Der Hexenspielmann von Hötting

Autor: Ueberlieferung
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In Hötting lebte einst ein armer Spielmann, der sich mit dem Geigenspiel seinen Lebensunterhalt verdiente, und wenn es hoch kam, ab und zu auch noch ein weniges zu einem Notgroschen für das Alter beiseite legen konnte. Einmal hatte er in einem Wirtshaus bis gegen Mitternacht aufgespielt und war nun auf dem Heimweg begriffen. Unterwegs begegnete ihm eine Schar lustiger junger Frauen, die ihn gleich umringten und fragten, ob er ihnen nicht gegen gute Bezahlung auch noch ein Stündchen aufspielen wolle.

Der Spielmann besann sich nicht lange und willigte in das Begehren der fröhlichen Gesellschaft ein. Nun ging es unter ausgelassenen Scherzreden und übermütigem Gelächter eine gute Strecke des Weges bis über Zirl hinaus. Zwischen Eigenhofen und Dirschenbach langten sie schließlich bei einem stattlichen Gebäude an, das der Musikant, soweit er sich erinnern konnte, bisher noch nie an dieser Stelle bemerkt hatte. Hier war das Ziel ihrer nächtlichen Wanderung erreicht.

Ein hellerleuchteter Saal nahm sie auf, und ein fröhliches, übermütiges Treiben begann. Der Geiger hob zu spielen an, und bald wirbelten die Paare im Kreis herum. Die schönen Frauen vergaßen auch den Spielmann nicht, schenkten ihm fleißig ein und forderten ihn auf, die vorgelegten Speisen wacker zu genießen. Das ließ sich der hungrige Musikant auch nicht zweimal sagen. Denn da gab es Eier mit Spinat, Würstel, Gebratenes und Gebackenes, sogar knusprige Krametsvögel standen auf der Tafel. Der Spielmann geigte, aß und trank und fidelte weiter, nebstbei stopfte er von den guten Sachen alle Taschen voll, damit er auch morgen noch ein paar Leckerbissen habe.

Es wurde immer später, der Musikant war müde und matt, seine Tänze hatte er schon alle zum besten gegeben, da dachte er daran, sein Spiel zu beenden. Noch ein frommes Lied zum andächtigen Schluß wollte er aufspielen. Aber sowie er den ersten Bogenstrich machte, brach Knall und Fall das prächtige Haus auseinander, alles verschwand, die Lichter erloschen, und der Spielmann saß allein in finsterer Nacht auf einem nackten Felsen im Feld. Der Morgen dämmerte schon heran, Kälte und Müdigkeit krochen in seine Glieder, und schließlich überfiel ihn auch noch der Hunger. Doch er hatte sich ja alle Säcke mit Leckerbissen angefüllt; mit vollen Taschen Hunger zu leiden, meinte er bei sich, sei doch nicht nötig. Aber als er seinen Vorrat hervorzog - 0 weh! -, da waren die Eier zu Roßmist geworden und der Braten, und was er sonst noch eingesteckt hatte, zu Kuhfladen, Totengebein und häßlichen Kröten.

Von Ekel gepackt, mußte er alles von sich geben, was er bei Nacht im Hause gegessen hatte, kroch mit Mühe vom Felsen herab und kam todmüde erst bei Sonnenaufgang nach Hause.