Der Elfenkoenig

Autor: Ueberlieferung
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Bei Wiesdorf am Rhein, wo es früher in Sumpf und Bruch viele Erlen gab und allerlei dichtes Gestrüpp, war eine Gegend, die Wüstenei genannt. Man erzählt sich, daß dort der Erlen- oder Elfenkönig gewohnt habe, der in den nebeligen Nächten, wenn der Mond durch die Erlen schien, über die Felder und Weiden ging und auch manchmal in den frühen Morgenstunden noch sichtbar war.

Es war ein Mädchen, das hinausgegangen war, um Futter für die Kuh zu holen, ehe noch die Sonne aufging und als der Tau noch im Grase lag. Da aber die Bürde so schwer geworden war, daß sie sie selbst nicht auf ihren Kopf heben konnte, sah sie sich nach jemandem um, der ihr hätte helfen können. Da aber in so früher Stunde noch niemand auf dem Acker war, war sie gerade im Begriff, ihre Last zu erleichtern. In dem Augenblick aber, in dem sie sich niederbeugte, stand ein Mann neben ihr von sonderbarer Gestalt. War es eine Krone oder war es nur Licht, goldenes Licht, das sein Haupt umstrahlte? Milde schienen seine Augen, und freundlich war seine Stimme, mit der er sich anbot, ihr zu helfen. Und es war, als hätte er das Bündel Gras kaum berührt, als sei es mit seiner Hand leicht, wie von selbst auf ihren Kopf hinaufgeschwebt – und ebenso leicht war die Last, als sie heimging und der Mann (wie war sie erschrocken) so plötzlich, wie er gekommen, verschwunden war.

Und sonderbar: Ihre Backe brannte, als wäre sie dem Herdfeuer zu nahe gekommen, so heiß, als wenn noch die Flammen sie berührten. Sie entsann sich, daß, als der Mann das Bündel auf ihr Haupt gehoben, seine Hand ihre Backe gestreift hatte, und daß seitdem das Brennen an ihr war, daß sie noch nach Tagen an diese sonderbare Begegnung und den wunderbaren Morgen erinnert wurde. Und man erzählte ihr, daß es niemand anders hätte sein können, als der Elfenkönig, der aus der Vorzeit Tagen dort in jenem einsamen Erlengrund noch immer seine Wohnung habe.