Abschnitt 2

Ueber den Baldachinen und unter der Mündung des Gefäßes steht ein Inschrift-Rand, welcher durch die oben erwähnten Pfeiler in 16 Felder zerlegt ist. Fast an jeder Seite eines Pfeilers und Feldes steht eine kleine Heiligenfigur von 3 Zoll Höhe. Jedoch sind einige Plätze leer, so daß im Ganzen nur 25 Figuren, statt 32, vorhanden sind. Diese Figürchen lassen sich schon eher erklären, da sie Attribute haben, welche freilich oft schwer zu erkennen sind. Ohne Zweifel sollen in diesen Figuren die 12 Apostel dargestellt sein: einige sind an den Attributen zu erkennen; z. B. Johannes an dem Kelche, Petrus an dem Schwerte, Jacobus an dem Pilgerstabe, Matthäus an der Hellebarde; andere haben ein Buch im Arme. Nach einer bestimmten Idee ist hier aber auch nicht verfahren, da einige Apostel mehr als ein Mal vorkommen, z. B. sicher Johannes und Jacobus jeder wenigstens 3 Male. Wahrscheinlich sind diese Apostelbilder nach alten vorräthigen Modellen ohne eine bestimmte Folge abgegossen.

Die Inschrift ist häufig genug Gegenstand der Forschung gewesen, indem man sie für ungewöhnlich schwierig hielt. Sie ist in gothischer Minuskelschrift gehalten, und diese giebt wieder einen Beweis für die Zeit der Verfertigung, da auf Denkmälern, z. B. Leichensteinen, Glocken, Siegeln u. s. w. diese Minuskelschrift durchschnittlich erst mit der Mitte des 14. Jahrhunderts auftritt.


Die Inschrift lautet:

...


(= Ich sah das Wasser hervorgehen von dem Tempel an
der rechten Seite. Alleluja, Alleluja, (für) Alle, zu denen
das Wasser hinkommt.)

Dieser Spruch ist nicht eine ganz wörtliche, bestimmte Bibelstelle, sondern ist aus zwei Stellen des Propheten Ezechiel zusammengesetzt 1), nämlich:

Prophet Ezechiel, Cap. 47, V. 1:

„Und er führete mich wieder zu der Thür des Tempels.
Und siehe, da floß Wasser heraus unter der Schwelle des
Tempels gegen Morgen. - - - Und das Wasser lief an der
rechten Seite des Tempels neben dem Altar hin gegen
Mittag“.

(= „Ecce oriebatur aqua sub templi limine, - - quae aqua sub templi latere dextro deferebatur“.)

Cap. 47, V. 9:

„Ja, Alles, was darinnen lebet und webet, dahin diese
Ströme kommen, das soll leben, - - -und soll alles gesund
werden und leben, wo dieser Strom hinkommt“.

(= „Quippe quo pervenerit haec aqua, sanabuntur ac vivent“.)

Die 8 Träger des Fasses sind 8 starke und plumpe, bekleidete männliche Gestalten, Berg- oder Hütten-Knappen, welche mit Kopf und erhobenen Händen den Kessel tragen.



1) Ich verdanke diese Nachweisung dem Herrn Consistorialrath Professor Dr. Krabbe zu Rostock. G. C. F. Lisch.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Der Dom zu Schwerin