Blüchers Tagebuch der Jahre 1793 und 1794

Mit großer Genauigkeit erzählt er darin die Zuge, denen er Tag für Tag beiwohnte, von dem Tage des Ausmarsches aus Berlin, wo das alte Belling'sche Husarenregiment, unter der unmittelbaren Führung des Generalmajors Grafen von der Golz, vom 18ten Dezember 1792 bis zum 11ten Januar 1793 verweilte.

Die preußischen Reiterregimenter waren damals ein jedes in zwei Bataillons geteilt, das erste Bataillon des Golz'schen Regimentes führte von Golz selbst über Magdeburg, Wolfenbüttel, Hildesheim gerade nach Wesel, das zweite führte der Oberst von Dehrmann durch Sachsen über Leipzig nach Frankfurt zu dem Heere des regierenden Herzogs von Braunschweig. Blücher zog mir dem ersten Bataillon nach preußisch Geldern, wo eine Abteilung Preußen unter dem Herzog Friedrich von Braunschweig, die Kaiserlichen unter dem General la Tour standen. Der Feind wurde aus seinen Verschanzungen bei Schwalmen am 2ten März geschlagen; die Absicht war, den Feind aus Ruremonde zu treiben.


„Nachdem der Feind bis Ruremonde verfolgt worden,“ so erzählte Blücher, „machte das Corps Halt. Ich für meinen Teil wohnte der Aktion nicht bei, weil ich die Avantgarde von der Kolonne des Herzogs machte, ritt aber doch nach Schwalmen, um mich mit meinem Chef, dem Generalmajor von Golz zu besprechen. Beim Zurückreiten versuchte ich, von dem Lieutenant von Schulenburg begleitet, auf der linken Seite gegen Ruremonde, so, weit, wie möglich vorzukommen, um gewiss zu sein, wie weit die Österreicher gegen die Stadt avanciert waren. Ich konnte den Angriff der Kaiserlichen deutlich sehen. Die Franzosen wurden nach Ruremonde zurückgetrieben, und gegen Abend geschahen acht Kanonenschüsse von den Wällen, nun war ich überzeugt, dass der Feind gänzlich bis in die Stadt vertrieben war. Dies zeigte ich dem Herzoge Friedrich von Braunschweig an mit dem Bemerken: wie ich glaubte, dass der Feind in der Nacht Ruremonde verlassen würde. Seine Durchlaucht erwiderten mir: Sie vermuteten eine hartnäckige Verteidigung. Ich nahm sogleich einen Unteroffizier mit zwei Mann, den schickte ich noch vor Tagesanbruch gegen Ruremonde mit dem ausdrücklichen Befehle, die Schwalme, wo es möglich sei, zu passieren, sich an die Stadt heranzuschleichen und mir gewisse Nachricht zu bringen, ob der Ort vom Feinde besetzt oder verlassen sei. Mit Tagesanbruch rückte ich mir meiner Eskadron und 400 Schützen bis an die Schwalme; der abgesandte Unteroffizier kam zurück mit der Nachricht, dass der Feind Ruremonde geräumt habe. Der Herzog wollte diesem Rapporte nicht trauen. Ich nahm eine Ordonanz, ritt selbst durch die Schwalme gerade nach Ruremonde, traf den General la Tour gerade beim Einmarsch.“ —

So hatte Blücher es vorhergesehen. Die Kaiserlichen folgten über die Maas den zurückziehenden Franzosen, der Herzog von Braunschweig zog in die Gegend von Venlo und blieb auf dem rechten Maasufer. Blücher lag im Posthause zu Tegeln, wo es am Abende manchen lustigen Scherz gab in Erinnerung an den Ort gleiches Namens bei Berlin, wo zu der Zeit, als Nicolai und Biester eben die Aufklärung besorgten, so wilde Gespenster spukten, dass Goethe in seinem Faust dem Procktophantasmisten auf dem Blocksberge sagen lässt:

„Ihr seid noch immer da! nein, das ist unerhört.
Verschwindet doch! Wir haben ja aufgeklärt!
Das Teufelspack, es fragt nach keiner Regel,
Wir sind so klug und dennoch spukt's in Tegel.“

Blücher wurde in der Nacht geweckt, er hörte, dass ein österreichischer Offizier Postpferde forderte, aber nicht in seine Stube treten wollte, weil er ihn zu stören fürchtete.

„Ich rief dem Obersten aus der Tür entgegen, er möchte man hereinkommen. Dieser Besuch war mir außerordentlich angenehm, da ich Bekanntschaft mit einem Manne machte, von dem ich so viel Rühmliches gehört und in der Folge erfahren, dass er es nur zu gewiss verdient, von jedem Deutschen geschätzt zu werden. Es war der jetzige, verehrungswürdige General von Mack. Er ging zum Herzog Friedrich von Braunschweig, wir unterhielten uns sehr freundschaftlich, und er gestand mir, dass die Ankunft des preußischen Corps an der Maas für das gemeine Beste erwünscht sei.“

Bald darauf, am 9ten März, brach das Heer nach Holland auf, wo rechts von den Preußen die Holländer unter dem Prinzen von Darmstadt standen. Dumouriez wagte nun vor's Erste nicht, nach Holland hereinzugehen.

Der Dienst der Husaren, die Blücher führte, wurde sehr in Anspruch genommen, da sie bei dem Armeecorps die einzigen waren. Dies eben war Blüchern erwünscht, „um die jungen Offiziere mit ihrem Handwerk bekannt zu machen.“

Wo ein feindlicher Haufen sich zeigte, führte er seine Husaren darauf los; sie sollten lernen, gegen Reiter und Fußvolk mit gleicher Entschlossenheit zu fechten; auch das schwere Geschütz wurde nicht vermieden.

„Den 26sten März ging ich mit 60 Pferden in der Nacht in die Gegend von Poppel, um den feindlichen Patrouillen aufzulauern; es erschien nichts vom Feinde. Mit Anbruch des Tages attackierte ich das Dorf, es war stark mit Infanterie besetzt, rechts neben dem Dorfe lag eine Batterie, von der ich elf Kartätschenschüsse erhielt. Meine Husaren wollten auf die ersten Schüsse zurückweichen, ich nahm mir fest vor, unsere Leute gleich Anfangs mit der wenigen Gefahr des Artilleriefeuers bekannt zu machen, wenn die Kavallerie nicht in einem engen Raume eingeschlossen ist, und ging Schritt vor Schritt zurück, wir verloren einen Mann, zwei Pferde wurden verwundet.“

Breda kapitulierte, der Herzog Friedrich führte das Heer näher nach Antwerpen heran, wo der General Marassé den Befehl führte; er übergab die Festung und zog ab nach Frankreich.

Da jetzt der Herzog den Befehl niederlegte, trat der General von der Infanterie, von Knobelsdorf, an seine Stelle. Im April wurde nach dem französischen Flandern aufgebrochen, der Oberst Blücher erhielt Befehl, sein Quartier in Hemm zu nehmen. Er fand es vom Feinde besetzt, vertrieb ihn von da und drang bis Fleurs bei Ryssel (Lille) vor.

„Nun kam die französische Kavallerie aus dem St. Magdalenenlager mir plötzlich auf den Hals und ich wurde gewahr, dass ich zu weit gegangen. Ich wollte meinen Rückzug machen, die feindliche Infanterie aber war bemüht, mich von der Straße abzuschneiden, ich entschloss mich also, selbige, bevor mich die feindliche Kavallerie erreichen konnte, anzugreifen. Dieses geschah mit gutem Erfolge, wir drangen in die Infanterie ein und hieben sie grausam zusammen; nun wurde ich von einer überlegenen Kavallerie angegriffen und uns blieb nichts übrig, als die Zuversicht, gut beritten zu sein. Wahrend uns der Feind verfolgte, kam ein französischer Offizier mir gerade auf den Hals, ich kehrte um und ritt ihm gerade entgegen; es fing schon an, finster zu werden, wie wir beide handgemein wurden. Er bezahlte die Kühnheit mit seinem Leben und sein Pferd steht noch heute in meinem Stalle.“

Bald darauf rückte das Armeecorps nach St. Amand vor und schloss sich an den rechten Flügel des Heeres an, das Prinz Coburg befehligte. Die Engländer unter dem Herzog von York zogen bis nach Dornik (Tournay) vor.

Gemeinschaftlich mit den Österreichern bestanden die Preußen ein Gefecht im Vicogner Walde am ersten Mai, auch die folgenden Tage griff der französische General die Stellung der Preußen bei St. Amand öfter an, um dadurch Condé und Valenciennes wieder zu entsetzen. Die Feinde hatten Verschanzungen aufgeworfen, von wo aus sie das Lager der Verbündeten heftig beschossen; vergeblich hatten die Österreicher und Preußen es versucht, diese Schanzen zu gewinnen. Der Herzog von York, über das Misslingen, der Angriffe, bei denen er mit den andern Oberfeldherren gegenwärtig war, unwillig, ließ aus dem Maulder Lager sein Regiment rufen und befahl diesem den Sturm.

„Verschiedene Generals und ich selbst machten Seiner königlichen Hoheit bemerklich, wie die Lage der Umstände seine Versuche fruchtlos machen würde; dieselben behaupteten aber, dass die englischen Truppen die Schanzen en fronte angreifen und erobern würden. Die Engländer kamen an, und ich muss sagen, dass ich nie schöneres Militär gesehen habe. Der Herzog erteilte ihnen den Befehl zum Angriff, sie avancierten mir vieler Entschlossenheit; ein Kapitän von der englischen Artillerie zeichnete sich hier vorzüglich aus. Er fuhr mit sechs Feldstücken auf der linken Flanke der Infanterie hinauf, schoss unaufhörlich auf eine Entfernung von 100 Schritten vor die Fronte der Infanterie und sicherte so ihren Aufmarsch, bis sie mit kleinem Gewehr feuerten. Die Engländer taten alles mögliche, mussten aber halten, wo die zwei ersten Bataillons auch nicht weiter vorgekonnt hatten, und gingen wieder zurück; einige 70 Mann blieben auf dem Fleck; es waren schlechte Anstalten und niemand wusste, wie die große Anzahl der Verwundeten fortgeschafft werden sollte. Dieser Anblick rührte mich aufs äußerste, ich schickte sogleich alles, was ich bei mir hatte, ab, um aus dem Lager unsere Fouragewagen zu holen. Zur Fortbringung der Offiziers ließ ich meinen eignen Wagen kommen.“

Endlich waren es doch noch die Preußen, die die feindliche Verschanzung in der Nacht mit -300 Freiwilligen nahmen. Die Festung Condé wurde übergeben, die Franzosen bei Famars geschlagen, der rechte Flügel der Preußen ging gegen Hasnon bis auf die Straße nach Marchiennes.

Blücher hatte schon öfter zu kleinen Unternehmungen gegen den Feind eine Abteilung Fußvolk und auch Geschütz erhalten, die Umsicht, mit der er die verschiedenen Waffen zu verteilen wusste, zeichnete ihn vor allen Offizieren der Reiterei aus. Der Feind war nach Douay zurückgegangen, hielt aber das Kloster Anchin noch besetzt; er sollte daraus vertrieben werden.

„Der kommandierende General übertrug mir, des Nachmittags das Kloster anzugreifen, und wo möglich den Feind zu vertreiben. Ich hatte hierzu zwei Jägerkompanien, die Grenadierbataillons von Kalkstein und von Köthen und vier sechspfündige Kanonen. Es führte ein einziger schmaler Weg zu genanntem Kloster. So bald ich nahe genug war, ließ ich die Jäger über den Kanal gehen, um meine linke Flanke zu sichern und avancierte mit dem Geschütz auf dem geraden Wege. Der Feind verließ das Kloster, ich besetzte es. Nun erhielt ich Befehl, das Dorf Becquencour mit den Jägern zu besetzen, die Grenadiere aber in das Lager zurückzuschicken. Ich machte meinen Rapport und sagte: wie ich es für notwendig hielte, dass das Kloster mit einem Grenadierbataillon besetzt bliebe, alsdann sei es möglich, die Jäger bis Becquencour zu poussieren, im Gegenteil aber müssten die Jäger im Kloster verbleiben, weil sie in Becquencour von allen Seiten umgangen werden konnten. Der kommandierende General befahl das letztere und ich musste die Grenadiere zurückschicken. Ich muss sagen, dass ich für meine Jäger alles fürchtete und dieserhalb zog ich eine Infanteriechaine, den Kanal vor sich habend, vom rechten Flügel des Lagers bis an das Kloster. Dem Major von Böltzig trug ich auf, so bald er vom Feinde angegriffen würde, die Scarpe, worüber einige Fußsteige gingen, zu passieren und die Flanke des Lagers möglichst zu verteidigen; es war schon Nacht, wie ich zurückkam. Der General von Pirch kommandierte den rechten Flügel unseres Lagers, ich zeigte ihm an, dass ich für unsern rechten Flügel viele Besorgnis hatte. Dieser verehrungswürdige Mann pflichtete mir bei und postierte noch in der Nacht einen Capitan mit hundert Mann Infanterie auf den rechten Flügel vorwärts, um die Jäger zu unterstützen, wir verabredeten, dass dies alle Abende geschehen sollte. Dem kommandierenden General meldete ich die gefährliche Lage des Majors von Böltzig. Den 28sten Mai mit Tagesanbruch wollte der Feind den rechten Flügel überfallen. Die Wachsamkeit des braven Majors von Böltzig vereitelte das Unternehmen; er selbst aber hatte das Unglück, mit zwei Jägern von der Brücke abgeschnitten zu werden und in Gefangenschaft zu geraten.“

Da in späterer Zeit Blücher die Schlachten an der Katzbach und bei Leipzig schlug, nannten ihn die Feinde nur „den Husarengeneral;“ — aus diesem einzigen kleinen Berichte erkennen wir schon die Anlage, den Krieg anders anzusehen, als ihn eben nur ein Husar ansieht; Blücher ward in der Kriegsschule, nicht in der Friedensschule, gebildet zum Feldherrn. —

Der Feldmarschall, Prinz Coburg, bezeigte über die Stellung der Preußen seine Zufriedenheit, doch ließ er das Corps aufbrechen in das Lager von Orchies.

Am 4ten Junius versuchte der Feind unter General Custine's unmittelbarer Anführung einen Überfall, der aber misslang: Custine rettete sich durch sein Pferd, ein Oberst der Kavallerie, ein Oberstlieutenant und Offiziere wurden gefangen.

„Der gefangene feindliche Oberst Montjout starb während des Verbandes an seinen Wunden; ich schickte auf ein benachbartes Dorf, ließ einen Geistlichen kommen und den Verblichenen beerdigen. Wir Offiziere folgten sämtlich der Leiche; die dortigen französischen Einwohner waren über unser Betragen sehr verwundert, und noch mehr erstaunten sie, da ich dem Tischler, der den Sarg zu schlecht und zu klein gemacht, eine handgreifliche Behandlung empfinden ließ.“

Die Preußen rückten heran bis an das Ufer der Scarpe, es gab beständige Händel, da der Feind am jenseitigen Ufer hielt; Blücher besetzte Willem, zu seiner Seite standen zwei Bataillons Anspacher und drei Compagnien Jäger unter dem Generalmajor von Reihenstein, sie waren in holländischem Solde. Diese wurden vom Feinde am 9ten Junius angegriffen und geworfen; ihnen zu helfen, eilte Blücher gegen Lannoy vor. — „Der Feind, hierüber bestürzt, glaubte abgeschnitten zu sein, eilte in größter Konfusion zurück und in dem Augenblicke, wo ich von meinem Unternehmen Vorteile einernten konnte, brachte mir der Lieutenant von Kornberg die schriftliche Ordre vom kommandierenden General, dass ich mich schlechterdings nicht einlassen sollte, ich musste also Halt machen und marschierte missvergnügt zurück.“ —

Das Schwerste im Kriegsleben und doch das Unerlässlichste ist der Gehorsam: da muss der Befehl, der strenge, gelten, nicht das zarte Gefühl, das gute Gewissen und was noch mehr ist, als solche mattherzige Bedenklichkeit, nicht einmal die bessere Einsicht darf entscheiden gegen den Befehl, wie oft er auch töricht erscheinen mag; zu den Unbedingten gehört, wer zu Fahne geschworen. Blücher wusste einst zu befehlen im vollen Sinne des Wortes, weil er vorher gelernt hatte, zu gehorchen.—

Die Angriffe, die der Feind auf die Anspacher in Lannoy wiederholte, wurden durch Blüchers Unterstützung fortwährend abgewiesen. Bei Pont a Bouvines drang der Feind an jeden Morgen bis Sainghin vor; um dort die Gegend näher zu kundschaften, ritt der General von Golz gegen Bouvines vor, wo er am 4ten Julius tödlich verwundet wurde. Der Oberst Blücher erhielt nun den Oberbefehl über sämtliche Vorposten.

„Von dieser Stunde an,“ schreibt Blücher, „fasste ich den Vorsatz, den Tod meines braven Generals zu rächen.“

„Den 25sten Julius ging ich in der Nacht mit 200 Husaren, einen Schwadron kaiserlicher Kürassier und 600 Mann Infanterie, auch 60 Jägern über die Marque. Ich schickte 300 Mann Infanterie, so bald die Marque passiert war, rechts am Strome hinauf, bis sie mit dem Dorfe Sainghin gleiche Linie hatten, befahl ihnen, sich in dem Gesträuch verdeckt zu halten, bis ich durch Trompeter und Tambour das Zeichen zum Angriff gäbe, alsdann sie mit gefälltem Bajonett in Sainghin eindringen und den Kirchhof besetzen sollten; 200 Mann Infanterie legte ich links dem Dorfe, am Windmühlenberge im hohen Getreide nieder, mit dem Befehle, auf ein gegebenes Zeichen das Dorf von dieser Seite zu stürmen, die Kavallerie verbarg ich hinter einige Höfe und befahl ihr, das Dorf gleich links zu umgehen. Der kaiserliche Oberst, Graf von Hohenzollern begleitete mich bei diesem Untenehmen, befahl aber seinem Rittmeister, meine Ordres zu befolgen, weil er nur als Zuschauer da wäre; ich selbst ritt nun in unsere Schanze, die erhöht lag und von wo man alles übersehen konnte; ich hatte vier Tambours und vie Trompeter zu mir genommen. Mit Tagesanbruch kam der Feind wie gewöhnlich heranmarschiert, meine Infanterie war zu ungeduldig und feuerte, der Feind machte Halt. Ich gab sogleich den Befehl und nun wurde alles, wie ich befohlen, aufs genaueste ausgeführt. Ich eilte, vorzukommen, um den Feind zu übersehen, stürzte mit dem Pferde, kam aber doch noch zu rechter Zeit und wunderte mich ein wenig, wie ich den braven Grafen Hohenzollern mit aufgenommenem Gewehr vor seinen Kürassieren sah. „Blücher!“ rief er mir zu, „ich will nicht mit kommandieren, aber mit arbeiten.“ In selbigem Augenblick wurde ich gewahr, dass meine Husaren die die feindliche Kavallerie verfolgten und die Infanterie überflügelten, ich eilte heranzukommen, meine Husaren hieben alles zusammen. Ich sprengte bei einer Windmühle vorbei, eine Kugel fuhr mir vor dem Gesichte vorüber, der Graf Golz wurde gewahr, dass der Dampf aus der Windmühle kam, in der sich ein Franzose versteckt hatte. Wir machten vier Offiziere, 95 Gemeine und 40 Pferde gefangen, der Überrest wurde niedergehauen und es entkam von der Infanterie kein Man.“

Den Feinden ward Blüchers Name bekannt, bald auch von ihnen gefürchtet: lange hielten sie sich ruhig, bei einem spätern Ausfalle erging es ihnen noch schlimmer. —

Condé und Valenciennes waren gefallen, der Herzog von York zog durch das preußische Lager bei Tournay, es sollte die Wegnahme von Dünkirchen ausgeführt werden.

„Dieses Unternehmen, da es ganz missglückte, erzeugte die gehäuften Unfälle, die darauf erfolgten, und die den gesammten Heeren der Deutschen in der Folge den Rückzug über den Rhein zur Notwendigkeit machten, und so waren dann alle kostbaren Eroberungen, worunter ich Valenciennes und Condé mit begreife, von keinem Nutzen.“

Das preußische Corps unter dem General von Knobelsdorf erhielt jetzt Befehl, zum königlichen Heere aufzubrechen; die Hanoveraner und Holländer rückten in das verlassene Lager bei Tournay und übernahmen die Posten, die die Preußen bisher so rühmlich gehalten hatten.

Am 24sten August brachen die Preußen auf, zogen über St. Amand, Mons, nach Namur: Blücher sah die Felder, die er nach 22 Jahren unter günstigerem Zuspruch der Sterne wieder grüßen sollte. Über Bastogne und Arlon trafen die Preußen am 11ten September in Alsingen vor Luxemburg ein. Das Lager, wo Rasttag gehalten wurde, lag der Festung im Rücken.

„Der kommandierende General übertrug mir, zur Sicherheit des Corps eine Vorpostenkette zu ziehen. Den 12ten, als am Ruhetage, hörten wir bei Anbruch des Tages auf der Vorpostenkette der Österreicher viel schießen, es war anderthalb Stunden von mir entfernt; ich ritt sogleich dahin und fand die Kaiserlichen mit dem Feinde beschäftigt, sie wurden sehr gedrängt.“

„Ob nun gleich meine Husaren des Rasttages sehr benötigt waren, so wollte ich unsern Verbündeten doch zeigen, dass wir zu jeder Zeit bereit waren, ihnen beizustehen. Ich schickte meinen Adjutanten, um aufs eiligste die Leibschwadron und die von Blücher herbeizuholen. Die Schwadron von Rudorff sollte einen andern Weg einschlagen und rechts durch den Wald zu mir stoßen, jedoch alles so verdeckt wie möglich vorrücken.“

„Der Feind schien zurückgehen zu wollen, aber ich ritt mit meinen beiden Ordonnanzen zwischen die kaiserlichen Flanqueurs, und redete ihnen zu, sich mit dem Feinde einzulassen, weil ich fürchtete, der Feind möchte vor Ankunft meiner Schwadronen zurückgehen. Endlich sah ich diese kommen, die Pferde waren sehr abgeritten, weshalb ich sie hinter einem Dorfe zum Verschnauben aufmarschieren ließ. Nun setzte ich mich vor die Schwadronen, 20 Zerbster Reiter, die ich da fand, mussten die gerade Straße halten, ich formierte einen ordentlichen Angriff auf das feindliche Fußvolk. Die Reiterei, die sich uns entgegenstellte, wurde geworfen, die Infanterie zusammengehauen und niedergeritten. Ein kaiserlicher Offizier war mit 60 Mann gefolgt. Der Feind verlor 500 Mann.“

„Die Einwohner von Luxemburg sagten: „In sechs Wochen ist hier nichts vorgefallen, die Preußen kommen des Abends an, schlagen die Franzosen und setzen ihren Marsch fort.“ Der Prinz Coburg schrieb mir einen verbindlichen Brief.“
Wie die Holländer bei Tournay, so sahen hier die Österreicher nur ungern, dass Blücher von ihnen Abschied nahm; waren auch die verbündeten Feldherrn nicht sogleich Freund mit ihm, so war doch das Kriegsvolk ihm aller Orten gewogen.

Schon am 18ten September führte der General von Knobelsdorf seine Abteilung durch Grevenmachern, wo die Sauer sich in die Mosel ergießt, nach Osburg bei Trier und am 2?sten nach Sellbach, wo er zu dem preußischen Heere des Grafen Kalkreuth stieß.

Blücher erhielt, wie sehr auch seinen Reitern einige Ruhetage zu gönnen gewesen wären, sogleich den Auftrag, voraus nach Neukirch zu gehen und die Vorposten zu beziehen, die bis jetzt der kaiserliche Oberst Szeculi besetzt hatte; das erste Zusammentreffen mit diesem war nicht sehr freundlich.

„Wie ich bei diesem Partisan ankam, schilderte er mir die große Gefahr, worin ich zu stehen käme; ich antwortete: zeige mir die Vorposten, ich werde die Gefahr erkennen und mich davor zu sichern wissen. Der von Szeculi verließ mich, indem er vorgab, dass er einige nötige Geschäfte besorgen und gleich zu mir zurückkehren wolle. Es vergingen indessen zwei Stunden, endlich kam sein Adjutant, Graf von Stollberg, und sagte mir: der Oberst würde mich auf der Schmelze erwarten. Unwillig erwiderte ich: des Obersten Schuldigkeit ist's, zu mir, nicht aber die meine, zu ihm zu kommen; ich ritt aber doch dahin und sagte zu Szeculi: der Tag verginge, ich müsste also die Posten übernehmen. Dieser erwiderte: „Lass deinen Adjutanten nur aufschreiben, ich werde ihm alles sagen.“ In der Vermutung, dass er die Stärke eines jeden Posten angeben wollte, ließ ich solches zu; mit vieler Verwunderung aber hörte ich, wie er anfing, eine Disposition zu diktieren. Nun verging mir die Geduld. Ich sagte: Szeculi! kannst du, wenn wir auf einem Flecke sind, jemals vergessen, dass ich befehle und du gehorchst, so ziehe ich die Pistole und schieße dich vor den Kopf. Szeculi erwiderte: „Du bist ein sehr hitziger Mensch, komm, du wirst die missliche Lage, in der ich gestanden, erkennen.“ Wie wir beinahe die Vorpostenkette zu Ende waren, kam der General von Knobelsdorf und sagte aufgebracht zu mir: „Herr Oberst, ich denke, ich habe ihnen die Truppen zu kommandieren gegeben und nicht dem Szeculi, wo ist die Infanterie?“ Mit Befremden erfuhr ich nun, dass Szeculi über meine Infanterie disponiert hatte. Ehrfurcht vor dem kommandierenden General hielt mich in Schranken, ich hatte übrigens nicht nötig, den von Szeculi zu belehren, der General tat es mit Würde und Nachdruck; Szeculi musste abziehen.“ —

„Niemals habe ich eine Postierung minder gefährlich wie diese gehabt. Szeculi war ein Mann, der mit 150 Pferden herumschwärmen musste, dann konnte er nützlich werden; wenn er aber ein Corps kommandieren sollte, so spannte er die Pferde gleichsam hinter den Wagen, verträumte sich in seiner Größe und verwirrte alles.“

Die sichere Stellung nützte Blücher, um genau die Gegend kennen zu lernen, so konnte er bei dem, durch den beim Heere gegenwärtigen König erteilten Auftrage, den Feind aus dem Lager von Sr. Imbert zu vertreiben, den rechten Weg bezeichnen, ihm wurde die Führung der ganzen Artillerie vertraut und der Angriff gelang vollkommen.

Die Franzosen zogen nach der Saarbrücke und Saarlouis zurück hinter feste Schanzen. Die Abteilung des Heeres unter dem General Knobelsdorf musste den Feind in Saarbrück sieben Wochen lang beobachten, das Winterwetter war schon sehr fühlbar, wegen des nahen Feindes wollte der General die Zelte nicht aufschlagen lassen, man behalf sich mit Erdhütten, die noch so ungeschickt gebaut wurden, dass sie nicht einmal die schlechten Zelte ersetzten. — Es ward Befehl zum Aufbruch und zum Rückzuge gegeben; am 16ten November Abends wurde das Lager still verlassen. Der Feind folgte am andern Morgen nach, Blücher führte die Nachhut. „Ich erreichte,“ schreibt er, „die Bließ, ohne vom Feinde beunruhigt zu werden und ohne dass ein Mann von uns in dessen Hände fiel; denn obgleich ein Offizier des Regimentes Kunitzky unbesonnen genug gewesen war, einen jungen Burschen, der die Blutstürzung hatte, liegen zu lassen, so hatte ich doch das Vergnügen, auch diesen noch meinem Handpferde zurückschickte und ihn darauf holen ließ.“

Die Truppen sammelten sich in einem Lager bei Waldmoor, und zogen von hier am 21sten November nach Kaiserslautern zurück: der General von Knobelsdorf verließ das Corps, um bei der Einschließung und Belagerung Landaus den Befehl zu übernehmen. Der Herzog hatte das ganze Heer bei Kaiserslautern zusammengezogen, schon am 29sten November griffen die Franzosen seine Linien an, Blücher hatte die Höhen von Schelotenbach besetzt.

„Den 30sten brach der Tag kaum an, als sich eine der fürchterlichsten Kanonaden erhob, die Franzosen boten ihre letzten Kräfte auf, um den Sieg auf ihre Seite zu lenken und dadurch den strengen Befehl des Nationalkonvents, die Preußen bis über den Rhein zurückzuschlagen, in Erfüllung zu bringen. Ich konnte den ganzen Angriff von den Höhen, wo ich stand, übersehen. Da ich bemerkte, dass die feindliche linke Flügelkolonne von 13.000 Mann, die gleich jenseits des vor mir liegenden Waldes stand, gegen Moorlautern vorzugehen anfing, so fasste ich den Entschluss, es koste, was es wolle, durch den Wald zu dringen, teils um den Feind zu beunruhigen, teils auch ihn zu nötigen, mit Geschütz auf mich zu feuern, damit der Herzog dadurch erführe, wie nahe ich demselben sei. Ich führte den Entschluss aus, wir drangen durch den Wald und wurden von drei Kanonenschüssen begrüßt.“

„Der Herzog rückte mit der ganzen Infanterie vor und der Feind zog zurück; die auf unserer Seite bisher gestandene Kolonne des Feindes zog gleichfalls ab. Ich ging mit vier Schwadronen meines Bataillons eiligst durch den Wald und ließ den General von Kosboth bitten, mir zwei Schwadronen des Leibregiments folgen zu lassen. Der würdige General von Kunitzky war mir gleich mit seinem Regimente und den Bataillonsstücken nachgeeilt und ließ den Wald in meinen Flanken vom Feinde reinigen. Mit meinen Husaren folgte ich der zurückziehenden Kolonne bis vor Sembach, hier war die feindliche Infanterie die Lauter passiert und hatte ihr Geschütz auf die jenseitigen Höhen gestellt, der Kavallerie war ich aber so nahe, dass sie nicht Zeit gewinnen konnte, über die Lauter zu gehen, und da sie mir an Stärke übrigens sechsmal überlegen war, so setzte sie sich noch diesseits des Flusses und marschierte vier Mann hoch auf. Obgleich ich es wohl berechnen konnte, dass ich bei dieser großen Überlegenheit, wenn ich angriff, wohl schwerlich Glück haben würde, so sah ich doch eben so wohl voraus, dass, wenn dieser Fall einträte, der Feind, seiner Gewohnheit nach, in einem unregelmäßigen Haufen hinter mir herstürzen würde; dadurch wurde er dann von seinem Geschütze abgezogen; auf die Leichtigkeit unserer polnischen Pferde konnte ich rechnen, und die Hilfe von den Kürassieren und Husaren, welche ich erwartete, gab mir dann Hoffnung, den Feind zu zwingen. Diese kurze Überlegung machte ich vorher und dann entschloss ich mich rasch. Ich setzte mich vor die Schwadron von Rudorff, welche der Lieutenant von Katzeler führte, und warf mich mit selbiger gerade auf die Kavallerie. Meine Leute hieben mit der größten Entschlossenheit ein, allein die Wand war zu stark, wir wurden überflügelt und mussten zurück. Meine Mutmaßungen trafen ein, der Feind stürzte in einem wilden Schwarme hinter uns her, unsere Pferde entrissen uns aber seiner Gewalt. Mittlerweile waren zwei Schwadronen vom Leibkürassierregiment und eine Schwadron von mir angelangt. Die Leibschwadron des Leibregiments war die erste: da ihr rechter Flügel etwas zurückgedrängt wurde, so warf sich diese treffliche Schwadron mit ihrem linken Flügel gerade in des Feindes Flanke. Diesen Augenblick nutzte ich, ich rief meinen Leuten zu: kehrt euch um! und sie voll Zutrauen, befolgten sogleich meinen Befehl, ich stürzte mich mit ihnen in den außer Fassung gebrachten Gegner, er ward geworfen und durch Sembach bis über die Lauter gejagt. Jetzt erhob der Feind eine heftige Kanonade, die er bisher nicht hatte anwenden können, weil ich noch mit seiner Reiterei im Handgemenge war, ich zog mich auf Kanonenweite zurück, ohne durch dieses Artilleriefeuer großen Abbruch erlitten zu haben. Der Verlust auf unserer Seite war gering; der Feind verlor außer vielen Todten und Gefangenen auch noch eine Kanone, die er in Sembach im Stich gelassen hatte. Ich kann behaupten, dass ich fast nie einem verwickelteren Gefecht beigewohnt habe, als dieses war, um so mehr freute ich mich, da es so glänzend zu unserm Vorteil ausschlug. Der Lieutenant von Katzeler riss mich in demselben aus der augenscheinlichsten Gefahr: es befand sich nämlich ein feindlicher Offizier in einem hohlen Wege mit der gespannten Pistole hinter mir; der Lieutenant von Katzeler bemerkte es, rief mir zu und ich sprang vermöge meines guten Pferdes aus dem hohlen Wege. Mein Verfolger fand selbst den Tod.“

So trug Blücher nicht wenig zur Entscheidung dieses Tages bei, an dem die französische Moselarmee, die hier durchbrechen wollte, um Landau zu entsetzen, zurückgeschlagen wurde.

Am ersten Dezember brach Blücher wieder auf und ging über die Lauter und folgte der Hauptkolonne des Feindes, die auf der Straße nach Ramstein zurückging.

„Ich schrieb dem Herzoge während meines Marsches Kur folgende wenige Worte, die ich ihm durch einen Trompeter zuschickte: Der Feind retiriert nicht, er flieht! ich folge ihm auf Homburg. Ein Anderer hatte mit einem äußerst weitläufigren Rapport ganze Schreibtafeln angefüllt, die nicht durchgelesen wurden. Meine kurze Anzeige nahm der Herzog gut auf und nach diesen Begebenheiten gab mir dieser verdienstvolle Feldherr die größten Beweise seines Vertrauens.“ Blücher folgte dem Feinde rasch über Schönberg und Waldmoor nach Jägersburg, er rechnete darauf, dass Szeculi, der den Weg über Landstuhl und Martinshöhe eingeschlagen, den Feind aus Karlsberg treiben werde. Szeculi hatte zu lange bei der Wegnahme einer Kriegskasse sich aufgehalten und Blücher kam dadurch in Gefahr, bei seinem Vordringen nach Homburg vom Feinde in den Rücken genommen zu werden.

„Jetzt war keine Zeit zu verlieren, ich marschierte schnell bis hinter Jägersburg zurück, setzte mich auf den dort befindlichen Höhen und entkam glücklich der Schlinge, die mir gelegt war.“ —

„Wie erstaunte ich, als ich nun erfuhr, dass Szeculi noch bei Ramstein stehe, und gar nicht marschiert sei! Das Verfahren dieses Partisans war mir unbegreiflich; er hatte sich durch dasselbe der größten Verantwortung ausgesetzt. Zufrieden, noch so gut aus der Affaire gekommen zu seinn, schwieg ich von diesem Vorfalle; der Herzog hatte es indessen doch erfahren und Szeculi verlor seinen letzten Kredit, der ohnedem nur sehr schwach gewesen war.“

Der Herzog von Braunschweig befürchtete einen neuen Angriff der Franzosen, von denen er mit Recht vermutete, dass sie an die Entsetzung Landaus alles wagen würden; ihm aber lag eben so viel daran, Landau zu gewinnen, da er sonst sein Heer nicht weiter vorzuführen wagen durfte.

Blücher erhielt den schwierigen Auftrag, den Feind genau zu kundschaften und über seine Stärke und seine Absicht sich zu unterrichten.

„Da ich,“ erzahlt er, „meine Recognoscirung so weit wie möglich pausieren wollte, so ging ich bis vor Zweibrücken und ließ fünfzig Pferde in die Stadt hineinsprengen, es waren einige Franzosen da; sie flohen eiligst davon. Ich fand alle Weinkeller in Zweibrücken mit französischen Nationalsiegeln belegt und als ein Eigentum der Nation erklärt. Die Bürger wagten es nicht, die Siegel anzurühren, weil sie besorgt waren, dass die Franzosen es rügen würden; ich ließ daher durch meinen Adjutanten sämtliche Siegel abreißen und einem jeden sein Eigentum wiedergeben, zugleich riet ich den Einwohnern, zu sagen, dass ich alles mit fortgenommen hatte. Die vergnügten Bürger luden nun mit größter Eilfertigkeit auf und fuhren damit ab. Um ihnen zu diesem Geschäft Zeit zu geben, blieb ich noch zwei Stunden bei Zweibrücken und attackierte die feindlichen Vorposten. Alsdann zog ich bis Martinshöhe zurück, und nachdem ich hier noch sichere Nachrichten eingezogen hatte, machte ich dem Herzoge einen ausführlichen Rapport, worin ich ihm meldete: dass die Sage von den Absichten des Feindes auf uns ganz ohne Grund sei, dass er sich vielmehr vor unserem Hinüberkommen fürchte und weit entfernt sei, sich noch eine Züchtigung bei Kaiserslautern zu holen. Am 7ten Dezember ging ich wieder in meine Stellung nach Ramstein.“

Die Vorteile, die die Preußen unter dem Herzoge von Braunschweig erfochten, mussten aufgegeben werden, da die Kaiserlichen unter General Wurmser die Weißenburger Linien verließen. Der Herzog hob die Belagerung Landaus auf und brach am 30sten Dezember von Kaiserslautern auf; Blücher, Szeculi und der Oberst l'Estocq deckten den Rückzug; Blücher rückte nach Kirchheim-Poland, wo er unter den Befehl des Generalmajors von Rüchel gestellt ward. Auch diesem bewahrte sich Blücher gleich zu Anfang als einen unternehmenden und tüchtigen Führer der Vorposten. Er lag in Erbesbüdesheim und den Dörfern der Umgegend, der Feind hatte in Mooschheim einen starken Posten, der die in Offenheim liegenden Preußen sehr beunruhigte.

„Ich sann darauf, mich von diesen lästigen Nachbarn zu befreien und machte dem General Rüchel den Vorschlag: dass ich den Feind in der Nacht überfallen wolle. Dieser General, gleichfalls Freund aller Offensiven, genehmigte es sogleich und gab mir zu diesem Unternehmen noch das brave Füselierbataillon von Ernest und 100 Jäger unter dem Capitän von Röteken; ich versammelte diese Truppen und drei Schwadronen meines Bataillons den 12ten Januar Abends um elf Uhr bei Offenheim, den Major Coring ließ ich mir zwei Schwadronen auf Niederwiese ziehen, um Mooschheim auf der rechten Flanke zu umgehen. Der Oberst von l'Estocq war beordert, mit seinem Bataillon von Alzei auf der Straße nach Kirchheim-Poland vorzugehen, um das, was sich vom Feinde dahin zurückziehen wollte, abzuschneiden. Der Feind stand mit 800 Mann Infanterie und einigen 30 Mann Kavallerie in Mooschheim und hatte in dem vor Offenheim liegenden Walde einen Vorposten von 200 Mann Infanterie; diesen musste ich zuerst zu überwältigen suchen. Ich näherte mich demselben mit möglichster Stille, ließ dann mein Detaschement Halt machen und wies nun einem jeden seinen Platz an. Die Capitäne Trützschler und Röreken brachte ich mit 100 Füseliers und 60 Jägern auf einen Weg im Walde, durch welchen sie den feindlichen Posten umgehen konnten; ich gab ihnen die Ordre, sich demselben ohne Geräusch zu nähern und ihn Puncto zwölf Uhr anzugreifen und einem andern Capitan gab ich die Anweisung, mit 100 Füseliere links vorzugehen und den Weg, der von diesem Posten auf Mooschheim führt, zu besetzen. Ich stellte mich mit den Husaren Zug hinter Zug in der Nähe des Waldes auf, um bereit zu sein, wenn der Feind sich aus demselben über die Pläne auf Mooschheim zurückziehen wollte. Um zwölf Uhr ging die Sache vor sich, alles gelang über Erwartung.“

„Die Füseliere und Jäger schlichen sich an die feindliche Infanterie, welche um ein großes Feuer lag, so nahe heran, dass diese erst dann in ihrer Ruhe gestört wurde, als sie mit einer ganzen Salve kleinen Gewehrfeuers begrüßt ward. Sie sprang auf, und da sie sich von meiner Infanterie umringt sah, eilte sie meinen Wünschen gemäß auf die Pläne, um sich nach Mooschheim zu werfen. Nun drang ich mit zwei Schwadronen auf sie ein; der größte Teil wurde niedergehauen und es entkam große Schanzen aufgeworfen; zur völligen Vollendung durfte ihnen keine Zeit mehr gelassen werden. Blücher raffte die nächsten Posten zusammen und trieb die feindlichen Bataillone so rasch von der Höhe, dass er die arbeitenden Bauern, die sich zwischen beiden Parteien am sichersten in den Schanzen glaubten, darinnen liegend fand und sie dazu benutzte, das eben erbaute Werk wieder zu zerstören.

„Der Prinz von Hohenlohe kam selbst an und ritt nach den Schanzen. Da die feindlichen Tirailleurs, die sich durch die nahen Weinberge schlichen, die Schanzen erreichen konnten und häufig dahin schossen, so bat ich den Prinzen, sich nicht auszusetzen; aber dieser vortreffliche kühne Herr hatte es zur Gewohnheit, stets jedem ein Beispiel von Kaltblütigkeit und Entschlossenheit zu geben und war daher nicht abzuhalten.“

Die Schanzen wurden zerstört, und die Anhöhe nun von den Preußen besetzt gehalten, obwohl die Feinde von Dürkheim aus und aus den Weinbergen der Gegend sie wieder zu gewinnen suchten.

„Bei einer solchen Gelegenheit war es, wo einmal drei brave Husaren kühn genug waren, einige fliehende Chasseurs zu Pferde bis in die Stadt Dürkheim zu verfolgen. Im Begriff wieder herauszureiten, sahen sie das Tor mir feindlicher Infanterie, die in der Nähe gewesen und herzugeeilt war, besetzt; sie fassten augenblicklich den mutigen Entschluss, sich durchzuschlagen, ließen die beiden Gefangenen, welche sie in der Stadt gemacht hatten, los, und sprengten glücklich durch die Infanterie durch, jedoch wurde einer der Husaren durch den Leib geschossen; sie eilten nun weiter, fanden aber den Weg bei den Salinen unglücklicher Weise abermals besetzt; der Verwundete sank vom Pferde, dem andern Husaren wurde sein Pferd verwundet und so gerieten alle drei in die Hände der Volontärs, von welchen sie auf eine unmenschliche Art massakriert wurden. Dieses schändliche Verfahren erfuhr ich durch Gefangene und desertierte Kavalleristen, die von den Volontärs selbst eine sehr üble Meinung hatten.“

„Ich nahm mir's vor, blutige Rache zu nehmen, und als wir zwei Tage nachher etwas mit den Vorposten gegen einander scharmuzirten, näherte ich mich mir meinem Adjutanten den feindlichen Flankeurs und eröffnete ihnen, dass ich Repressalien gebrauchen würde. Sie riefen mir zu: dass von ihrer Seite die Gefangenen gut behandelt würden, nur das zusammengelaufene Gesindel ließe sich nicht zwingen. Die Gelegenheit, dieses zu züchtigen, zeigte sich bald. Die Volontärs kamen eines Morgens in ziemlich großer Anzahl aus dem Lager von Leistadt durch die Weinberge und schossen unaufhörlich auf die Husaren. Ich hatte mich mir vierzig Pferden hinter eine Mauer bei Herrheim gestellt, und ließ die Husaren, auf welche die Infanterie feuerte, zum Schein zurückgehen; nun wurde diese noch dreister, ich drang plötzlich mit den vierzig Pferden auf sie ein und die Volontärs wurden, ihres heftigen Schießens ungeachtet, sämtlich niedergehauen. Dieses Exempel wirkte und unsere Gefangenen, die sie nur überhaupt in sehr geringer Zahl erhalten haben, wurden in Zukunft menschlicher behandelt.“

So gute Kameradschaft hielt der Oberst mit dem Geringsten seines Heeres, er selbst zog aus mit Wenigen, um die schändliche Behandlung jener drei Husaren zu rächen, keiner war aber im Heer, der nicht für ihn Leib und Leben eingesetzt hatte.

Der Feldmarschall von Möllendorf zog jetzt das Heer enger zusammen, doch so, dass er dem Feinde, der im Lager bei Leistadt und bei Wackenheim stand, näher rückte; er hatte den Plan zu einem allgemeinen Angriff gefasst. Blücher, der jetzt in und bei Grünstadt stand, erhielt am 22sten Mai den Auftrag, mit fünf Schwadronen von Golz Husaren, dem Grenadierbataillon von Schladen, Füselierbataillon von Müffling, Grenadierbataillon von Kunitzky und drei Jägercompagnien über den Schorleberg durch das Gebirge gegen die große Straße, die von Kaiserslautern nach Neustadt führt, vorzudringen, wo möglich das Tal zu besetzen und die Verbindung zwischen obigen beiden Orten abzuschneiden, während das Hauptheer den Feind bei Kaiserslautern und das Heer des Fürsten Hohenlohe ihn bei Wackenheim, Forst und Deidesheim angreifen würde.

Blücher, der Mühe hatte, sich am 23sten in aller Frühe durch die Waldgebirge durchzuarbeiten, fand den Feind vor sich bei Frankenstein, er selbst nahm seine Stellung auf den Höhen des Dorfes Weidenthal, dicht an der Neustädter Straße. Von den drei Geschützen, die die Bataillone mit sich führten, war eines zerbrochen, die Feinde ließen in der durchschnittenen Gegend ihre Scharfschützen vorgehen, denen auf keine Weise beizukommen war; Blücher war ohne Nachricht von dem Erfolg des Hauptangriffs. In dieser bedenklichen Lage rückte der französische General Cisée von der andern Seite auf Blücher heran, um nach Neustadt sich den Weg zu öffnen; die Gefahr war groß, dem Beherzten fehlte die Besonnenheit nicht.

„Ich ritt dem General in Begleitung eines Trompeters und meines Adjutanten entgegen und rief ihm zu: er solle sich ergeben, weil er abgeschnitten sei; ich hoffte um so mehr, dass dies geschehen würde, da er meine Stärke nicht übersehen konnte. Meine Aufforderung wurde mit einer Generalsalve beantwortet und zugleich wurde ich von der auf Neidenfels zurückgedrängten Colonne, die dieses Feuern hörte, aufs Neue angegriffen. Nun befand ich mich also zwischen zwei Feuern. Ich schickte zum Major von Bork, der mit seinem Bataillon auf meinem linken Flügel stand, und bat ihn, nur den Feind von Neidenfels nicht vordringen zu lassen; meine beiden Kanonen ließ ich, gerade in entgegengesetzter Richtung, die eine die Straße auf Neustadt, die andere die nach Frankenthal beschießen, um dem Feinde das Vordringen auf beiden Seiten und seine Vereinigung zu wehren. Cisée fasste nun den kühnen Entschluss, mich zu umgehen und die Straße auf Dürkheim zu gewinnen; er stürmte mit seiner Infanterie rasend den Berg, auf welchem ich mit dem Bataillon von Müffling stand, und drängte die im Gebüsche vor uns stehenden Jäger und Schützen zurück. Nun war der entscheidende Augenblick da; ich eröffnete meinem wackern Freunde, dem Oberstlieutenant von Müffling, dessen Kühnheit und Sachkenntnis ich im Laufe des Feldzuges so manches zu danken habe, dass uns jetzt nichts anderes übrig bliebe, als dem Feinde mit gefälltem Bajonett entgegenzugehen und unsere äußersten Kräfte anzustrengen. — Edle Begier, dieses auszuführen, strahlte aus seinem Auge; meinen Husaren, die rechts auf einem kleinen Felde standen, hatte ich den Befehl gegeben, alles, was etwa vom Feinde auf meiner rechten Seite aus dem Walde vordrange, ohne Rücksicht auf die Stärke desselben anzugreifen und niederzuhauen.“

,,Jetzt ging ich, nachdem ich in Eile alles angeordnet hatte, mit dem Bataillon von Müffling dem Feind im Sturmschritt entgegen, ohne dass die braven Füseliere einen Schuss taten; der Feind hingegen machte ein äußerst heftiges Feuer, wodurch ich gleich mehrere Leute, einen Capitan, einen Lieutenant und zwei Oberjäger verlor; unsere raven Soldaten ließen sich aber dessen ungeachtet nicht aus der Fassung bringen, sie blieben geschlossen, und da wir auf dreißig Schritt an den Feind waren, stürzten sie alle mit frohlockendem Geschrei auf denselben los; er wurde mit dem Bajonett über den Haufen geworfen und völlig in Verwirrung gebracht. Wir erbeuteten zwei Kanonen und machten viele Gefangene.“

So glücklich dieser Tag beendet war, so war doch immer der Feind noch zu fürchten, da es dem Oberst Blücher noch unbekannt war, was auf den andern Angriffspunkten gelungen sei oder nicht. Blücher entschloss sich, in seiner Stellung die Nacht über zu bleiben, das Fußvolk lagerte hinter einer am Rande des Waldes befindlichen Steinmauer, die Husaren wurden herangezogen, die Gefangenen in die Mitte genommen.

Blücher unterbricht den Schlachtbericht In seinem Tagebuche mit einer Erzählung, die so eigcntümlich ist, dass sie auch hier ihre Stelle findet. Von den Feinden rings umstellt, ohne Nachricht von dem Hauptheere, hat er sich die edle Seelenruhe erhalten, nicht unruhig brütet er über neuen Plänen, er ist seines Erfolges gewiss, darum darf er uns mitten aus dem Getümmel des Krieges freundlich zu der stillern Tugend der Menschlichkeit führen, ohne dass wir besorgen dürfen, dass der Feldherr darüber das Seine versäume. Er erzählt:

„Unter den französischen Gefangenen befand sich einer, dem der Schenkelknochen oben zerschmettert war; man hatte ihn neben das Feuer gelegt und ihm zur Erfrischung, wie den andern, Brot und Branntwein angeboten. Er schlug aber nicht allein dieses aus, sondern wollte sich auch schlechterdings nicht verbinden lassen und forderte unsere umstehhenden Leute wiederholt auf, ihn tot zu schießen. Diese sagten unter einander: „das ist ein recht hartnäckiger, verstockter Franzose!“ Ich stand mit dem Oberstlieutenant von Müffling in einiger Entfernung, wir hörten diese und auffallende Beurteilung und näherten uns der Gruppe. Der Blessierte lag, nachdem seine Aufforderungen fruchtlos gewesen waren, ganz still, tief in sich gekehrt, und sah nicht, was um ihn vorging. Da er zu frieren schien, so ließ ich mehrere Decken holen und ihn damit zudecken. Bei dieser Gelegenheit blickte er mich forschend an und schlug die Augen nieder. Ich ließ ihn durch meinen Adjutanten — da ich selbst der französichen Sprache nicht ganz mächtig bin — sagen: er möchte sich doch verbinden lassen und zu seiner Stärkung etwas genießen; aber er antwortete nicht, daher ich ihm ferner sagen ließ, dass ich denjenigen für einen schwachen Menschen hielt, der sein Schicksal nicht zu tragen wüsste, und dass es sich am wenigsten für einen Soldaten gezieme, seine Zuflucht in Verzweiflung zu nehmen. Übrigens dürfte er die Hoffnung zu seiner Genesung nicht aufgeben, und könnte versichert sein, dass er sich unter Menschen befände, die Gefühl hätten und zu seiner Erleichterung alles beitragen würden. Nun blickte mich der Leidende wieder an, ein Strom von Tränen stürzte zugleich aus seinen Augen und er reichte mir vertraulich die Hand. Ich ließ ihm Wein geben und er trank, auch sträubte er sich nicht mehr dawider, sich verbinden zu lassen. Eine so schnelle Umänderung in dem Betragen diese Menschen fiel mir auf und ich fragte daher, was die Ursache seines vorigen störrischen Benehmens gewesen sei? Seine Antwort war: „Ich bin zum Dienst der Republik gezwungen worden, mein Vater ist guillotiniert, meine Brüder hab’ ich im Kriege verloren, meine Frau und Kinder sind zurück und leben in der kümmerlichsten Lage; ich glaubte daher, dass der Tod meinem Leiden ein Ziel setzen würde und sehnte mich nach demselben. Ihre gütige Erinnerung hat mich zu reiferem Nachdenken gebracht; ich danke ihnen dafür und bin entschlossen, meinem künftigen Schicksale mit Geduld entgegen zu gehen.“ Diese Erzählung rührte alle Umstehende und mir war es angenehm, zu bemerken, wie unsere Leute von ihrer vorher gefassten Meinung ganz zurückkamen. Ich ließ den Verwundeten mit den Übrigen, nachdem sie sämtlich verbunden waren, nach dem vor uns liegenden Dorfe Weidenthal bringen und sie dem dortigen Schulzen zur Pflege übergeben.“

Dem Obersten Blücher lag sehr viel daran, vom Prinzen Hohenlohe sowohl, als von dem Feldmarschall Möllendorf Nachricht zu erhalten, und beiden auch von sich Nachricht mitzuteilen; er sendete seinen Adjuranten zu dem Prinzen, und einen andern Offizier an den Feldmarschall; unter dem Schutze der Nacht erhielt er die gewünschte Meldung und vom Feldmarschall den Auftrag, am andern Tage in Hochspeier ihn aufzusuchen.Blücher übergab dem Oberstlieutenant von Müffling den Befehl und eilte zu dem Feldmarschall, der ihm zwar die frohe Nachricht von dem Treffen, das er bei Kaiserslautern, wo schon einmal der Sieg den Preußen zu Teil ward, gewonnen, mitteilte, zugleich aber auch eröffnete, dass, so lange der Feind sich in Neustadt halte, noch nichts entschieden sei.

Blücher eilte zurück zu den Seinen, bald war die vom Feldmarschall gestellte Aufgabe gelöst, der Feind verließ Neustadt, Blücher folgte und da die Franzosen sich bei Fischlingen setzten, gab es hier noch ein hartes Gefecht am 21sten Mai, der Feind wurde nach Edesheim geworfen und hatte Not, die jenseitigen Höhen zu gewinnen, wo er unter dem Schutz seiner Geschütze sicher stand. Mit der Reiterei allein hatte Blücher diesen Sieg über eine zahlreiche feindliche Schaar von allen Waffen davon getragen; 6 achtpfündige Kanonen, 9 Geschützwagen, 20 Offiziere, gegen 300 Gefangene und 120 Pferde fielen dem Sieger in die Hände. — So waren sie auf einige Zeit wieder zur Ruhe gewiesen.

Am 13ten Junius erhielt Blücher die Nachricht, dass der König ihn zum Generalmajor ernannt und ihm das Husarenregiment, bei dem er vom ersten Eintritt in den preußischen Heerdienst gestanden, übergeben habe. „Es war mir,“ schreibt er, „dieses Regiment bereits so schätzbar geworden, dass durch die Ernennung zum Chef desselben, das Ziel meiner Wünsche erreicht war.“ Seine Taten eilten seinen Wünschen voraus, darum ward ihm spät noch erfüllt, was er früher nicht gehofft hatte.

Unter Blüchers Befehl stand jetzt außer den zehn Schwadronen seines Regiments, eine halbe berittene Batterie von Lehmann, die Brigade des Prinzen George von Hohenlohe, die aus dem Grenadierbataillon von Mannstein, der halben Batterie von Potolzki, Füselierbataillon von Bila, zwei Compagnien von Müffling und der Jägercompagnie von Uttenhofen bestand.

Mit diesen Truppen bezog Blücher die Vorposten über Weiher, Heinefeld, Edesheim und links gegen Groß-Fischlingen, wo die Kette sich an die Vorposten des Generals von Wolffrad anschloss, die über Freimersheim nach Freispach standen, wo die österreichische Linie begann.

Der Feind stand im Lager auf der Walsheimer und Nusdorfer Höhe; er hatte vom 13ten Julius an öftere Ausfälle getan, um die Stellung der Preußen genau kennen zu lernen; nicht unbeachtet blieben die feindlichen Bewegungen unserm Blücher, sie waren am 12ten so lebhaft, dass er mit Sicherheit einen allgemeinen Angriff am folgenden Tage erwarten durfte, er gab die nötigen Befehle.

„Endlich brach der Morgen des wichtigen Tages vom 13ten Julius an und schon sah man mehrere Trupps feindlicher Reiterei, die gegen Edesheim anrückten; ihnen folgten bald ganze Colonnen. Ich zog meine Vorposten ein und rückte in meine erste Position. Der Feind rückte vor bis nach Edesheim, besetzte Roth und Weiher und formierte von hier aus seinen Angriff, den er durch die Weinberge auf meine Infanterie richtete. Der Angriff war wütend, allein unsere braven Leute warfen ihn mit mutiger Entschlossenheit wieder zurück. Die französischen im Feuer gewesenen Bataillons wurden durch frische abgelöst und verstärkt und erneuerten nun mir doppelter Heftigkeit ihre Versuche; allein der Oberstlieutenant von Müffling und von Bila trafen so zweckmäßige Maßregeln und unterstützten das, was gedrängt wurde, zu rechter Zeit. Ich ließ das Bataillon von Mannstein vorrücken, um dem Feinde desto nachdrücklicher begegnen zu können, den Major von Sanitz bat ich, dem Feinde mit seiner halben Batterie in die linke Flanke zu schießen; er tat es und leistete mir dadurch besonders guten Beistand.“

„Ich ritt durch die Linie meiner mit beständigem Feuern beschäftigten Infanterie und redete sie an: Kinder, nur heute haltet aus, es gilt Preußens Ehre! „O ja! Herr General!“ antworteten sie einstimmig, „versorgen sie uns nur mit Patronen.“ Dreimal musste ich diese braven Leute, die unbeweglich ihre Stelle behaupteten, mit frischen Patronen versehen, eine Menge Tote lagen schon in ihren Reihen hingestreckt.“

„Das Treffen stand lange unentschieden, die Franzosen hatten den Vorteil der Gegend und die Überlegenheit des Geschützes so für sich, dass Blücher seine Kanonen und sein Husarenregiment, das auf der Stelle, wo es hielt, bereits 60 Pferde verloren hatte, zurücknehmen musste, da längeres Halten im Feuer, wie er selbst sagt, „Vorwitz und Tollkühnheit“ gewesen ware. Es war damals die preußische Infanterie noch nicht beweglich genug, um den leichtfertigen französischen Tirailleurs in durchschnittener Gegend gehörig begegnen zu können; besser stand es für sie auf dem Blachfelde, wo das Fußvolk in geschlossenen Reihen und die Reiterei mit verhängtem Zugel den Feind angreifen konnte; daher war es zur stehenden Redensart worden im preußischen Heere: „wenn wir sie man auf die Pläne haben!“

So war es hier bei dem Abzuge von den Höhen Blüchers Absicht, den Feind auf das freie Feld zu locken, es gelang ihm, die Franzosen folgten, nun wurde rasch umgewendet, Blücher rief sein Regiment heran.

„Mit der ersten Schwadron stürzte ich mich sogleich in die Kavallerie des Feindes, sie ward geworfen. Die ganze jenseit des Bruches stehende feindliche Artillerie fing jetzt ein fürchterliches Feuer auf uns an, aber nichts war mehr im Stande, meine Husaren aufzuhalten, wir drangen auf das vom Feinde durch Edesheim vorgebrachte Geschütz los. Der Lieutenant von Kleist von meiner Leibschwadron ging mit seinem Zuge einer dieser Kanonen gerade entgegen und war nicht mehr 100 Schritt davon, als ich ihm zurief: „nur rasch, Kleist, der Feind kommt nicht mehr zum Laden!“ Aber kaum hatte ich diese Worte ausgesprochen, so schoss die Kanone. Ich glaubte von diesem Zuge wenig Leute wieder zu sehen, allein wie sehr erstaunte ich, als ich sah, dass noch alles in Bewegung war und die Kanone erobert wurde. Wir erbeuteten noch eine achtpfündige Kanone und eine Haubitze und warfen den Feind nach Edesheim hinein.“

Hier aber schloss sich die Ebene und das weitere Vordringen ward durch die in den Weinbergen zerstreuten Schützen aufgehalten, die dort einzeln von jedem Strauch und Graben Vorteil zogen, wahrend die Preußen sich in eine Schanze zusammengedrängt hatten. Blücher wollte davon sich näher unterrichten; „ich begab mich dorthin, stieg vom Pferde und obgleich die feindlichen, hinter den Bäumen stehenden, Tirailleurs mich erkennen konnten und ihr Schießen verdoppelten, so erreichte ich doch glücklich die Flesche von Endekoben. In derselben fand ich den würdigen und verdienstvollen Oberstlieutenant von Bila, der im Kugelregen kaltblütig, auf einem Schemel saß und seine Leute, die hinter dem Parapet angelehnt waren, zum Feuern ermunterte. Ich verließ die Schanze getrost, denn der brave Bila versicherte mich, dass, so lange er lebe, der Feind ihn nicht verdrängen sollte. Auch Müffling stand fest, des Feindes Bemühungen blieben auch hier fruchtlos. — Indessen war schon mancher unserer guten Soldaten tot und alle waren aufs äußerste ermüdet, es war zu fürchten, dass sie bei allem guten Willen nicht würden bis zur Nacht aushalten.“

Die Besorgnis Blüchers wurde dadurch gehoben, dass ihm der Prinz von Preußen, Louis Ferdinand, mit zwei Bataillons Fußvolk zu Hilfe geschickt ward. „Ich kam mit diesem liebenswürdigen und mutvollen Prinzen dahin überein, dass es nun wohl am besten sein würde, das Blatt umzuwenden und grad auf den Feind loszugehen. Kaum war dieser Entschluss gefasst, so sprang der junge Held auch schon vom Pferde, vereinigte seine Infanterie mir der meinigen und stürzte mit der ganzen Linie auf den Feind, welcher in größter Besturzung floh.“

Ruhmvoll endigte für Blücher dieser Tag, 80 Gefangene, 100 Pferde, 2 Achtpfünder und eine Haubitze waren erbeutet. Das Dorf Edesheim brannte der Feind nieder. Blücher lagerte vergnügt mit den Seinen unter freiem Himmel; aber die Freude seines Tages ward ihm gestört durch die späte Nachricht von der andern Seite her: dass der Feind, obgleich er den Tag über vergeblich den Schenzel bestürmt, Abends acht Uhr mir zwei frischen Bataillons den Sturm erneut und jenen Posten gewonnen habe.

Der Prinz von Hohenlohe gab Blüchern den Auftrag, den jetzt notwendigen Rückzug zu decken, er ließ in der Nacht sein Fußvolk aufbrechen, mit der Reiterei hielt er noch bis am Morgen, da sein Rückweg über freies Feld führte, war er für seine Husaren ohne Besorgnis; auch behielt er zwei berittene Kanonen bei sich.

„Während des Rückzuges kamen einige feindliche Kavallerie-Offiziere, die wahrscheinlich ihre Kühnheit zeigen wollten, wild auf uns herangesprengt. Ich sagte zu einigen Offizieren meines Regiments, die um mich waren: wir wollten, um diesen Herren noch mehr Mut einzuflößen, sachte zurückreiten und dann plötzlich umkehren und grade auf sie losfahren. Dies geschah; denn als sie sich uns bis auf 30 Schritt genähert hatten, wandten wir rasch unsere Pferde um und ritten mit verhängtem Zügel auf sie los, wodurch sie dermaßen außer Fassung kamen, dass sie eiligst die Flucht ergriffen und bei ihrem ängstlichen Umsehen nur unser demütigendes Gelächter hören mussten. Um unsrer Gegner noch mehr zu spotten, ließ ich zwölf Trompeter bis bei meine Flankeurs vorkommen und Aufzüge blasen. Sie stellten hierauf ihr einzelnes Schießen sogleich ein und die Musik freute sie so, dass die französischen Offiziere sich derselben immer mehr näherten. Um nun gegenseitig höflich zu sein, befahl ich, dass meine Leute nicht auf sie schießen sollten, sie wurden daher um so unbesorgter und hörten mit Aufmerksamkeit zu. Nachdem dieser Spaß einige Zeit gedauert hatte, nahm ich den Hut ab und ritt fort; alle dankten wiederholentlich auf gleiche Weise und riefen: „Adieu, Géneral, jusqu’ à demain!“ Die Neckereien unterblieben nun; der Feind zog sich gegen Abend zurück und ich bivouaquirte die Nacht über mit meinen Truppen bei Neustadt.“

Auch die folgenden Tage wurde der Rückzug fortgesetzt, am 17ten Julius führte der Prinz Hohenlohe das Heer in die Stellung von Pfeddersheim. Blücher besetzte wieder Grünstadt, seine Vorpostenkette lief von der Herrheimer Höhe rechts über Weissen am Sande, Neu-Leiningen und Tiefenthal bis vor Kirchheim-Poland, woselbst sie mit des Obersten von l'Estocq Vorposten zusammentrafen; links hatte der General von Wolffrad seine Posten hinter dem Speierbach.

Blücher kannte aus früherer Zeit diese Gegend genau, und tat dem Feinde viel Abbruch. Jetzt wurde die Wiedereroberung von Trier beschlossen, der kaiserliche General Melas gemeinsam mit dem General Kalkreuth sollten dies ausführen. Da musste nun auch das Heer unter dem Prinzen von Hohenlohe wieder tätiger werden; dieser sollte durch ein Unternehmen auf Kaiserslautern die Aufmerksamkeit des Feindes von Trier abziehen und ihn nötigen, die Moselarmee zu teilen.

Der Prinz von Hohenlohe brach am 17ten September aus der Stellung von Pfeddersheim auf, eine Schaar Österreicher von 7.000 Mann unter dem General von Wartensleben besetzte die verlassenen Posten. Der Prinz hatte beschlossen, am 18ten September den Schorleberg anzugreifen, Blücher erhielt den Auftrag, das feindliche Lager auf dem Platteberge zu überfallen, an Mannschaft ward ihm zugeteilt:
1. (Kaiserliche) das Giulay'sche Freicorps und die Servier,
2. (Pfälzer) ein Jägerbataillon und drei Schwadronen leichter Pferde,
3. (Preußen) das Füselierbataillon von Müffling und das von Bila, drei Jägercompagnien, eine halbe reitende Batterie von Ebel und das eigene Husarenregiment.

„Ich brach,“ erzahlt Blücher, „mit einbrechender Nacht auf und ließ alles nach der vorher gegebenen Anordnung marschieren. Meinen Freund Müffling bestimmte ich dazu, den Feind vom Platteberge und den dahinter liegenden Wäldern zu vertreiben, und gab zu diesem Endzwecke die österreichischen Freibataillons und die drei Jägercompagnien von uns unter seinen Befehl. Die Freicorps und unsere Jäger bekamen indessen noch die besondere Anweisung von mir, auf der Pläne bis gegen Leistadt vorzugehen und da den Weg rechts nach dem Gebirge einzuschlagen und wenn der Oberstlieutenant von Müffling den Feind von vorne angreifen würde, demselben in den Rucken zu gehen. Nicht ohne Ursach war ich bei so gemengten, größenteils undeutschen Truppen, für den Erfolg eines so schwierigen Unternehmens besorgt; ich musste befürchten, dass sie in der Dunkelheit der Nacht unter einander selbst auf sich Feuer geben würden, um dieses jedoch so viel wie möglich zu vermeiden, gab ich ihnen das Losungswort: „Deutsche!“ welches sie sich während des Angriffs zurufen sollten. Den Major Coring ließ ich mit drei Schwadronen meines Regiments nach der Herrheimer Höhe vorgehen, indem ich den Befehl gab, dort stehen zu bleiben, um mit dem Wartensleben'schen Corps, welches den andern Tag bis Obersülzheim vorrücken sollte, die Verbindung zu unterhalten. Ich selbst ging mit den übrigen zehn Schwadronen, dem Füselierbataillon von Bila und zwölf Stück Geschütz, über Leiningen, Tiefenthal und Wattenheim grade gegen das feindliche Lager auf dem Malzberge vor. Um zwölf Uhr in der Nacht kam ich daselbst an und fasste auf einer dem Malzberge gegenüber liegenden, vorteilhaften Höhe, Posto. Meine Kanonen ließ ich in der Stille auffahren, die Füseliere neben denselben aufmaschieren und die Husaren und Chevaux legers stellte ich etwas weiter zurück.“

„Wir sahen die feindlichen Lagerfeuer vor uns brennen, und da mir der Lieutenant von Ebel auf meine Anfrage versicherte, dass er mit Granaten dorthin reichen könnte; so befahl ich ihm, plötzlich ein recht heftiges Geschützfeuer zu machen. Ich hatte hierbei zwei Absichten; erstens den Feind (gegen den ich von dieser Seite meiner Schwäche wegen nichts weiter unternehmen konnte) aus seinem Lager zu vertreiben, und zweitens den Franzosen auf dem Platteberge eine Jalousie in ihrer Flanke zu geben und zugleich dem gegen sie anrückenden Oberstlieutenant von Müffling von meiner Ankunft Nachricht zu geben. Bald sah ich meinen Hauptzweck erreicht; der Feind, den meine unerwartete Kanonade in Schrecken und Furcht gesetzt hatte, verließ sein Bivouac und seine Feuer, und zog sich bis auf die Höhe des Gebirges zurück. Mit ängstlicher Ungeduld wartete ich nun auf den Anfang des Müffling'schen Angriffs, viele im Walde angetroffene Hindernisse hatten diesen etwas verspätet, endlich erfolgte er. Die Nacht war dunkel, wir konnten desswegen, der Entfernung ungeachtet, von unserer Höhe den Blitz eines jeden Gewehrs sehen, mit hoffnungsvoller Erwartung verwandte ich daher kein Auge von dort. Die Franzosen leisteten den hartnäckigsten Widerstand und es gelang ihnen sogar, unsere Infanterie etwas zu drängen, Müffling sammelte sie wieder, stellte die Ordnung her, drang mit gefälltem Bajonett auf den Feind und nötigte ihn, zu weichen.“

„Der Graf Giulay, der dem Feinde mit dem Freicorps in den Rücken gehen sollte, hatte die Sache unrecht verstanden; dadurch war der Angriff für die Füselier und Pfälzer Jäger um so schwieriger geworden. Glücklicher Weise gelang es noch; die Kaiserlichen vereinigten sich jetzt mit dem Oberstlieutenant von Müffling, der alles gehörig anordnete und eine Jägercompagnie dem Feinde in die Seite schickte. Mittlerweile wurde es Tag; ich sah den Feind sich vom Gebirge in die Täler herunterziehen, und da er unterdessen Verstärkung erhalten hatte, so machte er im Zurückgehen unserer Infanterie noch viel zu schaffen, ich musste daher darauf bedacht sein, Müfflingen etwas Luft zu schaffen. Mit vieler Mühe gelang es mir, eine Haubitze und eine Kanone auf den Gipfel einer herrschenden Anhöhe hinaufzuschleppen, von wo ich des Feindes Seite lebhaft beschoss; dieser glaubte sich umgangen und wich nun ohne Aufhalt gänzlich zurück. Hierauf schickte ich den Rittmeister von Katzeler mit zwei Zügen Husaren durch den Wald, der Major Loose folgte demselben, sie drangen in die feindliche Infanterie und machten Gefangene. Da alles mit so gutem Erfolge ging, sandte ich nun dem Oberstlieutenant von Bila die Ordre zu, mit seinem Bataillon über den Matzberg vorzurücken und den Feind, wenn er sich noch dort befände, anzugreifen. Dieser brave Mann marschierte mit geschuldertem Gewehr, wie auf dem Exerzierplatz, den Berg hinan, doch der Feind erwartete ihn nicht, sondern zog bei Zeiten ab. Wir steckten sein verlassenes Hüttenlager an. Der Oberstlieutenant von Platz war bereits mit den Husaren auch schon weit vorgerückt. Ich traf ihn im Walde an und äußerte ihm: dass, da der Weg schmal und der Busch sehr dick sei, ich mit Grund fürchten müsste, dass die Kavallerie durch feindliches Infanteriefeuer zu viel leiden würde. Der Oberstlieutenant machte mich indessen auf das heftige Feuer, welches man gegen den Schorleberg zu hören konnte, aufmerksam. Aus demselben ließ es sich urteilen, dass der Prinz vielen Widerstand finden müsse. Desshalb war es notwendig, uns den dortigen Franzosen in der Seite zu zeigen und ich blieb daher im Vorrücken. Bald floh der Feind auch vor der Colonne des Prinzen, mit dem ich mich darauf hinter dem Schorleberge vereinigte.“

Der Prinz bezeigte dem General Blücher, der ihn an diesem Tage so treu und tapfer unterstützt hatte, den lebhaftesten Dank dadurch, dass er ihm sogleich zu einem neuen Unternehmen beauftragte. Er selbst bezog ein Lager auf dem Heuberge, Blücher ward angewiesen, in Neukirchen, Ober-Melingen, Sembach und Palborn, die zum Teil noch vom Feinde besetzt waren. Quartier zu nehmen. Die Husaren und Jäger säuberten die bezeichneten Orte vom Feinde, Blücher schaffte seinen Truppen eine ruhige Nacht.

Am 20sten September unternahm der Prinz einen Angriff über Inkebach und gegen Hochspeier; er verstärkte die Schaar, die Blücher führte, durch die Brigade des Obersten, Prinzen George von Hohenlohe, und durch das Kürassierregiment von Weimar; damit sollte er dem Feinde vor dem Fröhner Hof Schach bieten, mit dem Angriff gegen die Eselsfurt aber zurückhalten, bis der Prinz ihn von seinem Vorrücken unterrichtet hätte. So bald Blücher aus dem Donner des Geschützes das Vordringen des Prinzen vernahm, wartete er nicht erst mündlichen Auftrag zum Angriff ab, sondern ließ die Eselsfurt nehmen und eine andere Abteilung nach Moorlautern aufbrechen; der Befehl des Prinzen, dies zu tun, kam an, als es schon ausgeführt war. —

„Der Prinz schickte zu mir und ließ sagen: er wolle mich auf ein Paar Worte sprechen. Als ich kam, sagte er lachelnd: „Sie haben doch heute attaquirt!“ „Gnädigster Herr!“ erwiderte ich, „Sie werden verzeihen; ich hörte ja, dass es bei Ihnen so gut ging!“ — Ein Handedruck war seine Antwort und somit fuhr er fort, mir zu äußern: dass er es für sehr gut hielt, wenn man etwas gegen Hoheneck vorbringen könnte. Da dieses auch meiner Meinung sehr gemäß war, so erwiderte ich dem Prinzen; dass ich dieses sogleich bewerkstelligen wollte, nur wüsste ich den Weg dorthin nicht genau und dann würden vielleicht Generale von der Kavallerie dort sein, die älter als ich wären. Der Prinz war zufrieden über meincn Antrag und hob die Zweifel, indem er mir den Hauptmann Bergen mitgab, der nicht allein die Waldwege sehr gut kannte, sondern dem er auch zugleich den Befehl gab, zu erklären: dass ich besondere Aufträge vom Prinzen habe. Wer war froher als ich! Ich setzte mich mit meinen Husaren sogleich in starken Trapp, verteilte sie auf verschiedene Straßen im Walde hinter Kaiserslautern und eilte selbst mit einem Teile derselben nach Hoheneck vor. Als ich in die Gegend der Zaberger Hütte kam, begegneten mir einige unserer Leute und kaiserliche Reiter, die auf meine Frage, warum sie wieder zurückgingen? antworteten: es sei nichts mehr vom Feinde zu sehen und ihre Pferde könnten nicht mehr fort. Ich erwiderte ihnen bedeutend: dass ich ihnen den Feind zeigen wolle und dass an einem Tage, wie der heutige, der letzte Hauch der Menschen und Pferde aufgeboten werden müsste.“ — Dies Wort des Generals von großer Entscheidung werden wir wieder vernehmen aus dem Munde des Feldmarschalls von noch größerer Entscheidung am Tage von Belle-Alliance. —

„Ich kehrte mich,“ wird im Tagebuche welter erzählt, „zu meinen Leuten und rief ihnen zu: ihr Rothen! wenn ihr euch mich recht verbindlich machen wollt, so arbeitet heute; wir können viel tun! „Ja! Herr General!“ war die einstimmige Antwort meiner braven Pommern, die frohlockend ihre Säbel schwangen.“

„Der brave Oberst von Kölchen vom Regiment Schmettau folgte mir mit seinen Dragonern, die Österreicher ritten zurück. Es erhob sich ein heftiger Regen, der, so unangenehm er auch war, mir einen desto bessern Erfolg versprach. Wir hatten eine ziemliche Strecke Wegs zurückgelegt und noch trafen wir nicht auf den Feind. Dieses war mir unbegreiflich, da die feindliche Infanterie bei unserm Vorrücken, auf den Höhen von Moorlautern noch vor dem Walde gestanden hatte und sie also unmöglich schon so weit sein konnte. Ich ließ daher Halt machen, befahl unsern Leuten, sich in kleine Haufen zu teilen und den Wald zu durchsuchen; wer von ihnen anf den Feind stieße, sollte Lärm machen. Um ihnen aber eine Richtschnur zu geben, wollte ich mit dem Obersten von Kölchen und einigen geschlossenen Zügen im Wege bleiben und ihnen öftere Zeichen durch die Trompete geben lassen. Nachdem ich alles so unterrichtet hatte, ging ein wahres Treibjagen vor sich. Es dauerte nicht lange, so hörten wir ein recht großes Geschrei, alles stürzte dorthin und in einem Augenblick waren 300 Mann Infanterie, die da entdeckt worden waren, teils niedergehauen, teils gefangen. Nun ging es Schlag auf Schlag, bald hier bald dort wurden dichte Haufen feindlicher Infanterie mitten im Walde angegriffen und überwältigt. Schon mancher Strauß war erkämpft, als ich wieder einen ungewöhnlich starken Lärm hörte und bald darauf die Nachricht erhielt, dass man noch ein Paar geschlossene Bataillons entdeckt habe, die sich langsam durch den Wald zurückzögen. Wir eilten nach dieser Gegend hin, ich hörte bald die Stimme meines braven Rittmeisters von Sydow, der unsere Leute zusammenrief und sie ermutigte. Ich sprengte zu ihm und sich nun die Infanterie, die wenigstens aus 600 Mann bestand und sich in einen starken Verhau gezogen hatte. Sle sing an, da sie uns gewahr ward, lebhaft auf uns zu feuern. Der Rittmeister von Sydow wurde durch den Arm geschoben und ich bat ihn daher, zurückzureiten; bald darauf wurde der Major von Breetz von drei Kugeln getroffen. Es gelang endlich, die Feinde aus dem Walde zu locken. Die Erbitterung unserer Leute war aufs höchste gestiegen, sie hieben alles nieder; ich musste ernstliche Gewalt brauchen, um ihrer Wut Einhalt zu tun, und es gelang mir dennoch, nur 200 Franzosen zu retten.“

Dieser Tag war von glücklicher Entscheidung, alles war ausgeführt worden, wie der Prinz von Hohenlohe es anordnete, der Feind hatte zum dritten Male die Felder von Kaiserslautern unrühmlich verlassen müssen und 7.000 Mann eingebüßt. Gegen neidischen Vorwurf rechtfertigt Blücher seinen Oberfeldherrn also:

„Wenn Neider den Wert dieses Sieges herabzusetzen suchen, indem sie sagen: die Affaire sei zur Unzeit engagiert worden, so kann ich darauf nur erwidern, dass es zu wünschen wäre, es hätten manche weniger kalkuliert und mehr geschlagen. Für Preußens Truppen ist es am angemessensten, den Feind anzugreifen, wenn er ihnen nahe ist und der General verdient, däucht mir, Tadel, der die Gelegenheit hat, ein ganzes feindliches Corps zu vernichten und sie nicht benutzt, wenn er dieses mit einem so geringen Verluste ausführen kann. Der Prinz von Hohenlohe ist über mein Lob erhaben, aber ich und alle recht- und unparteiisch-denkende Brandenburger stimmen darin überein, dass er ein General und ein Anführer ist, worauf das preußische Heer stolz sein kann!“

Blücher bezog jetzt Vorposten hinter der Glahn; hier blieb er ruhig halten, bis das Corps, da die Wegnahme von Trier nicht zur Ausführung kam, nach Pfeddersheim und Worms zurückzog.

Der schlimme Rückzug der Österreicher aus den Niederlanden war Veranlassung, dass auch die Preußen unter dem Feldmarschall Möllendorf sich in eine engere Stellung zurückzogen. Der Prinz von Hohenlohe führte seine Abteilung am 13ten Oktober hinter die Pfriem, Blücher zog nach Dahlsheim. Bei dem weiteren Rückzuge auf das rechte Rheinufer bei Oppenheim und Mainz führte er die Nachhut des Hauptheeres über die Brücke von Mainz. Den Winter über, der so hart war, dass der Rhein zufror, wurde Blüchers Wachsamkeit sehr in Anspruch genommen.

Zu Ende Februars brach das Heer nach Westfalen auf, Blücher zog am 28sten April nach Ostfriesland, wo er aus schönen Händen den Siegeskranz empfangen sollte.

Am Schluss des Tagebuchs wird kurz der Friede von Basel erwähnt; das preußische Heer kehrte in die Heimat zurück, nur einzelne Abteilungen blieben auf der sogenannten Demarkationslinie stehen; den Befehl darüber führte zuerst der Generlieutenant von Romberg, nach ihm erhielt ihn am 2ten Dezember 1795 Blücher. Der in dem Kriegsleben an Abenteuer gewöhnte Ritter suchte nun auch in dem andern Felde, das jedem Helden sich öffnet, seinen Mut zu bewahren. Waffen und Liebe sind der Schmuck des romantischen Lebens, wer sich nur in dem einen versuchte, hat sich nicht zum deutschen Rittertume bekannt. Wir dürfen getrost unsern Helden auch die Zeit des Friedens hindurch begleiten, sein Herz hält nicht Rasttag, sein Lied war:

Und die Trompete
Lassen wir werben,
Wie zu der Freude,
So zum Verderben.
Das ist ein Stürmen,
Das ist ein Leben!
Mädchen und Burgen
Müssen sich geben.

Er, der dem Tode manche Beute zugeführt hatte, konnte diesem schlimmen Gaste die eigne Schwelle nicht wehren; seine geliebte Gattin war von ihm geschieden, mir herzlicher Trauer lohnte er ihre Liebe, ihr letzter Wunsch war gewesen, dass er nicht ohne eine zweite Gefährtin bleiben möge. —

Blücher saß in seinem fünfzigsten Jahre noch so kräftig und rüstig zu Pferde, dass kein Junker so leicht einen Wettritt mir ihm unternahm, seine Haltung war edel und gewandt, er maß sieben Fuß; dem geübten Auge des Künstlers und der Frauen tat das Ebenmaß seiner Gestalt wohl. Ernst rute auf seiner freien Stirn, die dunkeln Augenbraunen drohten jedem, der nicht die Milde seines blauen Auges verstand, die gebogne Nase kündigte strenge und rasche Entscheidung an, das schelmische Lächeln des Mundes war durch den starken Bart der Oberlippe bedeckt, an den nie ein Messer gelegt wurde. Die lebhafte Farbe des Gesichtes, der helle Klang seiner Sprache, die Behendigkeit in jeder Bewegung und der rote Husarenpelz schienen bei ihm eines zu dem andern genau zu gehören, dass er — ein seltner Ehrentitel dieser Zeit — „ein ganzer Mann“ im vollen Sinne des Wortes hieß.

So lernte er das Fräulein von Colomb kennen, der Sieg über jüngere Brautwerber ward ihm nicht schwer, schwerer die Einwilligung der Eltern, die das liebe Kind nicht einem so wilden, fahrenden Ritter und Husarengeneral vertrauen wollten. Aber das Herz der Geliebten war sein, sie vertraute sich ihm so mutig, wie einst Colombo den Wellen und den empörten Stürmen sich, übergab, die neue Welt zu suchen, die er glücklich fand, da an das Schiff die ausgesandte Taube den grünen Zweig brachte. In dem Namen der Braut lag gute Verheißung, er erinnerte durch leise Verwandtschaft zugleich an die Friedensbotin, (columba,) und an den kühnen Seefahrer, (Colombo).

Blücher führte sie heim, die Erwählte; so stand ihm zur Seite friedlich und versöhnend die Milde, der seine Stärke sich gern fügte; in seinem Hause herrschte die Sitte, die Anmut duldete nirgend das Raue. In Blüchers Brust lebte von früher Jugend an die Scheu vor dem Heiligen, er ehrte das Walten der Frauen im häuslichen Kreise und verwieß öfter seinen Umgebungen den leichtfertigen Witz über Religion und Kirche. Er vertraute seinem Gott, in so fern er Vertrauen zu sich selbst hatte, er hasste die heuchlerische Betschwesterei eben so sehr, als die Frechheit, und sein Gottesdienst, obwohl es ihm in Münster begegnete, dass er beim Abendmahl, wo ihm der Vortritt gelassen wurde, zuerst sich den Kelch geben ließ, war aufrichtig und ehrlich.