Gegenteilige Bewegungen bis zum 24. August

16. Nach diesem sogenannten Gefechte bei Vellahn zog Wallmoden, ohne eine Belästigung zu erfahren, in der Nacht alle seine Truppen auf Hagenow zurück. Hier war am Morgen des 22. August sein ganzes Corps versammelt. Die Abteilung Tettenborn mit den Lützowern befand sich am 22. als Arrieregarde bei Toddin, auf der damaligen Poststraße von Vellahn nach Hagenow.

An demselben Tage konzentrierte sich Davoust bei Wittenburg, 4 Meilen von Schwerin. Er selbst hatte seinen Aufenthalt in jener Stadt. Seit Lauenburg hatte sich sein Hauptquartier in drei Tagen nur fünf Meilen fortbewegt. Die Brigade L'Allemand und die Division Loison rückten am 22. auf dem Schweriner Wege über Dreilützow bis Parum vor.


Von Parum führte dieser Weg damals weiter über Walsmühlen, wo sich der Pass über die wiesenreiche Sude befand, nach Stralendorf. Hier war der Scheidepunkt zweier Richtungen nach Schwerin: der östlich fortlaufenden Wittenburger Poststraße über Pampow und Wüstenmark um den der Stadt vorliegenden Ostorfer See herum, und eines andern nordöstlich gehenden Weges über Neumühl am entgegengesetzten Ende eben dieses Sees vorbei.

Die letztere Richtung über Neumühl hatte der Marschall für sich gewählt. Schon am 23. zwischen fünf und sechs Uhr Nachmittags zogen die genannten Vortruppen in Schwerin ein. Die Brigade L'Allemand kampierte auf der Nordseite, bei Großen Medewege an der Straße nach Wismar. Loison selbst besetzte die Stadt, zunächst aber in der südlichen Umgebung Ostorf. Es war dies eine Hügelfläche, die sich zwischen dem See des Namens und dem (damals noch nicht so weit wie gegenwärtig ausgedehnten) Schlossgarten auf der Mittagseite der Stadt erhob. Hier trafen zu jener Zeit zwischen dem Ostorfer See und den städtischen Gewässern die Poststraßen von Wittenburg, Hagenow und Ludwigslust zusammen; und da hinaus, gen Mittag, konnte man das Corps Wallmoden vermuten.

Die übrige Eckmühlsche Armee bivouakirte am 23. noch auf der bezeichneten Wittenburger Wegstrecke über Neumühl, und zwar hielt sich das dänische Corps, welches den Beschluss machte, zwischen Wittenburg und Stralendorf auf.

Unterdessen langte Fürst Eckmühl persönlich noch am 23. in Schwerin an, wo er das sogenannte Prinzenhaus am Alten Garten (gegenwärtig Wohnsitz der Frau Großherzogin Alexandrine) bezog. Der General Loison hatte sein Quartier im herzoglichen Palais auf der Neustadt genommen.

In Schwerin war, unter wiederauflebender Erinnerung an die Schrecken beim Beginne der ersten Franzosenzeit 1806, bereits am 22., wo Flüchtlinge aus Wittenburg und der dortigen Gegend sich einstellten, mit Bestürzung der Annäherung des Feindes entgegengesehen worden. Man hatte die Kassen an dem Tage in Sicherheit gebracht, und die Mitglieder der Regierung und der Kammer waren nach Rostock, wie auch viele angesehene Privatpersonen aus der Stadt abgereist. Eine Deputation hatte sich bereit gemacht, um die Franzosen bei ihrer Ankunft zu empfangen. Die hochbetagte Prinzess Ulrike, Vaterschwester des Herzogs Friederich Franz, war auf dem Schlosse verblieben. Das herzogliche Hoflager hatte sich bereits zuvor in Doberan befunden.*)

*) Die Prinzess Ulrike, geb. 1723, starb am 17. September 1813 in dem Alter von 90 Jahren 2 Monaten und 16 Tagen. Sie wurde, die Letzte, in der Schelfkirche still beigesetzt. — Die übrigen Glieder der fürstlichen Familie waren: Friederich Franz, souveräner Herzog zu Mecklenburg, geb. 10. Dezember 1756, regierte seit 24. April 1785, Wittwer seit 1. Januar 1808. Kinder: 1) Friederich Ludewig, H. z. M., Erbprinz, geb. 13. Juni 1778. vermählt: a. 1799 mit Helena Paulowna, gest. 1803, Tochter des Kaisers Paul von Russland. Kinder: Paul Friedrich. H. z. M., geb. 15. September 1800; Marie. H. z. M., geb. 1803, b. 1810 mit Caroline Louise, Tochter des Herzogs Karl August zu Sachsen-Weimar; aus dieser Ehe ein Sohn Albrecht, H. z. M., geb. 1812. Der Erbprinz leitete zur Zeit der Invasion die Organisation der Landwehr. — 2) Gustav. H. z. M., geb. 31. Januar 1781, kam Anfangs Mai 1813 von einer Reise nach Italien zurück und trat sogleich, mit freiwilliger Entsagung seines militärischen Ranges, als Major und Chef der zweiten Schwadron beim Corps der reitenden freiwilligen Jäger ein. — 3) Karl. H. z. M., geb. 2. Juli 1782, kehrte Ende März 1813 aus dem russischen Dienste, wo er Generallieutenant und Chef eines Grenadierregiments gewesen war, nach Mecklenburg zurück. — 4) Charlotte, H. z. M., geb. 1784, verm. 1806 mit dem Prinzen Christian zu Dänemark, Vetter König Friedrichs VI.. dem er später als Christian VIII, folgte. Ihr am 16. Oktober 1808 geborener Sohn ist der jetzige, seit Januar 1848 regierende König Friedrich VII. — 5) Adolph, H. z. M., geb. 18. Dezember 1785, befand sich 1813 als Volontär im Gefolge Wallmodens.

17. Als Motiv seiner Operation ins Mecklenburgische hat der Marschall selbst später, in dem an den König Ludwig XVIII. adressierten Memoire, angegeben, dass er den Feind habe bedrohen und zurückhalten, den Kronprinzen von Schweden in seinen Verbindungen mit Pommern beunruhigen und sich bereit halten sollen, die Erfolge des gegen Berlin entsendeten zwölften Armeecorps zu benutzen.

Man ist dadurch in der Lage, das Unternehmen dieses Feldherrn nach ihm selbst bemessen zu können; der Beurteiler braucht nicht bloß, woraus man sich sonst gewöhnlich reduziert sieht, analytisch zu verfahren, das heißt, er braucht nicht bloß von dem Bekannten auf das Unbekannte, von dem tatsächlich Vorliegenden auf die Bewegursachen zurückzuschließen. Dieser Vorteil wird ihm jedoch keineswegs alle Ungewissheit wegschaffen.

Es scheint also an der Strategie des Fürsten Eckmühl eine Spekulation auf die Rücksichten, die dem Prinzen Karl Johann durch seine politische Stellung aufgenötigt wurden, keinen ganz geringen Anteil gehabt zu haben. Und so mochte er hoffen, den Kronprinzen, durch eine Gefahr für seine Operationslinie nach Stralsund und für die schwedische Provinz in Deutschland, wenigstens zu starken Detaschirungen zu verlocken und auf solche Weise, durch Schwächung der Nordarmee, das Vorhaben Napoleons gegen dieselbe zu erleichtern.

Bei seiner Mitwirkung zu dem Anschlage des Kaisers durfte er niemals Hamburg und Holstein kompromittieren. Eckmühl, sonst so zurückhaltend, so geheimnisvoll, verhehlte es gegen den Grafen Löwendal nicht, dass seine Ordre dahin laute. Nun aber hätte die Offensive direkt nach Berlin ihn zu weit von seiner eigenen Operationsbasis entfernt; sie hätte ihn genötigt, Gegner hinter sich zu lassen, deren wirkliche Stärke auf den drei Punkten bei Wallmoden, Vegesack und Stralsund sich seiner Abschätzung entzog; und wenn der Kronprinz gar eine Entsendung über die Elbe veranstaltete, um die Kommunikation mit Hamburg zu gefährden, während der Marschall in der Front mit Wallmoden zu schaffen hatte, so war sein ferneres Vordringen vollends vereitelt. — So wenig hiernach ein unmittelbares Eingreifen zulässig gewesen wäre, eben so wenig wird man des Marschalls selbstangegebenes Motiv in dem Sinne einer Invasion Pommerns verstehen dürfen. In diesem Falle führte ihn sein Marsch vor das durch die Truppen Vegesacks verstärkte Stralsund; er behielt Wallmoden zur Seite; und die Gefahr, von allen seinen Kriegsmitteln abgeschnitten zu werden, blieb dieselbe. Zu einem kraftvollen Vorgehen, um in der einen Richtung angriffsweise tätig zu sein und gleichzeitig auf einer andern Seite Nachteil fernzuhalten, war die dem Marschall zu Gebote stehende Waffenmacht nicht ausreichend.

Nach dieser Auffassung erscheint die durch den Kronprinzen von Schweden angeordnete Teilung der niederelbischen Streitkräfte in ein Hauptcorps unter Wallmoden und ein Nebencorps mit besonderer Bestimmung unter Vegesack, worin Beitzke eben die dolose Absicht findet, den General Wallmoden an Erfolgen zu verhindern, vielmehr als eine weise Berechnung, der man den für die allgemeine Sache günstigen Verlauf der mecklenburgischen Kriegsbegebenheiten im August wesentlich mit zuzuschreiben hätte.

Was den Prinzen von Eckmühl betrifft, so wird man, Alles erwogen, bei der (schon im Löwendal S. 71 und durch den Lieutenant von Jahn S. 75, dann, von diesen völlig unabhängig, auch in dem trefflichen Werke unseres Bade „Napoleon im Jahre 1853. Altona 1839“ Bd. 2, S. 137 f. angedeuteten) Meinung stehen bleiben müssen, dass Davoust, in Rechnung auf eine egoistisch bloß die eigene Sicherheit ins Auge fassende Denkart des Kronprinzen, demselben schon durch sein Eindringen in Mecklenburg die gewünschte Besorgnis einzuflößen gehofft, und dass er selbst sich alles Ernstes darauf beschränkt geglaubt habe, den Ausgang bei Berlin im Mecklenburgischen abwarten zu müssen, um, wenn der Kronprinz geschlagen würde, die Operationslinie desselben zu durchkreuzen und durch Kombinierung seiner Unternehmungen mit denjenigen der siegreichen Armee die Niederlage des allierten Nordheeres zu vervollständigen.

18. Auf Wallmodenscher Seite freilich legte man der Phase, in die man das Beginnen des Marschalls seit dem 22. unzweideutig eintreten sah, einen solchen Gedanken nicht unter. Man hielt — was der Geschichtsschreiber des Corps zu erwähnen vergessen — an der Bestimmung Eckmühls gegen Berlin fest. Es war nämlich in jenen Tagen (wann? wird nirgends gesagt, obgleich gerade dies für die Beurteilung Wallmodens so wissenswürdig wäre) ein Schreiben Napoleons aufgefangen, datiert Bautzen den 17. August, durch welches dem Prinzen von Eckmühl angezeigt werden sollte, dass an diesem Tage (in der Wirklichkeit traf das Datum freilich nicht zu) der Marschall Oudinot mit 80.000 Mann „von Barut aufbreche“, und worin die Erwartung ausgesprochen war, „dass Davoust am 17. oder 18. was er vor sich gefunden, werde angegriffen haben, wenn der Feind schwächer als er, und dass er sich nicht durch eine kleine Zahl und durch ein Lumpengesindel (une canaille) wie die Hanseaten, die Legion und die Truppen von Wallmoden werde maskieren lassen. Er habe keine gute Soldaten gegen sich als die Schweden und ein Viertel von dem, was Bülow (der, wir erinnern uns, beim Kronprinzen stand) besitze und was Linientruppen seien u. s. w.“

Aus dieser Depesche folgte, dass Napoleon — dem durch einen, von dem königlich sächsischen General und Kriegsminister Freiherrn von Gersdorff intriguirten, Verrat der zu Trachenberg verabredete alliierte Kriegsplan bekannt war — von den drei Operationsobjekten, die sich in den Aufstellungen der drei großen alliierten Armeen beim Ablaufe des Waffenstillstandes ihm darboten, dasjenige gewählt hatte, welches der Voraussicht des Kronprinzen als das erste im Bereiche der Wahrscheinlichkeit erschienen war. Man erfuhr daraus ferner, dass nicht er selbst diese Initiative ergriffen, sondern dass es der Herzog von Reggio war, den er damit beauftragt hatte. Nicht minder sah man die ganze, hier an der Niederelbe bisher maßgebende, Supposition des Kronprinzen, der zufolge das Vorgehen Eckmühls ins Mecklenburgische bloß als eine Mitwirkung zu einem Zuge gegen Berlin betrachtet worden war, auf eine unzweideutige Weise bestätigt. Aus diesem Zusammenhange glaubte man nun aber auch die Aufgabe des Marschalls fehllos dahin zu erkennen, dass derselbe, wenn er im Sinne Napoleons handeln wolle, Berlin, den Rücken der alliierten Nordarmee, zu seinem direkten Ziele nehmen müsse. '

Man sieht leicht, dass dies nicht notwendig aus dem Wortlaute der Depesche abgeleitet werden musste; und uns Späteren liegt auch in der übrigen, hernach publizierten Korrespondenz des Kaisers keine positive Ordre derartigen Inhaltes vor, noch findet sich darin etwas, was der Selbstangabe Eckmühls widerspräche. *) Indess damals überließ man sich um so leichter jener Deutung, da die herrschende Meinung auch das materielle Übergewicht, welches der Marschall allerdings besaß, noch beträchtlich über die Wirklichkeit veranschlagte, indem man ihm 20.000 Mann mehr als Wallmoden beilegte; mit der naiven Zugabe einiger Schriftsteller, dass er sich seiner Übermacht über die vor ihm im Felde stehenden Alliierten völlig bewusst gewesen sei.

*) Letzteres ist eine Behauptung, die eigentlich durch Auszüge aus den Depeschen Napoleons an Davoust und Oudinot nachzuweisen wäre. Indes muss ich mich über diesen wie in Betreff einiger anderer Punkte bescheiden, für meinen Aufsatz in unserer Zeitschrift nicht allzu viel Raum wegzunehmen. Jene Auszüge würden diejenigen Geschichtsschreiber beschämen, welche die Äußerung tun mochten, dass Davoust sich in seinem Memoire „de- und wehmütig durchgelogen“ habe, als hätte ein so charaktervoller Mann sich gegen die Bourbons erniedrigen können.

19. Durch das Napoleonische Schreiben schien also, wie vorher die Rückbewegung auf Hagenow statt auf Schwerin, so auch fernerhin der grundlegliche Plan, den Prinzen Eckmühl so lange als möglich in dieser Gegend festzuhalten, dringlichst motiviert.

Dem entsprechend rückte nun General Wallmoden, der von Wittenburg nach Schwerin marschierenden Eckmühlschen Armee zur Rechten, mit seinem persönlichen Corps in einer Seitenbewegung von Hagenow (am Nachmittage des 22. August) über Kirch-Jesar und Kraak langsam in eine Stellung an dem Wege zwischen Schwerin und Ludwigslust, bei den Dörfern Rastow, Lüblow und Wöbbelin, wo er am 24. Posto fasste. Die Zusammenziehung auf diesem Raume, drei Meilen von Schwerin und eine Meile von Ludwigslust, wird in den Nachrichten mit dem Lager von Wöbbelin gemeint.

Hier, vor der Front des Gegners, wollte Wallmoden das fernere Beginnen desselben beobachten. Es blieb ihm da für alle Fälle in der rückwärts über Ludwigslust in die Priegnitz leitenden Straße seine Verbindung mit dem Kronprinzen erhalten; und er hatte nicht minder freie Bahn, um die Bewegung ins Brandenburgische, wenn der Marschall dahin wollte, durch flankierende Manöver unsicher zu machen. Wallmoden befand sich zu Wöbbelin inmitten einer großen offenen Ebene, die erst nordwärts, nach Schwerin zu, von dem Buchholz und dem Haselholze unterbrochen war; zu seiner Rechten oder östlich lag ihm die weite bruchige Niederung der Lewiß; im Fall eines Zusammenstoßes bot das ebene Land gerade für die Waffe, worin er sich überlegen halten durfte, für die Reiterei, den besten Spielraum dar.

Anfänglich hatte Wallmoden die Idee gehabt, bis östlich über Neustadt zurückgehen zu müssen, und ein Ingenieur-Kapitän hatte schon die Gegend erkundet und bei dem Dorfe Brenz am Wege nach Parchim eine Lokalität ausgewählt. Dies soll schon am 19. geschehen sein, was denn zu einer Zeit gewesen wäre, wo die Operation des Marschalls auf Schwerin noch nicht vermutet werden konnte.

20. Bei dem Parallelmarsche nach Wöbbelin bildete die Separatabteilung Tettenborn den Nachzug des Hauptcorps. Und zwar kam die Lützowsche Infanterie (2800 Mann) unter dem Major von Petersdorff am 23. August bis Kirch-Jesar (3/4 M. östl. von Hagenow), am 24. früh (1 M. östl. Kirch-Jesar) nach Kraak, dem Kreuzungspunkte des Weges von Hagenow nach Neustadt mit demjenigen von Schwerin nach Dömitz, wo Wallmoden eben die Anstalten zu einer Brücke über die Elbe treffen ließ, um in dem Falle, dass ein Ereignis, ein Vorhaben des Marschalls es erforderte, auch auf dem linken Elbufer sogleich bei der Hand sein zu können.

Die Lüßowsche Kavallerie (480 Mann) nahm an der Bewegung ihres Fußvolkes nur bis Kirch - Jesar Teil. Da trennte sie sich von derselben, indem der General Tettenborn, der nach den Gefechten des 21. den Feind nur durch einzelne Kosakenabteilungen hatte beobachten lassen, sich auch mit der Masse seiner Kavallerie der rechten Seite der französischen Marschkolonne näherte. Seit dem Morgen des 24. befanden sich die Lützowschen Geschwader zu Warsow, einem Kirchdorfe halbwegs zwischen Hagenow und Schwerin. Dieser Punkt lag nur drei Viertelmeilen rechts von Stralendorf ab, dem schon erwähnten Orte der Wittenburger Straße, über welchen der Marsch Eckmühls vor sich ging, und wo sich, wie gesagt, die beiden Wege nach Schwerin schieden. Ferner war man zu Warsow nur anderthalb Meilen von Kraak entfernt, der eben genannten Station der Lützowschen Infanterie.

Wiederholt hatten die Reiter, dicht an den Feind angeschlossen, scharf geplänkelt, besonders am 23. mit den dänischen Husaren. Das Großteil der Dänen rastete in der Nacht vom 23. zum 24. noch westlich neben Stralendorf; es brach erst am 24. aus diesem Bivouak auf und blieb nach kurzem Marsche zu Wittenförden, westlich von Neumühl, im Rücken der Armee von Schwerin stehen. Es fehlt jede Andeutung, dass dieser Umstand dem General Tettenborn schon zu Warsow bekannt geworden sei; wenigstens scheint es am 24. gar keine Rencontres mehr gegeben zu haben; man scheint dem Gegner nur so lange nachgegangen zu sein, bis man seine Richtung nach Schwerin sicher erkannt zu haben glaubte. Vielleicht war es Tettenborns Absicht oder Bestimmung, sich von Warsow aus, je nach den Umständen, auf die Verbindungslinien des Marschalls zu werfen, sobald er Schwerin okkupierte, oder sich ihm an die Ferse zu hängen, falls er den Marsch südwärts antreten sollte. Auf diese Weise möchte der bis zum 25. währende Halt zu Warsow, an welchem Tage Tettenborn daselbst noch angetroffen wird, am leichtesten erklärt werden können.

Zuverlässig ist, dass Tettenborns Leute stets nahe genug gewesen waren, um zu erkennen, was für Truppen passierten, und dass man zu Warsow wissen konnte, dass sich hinter den Dänen und über Wittenburg hinaus kein Feind mehr unterwegs befand. Wittenburg selbst hatten die Kosaken am 24. leer getroffen. Aus dem Umstände muss man gefolgert haben, dass Fürst Eckmühl die Kommunikation mit Hamburg nicht auf der genommenen Marschroute zu etablieren beabsichtige; und in diesem Falle blieb denn als Transport- und Verbindungslinie zwischen Hamburg und Schwerin nur die Richtung über Ratzeburg und Gadebusch übrig.

21. Über seinen Beschluss, von Hagenow nach Wöbbelin zu gehen, hatte Wallmoden dem General Vegesack alsbaldige Meldung mit der Ausforderung zufertigen lassen, dass er seinerseits sich eiligst auf Wismar (2 1/2 M. ostwärts von Grevismühlen und) 4 Meilen nördlich von Schwerin, zurückziehen möchte.

Hanseatische Kavallerie sollte die Verbindung zwischen Wallmoden und Vegesack um den Schweriner See östlich herum über Crivitz und Warin unterhalten.

Bei Vegesack, auf dem nördlichen Teile des mecklenburgischen Kriegstheaters, war in all den Tagen seit Eröffnung der Feindseligkeiten an der Stecknitz, außer kleinen Neckereien nichts Erhebliches vorgefallen. Die Feinde von Lübeck hatten den mecklenburgischen Jägern im Schönbergischen gegenüber die Grenze stärker besetzt, aber sie hatten keineswegs die tätige Rolle begonnen, die ihnen, nach Löwendals Angabe, von dem Marschall zugedacht worden war. Sie hatten nicht einmal Ratzeburg besetzt, als dieser Ort, infolge des Ereignisses von Buchen, von den Alliierten freiwillig verlassen war.

Um die Langweiligkeit einmal zu unterbrechen, ließ der Hauptmann von Brand von der zweiten Kompanie der mecklenburgischen Jäger sich die Lust ankommen, mit dieser Mannschaft am Abende des 23. August die „Schwarze Mühle“ zwischen Selmstorf und Lübeck zu überfallen, wo man ein Piket dänischer Dragoner aufheben wollte. Man ging auf Wagen von Schönberg aus zwischen den feindlichen Posten hindurch, stieg an geeigneter Stelle ab, und erreichte seine Absicht wenigstens soweit, dass mehre Mann Dänen erlegt und die ganze Linie durch das Schießen alarmiert wurde.

Das stille Verhalten des Feindes hatte dem General Vegesack schon als möglich erscheinen lassen, dass derselbe durch Umgehung des Ratzeburger Sees etwas gegen ihn vorhaben möchte. Er hatte daher eine Recognoscirung nach Mölln angeordnet, und er selbst befand sich zu diesem Zwecke in Ratzeburg. Da traf bei ihm die erwähnte Anzeige von Wallmodens retrograder Bewegung nach Wöbbelin ein, und dem entsprechend ordnete er den Aufbruch seiner Truppen an.

22. Eine ganz andere Ansicht von der ursachlichen Beziehung bei diesem Rückgange Wallmodens und Vegesacks, als sich durch unsere bis hierher geführte Geschichte ergibt, hat sich der genannte Major Beitzke gebildet.

Ohne seinen Lesern eine Andeutung gemacht zu haben, dass bei Lauenburg und Büchen dann bei Marsow u. s. w. Gefechte stattgefunden, setzt er nach der vorhin [3] angezogenen Behauptung, wie Wallmoden, wenn ihm die lahmenden schwedischen Weisungen nicht im Wege gewesen wären, den Marschall in einer festen Stellung würde empfangen haben, mit den Worten fort: „So aber musste sich auf besonderen Befehl des Kronprinzen Vegesack gleich anfangs nach Grevismühlen (— wir wissen, dass da von vornherein das Hauptquartier des Generals gestanden —) nicht mehr weit von Wismar, Wallmoden nach Hagenow zurückziehen, so dass Marschall Davoust sich nun zwischen beide stellen und ungehindert Schwerin besetzen konnte... Um das Maß der Zerstreuung der Kräfte aber voll zu machen u. s. w.“

Also dass Wallmoden nach Hagenow und Vegesack nach Wismar zurückging, wäre nicht eine Folge gewesen von dem Vordringen Davoust in der Richtung auf Wittenburg, woraus man seine Absicht auf Schwerin erkannte, in der man ihn gewähren ließ, weil es, nach dem angenommenen Operationsplane, für Wallmoden nicht darauf ankam, Schwerin, sondern an seinem Teile Berlin zu decken, und weil sich durch den Marsch nach Schwerin die geflüchtete Bewegung nach Berlin verzögern musste: — die Sache kehrt sich hier vielmehr um, und Davoust ging nach Schwerin, weil Jene ihm die Gasse dahin öffneten; die Ursache aber davon war nicht ein von ihnen selbst erstrebter kriegerischer Zweck, sondern ein kronprinzlicher Befehl, dessen Absicht darauf hinauslief, die niederelbischen Streitkräfte zu schwächen.

Zu dieser Aufstellung würde der Verfasser nie gekommen sein, wenn er nur von Zanders „Geschichte des Krieges an der Niederelbe. Lüneburg 1839“ hätte Kenntnis nehmen wollen, dem einzigen Buche, welches das Ganze dieser Begebenheiten, politisch und militärisch, umfassend, mit dem unbefangenen Sinne, der bloß die Wahrheit finden will, geschrieben wurde, und worin er, neben einer stattlichen Ausführung im Detail, auch den Versuch, die großen strategischen Gesichtspunkte festzuhalten und „die kriegerischen Verhältnisse und Aktionen im richtigen Lichte darzustellen,“ wozu Beitzke eben, laut seiner Vorrede, den Nicht-Militärs kaum die Befähigung einräumen zu wollen scheint, mit ziemlichen Glücke würde gelöst gefunden haben. Beitzkes Aufstellung ist um so unbegreiflicher, da er sich dadurch in Unübereinstimmung mit dem Geschichtsschreiber des Wallmodenschen Corps setzt, dessen Buch ihm bekannt war, da er es an einer Stelle, wo er Zahlenverhältnisse „nach Quellen der Verbündeten“ angibt, mit dem Titel nennt. Diesem Schriftsteller folgend, würde es dem Major Beitzke nicht möglich geblieben sein, keine Silbe davon zu sagen, dass, was sich hier an der Niederelbe begab, mit Hinsicht auf die Dinge getan wurde, die sich gleichzeitig bei Berlin ereignen konnten, und dass der rückgängige Zug Wallmodens nach Wöbbelin eben hierin seine Notwendigkeit hatte. Aber freilich Beitzke ahnt auch in dem Verlaufe dieser Begebenheiten einen Unterschied zwischen Hagenow und Wöbbelin nicht; Wöbbelin wird selbst nicht einmal von ihm genannt; und der (imaginäre) „besondere Befehl des Kronprinzen“, durch welchen Wallmoden rückwärts gerufen wurde, erstreckte sich nur bis Hagenow.