Die Landergreifung.

Als die Völker in den historischen Zeiten wanderten, ließen sie sich vom Weltzufall tragen, ziehen, schleudern. Wie Heuschreckenschwärme gingen sie in ihrem bewußtlosen Zuge irgendwo nieder. In den geschichtlichen Zeiten kannte man ja die Erde nicht. Die neue Judenwanderung muß nach wissenschaftlichen Grundsätzen erfolgen.

Noch vor einigen vierzig Jahren wurde die Goldgräberei auf eine wunderlich einfältige Weise betrieben. Wie abenteuerlich ist es in Kalifornien zugegangen! Da liefen auf ein Gerücht hin die Desperados aus aller Welt zusammen, stahlen der Erde, raubten einander das Gold ab — und verspielten es dann ebenso räubermäßig.


Heute! Man sehe sich heute die Goldgräberei in Transvaal an. Keine romantischen Strolche mehr, sondern nüchterne Geologen und Ingenieure leiten die Goldindustrie. Sinnreiche Maschinen lösen das Gold aus dem erkannten Gestein. Dem Zufall ist wenig überlassen.

So muß das neue Judenland mit allen modernen Hilfsmitteln erforscht und in Besitz genommen werden.

Sobald uns das Land gesichert ist, fährt das Landnahmeschiff hinüber.

Auf dem Schiff befinden sich die Vertreter der Society, der Company und der Ortsgruppen.

Diese Landnehmer haben drei Aufgaben:

1. die genaue wissenschaftliche Erforschung aller natürlichen Eigenschaften des Landes,
2. die Errichtung einer straff zentralisierten Verwaltung,
3. die Landverteilung.

Diese Aufgaben greifen ineinander und sind dem schon genügend bekannten Zweck entsprechend auszuführen.

Nur eins ist noch nicht klargemacht: nämlich wie die Landergreifung nach Ortsgruppen vor sich gehen soll.
In Amerika okkupiert man bei Erschließung eines neuen Territoriums auch noch auf eine recht naive Art. Die Landnehmer versammeln sich an der Grenze und stürzen sich zur bestimmten Stunde gleichzeitig und gewaltsam darauf los.

So wird es im neuen Judenlande nicht zu machen sein. Die Plätze der Provinzen und Städte werden versteigert. Nicht etwa für Geld, sondern für Leistungen. Es ist nach dem allgemeinen Plane festgestellt worden, welche Straßen, Brücken, Wasserregulierungen usw. nötig sind für den Verkehr. Das wird nach Provinzen zusammengelegt. Innerhalb der Provinzen werden in ähnlicher Weise die Stadtplätze versteigert. Die Ortsgruppen übernehmen die Verpflichtung, das ordentlich auszuführen. Sie bestreiten die Kosten aus autonomen Umlagen. Die Society wird ja in der Lage sein vorauszuwissen, ob sich die Ortsgruppen keiner zu großen Opfer vermessen. Die großen Gemeinwesen erhalten große Schauplätze für ihre Tätigkeit. Größere Opfer werden durch gewisse Zuwendungen belohnt: Universitäten, Fach-, Hochschulen, Versuchsanstalten usw. und jene Staatsinstitute, die nicht in der Hauptstadt sein müssen, werden über das Land zerstreut.

Für die richtige Ausführung des Übernommenen haftet das eigene Interesse der Ersteher und im Notfall die Ortsumlage. Denn so wie wir den Unterschied einzelner Individuen nicht aufheben können und wollen, so bleibt auch der Unterschied zwischen den Ortsgruppen bestehen. Alles gliedert sich auf natürliche Weise. Alle erworbenen Rechte werden geschützt, jede neue Entwicklung erhält genügenden Spielraum. Diese Dinge werden sämtlich unseren Leuten deutlich bekannt sein.
So wie wir die andern nicht überrumpeln oder betrügen, so täuschen wir uns auch selbst nicht.

Von vornherein wird alles auf eine planvolle Art festgestellt sein. An der Ausarbeitung dieses Planes, den ich nur anzudeuten vermag, werden sich unsere scharfsinnigsten Köpfe beteiligen. Alle sozialwissenschaftlichen und technischen Errungenschaften der Zeit, in der wir leben, und der immer höheren Zeit, in welche die langwierige Ausführung des Planes fallen wird, sind für den Zweck zu verwenden. Alle glücklichen Erfindungen, die schon da sind und die noch kommen werden, sind zu benützen. So kann es eine in der Geschichte beispiellose Form der Landnahme und Staatsgründung werden, mit bisher nicht dagewesenen Chancen des Gelingen.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Der Judenstaat