Gegenteilige Entwürfe und Stellungen beim Ablaufe des Waffenstillstandes

1. Wusste man freilich nicht die Instruktion, welche der Marschall Davoust von seinem Kaiser haben mochte, so durfte man doch leicht voraussetzen, dass derselbe nicht auf die Behauptung Hamburgs und die Beschützung der Länder des dänischen Bundesgenossen beschränkt, sondern dass er namentlich angewiesen sein werde, offensiv zum Vorteile der großen Armee zu operieren. Nur die Modalität dieser Offensive konnte zweifelhaft sein. Die wurde durch den Kriegsplan des Kaisers bedingt. In Betreff desselben hatte nun, nach Varnhagen von Enses Bericht im „Leben des Generals Bülow von Dennewitz“ (S. 194), der Kronprinz von Schweden, Oberbefehlshaber der in der Mark, südlich von Berlin, versammelten Nordarmee, schon in der ersten Beratung, die er am 13. August zu Oranienburg mit den unter seinen Befehl gestellten preußischen Generalen Bülow und Tauentzien pflog, als seine bestimmte Erwartung ausgesprochen, dass beim Ablaufe des Waffenstillstandes Napoleon von Sachsen aus zunächst einen Hauptschlag gegen ihn und das Nordheer versuchen werde.

Es muss als selbstverständlich gelten, dass der Generallieutenant von Wallmoden-Gimborn, dessen Corps in Mecklenburg den äußersten Flügel der Mitten Nordarmee abgab, dieser Ansicht seines Chefs gemäß instruiert gewesen sei. Es folgt dies auch aus Wallmodens eigener, 1317 anonym herausgegebenen, Geschichte seines Feldzuges, sowie aus der jüngsten 1348 zu Altenburg unter dem Titel erschienenen Schrift: „Der Feldzug des Corps des Generals Grafen von Wallmoden-Gimborn an der Niederelbe u. s. w.“, die wohl wesentlich bloß eine Entlehnung aus jener ersten und aus den ferneren Veröffentlichungen sein mag, die man 1827 in der Wiener militärischen Zeitschrift von der Feder eines „Offiziers des Wallmodenschen Generalstabes“ las. Nur bringt dieser ungenannte Schriftsteller, der nach der Meinung seines Herausgebers, des Majors Pierer zu Altenburg, „ein sehr hochstehender, erfahrener und kriegstüchtiger Mann“ sein müsste, das leider (wie wenn er nie bei Fain oder Norvins Napoleonische Erlasse an die französischen Marschälle gelesen hätte) als Klage über „das höchst Allgemeine“ der Instruction des Kronprinzen in Verbindungen vor, wo er diesem Fürsten die heimtückischsten Absichten zutraut und sich gebärdet, als sehe er die Prämissen für die Anordnung desselben nicht.


Er hat nämlich schon vorweg (S. 15) der „Mutmaßung“ Raum gegeben, „dass es dem Kronprinzen nicht unangenehm gewesen wäre, durch irgend eine Begebenheit am äußersten rechten Flügel dahin abgerufen zu werden, weil um diesen Punkt sich eigentlich sein Hauptinteresse in dem Kriege drehte, indem er da in direkten Kontakt mit den Dänen kommen und seine eigene Sache ausmachen konnte.“ — Dem Kronprinzen wäre es also nicht unangenehm gewesen, wenn Davoust wirkliche Vorteile errungen hätte; er würde diese als Vorwand benutzt, er würde mit seinen Schweden die Nordarmee verlassen, Berlin preisgegeben haben, um an die Niederelbe zu gehen und den Dänen unmittelbar Norwegen abzuzwingen. Der Kronprinz wäre des schnödesten Verrats an der Sache der Allianz fähig gewesen. Die Erhärtungsgründe für diese Beschuldigung liegen natürlich mit in der Mutmaßung; aber der Leser kann, so er will, doch denken, dass es dem General Wallmoden um so höher anzurechnen war, wenn er es nicht zu „irgend einer Begebenheit“ kommen ließ.

Während der Wallmodensche Historiograph, in Folge der treulosen Hintergedanken des Kronprinzen, der Instruktion von Seiten desselben zu wenig hat, könnte ein anderer militärischer Schriftsteller die Leute zu der Meinung bringen, dass der Kronprinz durch ein Zuviel des Befehlens seine verräterische Tendenz gezeigt habe. Auch von dem preußischen Major Beitzke im zweiten Bande seiner „Geschichte der deutschen Freiheitskriege, Berlin 1855“ wird dem Leser, nicht im Ergebnis) voraufgegangener Geschichtserzählung, sondern ehe noch irgend ein Faktum mitgeteilt worden, das Urteil über den Kronprinzen dahin fixiert, „dass derselbe fortwährend nichts getan, dass er nichts habe tun wollen, und dass er selbst glorreiche Unternehmungen gehindert habe“ (S. 238). Und dem gemäß läuft's denn auch in dem Augustfeldzuge an der Niederelbe (S. 285—289) darauf hinaus, dass „der Kronprinz hier in vollem Maße lähmenden Einfluss geübt,“ dass „sich durch seine lähmenden Befehle das Corps von Wallmoden in Nachteile versetzt gesehen habe.“ — Diesem Werke von Beitzke scheint durch die unvergleichliche Tüchtigkeit und Zuverlässigkeit seiner Beschreibung der großen Kriegsbegebenheiten und Zustände, als musterhafte Darstellung für den militärischen Laien, eine große Verbreitung gesichert, und es scheint bestimmt zu sein, durch seine Auffassungsweise für längere Zeit die Geschichtsansicht des Publikums zu bilden. Eben deswegen wird es angemessen sein, darauf aufmerksam zu machen, dass das Buch innerhalb unseres hier vorliegenden, freilich kleinen, jedoch inhaltreichen, niederelbischen Zeitausschnittes die gewohnten Vorzüge keineswegs an sich trägt. Wir werden uns indes enthalten, die Ungenauigkeiten alle zu erörtern, woran die Detailangaben der zitierten Partie leiden, und bloß das Irrtümliche in den rein militärischen Grundanschauungen von den Vorgängen aufzuweisen versuchen.

2. Der Kronprinz von Schweden, so scheint es uns (ansehend das Ganze seines feldherrlichen Waltens i. J. 1813), wurde offenbar durch die Idee geleitet, dass nicht die Verbündeten, wenn sie einig blieben, wohl aber Napoleon in der Lage sei, das Risiko großer Schlachten wollen zu müssen. Und dabei spricht allerdings zu seinen Gunsten, dass auch der gleichzeitige Chef des österreichischen Generalstabes Radetzky in seinen damaligen (1858 gedruckten) „Denkschriften“ sich in derselben Ansicht bewegt, und noch bis in den Anfang Oktobers hinein eine Hauptschlacht zu vermeiden rät, indem man Napoleon nur dadurch vernichten könne, dass man ihn in Detailgefechten ermüde und ihm die Subsistenzmittel entziehe. Ähnlich hatte auch Karl Johann sich schon in Stralsund (6. August) gegen den dort gelandeten Moreau geäußert: er werde sich nicht den Keulenschlägen Napoleons aussetzen, sondern durch ein langsames methodisches Verfahren den Zweck verfolgen. Überdies wurde Vorsicht ihm schon durch den Hinblick auf die heimatlichen Parteien angeraten, deren eine mit seiner Wahl, die andere mit der Politik unzufrieden war, in deren Bahn er Schweden gelenkt hatte. Endlich bildete seine nach Deutschland gebrachte Armee, wie gering sie sein mochte, immerhin den Kern der schwedischen Waffenmacht, und Schonung derselben war für ihn ein dringendes Gebot.

Welche Beengung der Kronprinz durch das Alles erfahren und welche anderweitige Motive ihn sonst noch bestimmt haben mögen, ja, welche Fehler er als Feldherr auch wirklich begangen haben mag: es bleibt trotzdem wahr, dass er, ein geborener Tyrannenfeind, in Deutschland aufrichtig dem großen Interesse der politischen Freiheit und Unabhängigkeit der Völker dienen wollte, nur nicht als Kosmopolit, sondern als Schwede, zu seines Landes Vorteil. Wenn die preußischen Generale insgesamt, Blücher zumal, misstrauisch, ihm den guten Glauben versagten und seine Handlungsweise am allerwenigsten aus den zunächst sich darbietenden Ursachen erklärten, so mag das gewissermaßen natürlich erscheinen, weil in ihnen noch der Grimm der Erinnerung von 1806 wirkte, wo es dieser Marschall Bernadotte gewesen, vor dem man bei Ratkau die Waffen hatte strecken müssen. Allein in unsere gegenwärtige Zeit sollten dergleichen Verstimmungen billigerweise nicht mehr hineinreichen. Da es dennoch geschehen und auch des Kronprinzen Verhalten zu der Kriegführung an der Nieder-Elbe im August als perfid verdächtigt worden ist, so wird es der Geschichtsschreibung um so mehr obliegen, in dem vollen Tatbestande dem selbstdenkenden Leser die Elemente zu eigener Urteilbildung vorzulegen.

3. Was nun speziell die ursprüngliche Anweisung für den General Wallmoden betrifft, so lag als Konsequenz der vorerwähnten Supposition des Kronprinzen über den Plan Napoleons nahe, dass der Fürst Eckmühl aus Hamburg hervorgehen werde, um das Unternehmen der großen Armee gegen das verbündete Nordheer in dessen Rücken zu unterstützen.

Daraus ergab sich für Wallmoden die Bestimmung, dass er, zwischen dem Kronprinzen und dem Marschall in der Mitte, jenem eine Deckung gegen diesen zu gewähren hatte, indem er Letzteren so lange als möglich auf dem Wege nach Berlin aufhielte. Ein Verzug von ein paar Tagen konnte von unberechenbaren Folgen sein. Diese Aufgabe schloss allerdings die Offensive nicht aus, aber gelegentlich, nach Zeit und Umständen, wie sie der Gegner darbieten würde. Sie war defensiver Art, d. h. Wallmoden musste seine Entschließungen durch die Handlungen des Andern bestimmen lassen, und er hatte überhaupt kein vorbedachtes feststehendes, sondern durchaus nur ein bewegliches Ziel für seine Operationen. Bezeichnend wird deswegen der Heerteil dieses Generals in den gleichzeitigen offiziellen alliierten Schriften auch als „Observationscorps der Niederelbe“ aufgeführt.

Auch wegen dieses defensiven Charakters, den die Kriegführung an der Niederelbe haben sollte, äußert sich der Major Beitzke (dessen Worte über die niederelbischen Sachen selbst in der zweiten Auflage seines Buches von 1859 noch genau die der ersten sind) in einem beschwerenden Tone wider den Kronprinzen, und beansprucht Glauben für seine Versicherung, dass, „wenn Wallmoden nach eigener Ansicht hätte handeln und sich auf den Gehorsam seiner Generale hätte verlassen können, so würde er beim Vorrücken Davoust's sein Corps in eine feste Stellung zusammengezogen haben, um ihn zu empfangen.“ — Unter den hier im Sinne gehabten Unterbefehlshabern Wallmodens meint er auch mit den Generalmajor von Arentsschildt, den er sich als Chef der ganzen russisch-dcutschen Legion vorstellt und, irregeleitet durch die Form des Namens, für einen Schweden hält, der, gleich Vegesack, in einem näheren Abhängigkeitsverhältnisse vom Kronprinzen gestanden habe.

Nicht wohl vereinbar mit der Beitzkeschen Meinung, wozu Wallmoden tüchtig gewesen sein würde, sucht jene andere Schrift die Schwierigkeiten seiner Aufgabe zu veranschaulichen, indem sie teils die bunte Mischung und die Neuheit der Truppen, teils aber und vornämlich das Unvollkommene der ganzen Heereinrichtung und militärischen Anstalten bei seinem Corps hervorhebt; freilich ungerechterweise den Kronprinzen für Gebrechen und Missstände verantwortlich machend, die unvermeidlich aus den Umständen entsprangen, und die sich auch bei den großen Mitten Heeren in ähnlicher Weise zeigten.

4. Aus der Idee, dem Fürsten von Eckmühl Aufentalt zu verursachen, erklärt sich der Entschluss Wallmodens, beim Wiederbeginn der Feindseligkeiten nach dem Waffenstillstände die Westseite der Stecknitz oder Delvenow nicht ohne Kampf aufzugeben. Hier waren an der Demarkationslinie als Vortruppen von der Abteilung des russischen Generalmajors von Tettenborn dessen wenige Kosaken und die Lützower, seit dem 15. August von Lauenburg über Büchen bis Mölln aufgestellt.

In Mölln war nur ein Haufen Kosaken postiert. — Bei dem Dorfe Büchen, auf der Ostseite der Stecknitz, wo Tettenborn selbst sich aufhielt, stand der Major von Lützow mit seiner ganzen Reiterei (480 Mann) und dem dritten Bataillon seines Fußvolkes nebst fünf seiner kleinen Geschütze und einem Trupp Kosaken. Von diesen wurde jenseits des Flusses, dessen wiesige Ufer durch einen Damm mit Brücke zusammenhingen, ein kleiner Posten ausgesetzt. — Lauenburg endlich, wo die Abmarkungslinie von der Stecknitz westlich bis zur Elbe einen Bogen von dem Halbmesser einer Meile bildete, war dem ersten Lützowschen Bataillon unter dem Premierlieutenant von der Heyde und dem zweiten Bataillon unter dem Hauptmann von Seidlitz, bei welchem sich auch die Tyroler Schützenkompanie befand, nebst einem Pulk von 300 Tettenbornschen Kosaken anvertraut. Die beiden Füsilierbataillone waren hier ohne ihre Jägerdetaschements; indes waren die Jäger des zweiten Bataillons, ihnen nah, nach Boizenburg gelegt.

Hinter der Abteilung Tettenborns hielt bei Zarrentin, gegen Büchen zu, der großbritannische Generalmajor von Dörnberg mit einem ansehnlichen Teile der Wallmodenschen Kavalleriedivision, deren Chef er war; es galt wohl zunächst, um unter Umständen die Vortruppen aufzunehmen. Und weiter zurück, in und bei Wittenburg stand Wallmoden selbst mit dem Großteile des unter seinem eigenen Kommando behaltenen Corps, das in seiner Gesamtheit, die Tettenbornschen eingeschlossen, hier vor dem Feinde, etwa 16.000 Mann wirklicher Kombattanten mit 60 Geschützen stark sein mochte.*)

*) Anmerkung. Das „Archiv“ wird demnächst in geschichtlicher Fassung ein Tableau der Truppen liefern, die Wallmoden vor und nach dem Waffenstillstande unter seinem Befehle vereinigte.

Eine Abteilung von 500 Hannoveranern und Hanseaten unter dem hannöverschen Obersten von Kielmannsegge war oberhalb Boitzenburg und bis Dömitz aufgestellt, um diese Elbstrecke zu beobachten, die Verbindung mit den preußischen Truppen bei Havelberg, welche die Kommunikation zwischen dem Blokadecorps vor Magdeburg und dem Kronprinzen einerseits und Wallmoden andererseits machen sollten, zu unterhalten, und häufige Patrouillen über die Elbe zu schicken, was durch den Umstand begünstigt ward, dass alle Fahrzeuge sich ans dieser Seite befanden.

An die Wallmodensche Aufstellung schloss sich nördlich, gegen das in feindlicher Gewalt befindliche Lübeck, das kleinere, ebenfalls kombinierte Corps des schwedischen Generallieutenants von Vegesack, zu welchem auch die mecklenburg-schwerinschen Truppen gehörten. Dasselbe zählte, nach ungefährer Abschätzung, an aktiver Mannschaft insgesamt wohl nur 7.000 Mann mit 12 oder 18 Geschützen; indes wird seine Stärke sehr abweichend verzeichnet, von 5.395 Mann, worauf, augenscheinlich falsch, die Wallmodenschen Schriften das Corps beschränken, bis „gegen 8.000 Mann“, die der mecklenburgische Historiker Francke ihm gibt, der als freiwilliger Jäger selbst mit darunter war; man kennt den Etat der Schweden nur nach den Bataillons etc., aber nicht nach der Kopfzahl genau.

Vegesacks Hauptquartier lag zu Grevismühlen. Voran waren dort teils die 150 Freihusaren des Majors von Schill (eines Bruders des bekannten Ferdinand) mit einiger Infanterie zu Ratzeburg, teils die mecklenburgischen freiwilligen Jäger zu Schönberg und Dassow, die vorliegenden Punkte gegen Grönau, Lübeck und Travemünde besetzt haltend. In der Gegend von Lübeck befanden sich die Vorposten einander sehr nahe, aber südlich von da und längs des ganzen Wallmodenschen Gebietes waren sie durch das zwischen den beiderseitigen Waffenstillstandslinien als neutral bedungene lauenburgische Land getrennt; so dass es den Feldherrn minder leicht werden musste, etwas von einander in Erfahrung zu bringen.

Vegesack stand übrigens nur beschränkt unter Wallmoden. Denn wenn auch vom Kronprinzen angewiesen, in Übereinstimmung mit Wallmoden zu handeln, so sollte er doch im Fall eines Rückzuges vor Allem Stralsund decken, das Depot der schwedischen Kriegsbedürfnisse und der englischen Hülfeleistung und den nächsten Kommunikationspunkt mit Schweden. Es war das ähnlich, wie in der Nordarmee selbst, der König von Preußen seinen General Tauentzien, durch dessen Corps auch einige Festungen beobachtet werden mussten, zu dem Kronprinzen von Schweden gestellt hatte, während hingegen Bülow den Befehlen desselben unbedingt untergeben war. Dass aus dem eigentümlichen Verhältnisse Vegesacks dem General Wallmoden ebenso, wie es dort dem Kronprinzen, begründet oder nicht, mit Tauentzien widerfuhr, ein Anlass zur Beschwerde entsprungen wäre, davon ist nie etwas vernommen worden.

Durch die angegebenen Aufstellungen waren die Wege, welche die französische Armee, in Betracht der ihr vorliegenden Gewässer, bei einem etwaigen Vormarsch einschlagen konnte, in Obacht genommen.

Mit der Mitternacht vom 16. auf den 17. August lief der Waffenstillstand ab. Der Tag, wo der Kampf um Deutschlands Befreiung wieder beginnen konnte, war also der Todestag Friedrichs des Zweiten. So sagte Körner, der sich als Adjutant Lützows bei demselben zu Büchen befand, hoffend zu seinen Freunden, dass der Genius des großen Königs günstig walten werde für sein Volk.

5. Während Wallmoden sich schon durch den allgemeinen Plan, ganz abgesehen von der Frage nach dem Verhältnis seiner und der gegnerischen Streitkräfte, an die Defensive gewiesen sah, war es andererseits der Prinz von Eckmühl, der den Vorsatz des Angriffs haben sollte. Allein die gegebene Lage steckte dem Ziele, das er ins Auge fassen durfte, eine ziemlich enge Grenze.

Die Sache im Großen anlangend, so musste er, auf sich allein gestellt, mit dem, was er besaß und was er selbst erst während des Waffenstillstandes in Hamburg sich geschaffen hatte, haushälterisch umgehen, und durfte ebenso wenig wie der General Wallmoden etwas riskieren, weil er von nirgends einen baldigen Ersatz zu hoffen hatte. Auf die Elbstadt basiert, bewahrte diese alle militärischen Subsistenzmittel der Feldmacht, die er aufzubieten vermochte. Unverrückbar musste er die Aufgabe als die erste festhalten, Herr der beiden Elbufer oberhalb wie unterhalb der von ihm befestigten Plätze Hamburg und Harburg zu bleiben, die er durch eine Brücke über die Wilhelmsburg verband, um sich nach den Umständen auf jeder Seite des Flusses bewegen zu können. Vertragspflicht gebot den Schutz des dänischen Verbündeten, und wiederum sicherte der Besitz von Hamburg die Treue dieses Alliierten. Die Behauptung dieses Punktes sperrte den Engländern einen der wichtigsten Handels- und Verkehrswege ins Innere Deutschlands und hemmte ihre Diversionen im nördlichen Deutschland. Bei eintretender kriegerischer Veränderung konnte Hamburg ein vorteilhaftes Operationssubjekt gegen die Oder abgeben. Und im Fall des Friedens war durch dasselbe ein ansehnliches Äquivalent verbürgt. Hamburg durfte also unter keinerlei Umständen bloßgestellt werden; — und daraus erwuchs der beschränkende Gesichtspunkt für alle Tätigkeit Eckmühls nach außen.

Über die Vorbereitung des Marschalls zu seinem beabsichtigten aktiven Unternehmen wissen wir hinlänglich, zumal durch Mitteilung des als dänischer Kommissär in seinem Gefolge befindlichen Majors Grafen Dannskiold Löwendal, dessen „Feldzug an der Niederelbe in den Jahren 1813 und 1814“ durch den Lieutenant von Jahn, der den Krieg ebenfalls mitgemacht, übersetzt und mit wertvollen Bemerkungen begleitet, schon 1818 zu Kiel erschienen ist.

Er zog seine Truppen den 16. August an der jenseitigen Demarkationsgrenze zusammen, und Alles war geschehen, um am folgenden Tage die Bewegung durch das neutrale Gebiet stattfinden zu lassen. Um die Aufmerksamkeit seines Gegners längs der ganzen Linie zwischen Ostsee und Elbe gleichzeitig zu erregen, sollte nördlich die Garnison von Lübeck die Gegenden von Dassow, Grönau und Ratzeburg vom Feinde reinigen. Den eigentlichen Stoß aber wollte der Marschall südlich von da gegen die Wallmodensche Stellung an der Stecknitz richten. Zu diesem Zwecke führte er 18.000 Franzosen mit etwa 60 Geschützen und 11- bis 12.000 Mann dänische Truppen mit 40 Geschützen ins Feld.

In seiner Armee, worin sich auch Holländer und Belgier befanden, wurde die Infanterie von den Divisionsgeneralen Loison, Tiebault, Vichery und Gingoult, die Kavallerie von dem Divisionsgeneral Wattier, die Artillerie von dem Obersten Ouvier kommandiert. Chef des genannten Auriliarcorps war der Prinz Friedrich zu Hessen, Brudersohn des durch Napoleon seiner Länder beraubten hessischen Kurfürsten Wilhelm I., und durch seine Schwester zugleich dem König Friedrich VI. von Dänemark verschwägert. Von diesem dänischen Hilfscorps ließ Eckmühl mehre Tage lang die größere Masse stets um einen Marsch zurück, wahrscheinlich um die Dänen erst in den seinen eigenen Leuten beigegebenen Abteilungen näher kennen zu lernen. Der dänische Name umfasst hier auch die Schleswig-Holsteiner mit, die damals der Krone noch innigst anhingen, deren Sache sie so sehr zu der ihrigen machten, dass sie mit einer Art Entusiasmus unter dem Danebrog fochten. Dies Gros der Dänen befand sich vorläufig an der Straße von Hamburg nach Lübeck, mit dem Hauptquartier des hessischen Prinzen zu Siek, westlich Trittau.

Für die unmittelbare Aktion waren drei Truppenkörper da: nämlich die meist aus deutsch-dänischem Militär unter dem Obersten von Waldeck und einer kleineren Zahl Franzosen gebildete Abteilung des französischen Brigadiers L'Allemand; ferner das ebenfalls gemischte, jedoch weit überwiegend aus Franzosen bestehende Corps des Divisionärs Loison; endlich das Hauptcorps, welches die drei andern französischen Divisionen und einige dänische Truppen entielt, und bei welchem der Marschall selbst sich befand. — Während nun am 17. die Brigade L'Allemand, wie wir sie nennen wollen, recognoscirend nach Mölln, die Division Loison aber bis Schwarzenbeck vorgehen sollte, um zu einer Bewegung gegen Büchen bereit zu sein, war es des Marschalls Absicht, an diesem selben Tage mit seiner eigenen Hauptkolonne gegen Lauenburg zu marschieren.

Irregeleitet durch ein falsches Gerücht von einem großen verschanzten Lager bei Büchen, gedachte er, die Position durch rasche Wegnahme von Lauenburg zu überflügeln und dadurch den Grafen von Wallmoden zum Aufgeben des vermeintlichen Hauptpunktes seiner Stellung zu zwingen.

Am Morgen des 17. von Bergedorf aufgebrochen, verfolgte der Marschall die direkte Richtung der Hamburger Straße auf das nur noch eine halbe Meile von Lauenburg entfernte Dorf Schnakenbeck, von wo der Weg durch ein beträchtliches Gehölz (auch der Glüsing genannt) weiter nach Lauenburg führte. — Als er nun am Nachmittage in dieser Gegend ankam, sah er sich jedoch auf dem Felde zwischen dem Walde von Schnakenbeck und der Stadt durch die Handvoll Lützower gehindert, die man mit dem Auftrage hierher gestellt hatte, Lauenburg gegen einen ersten Anlauf des Feindes zu verteidigen.