Abschnitt 1

Der Dom zu Schwerin hat nicht viele bischöfliche Leichensteine oder Grabplatten aufzuweisen, welche auch längst nicht mehr an den alten Stellen liegen und zum Theil schon verschwunden sind. Schon in frühern Zeiten waren nur die 2 großen Doppelplatten in Messingschnitt und 3 Leichensteine, also nur die Gräber von 7 Bischöfen bekannt; vgl. oben S. 164). Es wird nicht überflüssig sein, diese Grabplatten und ihre Inschriften jetzt, da es noch einigermaßen möglich ist, zur Geschichte des Bisthums zu beschreiben, da es an einer zuverlässigen Beschreibung bis jetzt ganz fehlt 2).

Die Grabplatten in Messingschnitt.


Zu den hervorragendsten Kunstwerken gothischen Styls im Dome zu Schwerin und vielleicht im ganzen Lande gehören die berühmten und prachtvollen Grabplatten in Messingschnitt 3), Doppelplatten, wie sie schwerlich sonst zu finden sein mögen.

Messingene Grabplatte der Bischöfe Ludolf und Heinrich v. Bülow 1347.


Die Messingschnitt-Grabplatte von den Gräbern der schweriner Bischöfe Ludolf († 1339) und Heinrich I. († 1347) v. Bülow, Brüder, ist eine reich verzierte Doppelplatte mit den Bildern des Bischofs Ludolf rechts und Heinrich links. Die Platte ist 10 Fuß 4 Zoll Hamb. Maaß hoch und 6 Fuß 4 Zoll breit. Sie ist im würdigen, ernsten altgothischen Style ausgeführt und sicher wohl noch von dem Bischofe Heinrich I. bestellt, da sie zugleich sein und seines Bruders und unmittelbaren Vorgängers Grab bedeckte.

Jede Hälfte der Doppelplatte, welche von vorne herein zu einer Doppelplatte bestimmt ist, hat folgende Darstellung.

In einer altgothischen Nische steht ein Bischof in voller Bischofstracht, welche reich, auf der Stola und dem Saume der Alba, mit vielen v. Bülowschen Wappenschilden verziert ist, mit offenen Augen, mit der rechten Hand segnend, mit der linken Hand den Bischofsstab haltend, mit dem Bischofsringe auf dem Mittelfinger der rechten Hand über dem Handschuh.

Ueber jeder Nische steht ein kurzer, altgothischer, dreigiebeliger Baldachin mit drei kleinen Nischen, in welchen kleine Figuren angebracht sind. In der mittlern Nische sitzt Gott Vater, welcher eine Seele in der Gestalt eines kleinen nackten Kindes in den Schooß nimmt; in jeder der Nischen zu den Seiten steht ein Engel mit Flügeln oder eine bartlose Heiligenfigur, das Weihrauchfaß schwingend.

An jeder Seite jedes Baldachins steht ein großes v. Bülowsches Wappen mit Schild und Helm 4).

In der Mitte der Doppelplatte steht ein schmaler Pfeiler mit 4 gothischen Nischen übereinander, mit einer hohen Fiale bekrönt. An jeder Seite steht ein breiterer Pfeiler mit 4 Doppelnischen übereinander, mit einer hohen Fiale bekrönt.

In diesen Nischen stehen die kleinen Figuren der Propheten mit Mützen und Spruchbändern, und die Apostel mit Heiligenscheinen und Attributen. In der Mitte der breiten Pfeiler sind 2 kurze Nischen, in denen die Evangelisten an Schreibpulten sitzen. Die Anordnung ist in der Ansicht folgende:
Prophet. Petrus. Thomas. Paulus. Prophet.
2 Evangelisten. 2 Evangelisten.
Prophet. Johannes Ev. Judas Th. Andreas. Prophet.
Prophet. Philippus. Matthäus. Jacobus maj. Prophet.
Prophet. Simon. Bartholomäus. Jacobus min. Prophet.
Die Umschrift in großer gothischer Majuskel, unten gegen die Mitte anfangend und von der Linken nach der Rechten rund herum fortlaufend, lautet folgendermaßen:

...


Messingene Grabplatte der Bischöfe Gottfried I. und Friedrich II. v. Bülow. 1375.


Die Messingschnitt-Grabplatte von den Gräbern der schweriner Bischöfe Gottfried I. († 1314) und Friedrich II. † 1375) v. Bülow ist eine der größten und kunstreichsten Werke dieser Art, die es überhaupt giebt, vielleicht die schönste. Die Platte ist 13 Fuß 6 Zoll Hamb. Maaß hoch und 6 Fuß 9 Zoll breit. Sie ist ganz außerordentlich reich an Verzierungen aller Art im voll ausgebildeten Style auf der Höhe der gothischen Baukunst, und fällt in die Zeit der Vollendung der Domkirche in ihrer jetzigen Gestalt durch den Bischof Friedrich II. Wahrscheinlich ist die Platte auf Anordnung des Bischofs schon bei seinem Leben angefertigt, wofür die Umstände sprechen, daß in der Umschrift auf ihn die Sterbezeit gegen den Gebrauch hinter dem Namen am Ende in weniger verzierter Schrift steht, also wohl ohne Zweifel nach seinem Tode nachgetragen ist, und daß er durch die Platte sein Grab mit dem Grabe seines Verwandten und Vorgängers Gottfried I. v. Bülow († 1314), unter welchem das Mittelschiff des Chores vollendet ward, vereinigte, also für die Erhaltung des Gedächtnisses desselben wohl noch selbst sorgte. Auf dem Grabe des Bischofs Gottfried lag früher eine große messingene Relief-Bildsäule (vgl. oben S. 165), welche längst verschwunden ist; der sehr große Stein, auf welchem die Bildsäule lag, ist noch vorhanden.






1) Ich verdanke diese Nachweisung dem Herrn Consistorialrath Professor Dr. Krabbe zu Rostock. G. C. F. Lisch.
2) Die Nachrichten in Schröders Pap. Meckl. I, S. 1113, 1209, 1428 sind sehr ungenügend.
3) Ueber die Grabplatten in Messingschnitt überhaupt vgl. Lisch in Jahrb. XII, S. 479, XVI, S. 303, XXVII, S. 267 flgd.
4) Der Bischof Heinrich I. v. Bülow führte zuerst das Familienwappen auch in das bischöfliche Siegel ein; vgl. Jahrb. VIII, S. 15.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Der Dom zu Schwerin