Die Marschgefechte des 21. August

12. Von Lauenburg abgezogen, hielten sich die Lützower am 19. Morgens noch bis neun Uhr bei Horst. Dann erst, nach einem mehrstündigen Gefechte, überließen sie den Franzosen das Defilee und diesen Ort, der eine Art Brückenkopf bildete. Allein obgleich der Feind hier nur noch eine Meile von Boitzenburg entfernt war und kein natürliches Hindernis mehr entgegenstand, geschah seinerseits doch nichts, um den gewonnenen Vorteil schnell zu benutzen. Das Hauptquartier des Marschalls blieb am 19. zu Lauenburg. Auch über Büchen ging der Feind am 19. noch nicht hinaus. Das dänische Corps des Prinzen Friedrich war am 18. über Trittau nach Schwarzenbeck gerückt, und verweilte daselbst noch die Nacht zwischen dem 19. und 20. August.

Nach Verlassung der Stecknitz zogen sich die Lützowschen Truppen und die Kosaken von Lauenburg und von Büchen auf den vorbestimmten Vereinigungspunkt beim Hofe Gresse, eine Meile nördlich von Boitzenburg, hinter die Boitze; ein Flüsschen, das, aus der Gegend von Zarrentin kommend, ungefähr parallelen Lauf mit der Stecknitz hält und bei Boitzenburg in die Elbe mündet.


In Sicht des Feindes hatte man nur eine Arrieregarde von Kosaken gelassen, die unter beständigem Geplänkel seine Bewegungen beobachteten.

Am 20. gingen die Lützower und die übrige Abteilung Tettenborns von Gresse ostwärts in die von mehren kleinen Gewässern durchschnittene Gegend vor Wittenburg zurück. Tettenborn befand sich zu Schildfeld, einem Forstofe, bei welchem die, über Camin herkommende und daselbst durch die Wittenburger Motel verstärkte, Schilde sich mit der Schaale, dem südlichen Abfluss des Schaalsees, verbindet. Wallmoden war zu Kloddram, nahe bei dem Kirchdorfe Vellahn.

Die bemerkten Gewässer bildeten gleichsam eine zweite Linie diesseits der Stecknitz, da sie hin und wieder dem Übergange einige Schwierigkeit verursachen konnten. — Die Landstraße aus Boitzenburg führte zunächst bei Zahrenstorf über die Schaale, deren Brücke Wallmoden zerstören ließ. Dann zweigte sie sich in die östliche Richtung über Vellahn nach Hagenow, und in die nordöstliche nach Wittenburg. Letztere zog sich ziemlich nah an der Schaale und Schilde hinauf über Bengersdorf, Schildfeld, Camin der Stadt zu.

13. Bisher war nun von Seiten des Marschalls im Grunde noch nichts geschehen, was einen bestimmten Zweck verraten hätte. Erst an dem genannten Tage, den 20., wurde von ihm ein unbedeutender Schritt vorwärts getan. Er ließ seine Hauptmacht bis Boitzenburg avancieren (wo man ihm 30.000 Portionen Brod, Fleisch und Branntwein liefern musste), und nahm am Abende sein Quartier nahe nördlich in dem Hofe Schwartow an der Boitze. Dies Gros hatte nunmehr eine Haltung, wie wenn das Ziel Berlin wäre. Unterdessen mussten, zur Linken des Hauptcorps, die Truppenteile von L’Allemand und Loison, mit denen man es bei Büchen zu tun gehabt, die Boitze passieren. Diese bogen aber, statt der rückgängigen Bewegung der Lützower von Gresse zu folgen, noch am 20. links ab und breiteten sich zwischen Gresse und dem nordwärts davon belegenen Gallin aus, so dass sie die Richtung nach Wittenburg verfolgen zu wollen schienen. Am 21. bemerkte man dann, dass von dem Corps Davoust eine Avantgarde rechts vorgesetzt wurde, als gelte es, längs der Elbe hinauf zu marschieren, wo Dömitz der Fährort über den Fluss war.

Diese Wahrnehmungen bewogen den Grafen Wallmoden, am 21. August mit 6.000 Mann Infanterie, 3.000 Mann Kavallerie und einer Anzahl Geschützen eine Stellung einzunehmen von Vellahn über Goldenbow bis Camin, in der Gabelung jener beiden Wege, die von Boitzenburg nach Hagenow und nach Wittenburg ausgingen. Durch Hügelreihen und Holzungen boten sich hier heimliche Orte dar. Vellahn und Camin, die beiden Endpunkte der Aufstellung, waren in gerader Linie beinahe eine Meile auseinander.

Die hierbei verwendeten Truppen waren: das Lützowsche Corps, welches den äußersten linken Flügel bei Vellahn bildete, das Freibataillon Reiche, die (1350) Kosaken Tettenborns, die (im Wallmodenschen Corps eine eigene Division ausmachende) Infanterie der russisch deutschen Legion unter dem Generalmajor (ehemaligen herzoglich oldenburgischen Obersten) von Arentsschildt, die zwei Husarenregimenter dieser Legion und die Husaren der englisch-deutschen Legion unter dem Generalmajor von Dörnberg. Zwischen den genannten beiden Endpunkten gab es nur Reiterei, und auf der Höhe vor Goldenbow einige russisch-deutsche Artillerie. Die Masse des Fußvolkes der r. d. Legion, fünf Bataillone, mussten der Straße nach Hagenow nahe bleiben, nämlich bei Kloddram, rechts hinterwärts von den Lützowern, in welcher Gegend sich auch Wallmoden selbst befand. Ein Bataillon dieser Legion war nach Camin gelegt; und da hinaus hielt auch General Dörnberg mit der englischen Reiterei und Artillerie. Die offene Ebene von Camin westwärts bis zum Schaalsee wurde durch einige Kavallerie beobachtet. — Seine übrigen Truppen, darunter namentlich die ganze andere, sogenannte englische Infanteriedivision, welche die Hannoveraner, Lauenburger, Hanseaten u. s. w. umfasste und von dem großbritannischen Generalmajor Lyon kommandiert wurde, hatte Wallmoden von Wittenburg nach Hagenow gezogen, wo er sie als Reserve beisammen hielt.

Da Wallmoden nicht in dem Falle war, das Wagnis eines ungleichen Kampfes zu suchen, vielmehr sein Entschluss sich nach der Absicht modifizieren musste, die sein Gegner verfolgte, so war es bei der dargestellten Maßnahme und bei dem Anscheine, dem er sich dadurch gab, als wolle er dem Prinzen Eckmühl beide Wege, nach Hagenow und nach Wittenburg, vertreten, zunächst bloß darum zu tun, über das eigentliche Vorhaben desselben zur Gewissheit zu kommen: ob Eckmühl eine Linksschwenkung ins Innere Mecklenburgs hinein oder die nächste Richtung nach Berlin einzuschlagen beabsichtige. Bei letzterer Eventualität hatte Wallmoden dahin zu streben, dass er seinerseits diese Straße auf der kürzeren Linie erreichen könnte.

Am Nachmittage des 21. August überschritt die französische Armee die Schaale. Von ihren drei Kolonnen ging die linke, welches die Brigade L'Allemand war, dem Wittenburger Wege nach über Schildfeld auf Camin; die beiden andern rückten rechts von dieser Straße auf Nebenwegen vor, und zwar schlug sich die Division Loison, als mittlere Kolonne, gegen Goldenbow, der Marschall selbst aber, den rechten Flügel bildend, nahm die Richtung auf Marsow. Es ist dies ein Hof, eine halbe Meile nordwestlich von Vellahn und der Straße entfernt, die über letzteren Ort von Boitzenburg nach Hagenow ging. — Die Masse der Dänen stand noch zurück; sie war in der Nacht vom 21. auf den 22. erst bei Gresse.

Der französische Feldherr hatte sich, so scheint es, durch seine anfänglichen Demonstrationen und durch die nachfolgende Art seiner Vorrückung den Vorteil verschaffen wollen, dass er die Aufmerksamkeit und die Kräfte seiner Gegner teilte.

14. So geschah es, dass gegen Abend des 21. August ein Teil der Wallmodenschen Aufstellung Gelegenheit erhielt, sich mit dem Feinde zu engagieren.

Als etwa um fünf Uhr die Avantgarde des Corps Davoust aus Marsow hervorkam, wo die Gegend zwischen Mooren und Gehölzen ein Debouchee abgab, waren die Artillerie und die Bagage, die der Spitze zu schnell folgten, dermaßen in das Defilee gekommen, dass sie weder vor- noch rückwärts konnten und den Rest der Truppen am Vorrücken hinderten. Man marschierte mit zu großem Vertrauen auf den Rückzug Wallmodens. Allein unversehens brach Kavallerie desselben aus den verdeckten Stellungen hervor; es entstand Unordnung unter den Franzosen; und Löwendal selbst bekennt, dass, wenn Wallmoden einige Tausend Mann Fußvolk in Tätigkeit gesetzt hätte, dieser Tag dem Fürsten Eckmühl viel gekostet haben würde. So aber gewann die französische Infanterie Zeit, sich zu besinnen; sie machte nach allen Seiten Front, und die wiederholten Angriffe der Reiter wurden vereitelt.

Der genannte Erzähler erklärt den auffallenden Umstand, dass deutscherseits der Augenblick bei Marsow nicht besser benutzt und gar keine Infanterie gezeigt wurde, ziemlich zutreffend aus der Voraussetzung, dass Wallmoden „eine bloße Demonstration“ beabsichtigt habe. Auch findet er es wahrscheinlich (wobei er sich jedoch irrt), dass man der russisch-deutschen Legion nur wenig getraut habe. Von der Kavallerie dieses Corps desertierten hier 25 Mann zum Feinde, meist geborne Franzosen. Die mochten der stärkeren moralischen Triebfeder, die auf sie wirkte, der nationalen, gefolgt sein; indes es hat Grund, was Löwendal hinzufügt, dass das Ausreißen aus der Legion während der ganzen Campagne sehr häufig gewesen sei. Es waren nun eben so viele Nichtdeutsche darunter, namentlich aus den Niederlanden; Andere waren bloß eingetreten unter dem Eindruck der furchtbaren Leiden in Russland, um aus dem Lande und aus der Gefangenschaft loszukommen; und wie manche Deutsche gab es nicht damals, die durch das System ihrer Regierungen demoralisiert waren! Die Legion im Ganzen war, Dank den Einflüssen und Bestrebungen ihrer, meistens, preußischen, Offiziere! ein respektables Corps.

Nach Bewältigung des Hindernisses, welches die alliierte Kavallerie ihm entgegensetzen zu wollen geschienen hatte, blieb der Marschall bei Marsow stehen, ohne seinerseits etwas Offensives weiter, zu unternehmen, als matte Demonstrationen in der Richtung nach Kloddram, wo hinter Holzungen das r. d. Fußvolk stand. Dabei lief es aber wesentlich auf Flintenschüsse aus der Ferne und auf eine Kanonade hinaus, die bis in die Nacht dauerte. Davoust wollte, wie es scheint, durch seinen Stillstand bloß noch von den Wallmodenschen Streitkräften im Schach halten, während der General Loison gegen die Mitte der feindlichen Position, die er den Umständen zufolge für den stärksten Punkt halten mochte, nämlich gegen die Windmühlenhöhe von Goldenbow operierte.

Bei Goldenbow waren die Franzosen der angreifende Teil. Der vor dem Orte mit seinem zweiten russisch-deutschen Husarenregimente aufgestellte Oberstlieutenant Dohna, dem kein Fußvolk beigegeben war, hatte die erwähntermaßen auf der Hohe postierten r. d. Kanonen weggeschickt, weil ihm die Passage durch die im Rücken liegenden, von Gräben durchzogenen Wiesen eventuell zu gefährlich deuchte. Als nun die feindliche Attacke zugleich mit grobem Geschütz und mit dem Feuer zahlreicher Tirailleurs aus zwei von diesen besetzten kleinen Holzungen heraus begann, sah sich Graf Dohna geraume Zeit wie wehrlos bloßgestellt, indem die Örtlichkeit ihm kein aktives Unternehmen möglich machte. Das Regiment, welches nach eigener Angabe 11 Tote, 24 Verwundete und 75 Pferde verlor, hielt jedoch, befeuert durch das Beispiel seines Chefs und seiner Offiziere, festen Stand, bis einerseits aus der Gegend von Camin der General Dörnberg mit Reiterei und Artillerie zur Hilfe kam, und andererseits von Kloddram her eine kleine Abteilung Infanterie eintraf, die Gehölze säubernd, und der Angriff der Feinde energisch zurückgewiesen wurde. Seitdem scheint sich auch hier die Tätigkeit der beiden Teile mehr auf den Kampf aus der Ferne durch Kleingewehr- und Geschützfeuer beschränkt zu haben. Die erwähnte Schrift über Wallmoden scheint überhaupt das Unternehmen der Franzosen an diesem Punkte auf die bloße Absicht einer Recognoscirung einschränken zu wollen. Sei dem so oder anders, es war rühmlich genug, dass die Unsern ihren Platz behaupteten, den sie erst hernach, als Wallmoden es für passend hielt, freiwillig räumten, indem sie noch Vorposten im Angesicht des Feindes stehen ließen.

Nachdem Wallmoden bereits die Überzeugung gewonnen hatte, dass Marschall Davoust die vermutete Intention einer Diversion nach Berlin jetzt unmittelbar noch nicht habe, sondern dass es ihm augenblicklich ernsthaft um Wittenburg, also um die Straße nach Schwerin zu tun sei, wäre der Versuch, ihn wirkungsvoll an dieser Richtung zu hindern, geradezu töricht gewesen; es würde so viel geheißen haben, als der Sicherstellung von Schwerin, einem geringfügigen Interesse, den allgemeinen Zweck des großen alliierten Operationsplanes zum Opfer bringen.

Auf dem äußersten rechten Flügel der Wallmodenschen Aufstellung war das Kirchdorf Camin mit dem vierten Bataillon der r. d. Legion unter dem Major von Horn besetzt, und in das nahe davor befindliche Buchengehölz waren Tirailleurs gelegt. Letztere griffen den Feind bei seiner Herankunft gegen sechs Uhr an, und auch die Besatzung des Dorfes marschierte zu seinem Empfange auf. Es entspann sich ein Gewehrfeuer, in welches die Feinde auch Kanonenschüsse mischten. Auf französischer Seile wurde hier der Oberst von Waldeck, als er mit der äußersten Spitze in das Holz einritt, im Gesicht verwundet. Der Übermacht den Wald preisgebend, zogen sich die Verteidiger, mit dem selbstangegebenen Verlust von drei Toten und einigen 20 Verwundeten in das Dorf zurück, welches sie noch bis neun Uhr besetzt hielten. Ein weiterer Kampf scheint nicht mehr stattgefunden zu haben; der Feind trat nicht über den Wald hinaus, vielleicht weil unterdessen bei Goldenbow die Sache ernsthaft geworden war. Um die angegebene Zeit verließen die Wallmodenschen, auf erhaltene Ordre, das Torf, und die Avantgarde L’Allemands rückte, ohne noch einen Schuss abzufeuern, hier ein. Diesem folgten noch Truppen von Loison, dessen Division die Nacht bei Goldenbow und Camin blieb.

Als am 22. das dänische Corps von Gresse her durch Camin kam, war das Dorf fast menschenleer. Unter den Beweisen von Mutwillen und Bosheit der Vorgänger fand man auch ein mit dem Bajonett durchstochenes Kind von vier bis fünf Jahren, das noch lebte und das von einem dänischen Chirurgen die Hilfe bekam, welche der Augenblick zuließ.

Die Nacht vom 21. verging ruhig. Der Marschall und seine Truppen, noch in der Gegend von Marsow, bivouakirten auf der Stelle, wo der Bagagetrain parkirt wurde.

15. Unter den Vorfällen des 21. August sah man nicht bloß Tettenborn, sondern auch Wallmoden, um den Truppen ein Beispiel zu geben, sich wiederholt dem Feuer aussetzen und die schönsten Proben persönlichen Mutes ablegen. Bei einer solchen Gelegenheit wurde am Abende in der Gegend von Kloddram, als Wallmoden wieder einmal in den Bereich der feindlichen Kugeln hineinritt, dem in seiner Suite befindlichen Prinzen Adolph, viertem Sohne des regierenden Herzogs Friederich Franz zu Mecklenburg-Schwerin, das Pferd unterm Leibe getroffen.

Andererseits äußert der Graf Löwendal über das Verhalten des Fürsten Eckmühl in dieser Anfangszeit seines Augustfeldzuges: „Er fühlte wahrscheinlich, dass er sich nicht zu sehr auf sein Armeecorps verlassen könne, sondern Alles selbst sehen und leiten musste. Er hatte nirgends Ruhe, fand sich in jedem Scharmützel bei der Spitze ein, ordnete und visitierte eine jede Postierung, bis er eine größere Übung der Truppen bemerkte. Es ist sonst für einen en Chef Kommandierenden leicht ein Fehler, wenn er sich zu sehr mit den Kleinigkeiten beschäftigt, dass diese Details seine Ideen beengen und den Plänen im Großen schaden können; allein unter den Umständen war Davoust's unruhige Wachsamkeit, die überhaupt mit seinem unbegrenzten Diensteifer zusammenhing, eine Tugend, wenngleich sein misstrauischer Charakter einigen Anteil daran haben mochte.“ — Von den Adjutanten des Marschalls wurde am 21. einer getötet; am Tage vorher war einer verwundet; und am Tage darnach, den 22., wurde einer von den Kosaken gefangen, die ihn, nachdem sie ihn in einem Walde ausgeplündert hatten, wieder gehen ließen.

Es war freilich nicht leicht, für die Begebenheiten des 21. August eine Gesamtbenennung zu finden; indes möchte die, welche durch Varnhagcn von Ense, mittelst seiner „Geschichte der Kriegszüge des Generals Tettenborn. Stuttgart 1814“, aufgebracht worden ist, am wenigsten glücklich gewählt sein. Auf seine Auctorität wird der 21. August als Gefecht bei Vellahn bezeichnet. Bei Vellahn aber standen, wie gesagt, die Lützower; und die haben keinen Schuss getan, sie haben, durch die vorliegenden Holzungen gehindert, nicht einmal einen Feind zu sehen bekommen, außer einigen Gefangenen, die man ihnen zu behüten brachte. Sie hatten derweilen ihre Lust mit den schönen Mänteln, dergleichen das Corps bisher noch nicht besessen, und die der Kronprinz aus seinen reichen englischen Magazinen zu Stralsund ihnen gerade gespendet hatte.

Eben so ist Varnhagen, teils im Missverständnis von patriotischer Geschichtsschreibung nach dem Geschmacke der ersten Schriftsteller, teils seiner Befreundung mit Tettenborn nachgebend, bei welchem er sich (nachdem er 1809 in der österreichischen Armee, wo auch Tettenborn damals diente, der Schlacht von Wagram beigewohnt, jetzt) mit dem Grade eines russischen Kapitäns als Sekretär befand, der Urheber gewisser Übertreibungen geworden, welche Andere dann in gutem Glauben nacherzählt haben. Die ganze Linie des Feindes soll bei Vellahn im Feuer gewesen sein, das bis in die Nacht dauerte; kaum 5.000 Mann Alliierte sollen in diesem Gefechte gegen 20.000 Franzosen gestanden haben; und allein bei einer Verfolgung durch Tettenborns Kosaken sollen 400 Feinde auf dem Platze geblieben sein. Dahingegen meint Löwendal, dass der Verlust an Toten und Verwundeten wohl auf beiden Seiten gleich gewesen sei, nämlich ungefähr 30 bis 40 Mann; eine Angabe, die sich jedoch, wie es scheint, bloß auf die eine Affaire bei Marsow beziehen soll. Von dem ungenannten Verfasser der Schrift über Wallmoden wird gesagt, dass das ganze Gefecht den Verbündeten etwa 200 Todte und Verwundete gekostet habe, und dass der Verlust auf beiden Seiten ganz gleich gewesen sein möge.

Jedenfalls war die Begebenheit bedeutend genug, um zu der Erwartung zu berechtigen, dass drei Schriftsteller, die so zu sagen als Augenzeugen referierten, zusammen das Material zu einem genaueren und zuverlässigeren Bilde liefern würden, als ich hier aufzustellen vermochte, wenn nicht der Phantasie das Recht eingeräumt werden sollte, die Lücken auszufüllen. Bei der Beschaffenheit unserer primären Quellen werde ich nicht den Mut haben dürfen, mein Ergebnis als zweifellos hinzustellen, vielmehr erachte ich es für Pflicht, selbst darauf aufmerksam zu machen, dass sich in dem 1860 erschienenen, viele Vorzüge in sich vereinigenden, aus den gründlichsten Studien hervorgegangenen und schön geschriebenen Werke des preußischen Hauptmanns von Quistorp („Die Kaiserlich Russisch-Deutsche Legion“) teilweise eine andere Vorstellung darbietet.

Der kriegspolitische Gewinn des Tages für Wallmoden war, dass er seinen Zweck erreicht und die Absicht des französischen Feldherrn erkannt hatte, ohne dass diesem die Möglichkeit zu einer Beurteilung der Stärke seines Gegners wäre geboten worden.