegenen Theil des Staates wenig Nachsuchung zu fürchten hatte.

Der Alte saß vor der Thür seines kleinen Waarenlagers und schaute, behaglich rauchend, einem Volk großer schwarzer Truthühner (aus Eiern der wilden aufgezogen) zu, die um ihn herum die zerstreuten Körner und Samen aufpickten, als den kleinen Fußpfad entlang, der aus dem Walde gerade auf sein Haus zuführte, unser schon vorher eingeführter Indianer schnellen Schrittes daher kam und, tief Athem holend, seine Last zu den Füßen des Yankee abwarf.


„Hallo, Tom,“ rief dieser, dem Wilden die Hand entgegenstreckend, „hast wacker getragen! Nun was bringst Du? zwei Felle und ein Stück roh Fleisch? – bah! ist das die ganze Jagd?“

„Gut – setze den Fall, Ihr geht – nehmt Flinte – kriecht durch Büsche – kriecht durch die Prairien auf Bauch – weit – weit – schleicht an Hirsch – setze den Fall, Ihr schießt nichts!“ erwiderte Tom.

„Wohl möglich!“ lachte der Alte, „ich müßte mich auch gut ausnehmen, wenn ich im nassen Grase auf dem Bauch herumkriechen wollte – nein –; ich bin übrigens nie ein Jäger gewesen und das einzige Große, was ich je geschossen habe, war bei St.-Louis eine von meines Schwagers Kühen, als wir einmal Nachts mit der Fackel eine Feuerjagd machen wollten.“

Der Indianer verzog den Mund zu einem breiten Lachen.

„Euer Schwager wird recht’ Freude gehabt haben,“ fuhr er nach einer kleinen Pause wieder ganz ernsthaft fort.

„Ja! Er schwur, ich dürfe nie wieder eine Büchse anrühren, so lange ich mich in der Nähe seiner Kühe und Schweine befände – nun, ich war damit zufrieden – aber, Tom, was führt Dich zu mir? was willst Du für Deine Felle haben? soll ich denn das Fleisch auch behalten?“

„Guter, fetter Bock,“ sagte Tom, den Hirsch herumdrehend, daß der Alte den breiten Rücken sehen konnte, – „nicht so breit wie Ihr!“ fuhr er grinsend fort, „aber viel breit, sehr viel breit.“

„Nun gut, komm! trag es hier in den Laden, da kann ich Dir gleich, was Du dafür haben willst, geben,“ erwiderte Jener und schritt ihm voran in das kleine Gebäude, während der Indianer seine Schrotflinte auswendig daran lehnte und ihm mit seiner Beute folgte.

Drinnen angelangt, legte er Alles auf den Ladentisch und begann dann zwischen den Waaren, die überall zur Schau aushingen, umherzublicken, als ob er sich etwas aussuchen wollte.

„Nun, Tom, was willst Du heute Morgen haben?“ fragte ihn endlich der Alte; „heraus mit der Sprache.“

„Wenig Pulver, wenig Blei, wenig Messer, wenig Tabak und viel Whisky!“ sagte Tom.

„Whisky? pfui, Tom,“ verwies ihn Jener, „Du weißt, ich darf keinen Whisky verkaufen und möchte nicht um alle rothen Felle, die in Missouri herumlaufen, Unannehmlichkeiten solch’ verbotenen Handels wegen haben. Tom, Du willst mich nur auf die Probe stellen!“

„Ich guter Indianer!“ betheuerte Tom, die Hand auf die Brust legend, „ich ein sehr guter Indianer – habe weißen Mann lieb, thue Alles für weißen Mann, gehe in die Kirche; ich ein ganz guter Indianer!“

„Aber weißt Du wohl,“ widerlegte ihn der Händler, „daß kein guter Indianer Whisky anrührt? daß die guten Indianer ihn alle verschmähen, und daß nur die Bösen, Nichtsnutzigen das Feuerwasser trinken?“

„Ich kein guter Indianer – ich ein verdammter Schurke!“ entgegnete Tom höchst ernsthaft.

„Ja, wenn das ist,“ lachte der Alte laut auf, „da muß ich wohl herausrücken,“ und schmunzelnd schenkte er dem Indianer ein volles Glas ein, das dieser mit freundlicher Miene leerte.

Kaum war Tom mit seinem erlegten Wild in das Haus getreten, als der Neffe des Yankee, eben derselbe Jäger, dem Tom an diesem Morgen so ohne Weiteres den Hirsch abstreifte, am Hause erschien. Er hatte den Indianer erkannt und warf fluchend sein Hirschfleisch von der Schulter, als er dessen Flinte am Hause lehnen sah.

„Warte, Schurke,“ murmelte er vor sich hin, „Du sollst doch wenigstens Deinen nächsten Schuß fehlen, dafür will ich sorgen, und wenn ich kein Fell habe, magst Du, auf diese Ladung Pulver wenigstens, auch keins mit heimbringen.“

Damit schlich er sich leise an die Flinte heran, zog mit seinem Kretzer schnell den obersten Pfropfen heraus und ließ sich die Schrote in die Hand laufen; damit aber noch nicht zufrieden, nahm er den andern Pfropfen ebenfalls und setzte einen neuen auf, daß sich ja kein Schrot in jenem hätte verhalten und doch vielleicht noch tödten können, lehnte dann die Flinte wieder an ihre alte Stelle und trat, als ob er eben käme, zu den Männern in den Laden.

Tom hatte seine Einkäufe besorgt, steckte, was er für seine Jagdbeute erhalten, in die Kugeltasche, die an seiner rechten Seite hing, setzte nochmals das Glas an, das er schon zum zweiten Mal leer getrunken, und sog die letzten Tropfen heraus, trat dann vor die Thür, ergriff seine Flinte und war im Begriff, nach kurzem Gruß den Weg nach seinem Dorfe einzuschlagen, als die Truthühner seine Aufmerksamkeit erregten, die eben, durch einige ihnen vorgeworfene Maiskörner herbeigelockt, die Köpfe alle zusammen auf einen Punkt hielten und dadurch ein herrliches Ziel boten.

Tom bemerkte es und lächelnd auf sie anschlagend, rief er zum alten Kaufmann zurück. „Ich sehr froh – solchen Schuß draußen im Wald!“

„Und ich wette einen Dollar, Du triffst keinen!“ rief der junge Mann, der die Gelegenheit schnell ergriff, sich an dem Indianer zu rächen.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Der Osage