Finanzierung der Kosten

Wie waren aber die Kosten aufzubringen? Herzog Johann Albrecht dachte zunächst den Amtsunterthanen eine mäßige Steuer aufzuerlegen. Er war überzeugt, daß die Landschaft später in eine Geldauflage willigen werde, wenn sie die Fortschritte des Unternehmens vor Augen habe. Herzog Ulrich schlug dagegen vor, von den Städten Hamburg, Magdeburg und Wismar 20 000 fl. zum Grabenbau zu leihen, die diese auf bestimmte Jahre und gegen genügende Sicherheit zinsenfrei herzugeben hätten. Und da Horzog Ulrich seinen Bruder davon zu überzeugen wußte, daß ihre Amtsunterthanen schon ohnehin schwere Lasten zu tragen hätten, von der Landschaft ebenso wie vom Adel aber nur gegen Zusicherung weitgehender Vorzugsrechte am Graben Geld zu erlangen wäre, so drang er mit seiner Ansicht durch. Am 5. August 1568 ging ein herzoglicher Gesandter nach Hamburg ab, der um eine zinsenfreie Beihülfe von 6000 Rthlr. auf vier Jahre nachsuchen sollte. Aehnliche Gesuche werden an Magdeburg und Wismar gegangen sein.

Während diese Verhandlungen noch schwebten, hatten die Arbeiten an dem neuen Graben zwischen Eldena und Dömitz, der später als „Neuer Graben“ oder „Neue Elde“ bezeichnet wurde, ihren Anfang genommen. Am 29. Juli 1568 hatten die Herzöge in Dargun mit dem Wallmeister Jost Spangenberg, nachdem von ihm ein Probegraben bei Eldena zur Zufriedenheit angelegt war, einen Vertrag über den Bau des ganzen Grabens abgeschlossen. Spangenberg verpflichtete sich darin, den Graben in der verabredeten Breite (durchweg 2 Ruthen, nur auf Sand- Strecken, wo die Seiten nachgeben, 3 -3 1/2 Ruthen) und Tiefe auf seine Kosten auszubringen und die Böschungen mit Weiden zu befestigen. Als Lohn sicherten ihm die Herzöge für 16 laufende Ruthen 6) ausgebrachtes Land 2 Gulden und die nöthigen Lebensmittel 7) für sich und seine Arbeiter zu. Auch versprachen sie, Handwerkszeug und Baumaterialien zu liefern. Mit 104 Arbeitern ging Spangenberg im August 1568 ans Werk und führte den Graben bis zum Dezember von Dömitz bis in den Brandleben, ein nahe der Stadt belegenes sumpfiges Gehölz, aus.


Die Aufbringung der Kosten für diese verhältnißmäßig kurze Strecke war den Herzögen recht schwer gefallen, die nachgesuchte Hülfe der Hansestädte Hamburg, Magdeburg und Wismar war ihnen nicht zu Theil geworden und stand auch für die Zukunft nicht zu erwarten. Wollten die Herzöge die Arbeiten im Sommer 1569 nicht ins Stocken gerathen lassen, so mußten sie nun wohl oder übel auf Johann Albrechts Plan, eine Steuer im Lande zu erheben, zurückkommen. Im April 1569 wurde ein herzoglicher Erlaß durch die Prediger von den Kanzeln und durch die Landreiter bekannt gegeben, wonach in den Städten jedes Giebelhaus 1/2 fl., jede Bude 6 ßl., und in den Amtsdörfern jede Hufe 1/2 fl., jeder Kossat 6 ßl. zu den Kosten des Grabens beisteuern sollten. Es fällt auf, daß dieser Erlaß sich auch auf die Städte erstreckte, obgleich eine Zustimmung der Landschaft zuvor nicht stattgefunden hatte. Die Landstädte des Fürstenthums Wenden und der Herrschaft Rostock thaten sich denn auch zusammen und protestirten alsbald unter Berufung auf die ihnen ertheilten Reversalen gegen diese Geldauflage. Leider sind keine Nachrichten über den Ausgang dieses Streites vorhanden, auch läßt sich nicht ermitteln, ob und welche Beträge aus der Steuer eingegangen sind. Die Ritterschaft ist jedenfalls überhaupt nicht zu der Steuer herangezogen worden.

Am 22. Mai 1569 prüfte der Rentmeister Gabriel Brügmann den Wasserstand auf der Strecke von Viecheln bis Eldena, indem er auf einem Schiffe mit ca. 12 Last oder 480 Ctr. Waaren hinabfuhr. Er gab demnächst sein Gutachten dahin ab, daß die Schiffe stets so belastet sein müßten, daß sie wenigstens 1 1/2 Ellen (= 0,9 m) Tiefgang hätten. Dadurch würde der im Grundkraut sich festsetzende Sand ständig losgerüttelt und also die Fahrt offen gehalten, während flachere Schiffe über die Untiefen hinweggingen.

Mitte November 1569 war der Graben von der Dömitzer Seite bis ins Witte Moor fertig und auch von der Eldenaer Seite soweit gefördert, daß Spangenberg eine baldige Verbindung der beiden Stücke in Aussicht stellte. Am 11. Juli 1570 waren beide Stücke bis auf 200 Ruthen (= 920 m) an einander herangeführt. Geringere Fortschritte machte der Schleusenbau, da der eine Schleusenmeister sich als unfähig erwiesen hatte. Seine Bauten, besonders die Dömitzer Hauptschleuse, die bei hohem Wasserstande der Elbe einen ungemein starken Druck auszuhalten hatte, galten für fehlerhaft angelegt. Deshalb wurden diesem Schleusenmeister die Arbeiten abgenommen und am 8. Juli 1570 dem Schleusenmeister Kersten Voigt die Oberaufsicht über die ganzen Schleusenbauten übertragen. Unter seiner Leitung wurde noch in demselben Jahr die Dömitzer Schleuse völlig umgebaut und dabei das elbwärts gelegene Schleusenthor soweit gesenkt, daß die Schiffe auch bei niedrigstem Wasserstand der Elbe in die Schleuse hineinfahren konnten.

Im Frühjahr 1571 war man der Ansicht, daß im Sommer oder Herbst des Jahres das erste Schiff, wofür das des Rentmeisters Brügmann bestimmt war, durch die neue Elde hindurch fahren könne. Da trat ein Ereigniß ein, das alle bisherigen Erfolge wieder zu vernichten drohte.

In Brandenburg war auf den Kurfürst Joachim II., der der Eldeschifffahrt wohl passiven Widerstand entgegengesetzt, sich aber nie zu Gewaltthaten hatte hinreißen lassen, 1571 sein Sohn Johann Georg gefolgt. Dieser, kaum zur Regierung gekommen, berief zum 2. August 1571 etliche vom Adel aus der Altmark und Priegnitz nach Lenzen zu einem Einsatz ins Meklenburgische. Mit Knechten und Pferden, mit vielen Bauern und langen Karrenwagen, wie es im Berichte heißt zogen Sie von Lenzen nach Eldenburg, wo Werner von der Schulenburg den Befehl des Kursürften noch einmal vor ihnen verlas. Dann brachen sie ins Meklenburgische ein, zerstörten vier Schleusen zwischen dem Brandleben und Witten Moor und rissen den Graben eine Strecke weit ein. Die Gräber bedrohten sie mit Aufhängen, falls sie sich noch ferner bei der Grabenarbeit betreffen ließen. Weiter raubten die Brandenburger viele Wagen voll Korn aus der herzoglichen Besitzung Heidhof und zogen schließlich unter Trommeln und Pfeifen über die Grenze zurück. Am 16. August nahm eine herzogliche Kommission den Thatbestand auf. Es wäre in der Folge wohl zu ernsten Zwistigkeiten gekommen, wenn nicht Kurfürst August von Sachsen zwischen beiden Parteien vermittelt hätte. Meklenburg behauptete vor ihm in einer Denkschrift, die Elde sei stets für die Schifffahrt frei gewesen und bilde die Grenze zwischen beiden Ländern. Dies gehe schon daraus hervor, daß das Uebersetzen auf der Eldefähre bei Eldenburg nur mit Erlaubniß des meklenburgischen Wächters, der von hoher Warte auf dem Priemerberg, der meklenburgischen Landwehr, herab ins brandenburgische Land zu beobachten hatte, möglich gewesen sei. Dagegen nahm Brandenburg den Unterlauf der Elde und den Priemerberg für sich in Anspruch. Nach langen Verhandlungen an Ort und Stelle gab der Kurfürst von Sachsen Brandenburg rücksichtlich der Unterelde Recht und hob die von beiden Seiten begangenen Gewaltthaten - auch Meklenburg hatte sich solche zu Schulden kommen lassen - gegen einander auf. Der Streit um den Besitz des Priemerberges blieb zur Zeit unentschieden.

Der von den Märkischen angerichtete Schaden muß übrigens nicht erheblich gewesen sein, weil Schleusen und Graben bereits Anfang November 1571 mit einem Kostenaufwande von 212 fl. wiederhergestellt waren. Um mehr als das Doppelte größer war der Elbschaden an der Dömitzer Schleuse, den man in den letztvergangenen zwei Jahren hatte ausbessern müssen.




6) Die laufende Ruthe (Schachtruthe) 8 Rostocker Ellen lang und breit und 1 gerade aufstehende Rostocker Elle tief.
7) 1 Tonne Bier, 2 Schfl. Roggen, 1 Seite Speck von durchweg 20 Markt=Pfd., je 4 Pfd. trockene Fische und Butter, je 1 Schock Heringe und Käse und je 1 Viert Erbsen, Grütze und Salz.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Der Elbe-Ostsee-Kanal zwischen Dömitz und Wismar