Diätetischer Teil

Es wäre wohl nun die Frage zu beantworten, ist der Kaffee der menschlichen Gesundheit nachteilig oder zuträglich ? Wir besitzen eine kleine Bibliothek von Schriften für und gegen dieses allgemein beliebte und in der ganzen Welt zum Bürgerrecht gediehene Getränk von alter und neuerer Zeit. Als Lobeserheber des Kaffees treten auf: Blegny, Andry, Behr, Richard, Sachs, Triller, Willis, Jussieu, Ludolff, Mellin, Musgrave, Naironi und andere mehr; als Feinde desselben gelten Alberti, Calvet, Duncan, J. P. Frank, Hahnemann, Hilscher, Jung, Olearius, Platz, Stapf, u. s. w.

Der Kaffee enthält eine wirksame arzneiliche Potenz, kann also schaden und nützen, je nachdem diese Potenz zweckmäßig gebraucht, oder törigt missbraucht wird. Bei der Beurteilung der Schädlichkeit, welche Viele dem Kaffee zuschreiben, ist niemals zu übersehen, wie viel Konstitution, Gewohnheit und Bereitungsweise zur Linderung dieser Schädlichkeit beitragen. Eine schwache Abkochung des Kaffees hat fast nur wie warmes Wasser eine schwächende Kraft, und übt diese besonders auf die Eingeweide des Unterleibs aus; er verdünnt die organischen Säfte, beschleunigt die Funktion der Haut und Nieren; durch seinen Missbrauch aber wird die Verdauung gestört, Verstopfung, Versehleimung, nach Gerard van Swieten oft große allgemeine Schwäche mit Gliederzittern, Bleichsucht und Blutung bewirkt.


Eine starke Abkochung dagegen, besonders allzu heiß genossen, reizt und wärmt zu sehr, schwächt den Appetit, bewirbt Anschoppungen der Leber und Milz, hemmt die Ab- und Aussonderungen , erzeugt Cruditäten im Magen, Blähungen , Herzklopfen , Blutandrang gegen den Kopf, daher Kopfschmerzen , krampfhaftes Zittern der Glieder, Schlaflosigkeit, allgemeine Schwäche, bisweilen Schwindel und Betäubung, ja sogar Lähmung und Unvermögen soll entstehen können, bei Frauen Leucophlegmatia, Hysterie und weißer Fluss.

Die Mischung des Aufgusses des Kaffees mit Milch und Zucker entspricht im allgemeinen dem diätetischen Gebrauche mehr, als der reine Aufguss, weil sein Beiz dadurch gemildert wird. Cacao, Vanil, peruvianischer Balsam u. s. w. machen ihn hitziger und schädlicher; zu viel beigemischter Zucker erzeugt Säure, und alle jene Nachteile, die allzu häufiger Genuss von Zucker und andern Leckereien hervorruft. Die Milch darf weder zu fett, noch zu wässrig sein, weil zu fette Milch den Kaffee schwer verdaulich, zu wässerige aber ihn unschmackhaft macht. Am heilsamsten ist er im Frühjahre und Herbste, in feuchten Wintern, bei nebliger, rauer Atmosphäre; man trinke ihn nicht vor der Mahlzeit, weil er da eher den Appetit benehmen als bewirken würde; sondern bald nach dieser, ohne Zucker und Milch, so ist er dem mit reizenden, blähenden Speisen und erhitzenden Getränken angefüllten Magen sehr zuträglich. Besonders passend ist er für Männer und Weiber höheren Alters, für Phlegmatische, die eine sitzende Lebensweise führen und wegen geschwächter Körperkonstitution stärkerer Reizmittel zum Leben bedürfen; denn bei diesen geht die Verdauung langsam von Statten, die Funktionen des Gefäß- und Nervensystems sind geschwächt, und müssen, durch einen Reiz wieder aufgeregt werden, weswegen auch ein mäßiger Genuss des Kaffees vorzüglich für Gelehrte heilsam ist. Er verscheucht die Schläfrigkeit, erhält und belebt die Körperwärme, erheitert das Gemüt, hebt die Geisteskräfte. Weniger passt der Kaffee im Allgemeinen im Sommer, bei heiterem Himmel, für junge, vollblütige, schwache, cholerische, hypochondrische, hysterische Individuen, für Frauen, bei denen der Monatsfluss allzu reichlich geht, oder die schwanger sind, eben so wenig für alle, die zu Blutflüssen, Rothlauf, Schlagfluss und Lungenschwindsucht Anlage haben. Bei denen, die zu Krämpfen verschiedner Art geneigt sind, soll nach der Meinung von W. A. Haase die Gewohnheit entscheiden, ob der Genuss des Kaffees zu gestatten sei oder nicht. Mit Arak oder Rum vermischt (unter dem Namen Gloria) bedient man sich desselben als Verdauungsmittel nach zu reichlichen Mahlzeiten, doch soll man dieses ja nicht zur Gewohnheit werden lassen; auch sind jene gelehrte Menschen zu tadeln, die das Verlangen nach nächtlicher Ruhe durch öfteren Genuss des Kaffees verscheuchen, und so den Keim zu den schwersten Krankheiten legen.

Da der Kaffee ein menschliches Bedürfnis geworden, so ist vor allem darauf zu sehen, dass sich guter und unverfälschter, nicht erkünstelter zum Genusse vorfinde, und dass er in seiner Zubereitung, im Rösten, Kochen oder Aufguss gut behandelt, und nicht durch schlechte Zumischungen verdorben werde. Gute und frisch gebrannte, vom Feuer schnell entfernte, zur geschwinderen Abkühlung auf flachen Schüsseln dünn ausgebreitete und wohl zugedeckte Kaffeebohnen (sagt Schreger*) müssen, je nachdem sie stärker, oder besser etwas schwächer geröstet sind, mehr oder weniger hell kastanienbraun von Farbe, und eben spröde genug zum Brechen oder Pulvern, im Bruche markig, von reinem, kräftigem Wohlgeruche und pikantem, mandelartigem Geschmacke sein, aber auch wohl verwahrt diesen behalten. Übrigens dürfen sie weder ganz, noch in Pulver zu lange aufgehoben werden, weil sie an ihrem Geschmacke und an ihrer Kraft sehr verlieren. Große Fehler geschehen daher beim Kaffeebrennen, wenn man davon bei geringem Verbrauche oder Abgange zu viel auf einmal röstet, wenn man denselben zu stark, ja kohlenschwarz brennt, wo er in Kurzem ranzig wird, welches man im Trinken durch einen widrigen, rußigen Geschmack gewahr wird. Die Einrichtung, in Kaffeeläden gemahlenen Kaffee zu verkaufen, ist sehr tadelhaft, weil er von schlechter Sorte, und mit allerlei Zumischungen von Afterkaffee verfälscht sein kann.

*) Allgemeine Enzyklopädie, 18ter Teil.

Die Art, gebrannten Kaffee zum Genusse zu bereiten, ist verschieden. Gemeinhin wird er gekocht; dieses muss aber nur gelindes Kochen oder Aufwallen, in einem reinen nicht harten Quellwasser sein. Reiner und vollkommener lässt sich der gemahlene Kaffee durch kochendes Wasser in eigenen, bereits bekannten Maschinen ausziehen. Er muss gehörig filtriert, rein von Kaffeestäubchen, hell, schön castorbraun und mit ein wenig gutem Milchrahm versetzt, etwas lichtbraun von Farbe, von reinem, flüchtigem Geruche, und kräftigem, frischem Wohlgeschmacke sein. Zwei bis drei gewöhnliche Kaffeetassen von 1 Lot gleich fein gemahlenem, levantischem Kaffee, lauwarm getrunken, möchte wohl in diätetischer Hinsicht das Normalverhältnis sein.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Der Kaffee