Die „ungelernten“ Arbeiter („Unskilled Labourers“)

Unsere ungelernten Arbeiter, die zuerst aus dem großen russischen und rumänischen Reservoir kommen werden, müssen sich auch gegenseitig ihre Häuser bauen. Wir werden ja anfangs kein eigenes Eisen haben und auch mit Holz bauen müssen. Das wird später anders werden, und die dürftigen Notbauten der ersten Zeit werden dann durch bessere ersetzt.

Unsere „unskilled labourers“ bauen einander zuerst ihre Unterkünfte, und sie erfahren es vorher. Und zwar erwerben sie durch die Arbeit die Häuser ins Eigentum — allerdings nicht gleich, sondern erst dafür, daß sie sich durch eine Zeit von drei Jahren gut aufführen. So bekommen wir eifrige, anstellige Leute, und ein Mann, der drei Jahre in guter Zucht gearbeitet hat, ist erzogen fürs Leben.


Ich sagte vorhin, daß die Company diese Unskilleds nicht zu bezahlen braucht. Ja, wovon werden sie leben?

Ich bin im allgemeinen gegen das Trucksystem. Bei diesen ersten Landnehmern sollte es dennoch angewendet werden. Die Company sorgt in so vielen Beziehungen für sie, daß sie sie auch verpflegen darf. Das Trucksystem soll überhaupt nur für die ersten Jahre gelten, und wird auch den Arbeitern eine Wohltat sein, weil es die Bewucherung durch Kleinhändler, Wirte usw. verhindert. Die Company aber vereitelt so von vornherein, daß sich unsere kleinen Leute drüben dem gewohnten Hausierhandel zuwenden, zu dem sie hüben ja auch nur durch eine geschichtliche Entwicklung gezwungen wurden. Und die Company behält die Säufer und Liederlichen in der Hand. Es wird also in der ersten Zeit der Landnahme gar keine Arbeitslöhne geben?

Doch: Überlöhne

Der Siebenstundentag.

Der Normalarbeitstag ist der Siebenstundentag!

Das heißt nicht, daß täglich nur sieben Stunden lang Bäume gefällt, Erde gegraben, Steine geführt, kurz die hundert Arbeiten getan werden sollen. Nein, man wird vierzehn Stunden arbeiten. Aber die Arbeitertrupps werden einander nach je dreieinhalb Stunden ablösen. Die Organisation wird ganz militärisch sein, mit Chargen, Avancement und Pensionierung. Wo die Pensionen herzunehmen sind, wird später ausgeführt.

Dreieinhalb Stunden hindurch kann ein gesunder Mann sehr viel konzentrierte Arbeit hergeben. Nach dreieinhalb Stunden Pause — die er seiner Ruhe, seiner Familie, seiner geleiteten Fortbildung widmet — ist er wieder ganz frisch. Solche Arbeitskräfte können Wunder wirken.

Der Siebenstundentag! Er macht vierzehn allgemeine Arbeitsstunden möglich — mehr geht in den Tag nicht hinein.
Ich habe zudem die Überzeugung, daß der Siebenstundentag vollkommen durchführbar ist. Man kennt die Versuche in Belgien und England. Einzelne vorgeschrittene Sozialpolitiker behaupten sogar, daß der Fünfstundentag vollkommen ausreichen würde. Die Society of Jews und die Jewish Company werden ja darin reiche neue Erfahrungen sammeln — die den übrigen Völkern der Erde auch zugute kommen werden —, und wenn sich zeigt, daß der Siebenstundentag praktisch möglich ist, so wird ihn unser künftiger Staat als gesetzlichen Normaltag einführen.

Nur die Company wird immerwährend ihren Leuten den Siebenstundentag gewähren. Sie wird es auch immer tun können.

Den Siebenstundentag aber brauchen wir als Weltsammelruf für unsere Leute, die ja frei herankommen sollen. Es muß wirklich das Gelobte Land sein. …

Wer nun länger als sieben Stunden arbeitet, bekommt für die Überzeit den Überlohn in Geld. Da alle seine Bedürfnisse gedeckt sind, die Arbeitsunfähigen seiner Familie aus den hinüber verpflanzten zentralisierten Wohltätigkeitsanstalten versorgt werden, so kann er sich etwas ersparen. Wir wollen den bei unseren Leuten ohnehin vorhandenen Spartrieb fördern, weil er das Aufsteigen des Individuums in höhere Schichten erleichtert und weil wir uns damit ein ungeheueres Kapitalreservoir für künftige Anleihen vorbereiten.

Die Überzeit des Siebenstundentages darf nicht mehr als drei Stunden dauern und auch nur nach ärztlicher Untersuchung. Denn unsere Leute werden sich im neuen Leben zur Arbeit herandrängen, und die Welt wird erst sehen, welch ein arbeitsames Volk wir sind. Wie das Trucksystem der Landnehmer einzurichten ist (Bons usw.), führe ich jetzt ebensowenig aus wie andere unzählige Details, um nicht zu verwirren. Die Frauen werden zu schweren Arbeiten überhaupt nicht zugelassen und dürfen keine Überzeit leisten. Schwangere Frauen sind von jeder Arbeit befreit und werden vom Truck reichlicher ernährt. Denn wir brauchen in der Zukunft starke Geschlechter.

Die Kinder erziehen wir gleich von Anfang an, wie wir sie wünschen. Darauf gehe ich jetzt nicht ein.

Was ich soeben, von den Arbeiterwohnungen ausgehend, über die Unskilleds und ihre Lebensweise gesagt habe, ist ebensowenig eine Utopie wie das übrige. Das alles kommt schon in der Wirklichkeit vor, nur unendlich klein, unbeachtet, unverstanden. Für die Lösung der Judenfrage war mir die Assistance par le travail, die ich in Paris kennen und verstehen lernte, von großem Werte.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Der Judenstaat