Komitte für Verkehrswege

Auf dem Landtag wurde das Reskript an die Komitte für Verkehrswege gewiesen, die in mehreren Sitzungen darüber berieth. Sie kam zu dem Ergebniß, daß ein Kanal Wismar- Schweriner See ohne Anschluß an eine Wasserstraße zur Elbe geringen Werth hätte, daß aber für den Ausbau eines größern Kanalnetzes die Mittel des Landes zu sehr angegriffen würden. Die Komitte beantragte, die Vorlage nicht zu bewilligen, und der Landtag lehnte dem Antrage entsprechend und entgegen den Ausführungen des Bürgermeisters Joerges-Wismar mit 51 gegen 24 Stimmen die Kanalvorlage ab. Damit sind vorläufig die Verhandlungen mit den Ständen zum Abschluß gekommen. Zwar suchte die Stadt Wismar schon am 9. Mai 1898 bei der Regierung nach, dem Landtage des Jahres 1898 eine Vorlage zur Bewilligung eines Kanals für die ganze Strecke Wismar- Dömitz für Schiffe von 7000 Ctr. Tragfähigkeit herauszugeben, die Regierung hielt jedoch eine solche Vorlage zur Zeit für aussichtslos. Somit muß es der Zukunft überlassen bleiben, ob dies seit mehr als 400 Jahren nicht von der Bildfläche verschwundene Werk zur Ausführung kommen wird. Vielleicht bringt eine günstigere Lage der Landwirthschaft und gute Erfahrungen, die man beim Kaiser Wilhelm-Kanal und beim Elbe-Trave-Kanal macht, auch für die Elbe-Ostseeverbindung zwischen Wismar und Dömitz künftig bessere Aussichten.

Wer heute den Gang des Schiffgrabens verfolgt, kann sich nur noch an wenigen Stellen ein Bild von dem alten großartigen Werk machen. 11) Die drei von Herzog Albrecht VII. durchstochenen ziemlich bedeutenden Anhöhen zwischen Schweriner und Loostener See zeigen noch die alten Durchstiche; Sie bieten mit ihren bewaldeten Abhängen und dem schnell fließenden Bach im Grunde ein anmuthiges Landschaftsbild. Der Lütte See ist fast ganz zugewachsen. Zur Zeit des Kanals muß die Vertiefung, in der er liegt, hoch überstaut gewesen sein. Der Ausfluß aus dem Loostener See ist beim Bau der Eisenbahn Kleinen-Wismar 1846-1848 verlegt, sodaß hier der alte Graben nicht mehr erkenntlich ist. Die Durchstiche durch den Moidentiner und Meklenburger Berg hat die Bahn für ihr Geleise benutzt. Nördlich des Dorfes Meklenburg ist der Schiffgraben noch als schmale Ackerscheide, deren Seiten mit Weiden bestanden sind und in dessen tief eingeschnittenem Grunde sich ein kleines Rinnsal hinwindet, erhalten. Offen sichtbare Spuren von Schleusen sind zwischen Viecheln und Rosenthal nicht mehr vorhanden. Aus der nördlich vom Dorfe Meklenburg gelegenen Schleuse wurden 1833 die Quadersteine entnommen und in eine Chausseebrücke zu Hof Meklenburg über den Bach verbaut. 12) Die behauenen Steine mehrerer anderen Schleusen zwischen Viecheln und Rosenthal hat 1846-1848 die Eisenbahn für ihre Brückenbauten verwandt. 13) In der Tiefe sind vermuthlich noch die Steine der Moidentiner Mühlendammschleuse, deren Lage in der Freiarche der dortigen Mühle nicht zu bezweifeln steht, vorhanden. Reste von Fundamenten der Rothen Hut-Schleuse sollen nach Angabe des Erbpächters Bartels zu Meklenburg noch jetzt im Grunde Stecken.


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Anlage.


Die von dem Baudirektor H. Hübbe zu Schwerin entworfene und gezeichnete Karte der Viechelschen Fahrt giebt ein anschauliches Bild von dem Wege, den diese Fahrt verfolgt hat, und von der Höhenlage ihrer einzelnen Strecken. Der Zeichnung liegen die Ichnographie des Tilemann Stella von 1581/82, die Stellasche Kanalskizze (s. S. 206), der Situationsplan über die Strecke vom Loostener See-Moidentiner Berg (s. S. 223, Anmerkung 1) und die Pläne des Eisenbahnbaues von 1846-48 zu Grunde, deren Angaben zum Theil noch an Ort und Stelle vom Baudirektor Hübbe nachgeprüft sind. Bei der Einzeichnung von Wismar ist die im Archive aufbewahrte Originalkarte der Stellaschen Ichnographie, wovon der die Stadt Wismar enthaltende Theil noch recht gut erkenntlich war, sorgfältig benutzt worden. Es ergaben sich daraus für den Weg des Kanals um die Stadt herum wesentliche Anhaltspunkte. So genau nun aber auch die Längen- und Höhenangaben der Stellaschen Ichnographie auf den ersten Blick zu sein scheinen, so stimmen sie doch bei eingehender Prüfung mit den unzweifelhaft richtigen Verhältnissen der Generalstabskarte und den Messungen für den neuerdings projektirten Kanalbau nicht überein. Es müssen nothwendig mehrere Vermessungs- oder Schreibfehler in der Stellaschen Arbeit angenommen werden. Will man also die Angaben der Ichnographie für eine Zeichnung des Kanals nutzbar machen, so muß in mehreren Punkten zuvor eine Berichtigung eintreten. Das Nähere ergiebt sich aus den folgenden Erläuterungen des Baudirektors Hübbe, in denen die unrichtigen Ziffern in eckige Klammern eingeschlossen sind.

Die in der Karte angedeutete Trace und der Längenschnitt des von Möller neuerdings ausgearbeiteten Kanalprojekts ermöglichen einen Vergleich zwischen diesem Projekt und dem Unternehmen des 16. Jahrhunderts. Die eingetragene Linie der Eisenbahn von Kleinen nach Wismar läßt erkennen, welche Strecken des alten Kanals neurdings beim Eisenbahnbau ausgefüllt sind. Der Grundriß einer Haupt- oder Kammerschleuse beruht auf einer Zeichnung in den Handakten des Tilemann Stella von 1581 (S. S. 226). Die beim Querschnitt des Kanals angegebenen Treidelpfade sind ausdrücklich zwar nicht bezeugt, doch werden Sie vorhanden gewesen sein, da auch bei der Wasserverbindung zwischen Fähre und Dömitz mehrfach von der Anlegung von Treidelwegen in den Akten berichtet ist.

Erläuterungen zur Zeichnung des Plans und Längenschnitts des Kanals.






11) Die folgenden Angaben nach den Wahrnehmungen, die der Verfasser am 22. Juli 1899 auf einer gemeinsamen Fußwanderung mit dem Baudirektor Hübbe längs des Schiffgrabens von Viecheln-Rosenthal gemacht hat.
12) Mittheilung des Hülfspredigers Dühring zu Meklenburg, Jahrbuch 4 B, S. 94.
13) Angaben über die Aufhebung der Schleuse im Moidentiner Berge in den Akten der General-Eisenbahndirektion, betr. Grunderwerb im Domanialamte Meklenburg-Redentin, Tit. III, Nr 13, Vol. 1, 1846-1847. - Die betreffenden Bauakten haben sich nicht auffinden lassen.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Der Elbe-Ostsee-Kanal zwischen Dömitz und Wismar