Der Kaffee

Gebrauch, Missbrauch, Wirkung, Kaffeesorten
Autor: Neubert, Jakob Dr. (?), Erscheinungsjahr: 1838
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Kaffee, Kaffeebaum, Gebrauch, Missbrauch, Wirkung, Gesundheit, Krankheiten, Kaffeesorten, Kaffeesurrogate, Koffein
          Vorwort

Trotz der Bemühungen Vieler, zu beweisen, dass der Kaffee ein höchst schädliches Getränk sei, ja selbst trotz der strengsten Polizeimaßregeln und Verordnungen verschiedener Länder konnte der Gebrauch des Kaffees nicht verhindert werden. Der Grund davon liegt wohl nicht allein in dem Wohlgeschmacke desselben, als auch in unserer Lebensweise. Man erwäge die vielfache Zusammensetzung und künstliche Zubereitung der Speisen, die sitzende Lebensart so vieler Menschen, wodurch die Ernährungsorgane so geschwächt werden, dass sie den täglichen Gebrauch eines belebenden Mittels, wie des Kaffees, erheischen. Mehr Nutzen mag es daher bringen, zu lehren, welchen Naturen und unter welchen Umständen er am zuträglichsten ist, als geradezu zu behaupten, der Kaffee sei durchaus ein sehr schädliches Getränk. Doch es ergeht ihm, wie allen ausgezeichneten Dingen und Personen. Die Vernünftigen erfreuen sich ihres Segens in weiser und dankbarer Annahme, die Unvernünftigen verscherzen den bessern Teil durch Missbrauch, die Überklugen fühlen sich zur Missachtung gestachelt, erstehlen aber die Vorteile, die sie nur ehrlich empfangen dürften.
Mit dem Namen Kaffee belegt man die Frucht, insbesondere den Fruchtkern eines ausländischen Baumes, der ursprünglich (nach Richard *) in Äthiopien zu Hause ist. Von Äthiopien wurde er nach Arabien verpflanzt, wo er einheimisch geworden und nirgends besser gedeiht, als in der Provinz Jemen bei Mocha und Aden.

Im Jahre 1710 wurde der erste Kaffeebaum durch Witzen, Konsul zu Amsterdam, nach Europa (nach, Anderen sollen ihn die Holländer schon im Jahre 1690 aus Mekka nach Holland gebracht haben,) und aus den Treibhäusern von Amsterdam in die von Paris und Deutschland verpflanzt, von wo er endlich 1716 nach Amerika gelangte, so dass er jetzt in Ost- und Westindien verbreitet ist, und angebaut wird. Er ist sehr zärtlich, und verlangt viele Wärme, jedoch bringt er auch in deutschen Gewächshäusern Früchte.

*) In Meissner und Schmidts Enzyklopädie etc. Leipz. 1830 III. B. Art. Coffea.

Nach Sprengel*) gehört er zu der ersten Ordnung der fünften Linne’schen Klasse, und nach Jussieu zu der Familie der Rubiaceen, nach de Candolle aber zu einer eigenen Familie, Coffeaceae.

Seine Höhe beträgt gewöhnlich 15—20 Fuß, sein Durchmesser aber kaum 3 Zoll. Er ist ein immergrüner Baum, seine Blätter gleichen den Lorbeerblättern, und stehen kreuzweise; die Blumen von glänzend weißer Farbe und angenehmem Geruche fallen bald ab, und machen den Früchten Platz. Die Frucht ist eine anfangs grüne, dann rote, bei der Reife dunkler (violett) gefärbte, rundlich-eiförmige, mit einem kleinen Nabel versehene Beere, von der Größe einer Kirsche, und enthält in einer dünnen, fleischigen, widerlich süßen Haut, zwei aneinander sitzende, auf der innern Seite flache, mit einer Längenfurche versehene, auf der äußern Seite konvexe Samenkörner, die sogenannten Kaffeebohnen, Gewöhnlich dreimal im Jahre sammelt man die Früchte, indem man sie auf ein untergelegtes Tuch herabschüttelt; dann werden sie in der Sonne getrocknet, hierauf schwere Walzen darüber gerollt, damit die trockne süße Schale sich löse, und die beiden Kerne sich trennen; endlich werden die Kerne, nachdem sie geworfelt sind, nochmals getrocknet. Die reichste Kaffee-Ernte ist im Mai. Doppelt getrocknet kann er erst den Transport zur See aushalten.

*) Allgemeine Enzyklopädie der Wissenschaften und Künste von Ersch und Gruber. 18ter Teil.

Wer aus diesen Früchten zuerst einen Trank bereitete, ist nicht mit Gewissheit anzugeben. Die Meisten behaupten, ein Prior eines Mönchklosters in Arabien habe, nachdem er von einem Hirten gehört, dass eine Herde Ziegen nach dem Genusse der wilden Kaffeefrüchte sehr lebhaft und munter geworden sei, einen Versuch gemacht, ob er durch ein Decoct von diesen Bohnen seine Mönche im nächtlichen Gottesdienste wachsamer erhalten könne. Da das Mittel seine Wirkung getan und noch dazu gut geschmeckt habe, so sei das Kaffeetrinken nicht nur im Kloster, sondern auch nach und nach in der ganzen Türkei allgemein geworden. Ein arabischer Schriftsteller versichert, dass Gemaleddin Abu Abdalah, Muhamed Brusaid, Mufti und Oberpriester zu Aden, der erste gewesen sei, welcher die Gewohnheit, den Kaffee zu trinken, nach Arabien gebracht habe. Nach seiner Erzählung reiste dieser nach Persien, woselbst er einige seiner Landsleute Kaffee trinken sah. Bei seiner Zurückkunft war seine Gesundheit sehr zerrüttet, er bediente sich daher des Kaffees als Restaurationsmittel, und erlangte dadurch nicht allein seine Gesundheit wieder, sondern bemerkte an diesem Getränke allerlei andere gute Eigenschaften, z. B. dass er die Kopfschmerzen lindere, die Lebensgeister ermuntere, und, ohne dem Körper sonst zu schaden, die allzu große Schläfrigkeit vertreibe. Er empfahl daher dieses Getränk den ihm untergebenen Derwischen und muhamedanischen Mönchen, um des Nachts ihre Gebete und andere Religionsgebräuche mit desto größerem Eifer und Aufmerksamkeit verrichten zu können. So habe sich der Kaffeegebrauch verbreitet, und sei Mode geworden, indem Gelehrte, Handwerker und Reisende sich dieses Getränkes bedienten, weil sie der Nacht in diesem heißen Lande zu ihrem Geschäfte benötigt waren. Nach und nach wurde er von jedermann, und zwar nicht nur nachts, sondern auch wegen seinen übrigen guten Eigenschaften, und weil man Geschmack daran fand, am Tage getrunken. Diese Gewohnheit nahm nicht allein in Arabien, sondern auch nach und nach allenthalben so zu, dass Kaffeehäuser entstanden, und dieses Getränk ein allgemeines Bedürfnis der Welt wurde.

Man trank zuerst den Blätteraufguss, hernach genoss man die Kaffeebaumfrüchte, erst roh, dann schwach geröstet und zu Pulver gerieben, bis endlich ein wässeriger Aufguss davon in Arabien allgemeiner wurde.

Jede Nation hat gegenwärtig ihre eigene Art, den Kaffee zu trinken. Die Morgenländer pflegen dabei etwas gestoßene Nelken, oder Zimmet, oder Kardamomen, Vanille, peruvianischen Balsam, oder einen Tropfen grauer Ambra-Essenz, oder etwas Zucker mit Ambra angefeuchtet, auch einen halben Löffel voll Pomeranzenblütenwasser hineinzutun. Die Engländer trinken ihn meistens nur morgens bei einer Butterschnitte, die Holländer morgens und nachmittags. Die Franzosen essen gewöhnlich des Morgens eine große Tasse voll Kaffee, denn sie tun Zucker, Semmel und Milch hinein, und machen sich einen Kaffeebrei oder eine Suppe. Die Schweden trinken ihn vorzüglich nach der Mittagsmahlzeit, zu drei Tassen, mit Milch und Zucker. Der Deutsche hat alle diese Gewohnheiten und noch mehrere vereinbaret, er isst und trinkt ihn, wie man es verlangt, täglich zwei- bis dreimal, oft zu jeder Tagszeit.

Die Güte der Kaffeebohnen, selbst die Größe und Farbe ist nach dem verschiedenen Geburtsorte, nach der Landesgegend und dem Alter des Baumes, von welchem sie genommen sind, merklich unterschieden.

Die verschiedenen Kaffeesorten sind:

1) der arabische oder levantische Kaffee, Kaffee von Mokka, dessen Bohnen am kleinsten, und vergleichsweise am dunkelsten von Farbe, aber von starkem Wohlgeruche sind. Er wird, weil die Bäume in dem sandigen Boden Arabiens wachsen, allen andern Sorten vorgezogen.

2) Der ostindische oder Java-Kaffee, dessen Bohnen größer als erstere und blassgelb sind, hat einen sehr angenehmen Geschmack.

3) Der westindische oder Surinamische, von dunkel, graugelblicher, ins blaue fallender Farbe der Bohnen, die zwar groß, aber auch weich und schlecht sind, welches von der Eigenschaft des Landes herrührt, das sehr sumpfig ist.

4) Der Martiniquesche, dessen Bohnen von mittlerer Größe, und von Farbe grünlich sind; eine vorzügliche Sorte. Der Bourbonische, weißliche, ist die gemeinste Sorte. Noch sind unter den westindischen Sorten zu bemerken der von der Insel Domingo, Jamaika, Portorico u. s. w.

Die Güte des Kaffees hängt nicht allein vom Vaterlande, sondern auch vom Einsammeln, Trocknen und Einpacken, und von dem Aufbewahren und Liegen in den Schiffen ab. Gleichwie das Getreide, welches unzeitig geschnitten, nass eingebunden und eingescheuert wird, schlechtes Brod liefert, ebenso verhält es sich auch mit dem Kaffee. Der Kaffee, welcher in Schiffen lange aufeinander gepackt gelegen, verliert viel von seiner Lieblichkeit; derjenige aber, welcher mit den Karawanen kommt, und auf Maultieren durch die arabischen Wüsten getragen wird, trocknet während der Reise allmählich und konserviert sich besser.

Gute rohe Kaffeebohnen müssen in der Regel von möglichst gleicher Größe, von gleich frischer Farbe sein, im Wasser untersinken, über eine Nacht darin gelegen dasselbe zitronengelb färben, und ihm einen dem chinesischen Tee ähnlichen Geschmack geben. Gepulvert muss guter Kaffee gelblichbraun ausfallen, und mit warmem Wasser durchweicht und langsam an der Luft getrocknet, grün werden. Endlich muss er beim Rösten oder Brennen einen reinen, kräftigen Wohlgeruch verbreiten.

Schlecht ist der sogenannte marinierte Kaffee (Café mariné), welcher durch Seewasser u. s. w. verdorben, missfarbig, moderigriechend geworden ist; dann der fabrizierte oder gefärbte Kaffee. Diese gefärbten Bohnen erregen Ekel, Erbrechen, Koliken, Wallungen, Schwindel. Man erkennt sie an ihrer sattgrünen Farbe, und wenn man auch nur kaltes Wasser über sie gießt, so entfärben sie sich schon beim gelinden Reiben in demselben, und werden weiß. Manche riechen auch beim Abtrocknen sehr übel. Schlecht sind ferner die zu großen, leichten, schon ganz braunen und marmorierten Bohnen, die geröstet schimmlig riechen und ranzig schmecken, und die ausgedorrten, oder die noch in ihren Hülsen eingeschlossenen, gewöhnlich unreifen Samen.

Kaffeestrauchblüte und Frucht

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Kaffeeernte in Brasilien

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Kaffeetransport in Abessinien

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Kaffeekränzchen in Jerusalem

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Trocknen des Rohkaffees in Costa Rica

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Kaffee-Einzelhändler und -Röster in Süd-Kalifornien

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Das schönste Kaffeehaus der Welt

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Elektrische Kaffeemaschine 1914

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Kaffeezubereitung in Arabien

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Kaffeekanne 1692

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Kaffeekannen des 20. Jahrhunderts

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Straßen-Kaffee-Verkäufer in Levante

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