Abreise von Berlin

Es war ein herrlicher Morgen, der seinen Gruß uns entgegensandte, als wir zum Anhaltischen Bahnhofe hinauszogen, und im Coupé des Waggons zur weiten Reise uns behaglich einrichteten. Die Kinder, voll stürmender Ungeduld, konnten das Signal kaum erwarten. Da läutete die Glocke 1/4 auf 9 Uhr, ein gellender Pfiff erscholl, das Dampfross brauste mächtig auf, und der Bahnzug schoss über die Brücke des Kanals ins Freie hinaus, die weiten Massen der Häuser bald in der Ferne hinter sich lassend.

Eine Vergnügungsreise nach Thüringen hat durch das Eingehen des Abend-Personenzuges eine große Annehmlichkeit verloren. Man fuhr um 10 Uhr ab, Nacht verbarg dem Auge die dürftigen Ebenen der Mark, und, wenn die Sonne emporstieg, beleuchtete sie mit ihren ersten Strahlen das herrliche Saalthal. Der Schnellzug, der jetzt den Abendzug bildet, scheint mir nicht zweckmäßig zur Benutzung, wenn es sich um eine bloße Lustfahrt handelt. So lange es noch Tag, bieten sich nur uninteressante Landschaftsbilder dar. Die süßesten Gefilde werden zur Nachtzeit durcheilt, und, was gerade eine Reise nach Thüringen so anmutig macht, der wachsende Eindruck des Entzückens an den immer schöner werdenden Gegenden, wird nicht gewonnen. Am besten benutzt daher der Lustreisende den Frühzug, und, wo auf den dürftigen Fluren, die er anfänglich durcheilt, die Natur ihre Genüsse ihm versagt, ruft er sich ins Gedächtnis zurück, was sie historisch oder industriell darbieten, um, wenn ein anderes Gespräch nicht in den Gang kommen will, hieraus beim flüchtigen Vorüberrauschen flüchtigen Genuss zu schöpfen. Und wer nun gar Kinder um sich hat, denen alles noch neu ist, der hat selbst hier des Stoffes genug, um von Station zu Station die Zeit durch mannigfache Mitteilungen interessant auszufüllen.


Die Flur von Groß-Beeren, so öde sie daliegt, erinnert uns an die Schlacht, die im Jahre 1813 dort geschlagen worden, und stolz gedenken wir der Helden Preußens, die dort gesiegt. Luckenwalde, mit seinen Tuchfabriken, gibt uns Stoff, den mächtigen Einfluss der Industrie zu betrachten, und uns dabei der Verdienste des Geheimen Kommerzienrats Carl zu erinnern, dessen berechnender Tatkraft das Städtchen einen großen Teil seiner Blüte verdankt. Auch von dem altertümlichen Jüterbog, wo dereinst der falsche Waldemar seine Hofhaltung gehabt, wird sich manches erzählen lassen. Noch jetzt muss man die Keckheit des Abenteurers anstaunen, der, ein verschmitzter Müllergesell, so viele Deutsche Fürsten und selbst Kaiser Karl IV. betören, und die ganze Mark, mit Ausnahme von drei treuen Städten, Frankfurt a. O., Spandau und Brietzen, hatte an sich reißen können. Mächtiger aber bewegt uns Wittenberg, das in schneller Folge seine Türme am Horizonte auftauchen lässt. Sinnend betrachten wir die schöne Schlosskirche, in der Luther das Werk der Reformation begonnen, und wo an der Gruft des Gestorbenen selbst Karl V. mit frommer Ehrfurcht gestanden, und durch die strengen Worte: „mit den Toten führen wir keinen Krieg!“ der Entehrung der heiligen Überreste gewehrt hatte. Wir denken der erhabenen Fürsten, die hier gewaltet, und für Glaubensfreiheit bis zum Untergange gekämpft. Auch die Merkwürdigkeiten der Stadt aus neuerer Zeit, die sauberen Festungswerke, ziehen unsere Aufmerksamkeit auf sich. Das Gartenländchen Anhalt ist bald erreicht. Üppigere Wälder lachen schon von der Elbe herüber; der schmucke Turm von Wörlitz, dessen reizend eingerichteter Garten einst ein besuchter Vergnügungsort war, grüßt aus ihnen hervor; Coswig präsentiert sein altes Schloss; die Elbe, über deren weiten Spiegel wir bei Roßla fliegen, ihren gewaltigen Brückenbau; Dessau, mit vielversprechender Miene, seine Türme und Fürstenschlösser, voll der mannigfaltigsten historischen und künstlerischen Merkwürdigkeiten, nach und nach aufgesammelt von der einstmals weithin herrschenden Fürstenfamilie. Sie hatte auch der Mark eine glorreiche Reihe von Markgrafen, und in späterer Zeit dem Preußischen Königshause einen der berühmtesten Generale gegeben. — In Köthen ziehen Gegenstände beschwerlicherer Art unsere Aufmerksamkeit auf sich. Wir müssen uns hier an den Zug anschließen, der von Magdeburg nach Leipzig fährt, da wir mit ihm bis Halle weiter fahren. Schnell, sobald wir angekommen', suchen wir ein neues Coupé auf, und können deshalb kaum dem prächtigen Bahnhofe einen flüchtigen Blick widmen.

Der fortstürmende Wagen bringt uns alsbald in die weite fruchtbare Ebene, die, übersäet mit Städten und Dörfern, bis Weißenfels hin sich vor uns öffnet. Im fernsten Westen lagert in duftiger Bläue der Harz; dicht neben uns, rechts von der Bahn, als einzige namhafte Erhebung in dem mächtigen Plateau, der stolze Petersberg, in dessen nun wieder ausgebauter Kirche die Begräbnisstätte der Grafen von Wettin, der Stammeltern vieler Fürsten, sich befindet. In Halle nehmen die Wagen der Thüringer Bahn uns auf. Eine lange Pause vergönnt uns, einige Erfrischungen zu genießen, und gewährt uns Muße, die altehrwürdige Stadt vom Bahnhofe aus, von da sie sich in die Tiefe hinabzieht, näher zu betrachten. Die erhabene Marienkirche mit ihren vier Türmen, an die sich der Marktturm eng anschließt, barg eine Nacht hindurch Luthers entseelte Hülle, als sie nach seinem Tobe von Eisleben nach Wittenberg hinübergebracht wurde. Die hervorragenden Giebel des Waisenhauses erinnern uns an den frommen Stifter, August Herrmann Franke, der unter Gottes sichtlichem Beistande aus so Geringem so Großes schuf. Der Turm der Residenz bezeichnet uns den Ort, wo Karl V. nach dem schmalkaldischen Kriege dem gefangenen Landgrafen Philipp von Hessen sein Urteil verkündete. Die daneben liegenden Trümmer der Moritzburg mahnen uns an die Gräuel des dreißigjährigen Krieges, in welchem Pappenheim den Prachtbau zerstörte. Die dunklen Rauchwolken über der Stadt künden die Stelle an, wo Karl der Große Deutschlands erste Salzwerke gründete, und zu ihrer Betreibung einen Verein sich bilden ließ, der — die Halloren — noch jetzt in seiner abgeschiedenen Reinheit sich erhält. Die frischen kecken Gesichter einiger Musensöhne, die mit gleichgültiger Neugier die Wagen umstehen, lenken unsere Aufmerksamkeit auf die Universität, die nach langen Jahrhunderten noch jetzt in Jugendfrische hier blüht, sowie auf die zahlreichen großen Männer, die hier gewirkt. Leider bleibt uns der Blick in das reizende Saalthal verschlossen, das nach dem Bade Wittekind und der gleichnaen Ruine Giebichenstein führt, der hohen Bergfeste auf steilem Felsen, auf welcher der Landgraf von Thüringen, Ludwig der Springer, vom Erzbischofe zu Magdeburg gefangen gehalten wurde, und durch einen kühnen Sprung aus dem Turmfenster in die Saale hinunter zur Flucht sich rettete.

Doch fast mehr noch und Merkwürdigeres bietet die Stadt Merseburg uns dar, die wir nach wenigen Minuten erreichen, ein imposantes Bild mit dem siebentürmigen Dom und dem reichen Häuserkranze ringsumher, aus dem zur linken Hand der Stadt der Ständepalast und das Orangeriehaus im Schlossgarten bedeutungsvoll hervorragen. Kaiser Otto der Große gründete das Hochstift, und eine lange Reihe gewaltiger Männer, Kaiser, Bischöfe und Herzöge beherrschten von hier aus das Land. Reiche Sagen und große Taten knüpfen sich an ihr Leben. Hier wurde die Barbarenhorde der Hunnen, die so weit vorzudringen wagte, vernichtet; hier verlor der Gegenkönig, Rudolph von Schwaben, im Kampfe der Schlacht die Hand, mit welcher er seinem Kaiserlichen Herrn die schnöde gebrochene Treue geschworen hatte. Noch jetzt wird sie im Dome, nebst anderen Merkwürdigkeiten aus verschiedenen Zeiträumen, als Reliquie gezeigt. Auch sein Grab im hohen Chore ist zu schauen; tief in den Gewölben des Domes aber die Särge der späteren Herzöge, reichverzierte Prunkgemächer des Todes.

Wir wenden weitereilend den Blick von der Stadt ins Freie hinaus. Bald zeigt sich jenseits der Saale eine lange Reihe von Gradierwerken, angelehnt an ein turmähnliches bedeutendes Gebäude. Es ist die reiche Saline Dürrenberg. Darüber hinaus die beiden Türme auf weiter Fläche, die Stadt Lützen, inmitten ihres Schlachtfeldes, wo 1632 Gustav Adolph, der fromme König der Schweden, das glorreiche Ziel seiner Laufbahn fand, und 1813 Napoleon geschlagen wurde; zu unserer Rechten die weiten Ebenen, das Gefilde, wo einst Friedrich der Große die bewundernswürdige Schlacht bei Roßbach schlug; das majestätische Schloss, das, thronend auf steilem Felsen, bald uns entgegentritt, der nun verödete Fürstensitz von Weißenfels, welches mit lebendigem Leben in gartenumkränzten Häusern sich von den Ufern der Saale um die Felswände hinaufschlingt.

Die Zauberin Natur beginnt jetzt reicher zu wirken. Das romantische Saalthal breitet sich vor uns aus. Felsen erheben sich am Rande des lebendigen Flusses, üppige Wiesen lagern daneben, Laubwälder und Rebengelände kränzen die Höhen. Bald liegt rechts auf einem sanften Abhange die wohlerhaltene Burg Goseck, noch jetzt bewohnt von hervorragenden Männern; zur Linken dann auf schroffer Felswand, hart über einen in Wiesen langhingedehnten Wasserspiegel, der ihr Bild zurückstrahlt, die geheimnisvolle Ruine der Schönburg; weiterhin, im Schoße der Rebhügel, Naumburg mit seinen, dreitürmigen, architektonisch berühmten Dome, unter dem die noch wohlerhaltene Krypta die höchste Aufmerksamkeit des Beschauers verdient; ihm gegenüber, uns zur Rechten, das weite Tal der Unstrut, mit dem lachenden Freiburg, der letzten irdischen Heimat Jahns; wieder links, sobald wir die Unstrut überschritten, Schulpforta, die alma mater geistiger Größe, wo Klopstock die Gesänge seines Messias schon vorempfand. Durch Kösen und Sulza, die freundlichen Badeorte und Salzwerke, mit den köstlichen Promenaden auf den umgrenzenden Höhenzügen, stürmt der Zug. Zwischen beiden ragen auf schwindelnder Höhe mächtiger Sandsteinkolosse die Ruinen von Saaleck und der Rudelsburg empor. Bei Sulza, schon auf Weimarischem Gebiete, öffnet sich uns zum ersten Male das traute Tal der Ilm, des Deutschen Dichterflusses, und uns trägt in seiner grünen Hügel-Umkränzung eine Fülle lieblicher Erinnerungen entgegen; und nun tut Thüringen seine Tore weit vor uns auf! —

O, welch ein süßer Wechsel von Hügel und Tal, von Berg und Schlucht, üppig umwogt vom reizvollsten Grün der Saaten, durchblitzt von sanften Silberbächen, belebt von zahllosen Dörfern, die bald von den fernen Höhen, bald tief unter uns von den glänzenden Wiesenteppichen uns anlachen! Bei Apolda und über seinen 80 Fuß hohen Viadukt fliegen wir vorüber. Weimar, dem Goethe, Schiller, Herder und Wieland Unsterblichkeit verliehen, und wo noch jetzt mannigfache Heiligtümer, geweiht von dem Geiste der erhabenen Dichter, zu schauen sind, ist in Kurzem erreicht. Von fernher schon erblickten wir es von der Höhe herab; jetzt liegt es tief unter uns inmitten des sanften Bergkessels, der ringsum in meilenweiten Entfernungen bis zum Fuße der Gebirge sich erhebt, überschaut von seinen Türmen und seinem Fürstenschlosse, in welchem so Großes gedacht und vollendet worden, gekrönt von seinen Parks, dem duftigen Belvedere, und — rechts von der Bahn — dem breithin gelagerten Ettersberge mit seinem waldigen Rücken. Wir treten auf die Terrasse des Bahnhofes und genießen, so lange uns Frist gegönnt ist, des zauberisch schönen Bildes mit wehmütig schmerzlichem Entzücken. Doch weiter rollt es fort. In blauer Ferne grüßen uns schon des Waldgebirges höchste Spitzen, und vor uns breitet das ehrwürdige Erfurt sich aus. Aus seinen 27 Türmen ragt am imposantesten der Dom hervor, der glänzenden Schätze in seinen Mauern sich wohl bewusst, mit der gewaltigen Glocke, die ihres Gleichen in Europa nicht mehr hat. Unfern davon der bescheidene Augustinerturm, in dessen Kloster Luther dereinst als Mönch gewirkt. Zwei stolze Zitadellen, der Petersberg und die Cyriaksburg, beherrschen die geschichtlich hochberühmte Stadt, die nur durch mächtige Festungswerke hindurch uns den Eintritt gestattet. Ein liebliches Tal empfängt uns, wenn wir sie wieder verlassen. Es umschließt die berühmten Gemüse-Anlagen, die sogenannten drei Brunnen; — umkränzt von der vieltürmigen altertümlichen Stadt, der Zitadelle Cyriaksburg, dem malerisch in Bergen eingebuchteten Dorfe Hochheim und dem langgedehnten Steigerberge mit seinen freundlichen Landhäusern; und in der engeren Umringung zahlreicher frischer Garten, gewähren dieselben mit ihren von vielfachen Gräben durchschnittenen Parketts einen überaus reizenden Anblick. Nicht minderer Zauber umweht das schmucke herrnhutische Dietendorf, mit seinem Blicke auf das emportauchende Gebirge hinauf, und in das Freudenthal hinab, in welchem auf hohen Felsen die drei Gleichen lagern, alte zerfallene Burgen, von denen Geschichte und Sage Vielfältiges zu erzählen weiß. Aus ihnen stieg der alte Graf von Gleichen hinab, als er, beweint von feiner treuen Gattin, in den fernen Orient im Dienste des Kreuzes zog. Hierher kam er zurück, verbunden mit der zweiten Gemahlin, der Morgenländerin, die ihn aus der Gefangenschaft befreit. Der Papst hatte die Doppelehe gesegnet, und beide Gattinnen lebten in herzlicher Eintracht an der Seite des Gemahls. Der Dom in Erfurt umschließt ihre Gebeine, ein Leichenstein in ihm stellt sie uns lebend dar.

Näher und näher tritt das Gebirge an uns heran; wir eilen am Seeberge, der Gothas Sternwarte trägt, vorüber; Gotha selbst empfängt uns, die freundliche Stadt, mit ihrem die Gegend weithin beherrschenden, von Kunstschätzen reich angefüllten Schlosse Friedenstein, von dessen Terrasse sich die bezauberndste Aussicht auf das Panorama des Gebirges darbietet. Der Inselsberg wächst mächtiger empor, und zieht uns gastlich zu sich hinüber; unter ihm, hart am Fuße der Berge, nickt das trauliche Waltershausen mit seinem glänzenden Bergschlosse Tenneberg uns freundlich zu. Von Dorf zu Dorf, jedwedes immer reizender gelegen, fliegen wir. Immer gewaltiger türmen sich zu unserer Linken die Massen der Gebirge empor. Nach allen Seiten hin wird die Aufmerksamkeit mächtig angezogen; Landschaftsbilder, voll reichen Zaubers, drängen und verdrängen sich; nirgends haftet der Blick lange, kaum dass wir dem Hörseelberge, dem sagenreichen, der rechts von uns, dicht neben der Bahn, seine kahlen Felswände schroff in die Höhe dehnt, ein tieferes Interesse schenken, und aufmerksamer nach der Pforte schauen, an welcher der getreue Eckardt noch jetzt wachen soll, um dem Ritter Tannhäuser den Eingang zur heidnischen Frau Venus zu versperren. Eine vorgelagerte Bergecke schiebt mit einer Biegung des Weges sich fort; und siehe! Thüringens Juwel, die Wartburg, strahlt uns entgegen, schon gerötet von der bald scheidenden Sonne, die ihr Gold in alle Fenster wirft, und es mit duftigem Schleier über die Dächer ausbreitet. In Eisenach hält der Zug.

Ein bereiter Wagen*) trägt uns schnellen Fluges nach Wutha zurück, dort biegt er gerade auf das Gebirge zu in ein kommendes Tal scharf ein; das Tal der Ruhl oder des Erbstromes liegt vor uns. Der Zauber großartiger, hinreißend schöner Natur wächst in mächtigeren Kreisen um uns empor. Wir durcheilen das schmucke Dorf Farrnroda. Berge und Felsen treten näher an uns heran, gewaltigere Bergkolosse überragen sie; in schwindelnder Höhe dehnen sich lustige Buchenwälder, durchmischt von Gruppen düsterer Tannen, ihre Abhänge hinauf, und winken zur süßen Rast. Und siehe da! — mitten im Tale erhebt sich wie ein alter Riese, als wolle er den Weg uns versperren, der schroffe, lieblich bewaldete Felskegel des Scharffenberges mit der prächtigen Turmruine des Scharffensteins, — ein zauberischer Anblick! — Tief unten, neben ihm in enger Schlucht, das Dörschen Tal. Der Riese aber regt sich nicht, und rasch schlüpfen wir an ihm vorüber, gerade hinein in die Berge, die sich hinter dem alten Kloster Heiligenstein zu solcher Enge verschließen, dass ihre steilen dichtbewaldeten Wände kaum der Chaussee und dem Erbstrome, der in tausend Wasserfällen hier die schmale Wiese hinabstürmt, den Raum zum Nebeneinanderlaufen mehr vergönnen. Dieselbe Talesenge begleitet uns bis Ruhla hin, das wir endlich, in dem tiefen, von allen Seiten geschlossenen Bergkessel in süßer Abgeschiedenheit ruhend, nach zweistündiger Wagenfahrt erreichen. Ein auf die Dauer unseres Aufenthalts vorausbestelltes Quartier nahm die recht müden Pilger gastlich auf. **)

*) Auf den, Bahnhofe zu Eisenach findet man jederzeit Droschken, welche einige Wanderer mit wenigem Gepäcke für den Preis von 1 Rthlr. 10 Sgr. sofort nach Ruhla fahren. Familien, die mehreres Gepäck bei sich führen, tun am besten, im Voraus in Ruhla einen Wagen zu bestellen, der dort bei dem Kaufmann Schilling für den Preis von 2 Rthlrn. zu haben ist (vergl. Dritter Reisetag). So bald — was die Eisenbahn-Fahrpläne ergeben werden — schon in dem Stationsorte Wutha, vor Eisenach, eine Güter-Expedition eingerichtet worden, wird es jedoch am zweckmäßigsten sein, hier, eine Stunde von Ruhla, abzusteigen, und den Wagen hieher zu bestellen. Für jetzt bleibt Eisenach der gelegenste Stationsort.

**) Es mag ungerechtfertigt erscheinen, dass ich in dem vorstehenden Abschnitte die Hauptmerkwürdigkeiten einzelner Orte so genau aufgeführt habe; doch ist es mit Absicht geschehen. Einmal ist es interessant, wenn der Reisende bei jedem hervorragenden Punkte, der sich ihm darstellt, sich sofort genau Rechenschaft geben kann über das, was vor ihm liegt. Andererseits möchte es für diejenigen, welche eine Lustfahrt vor sich haben, und über eine ausgedehntere Zeit gebieten können, auch zweckmäßig sein, die immerhin langwierige Fahrt bis Eisenach in Unterbrechungen zurückzulegen und in den einzelnen Städten zu verweilen. Namentlich eignet sich hierzu Halle, Merseburg, Naumburg, Kösen, Weimar, Erfurt und Gotha. Eine solche Reise lässt sich z. B. in folgender Art recht bequem einrichten. Man fährt zunächst bis Halle, woselbst man um 1 Uhr Mittags ankommt, und im Thüringerhofe logiert. Am anderen Morgen 9 Uhr geht es nach Merseburg, von dort um 2 Uhr nach Kosen, und Abends 9 Uhr weiter bis Weimar, woselbst man im Erbprinzen ein gutes Unterkommen findet. Am anderen Nachmittage 4 Uhr reist man weiter fort bis Eisenach. — Auf der Rückreise fährt man früh bis Gotha, und von dort um 12 Uhr nach Erfurt, wo man in Silbers Hotel übernachten kann. Am anderen Morgen 7 Uhr reist man bis Naumburg, und von hier Nachmittag 2 1/2 Uhr bis Berlin zurück. So vermeidet man Übermüdung und hat Nutzen von der Reise. Das überflüssige Gepäck wird irgend einem Kofferträger der Eisenbahn an jedem Stationsorte in Verwahrung gegeben. —