Die Vorstadt St. Georg, Borgfelde, Burgfeld, Hamm und Horn, Hammerbrook, Billwerder, Bille, Schiffbeck, Steinbeck, Boberg, Hinschendorf, Reinbeck,

Heiter und schön brach der Mai-Morgen an, und erfreuet, dass wir alle Zeichen wahrnahmen, welche auf stilles und heiteres Wetter den Tag über schließen ließen, gingen wir fröhlichen Sinnes und schnellen Schrittes zum Stein-Tore hinaus. Wir betraten sogleich
                              die Vorstadt St. Georg,
welche dadurch besonders merkwürdig wird, dass sie eben so alt wie Hamburg selbst ist. Denn schon als Karl der Große die „Burg tor Ham" aufführen oder befestigen ließ, bildete sie einen wesentlichen Teil von den Umgebungen derselben.

Was Verkehr und Lebhaftigkeit betrifft, so hat sie darin besonders seit den letzten dreißig Jahren sehr zugenommen.


Ihre Haupt-Zierde ist jetzt das neue allgemeine Kranken-Haus, in den Jahren 1821 bis 1823 durch freiwillige Beiträge der wohltätigen Hamburger erbaut. Ursprünglich ist dasselbe für 1.000 Kranke eingerichtet, enthält jedoch gegenwärtig eine weit größere Anzahl. Verwaltet wird die Anstalt durch dazu erwählte Provisoren, welche sechs Jahre lang, ohne die mindeste Vergütung, dieses mühsame Geschäft besorgen; welcher edlen Uneigennützigkeit von Seiten ihrer Vorsteher sich indes nicht allein diese, sondern auch die andern wohltätigem Stiftungen in der Stadt erfreuen. Eine Aufopferung von Zeit und Kräften, welche selten ist, und die nur in der wahrhaft christlichen Liebe, und dem ächten Bürgersinne der Einwohner Hamburgs ihren Grund hat.

Nur ein Denkmal aus älterer Zeit hat die Vorstadt aufzuweisen. Es rührt her aus den Zeiten der Kreuzzüge, etwa aus dem Jahre 1190, und stellt in einer Gruppe von fünf metallenen Bildern die Kreuzigung Christi vor. Früher stand sie am Ende der aus dem Steintore zur St. Georgs-Kirche führenden Allee zur linken Seite, jetzt hat man sie auf dem Kirchhofe aufgestellt.

Alte Chroniken liefern uns die Nachricht, dass man im13ten und 14ten Jahrhunderte zu gewissen Zeiten, zum Andenken an den gekreuzigten Christus, sehr feierliche Wallfahrten von der Hamburger Domkirche aus, nach dieser Kreuzigungs-Gruppe in St. Georg anstellte.

Was den Namen Vorstadt St. Georg anbelangt, so kommt derselbe schon bei den Annalisten im zwölften oder dreizehnten Jahrhunderte vor, etwa um 1240, wo, wie es scheint, das Hospital St. Georg gestiftet worden ist. Die Kirche, dem Ritter St. Georg zu Ehren von Adolph dem Dritten noch vor 1200 erbaut, ist anfänglich nur eine kleine steinerne Kapelle gewesen, die sich zwar in den folgenden Zeiten immer mehr vergrößerte, an deren Stelle aber 1744 die jetzige Kirche erbaut wurde.

Durch diese Vorstadt führte uns eine hübsche Baum-Allee, die an beiden Seiten den Anblick freundlicher Häuser gewährte, zu dem Tore Nr. 1. Außerhalb desselben angelangt, gingen wir rechts an der Landstraße fort, und genossen bald einer herrlichen, überraschenden Aussicht über den sogenannten Hammerbrook. So weit das Auge reicht, breiten sich in der Tiefe grüne, mit Kornfeldern untermischte Wiesen aus, und die hochgelegenen Stadt- und Billwärder-Deiche, und die waldbedeckten Anhöhen um Harburg, aus bläulicher Ferne herüber blickend, begrenzen teilweise, in malerischer Abwechslung den Gesichtskreis.

Wir kamen bald darauf nach dem angenehm gelegenen
                                          Borgfelde.
Dieses, gewissermaßen als ein Teil der Vorstadt zu betrachten, ist geschmückt mit vielen, den wohlhabenden Einwohnern Hamburgs gehörigen, schönen Sommer-Wohnungen, welche mehr oder weniger mit blumenreichen und beschatteten Garten versehen sind, und eine weite Aussicht über die an Natur-Szenen reiche Gegend gewähren.

Der sogenannte Gesundbrunnen zu Borgfeld liegt zur linken Hand, dem Ausschläger Wege gegenüber. Hier fließt aus einer sehr ergiebigen Quelle das schönste, genießbarste Wasser, welches in der Umgegend von Hamburg zu finden ist. Entdeckt ward sie im Jahre 1633, und stand ehemals als Heil-Quelle in Ruf. Wünschenswert ist es, dass ihr Wasser nach der Stadt geleitet werde. Eine nach der Menge des Wassers, welches die Quelle im Durchschnitte liefert, geschickt angelegte Dampf-Maschine müsste es zu der erforderlichen Höhe heben, und dann könnte vermittelst eiserner Röhren die ganze Alt-Stadt mit dieser köstlichen Gabe Gottes versorgt werden.

Der Name Burgfeld schon lässt auf das hohe Alter des Ortes schließen, indem er das Feld vor der Burg tor Ham bezeichnet. Ähnlich heißt ein Teil der Vorstadt St. Georg noch jetzt Burgesch; und die Benennung mag entweder von den Eschen-Alleen, die zu der Burg tor Ham führten, oder von einer Wiese herrühren, die sich vor der Burg ausbreitete; so dass vermutlich schon zur Zeit Karls des Großen, etwa im Jahre 808, die obenerwähnten Plätze diese Namen geführt haben.

Weiter fortschreitend erreichten wir
                                    Hamm und Horn.
Hamm ist ein Kirchdorf, und als eine Fortsetzung des Burgfeldes anzusehen. Mehrere sehr hübsche geschmackvolle Landsitze, vorzüglich die des Herrn Senators Schmidt, der Herren Hartmeyer und Rücker, und des Herrn Senators Merck, verschönern an beiden Seiten den Weg durch dasselbe.

Der Winter, Garten von Jannack's Erben ist sehr anziehend, besonders für Blumenliebhaber, und wird daher auch, hauptsächlich im Anfange des Frühlings, sehr stark besucht.

Die Kirche in Hamm, erst im Jahre 1692 erbaut, hat eine schöne Lage auf einer Anhöhe. Bemerkenswert ist, dass einige der Garten-Häuser in Hamm und Horn zu den ältesten gehören, welche die Hamburger überhaupt außerhalb der Stadt besaßen.

Hier möge eine beiläufige Bemerkung über den Ursprung des Ortsnamens Platz finden, um vielleicht fernere Untersuchungen zu unterstützen.

Nach der Benennung ähnlich gelegene Orte, wie man deren vorzüglich in Ditmarschen findet, zu urteilen, bedeutete in grauen Zeiten das Wort —Hamm—Hamma —Hamme — Hemme — aus welche verschiedene Art man es bei den Annalisten im Niedersächsischen geschrieben trifft, einen engen, leicht unzugänglich zu machenden Weg, welcher durch einen Wald zu einer mit Erdwällen umgebenen Burg führt. Horn wäre alsdann, dem Namen nach, die Spitze oder das äußerste Ende desselben gewesen.

Um zu bestimmen, seit wann diese Gegend zum Hamburgischen Gebiete gehörte, kann die Nachricht der Chronikenschreiber dienen, welche erzählen, dass zwischen den Jahren 1338 und 1395 — Hamm, Horn, und der Hammerbrook mit ganz Billwärder, durch Verträge, Schenkungen und Ankäufe, unter die Oberherrlichkeit der Stadt gekommen seien.

Auf unserem Wege nun beim sogenannten letzten Heller angelangt, gingen wir links den Fußsteig hinauf, auf die Wind-Mühle zu, und erfreuten uns bald einer schönen Aussicht über Billwärder an der Bille. Dieser Anblick bewog uns, inne zu halten; wir atmeten freier, und bekamen schon einen Vorgeschmack von den herrlichen Szenen der ungekünstelten Natur, die uns erwarteten.

Darauf brachte ein kurzer und angenehmer Weg, an der Mühle vorüber, uns bald nach dem kleinen Dorfe
                                                Schiffbeck.
Beim Eingang in dasselbe überschreitet man die Grenze des Dänischen
und Hamburgischen Gebiets. Seine hohe Lage, und die unregelmäßige Stellung der Bauern-Häuser gibt dem Dorfe ein freundliches Ansehen. Es besteht mit Schlehms ungefähr aus dreißig größeren und kleineren Wohnungen, und hat seine eigene Schule.
Schiffbeck ist für unsere vaterstädtische Geschichte noch besonders werkwürdig, weil, vor mehr als hundert Jahren, die berühmte Zeitung, der Hamburger Korrespondent, zehn Jahre lang hier gedruckt wurde. Sie führte damals buchstäblich folgenden Titel:
      „Staats- und Gelehrte-Zeitungen
      „Des
      „Hollsteinischen unpartheyischen Correspondenten,
      „Durch
      „Europa und andere Teile der Welt;
      „Von
      „Anno 1721.
      „Nützlich zu gebrauchen statt einer
      „Jahr-Chronica,
      „Weil darin alle Begebenheiten der Welt, sowohl was in Kriegs-,
      „Friedens- und Staats-Sachen, als auch was in der Religion,
      „und von denen Gelehrten, sonderlich in Nieder-Sachsen,
      „geschehen, zu finden."
„Schon im Jahre 1712—13—14, war die Zeitung in Hamburg unter diesem Namen erschienen. Nachdem aber einige Hindernisse in den Weg gelegt worden, welche verursacht, dass solches Werk bis 1721 ruhte, wollte man unter Ihro Königl. Hoheit des regierenden Herzogs zu Schleswig-Holstein genädigster Freiheit und Schutz, keinen ferneren Anstand nehmen, damit wieder zu erscheinen, um die neugierigen Gemüter Cimbriens, und umliegenden Orte ferner zu vergnügen."

Diesem zu Folge erschien zehn Jahre lang diese Zeitung als Holsteinischer Korrespondent, zu Schiffbeck, seit 1731 aber, als Hamburgischer Korrespondent, zu Hamburg.

Als wir durch Schiffbeck gingen, bemerkten wir, dass man hinter den Landhäusern zur rechten Hand, eine herrliche Aussicht über Billwärder und die Unter-Bille nach Hamburg hin genieße, indem sich unseren Augen eine unbeschreibliche Pracht der Natur entfaltete, die den Landschaftsmalern den reichhaltigsten Stoff für ihre Kunst liefern könnte.

Wir hatten nun zwei Wege vor uns, von denen der eine links zu den Wasser- und Wind-Mühlen in Schlehms, der andere gerade aus nach Steinbeck führt. Den letzteren schlugen wir ein.

Auf demselben fortgehend, erblickten wir sehr bald zur rechten Hand eine hohe Schanze, neben oder vielmehr hinter einem kleinen Hause, die unsere Aufmerksamkeit auf sich zog. Wir gingen naher, um sie zu untersuchen, und fanden ein merkwürdiges Überbleibsel aus früherer Zeit, welches der Hoch-böken-Burg in Dittmarschen zur Seite gestellt werden kann. Beiläufig erwähnt, wird diese vom Volke heut zu Tage die Spuck-Burg (Spökel-Berg) genannt, und der Sage nach, soll eine goldene Wiege noch immer darin vergraben sein.

Auf die Schanze zurückzukommen, so melden die Annalisten uns, — „dass, als im Jahre isi6 König Waldemar die Stadt mit seinen Bundesgenossen belagerte, und er ihre Mauern so stark fand, dass er sie mit Sturm nicht einnehmen konnte, er sie durch Aushungern zu erobern beschloss. An diesem Ende ließ er zwei große Schanzen aufwerfen, die eine im Eichholze, wahrscheinlicher aber auf der jetzigen Neuen-Burg, die andere bei Schiffbeck, um dadurch die Elbe und die Bille um so vollkommener von oben und von unten her zu sperren, und auf diese Weise also jede Versorgung der Stadt mit Lebensmitteln zu Wasser zu verhindern." Und sein Unternehmen hatte den glücklichen Erfolg, dass nach sechsmonatlicher Sperrung die Stadt durch Hunger gezwungen ward, sich dem Könige Waldemar zu ergeben, wenn man auch nicht leicht begreifen kann, in wie fern eine Schanze zu Schiffbeck der Schifffahrt auf der Elbe von oben her hinderlich war, zugegeben, dass sie der auf der Bille wehren konnte.

Diesen Nachrichten zufolge nun, mutmaßt man, dass dieser Erdwall zwischen Schiffbeck und Schlehms ein Überbleibsel der erwähnten Schanze sei. Allein betrachtet man die Gestalt dieser und ähnlicher Erdwälle, so hat am wahrscheinlichsten in uralten Zeiten ein heidnischer Opfer-Altar an dieser Stelle gestanden, wo er dann unten von weit größerem Umfange gewesen sein mag, wie deutliche Spuren noch jetzt beweisen können.

Die Aussicht von dieser Anhöhe über Steinbeck, — die umliegende Gegend — die Rothe - Brücke — die Billwarder Ebene bis nach Bergedorf, — und den Vierlanden hin ist herrlich. Die sich durch grüne Wiesen schlängelnde Bille, die isoliert stehenden Bauerhöfe, umschattet von Eschen und Linden, bilden zusammen ein malerisches Ganzes, das seines Gleichen suchen könnte. Nachdem wir einige Zeit dieses lieblichen Anblicks genossen hatten, verließen wir dieses Denkmal des Altertums, und gelangten über eine kleine Brücke wieder auf die Landstraße nach Schlehms. Auf dem Fußsteige an dieser rechts gingen wir weiter, bei dem schönen Landsitze des Herrn Heerlein vorüber, bis nach
                                          Steinbeck.
Wir hatten nun schon beinahe eine Meile von Hamburg aus zurückgelegt, und da der Gasthof des Herrn Ritscher daselbst, wie bekannt, eine bequeme und gute Gelegenheit zur Erfrischung darbietet, so versäumten wir diese nicht. Steinbeck ist ein Kirchdorf im Dänischen, und gegen zwanzig andere Dörfer und Meierhöfe gehören mit demselben zu einem Kirchspiele. Es liegt im Amte Reinbeck, und besteht aus dreißig bis vierzig Wohnungen aller Art. Der Ort hat verschiedene Male durch verheerende Feuersbrünste gelitten; da aber die Bauernhäuser und Scheunen wieder an den nämlichen Stellen aufgebaut sind, merkt man dies wenig, und ihre malerische Stellung und Gruppierung hat wenig dadurch verloren.

Steinbeck hat auch seine Sagen und Spuck-Geschichten, die unter dem Volke sich noch immer fortpflanzen, und wer ein Liebhaber solcher Volksmärchen ist, wird hier bei etwaiger Nachforschung Stoff genug zu einer Wunder-Geschichte finden.

Der hier am Montage nach Michaelis Statt findende Jahrmarkt wird bei schönem Wetter sehr zahlreich von den Einwohnern Hamburgs besucht, wozu das Wirtschaftslokal des Müllers, und die freundliche Aufwartung daselbst, nicht wenig beitragen.

Noch besonders nahm die Kirche*) mit ihrem hohen Turme, so wie auch der Kirchhof unsere Aufmerksamkeit in Anspruch Ersterer ragt auf eine sehr malerische und imposante Weise über das ganze Land empor, und ist meilenweit auf dem Hannoverschen Elb-Ufer zu sehen.

*) Siehe die Ansicht Nr. I. von Steinbeck.

Da nun gerade das Wetter sehr heiter war, unterließen wir auch nicht den Kirchturm zu besteigen, von wo aus wir uns der herrlichsten Aussicht über die schönsten Marschländer Hamburgs, nämlich: Billwärder an der Elbe und Billwärder an der Bille, erfreuten. Auf einmal sahen wir die ganze Unter-Bille mit allen ihren malerischen Krümmungen, und allen ihren Brücken, — dem Kirchensteg bei Oldenburg — der Rothen-Brücke bei Schlehms — der Blauen-Brücke bei dem letzten Heller — und der Grünen-Brücke bei der Bullen-Schleuse; — und eine Landschaft lag vor uns ausgebreitet, die in aller Hinsicht abwechselnd und lieblich ist, und deren Reiz noch erhöhet wird durch eine Menge schöner Landhäuser, die, in dem verschiedenartigsten Geschmacke erbauet, in der Gegend rings umher liegen.

Als wir Turm und Kirchhof verlassen hatten, schlugen wir den Weg links ein, über die Brücke des Becks, von welchem Steinbeck seinen Namen bekommen hat. Dieser Beck oder Au entspringt bei Stellan unweit Glinde, treibt unterwegs mehrere Mühlen, und fällt unterhalb Steinbeck in die Bille. Auf der Landstraße, die jetzt bergan geht, wurden wir bald zwei Wege gewahr, beide nach Reinbeck führend. Wir zogen den Weg rechter Hand vor, der uns bald an das hohe Land brachte, auf dem das Dorf
                                                Boberg
liegt *). Der ganze zur rechten Hand liegende Weg dahin gewährt dieselbe Aussicht, wie man deren vom Steinbecker-Kirchhofe aus genießt, nur mit dem Unterschiede, dass alle hundert Schritte noch eine bezaubernde Veränderung in der Perspektive und den entfernten Gegenständen sich zeigt. Ist man nahe vor Boberg gekommen, ungefähr dahin, wo einige Weiden-Bäume zur linken Seite des Weges stehen, so bemerkt man einen Fußsteig, der sich etwas links über das Feld hinwendet, dann gerade aus geht, das Dorf Boberg nahe zur Rechten, und das Dorf Havighorst weiter entfernt zur Linken liegen lässt. Diesem Fußsteige folgten wir, weil man auf demselben bequemer gehen kann, als auf der Landstraße, und er gerade und früher nach Reinbeck führt. Nachdem wir einige Felder durchwandert waren, kamen wir wieder an den Fahrweg, den wir nun links hinunter verfolgten, den Fußweg verlassend. Denn dieser geht eigentlich quer über diesen Fahrweg, und bringt den Wanderer nach Bergedorf. Da wir nun aber erst nach Reinbeck wollten, so blieben wir also nicht in der Richtung des Fußsteiges, sondern gingen den Fahrweg.

Auf unserem Wege von Steinbeck über Boberg nach Hinschendorf und Reinbeck, hatten wir Gelegenheit, den Charakter der Landschaften, die uns umgaben, zu beobachten. Die Gegend besteht aus einer Kette von buschigen Anhöhen und fruchtbaren Feldern, und bietet von allen Seiten, eine liebliche, sanfte Abwechslung von Berg und Tal, Wald und Heide, Marsch und Sandhügeln dar, in deren Mannigfaltigkeit und Vermischung die malerische Schönheit eines Landes ja immer besteht.

*) Boberg gehört zum Kirchspiele Steinbeck. Das Dorf besteht aus fast zwanzig großen und kleinen Wohnungen, zu denen noch der Meierhof zu Oldenburg an der Bille gehört. Es hat auch eine eigne Schule. Der Name ist wahrscheinlich halb Dänisch und halb Deutsch. Bo — Boe — bedeutet nämlich im Dänischen — Wohnung — Haus — als — Boe i en Kjobstad, — in einer Stadt wohnen, — und so ist wohl Boberg ein bewohnter Berg, wie es denn auch wirklich ein solcher ist.

Da die Straße, auf der wir jetzt fortgingen, vor Hinschendorf etwas sandig und beschwerlich zu gehen war, so suchten wir den Weg durch Gespräche zu verkürzen, und stritten unter andern über die Vorzüge der verschiedenen Stande unter den Menschen. Die meisten Stimmen waren natürlich für den Kaufmannsstand. Einer von uns bemerkte, dass, wenn ein Kaufmann zu Ehre und Ansehen gelangen wolle, vor allen Dingen unermüdeter Fleiß, richtige Urteilskraft und große Erfahrung eine unerlässliche Bedingung seien; und dass er vom Handel weitumfassende, großartige und deutliche Begriffe haben, und ihn in allen seinen Teilen kennen müsse. Durch den Handel, fuhr er fort, wird es am deutlichsten werden, dass es ein törichtes und zweckloses Mittel ist, irgend eine Herrschaft durch Waffen auszubreiten, indem wahre, dauerhafte Macht einzig und allein aus der immerwährenden Ausübung des Fleißes und der Künste entstehet. Ist es nicht sehr leicht zu beweisen, dass wenn eine Nation den Welthandel nach mehreren Seiten hin betreibt, der Staat auf jeder Seite gewinnen muss? Leicht vorübergehend ist der Gewinn des Eroberers; bei weitem dauerhafter, weit weniger dem Wechsel unterworfen der des Kaufmannes. Und wie groß ist denn endlich das Verdienst, ein Volk durch das Schwert zu stürzen? Tun nicht dasselbe Müßiggang und Luxus? Und abgesehen von diesem, betrachten wir nur das einzelne Mitglied dieses Standes. Gewinnen nicht die meisten desselben sehr vielen Dingen eine weit interessantere Seite ab, und gewährt nicht der Kaufmann, namentlich der gereiste, im gewöhnlichen Leben weit angenehmeren Umgang, als die Mitglieder anderer Stände? Ist nicht sein Beispiel in der Hinsicht nachahmungswert für Alle? Und die Mittel, durch die er reich geworden ist? Sind es nicht gerade dieselben, durch die alle Nationen der Erde auch reich werden können? So bin ich belehrt worden, und das sind die Gründe, weshalb ich stolz auf meinen Stand bin. Denn es ist eine grundfalsche Ansicht, wenn einige Leute behaupten, dass der Handelsstand sie erniedrige; gerade dieser Eigensinn ist es, welcher verschiedene Teile von Europa mit Hochmut und Bettelei angefüllt hat. In einem Handelsstaate wird dies nie der Fall sein. Und noch ist ein Vorteil für das Individuum.

Denn hat dieses etwa keine Neigung zu den Wissenschaften oder Künsten, so braucht es darum nicht in den Handwerksstand zu treten, sondern es bleibt immer der Handel, der es bei Fleiß und Ausdauer zu Reichtum in seiner Familie und Ansehen im Staate führen kann. Und so muss ich denn freimütig gestehen, dass kein Ort in oder außer der Stadt ist, den ich lieber besuche, als die Börse und die Börsen-Halle, Es macht mir als Kaufmann ein heimliches Vergnügen, und befriedigt gewissermaßen meine Eitelkeit, wenn eine so reiche Versammlung von Einheimischen und Fremden, sich über die Angelegenheiten des Welthandels mit einander beratschlagen, und ich meine Vaterstadt gewissermaßen zur Handelsstadt der ganzen Welt erhoben sehe. Die volle Börse betrachte ich als eine große Wahlversammlung, wo alle bedeutende Nationen ihre Stellvertreter haben, und den Kaufmannsstand als einen großen Staat. Die Kommissionäre in der Handlungswelt sind das, was die Abgesandten in der politischen sind; sie treiben und besorgen die Geschäfte wie diese, schließen Traktate oder Kontrakte, und unterhalten einen lebhaften Briefwechsel mit diesen reichen Gesellschaften von Menschen, welche durch das Meer weit von einander getrennt sind, oder an den verschiedenen äußersten Enden eines Festlandes wohnen, gerade wie diese mit ihrem Staate. Mir hat es öfters ein Vergnügen gewährt, wie Streitigkeiten zwischen einem Einwohner von Teneriffa und einem Oberalten von Hamburg an der Börse beigelegt wurden, oder wenn ich sah, wie ein Untertan des Kaisers von Marokko mit einem Schweden dort in einen Kontrakt trat. Und meine Freude steigt, wenn ich hier die verschiedensten Sprachen reden höre. Da gehe ich durch dichtgedrängte Haufen Fremder, und bald bin ich Engländer, bald Däne, bald Schwede, bald Franzose, je nachdem man mich anredet. Da glaube ich wohl öfter bei solchen Gelegenheiten jenem alten Weltweisen gleich zu sein, welcher auf die Frage, was für ein Landsmann er sei, antwortete: „er wäre ein Bürger der Welt."

Und bedenken wir nun auch den ferneren Nutzen, welcher für einen Staat aus dem kaufmännischen Verkehr entspringt. Wenn wir den ursprünglichen Zustand unseres Vaterlandes, ehe es noch die Wohltaten und die Vorteile des Handels genoss, betrachten, welch eine unbehagliche Landstrecke erblicken wir. — Keine andere Früchte waren zu finden als Heidelbeeren, wilde Erdbeeren, Eicheln, Hagebutten, Schlehe, Holzäpfel und dergleichen Aber wie jetzt? Der Handel und der Verkehr mit fremden Völkern haben allmählich unsere Pflanzenwelt bereichert, und die ganze Oberfläche unseres bebauten Vaterlandes in einen üppigen Garten verwandelt. Unsere Schiffe kommen jetzt an, beladen mit den Ernten aller Gegenden der Welt. Unsere Tafeln sind mit Gewürzen und Früchten, mit Wein und Öl reichlich versehen; unsere Gemächer mit Ostindischen und Chinesischen Kunstsachen geschmückt. Tee und Kaffee, unser gewöhnliches Morgengetränk, kommen von den entferntesten Enden der Welt zu uns. Drogerien aus Arabien und Amerika stellen die verlorene Gesundheit wieder her. Durch den Handel sind die Weinberge Frankreichs gleichsam unsere Fluren, indem sie uns ihre Erzeugnisse liefern, und die weit entfernten Gewürzinseln können wir als unsere Treibhäuser ansehen.

Die Natur hatte uns zwar mit dem zum Fortbestehen durchaus Notwendigen versehen; aber der Handel über alle Teile der Erde verschafft eine große Menge nützlicher Dinge, und liefert Alles, was uns das Leben bequem, angenehm und genussreich machen kann. Denn, indem wir die Produkte des Nordens und des Südens genießen und benutzen, fühlen wir weder die übermäßige Kälte noch die Hitze der Gegenden, welche dieselben erzeugen; unsere Augen werden durch das frische Grün unserer Felder erquickt, wahrend wir die köstlichen Früchte der Wendekreise mit Ruhe und Wohlbehagen genießen.

Aus diesen Gründen gehören die Kaufleute zu den nützlichsten Mitgliedern der bürgerlichen Gesellschaft. Sie lehren die Menschen, durch ihr Beispiel, sich durch gegenseitige Dienstleistungen mit einander zu beiderseitigem Vorteile verbinden; sie teilen die schönen mannigfaltigen Gaben der Natur über die ganze Welt aus, sie schaffen Arbeit für die Armen, Jahr aus Jahr ein; sie vermehren den Reichtum der Wohlhabenden, und erhöhen die Pracht der Großen, Durch den Unternehmungsgeist des Geschäftsmannes, wird das Zink Nord-Deutschlands in englisches Gold verwandelt, und durch ihn erreichen seine überflüssige Wolle, die schlesische Leinwand, und die Erzeugnisse Nürnbergs, Elberfelds und Salzwedels die entfernten Ufer der Vereinigten Staaten und Süd-Amerikas.

Diese Bemerkungen waren für uns Studierte nicht leicht zu widerlegen; wir mussten zugeben, dass unser Freund den Nutzen und die Annehmlichkeit des Kaufmannsstandes auf eine sehr treffende Weise dargestellt hatte. Man ward aber auch einstimmig der Meinung, dass unter solchen Umständen bei der Bildung der Jugend für denselben, alle mögliche Erleichterung zur Erreichung ihres hohen Zweckes Statt finden, und man alsdann dabei aus ganz andere Weise als bis jetzt verfahren müsse. In dem Gelehrtenstande haben die jungen Leute sich bestimmter Ferien zu erfreuen, welchen sie mit besonderem Vergnügen entgegen blicken Sie sollen dienen zur Erholung des Körpers, und dem Geiste zu den Studien neue Kraft zu verleihen. Warum aber gibt man nicht auch dem Kaufmanne Ferien? Acht Tage zu Pfingsten, und acht in den Hundstagen würden für das ganze Jahr hinreichen. Um dem richtigen Einwurfe zu begegnen, dass Comptoir-Geschäfte aus längere Zeit nicht ganz und gar ruhen könnten, so wäre nur die Einrichtung so zu treffen, dass die eine Hälfte der jungen Comptoiristen aus einem Comptoir ihre Ferien zu Pfingsten, und die andere Hälfte sie in den Hundstagen hielte. Denn die stäte, ununterbrochene Arbeit im Comptoir, ist dem ferneren, geistigen Streben der jungen Comptoiristen nach Ausbildung, haben sie die Schulen einmal verlassen, hinderlich; sie laufen Gefahr, alles von ihrem Schul-Unterrichte, was sich nicht unmittelbar auf ihren Stand bezieht, wieder zu vergessen, oder wenigstens den Geschmack daran zu verlieren. Aber auf diese Weise wird die fernere Entwicklung ihrer Geistesfähigkeiten sehr beschränkt. Denn wer zweifelt daran, dass es nicht in dem Kaufmannsstande eine Menge Jünglinge gibt, die mit schönen Vorkenntnissen zu ihrem Berufe kommen, und einen wissenschaftlichen Sinn mit dem kaufmännischen vereinigen? — Alles, was solche zu ihrer weiteren Fortbildung bedürfen, ist nur Zeit und Aufmunterung; und deswegen ist es zu wünschen, dass ihnen, nicht allein sich zu erholen, sondern auch sich das Leben durch die Ausübung irgend einer Kunst oder Wissenschaft zu erheitern, Zeit und Muße vergönnt werde. Wobei man noch wohl zu erwägen hat, dass, je mehr Kenntnisse junge Leute sich erwerben, desto großer der Gewinn für den Staat ist.

Unser Gespräch war hiermit geendigt; wir hatten den beschwerlichen tiefen Sandweg zurückgelegt, und kamen jetzt bei der sogenannten Ziegelei, und dem anmutig gelegenen Meierhofe Hinschendorf vorbei. Bald darauf bemerkten wir auch die ersten Spuren von Waldung in der Gegend, durch die Reinbeck, wie auch seine Umgebung, so ausnehmend verschönert wird. — Majestätische, hohe Eichen zieren von nun an den Weg an beiden Seiten; unter ihrem Schatten schreitet der muntere Fußgänger im behaglichen Wohlbefinden fröhlich weiter; denn schön und großartig ist die Eiche, und kein Baum entspricht allen Anlagen des Malers beim Entwerfen einer Landschaft so vollkommen als sie. Sie ist die edelste Zierde des Vordergrunds eines Bildes, da sie ihre gewundenen Äste, und ihr mit den Farben des Herbstes prangendes Laub nach allen Seiten ausbreitet. Eine eben so gute Wirkung bringt sie auch in der Ferne hervor, indem die Mannigfaltigkeit ihrer Form und ihrer Farbe vor jedem andern Baume ihr unwidersprechlich einen großen Vorzug gibt.

Von Hinschendorf an läuft der Weg beständig zwischen beholzten Hügeln, welche angenehme Waldpartien bilden, und nach allen Seiten hin hat man eine, oft höchst überraschende, romantische Aussicht. Je mehr wir uns Reinbeck näherten, desto mehr drang das Auge durch, bis sich unseren Blicken auch das Bill-Tal mit dem Schloss zeigte.

Darauf kehrten wir in dem Gasthofe zur linken Hand in
                                          Reinbeck
ein, um einige Erfrischungen zu nehmen. Wir brachen aber bald wieder auf, und eilten rechts über die Bill-Brücke auf die Landstraße nach Wendorf, um die Natur- Schönheiten dieser Gegend recht genießen zu können. Und gleich links von der ersten Anhöhe herab, fanden wir unseren Wunsch erfüllt. Diese Stelle ist unstreitig der richtige Gesichtspunkt, um die ganze Schönheit dieser herrlichen Landschaft aufzufassen.

Ihre Eigentümlichkeit besteht vorzüglich in der anmutigen Mischung der dem Auge sich darbietenden Gegenstande: — Gehölz und Ackerland — Wasser und Gebäude — das Schloss und die Mühle — die Spuren des Grabscheits, des Pflugs, und des Fleißes jeder Art — ein Reichtum der verschiedenartigsten Gestalten — sind in der Ferne so in einander verschmolzen, dass sie der Szene einen unaussprechlichen Reiz verleihen.*)

*) Siehe die Ansicht Nr. 2. von Reinbeck.

Wir setzten uns hier nieder, um von der überaus schönen Aussicht ein recht lebendiges Bild in unsere Seele aufzunehmen, und einer unserer Reisegefährten, der in der älteren Geschichte dieser Gegend bewandert war, erbot sich, uns etwas aus derselben von dem Orte selbst zu erzählen.
„Reinbeck, begann er, etwa im dreizehnten Jahrhunderte von dem gefeierten Grafen Adolph dem Vierten, als ein Kloster für „Barfüßer-Mönche“ gestiftet, ward später in ein Jungfern-Kloster verwandelt, und blieb es bis 1530, wo, wie die Annalisten melden, die Nonnen unzufrieden mit ihrer Lage, den Entschluss fassten, während der Abwesenheit ihres Probstes, D. D. Reventlow, Kanzlers bei dem Könige Friederich, das Kloster und dessen Gebiet zu verfassen. Vor ihrem Abzuge aber hielten sie zusammen einen Abschieds Schmaus, tanzten und jubelten mit den dazu gekommenen Gästen, und zum Lebewohl zerschlugen sie Fenster, Tische und Bänke, begingen mehrerlei Unfug, und gingen dann in Freuden davon. Als nun der Probst von seiner Reise zurück kehrte, und das ganze Kloster leer fand, weigerte er sich nichts desto weniger, sein Amt niederzulegen; denn, meinte er, obgleich die abtrünnigen Nonnen das Kloster verwirkt, hätte er darum doch nicht die Probstei verwirkt. Er behielt also lebenslänglich sein Einkommen, ward später noch Bischof zu Lübeck, und starb im Jahre 1535." Dieses ehemalige Kloster oder Schloss ist jetzt das Amtshaus zum Amte Reinbeck, und der Herr Konferenz-Rat von Scholz bewohnt es gegenwärtig als Amtmann.

Reinbeck liegt zwei Meilen östlich von Hamburg — eine Viertel-Meile von Bergedorf, an dem oberen Bill-Fluss, im Amte gleiches Namens. Der von Wald umgebene Ort besteht aus mehreren herrschaftlichen Wohnungen, die zum Teil sehr romantisch liegen; — einigen Erbpachtstellen — einer Menge Katen — einer Wassermühle — und einer Ziegelei — Bei der Schlosskapelle ist ein Katechet angestellt, der zugleich die Schule unter seiner Aufsicht hat. Auch halt der Ort jährlich zwei Krammärkte, am 11ten Juni und am15ten Oktober, wovon ersterer bei günstiger Witterung sehr stark von Hamburg und Bergedorf aus besucht wird.

Um weiter durch den Wald nach Silgk *) zu gelangen, kehrten wir über die Brücke nach Reinbeck zurück, verfolgten die Landstraße bis an das Wirtshaus, ließen dieses links liegen, und setzten unseren Weg, bergan, fort, bis wir bei einigen kleinen Wohnungen vorbei waren. Dort kamen wir auf einen Fußsteig oder Landweg, der uns rechts dem Gehölze zuführte, und dann zuerst in ein enges waldiges Tälchen. Nachdem wir dieses verlassen hatten, ging der Fußsteig in die höher liegenden Fluren, Und nun hatten wir eine reizende Aussicht über die Gegend längs dem oberen Bill-Tale, in dessen Tiefe Silgk liegt. Indem wir dem zwischen den Einzäunungen hinlaufenden Wege folgten, erreichten wir die Landstraße, die nach der Aumühle führt, und welche wir, rechts gehend, einschlugen. An der linken Seite des Weges hatten wir nun eine Gegend, die, wild und ohne anziehende Gegenstande, — außer etwa dem Schäfer und seiner Herde — das Auge unbefriedigt lässt. Als wir aber die Anhöhe erreichten, zu welcher der Weg führt, eröffnete sich unserem Auge rechts eine Aussicht, deren Eindruck wir nur mit schwachen Farben wieder zu geben vermögen. Hart an einem steilen, beholzten Ufer floss der Bill-Fluss durch ein liebliches Tälchen dahin; vor uns in der Tiefe lag eine Gegend ausgebreitet, in der Wald mit Wiesen und Kornfeldern auf das anmutigste abwechselten, und deren reizende Ansicht noch durch Silgk im Vordergrunde, und dem, sich in blauer Ferne verlierenden Schloss zu Reinbeck im Hintergrunde erhöhet ward.

*) Silgk ist ein adliges Kanzelei-Gut, im Amte Reinbeck, zu welchem das Dorf Schöningsstedt als Pertinenz gehört. Es hat eine beträchtliche Schäferei, und in den letzten Jahren eine Ziegelei und Brennerei erhalten.

So hat die Natur hier mit ihren lebendigsten Farben eine Landschaft gebildet, auf welcher unsere Augen mit Ergötzen verweilten. Eine kleine Strecke weiter führt die Heerstraße ins Bill-Tal hinab. Als wir dort angelangt waren, zeigte sich rings um uns her hohes, abgedachtes, beholztes Land, das den Anfang des Waldes verkündigte.

Wie die Ansichten in der Nähe hier reizend sind, so sind die in der Ferne großartig. Die Bill-Brücke, ringsumher der üppigste Waldwuchs, der Strom, der bald schnell dahin fließt, bald über Kiesel blinkend sachte dahin gleitet, die pittoreske Lage des kleinen Wald-Dorfes Bille-Kamp zur Rechten, der Farben-Spiegel des Flusses, in den tausend Arten von Kräutern, Sträuchen und Blumen ihren Wiederschein werfen, dies Alles gibt dem Orte ungemeine Anmut, die noch durch seine einsame Lage erhöht wird.

Im höchsten Grade befriedigt, und mit Heiterkeit erfüllt, gingen wir über die Brücke, und betraten nun eigentlich erst die Waldung, die dichter wird, je mehr man sich der Aumühle nähert. Der Fahrweg sowohl als der Fußsteig wendet sich etwas links bergan, und ein Hain von herrlichen Buchen, die ihre glatten und prächtigen Stamme hoch empor strecken, überrascht das Auge durch seinen eigentümlichen Reiz, und so lange der Pfad des Wanderers sich unter denselben hinzieht, bietet jeder Schritt ihm alle Schönheiten einer Waldgegend dar. Nach einer Strecke Weges erblickt man dann einige Bauernhäuser und bald darauf die sogenannte Aumühle. Wenn man diese Wohnungen links liegen lässt, und den Landweg gerade aus geht, so findet man gleich zur rechten Hand eine kleine Wirtschaft, die mit ländlicher Kost und mancherlei Erfrischungen wohl versehen ist.

Nachdem man das Dorf und die Mühle, welche beide für eine Landschaft wenig Anziehendes besitzen, im Rücken hat, führt ein Fußsteig links in einen anmutigen Wald, und läuft hernach sich etwas rechts hinwendend, abwechselnd bald durch dichtes Gebüsch, im Schatten schöner Eichen, bald an dem Rande eines kleinen Baches, und durch wogende Kornfelder, immer gerade aus, bis er den Wanderer nach Friederichs-Ruh bringt. Wir hatten denselben verfolgt, und nun die Grenze des Sachsen-Waldes und seiner romantischen Szenen erreicht. Diese recht zu genießen war eigentlich der Hauptbeweggrund unserer Reise gewesen; daher beschlossen wir hier länger zu verweilen; und diesen Szenen, so wie den Denkmalern der Vorzeit, welche der Wald aufzuweisen hat, etwas mehr Aufmerksamkeit zu widmen, als eine eilfertige, nur auf Belustigung berechnete Reise durch den Wald verstatten würde.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Der Holsteinische Tourist oder