Die Rache der Sieger

Mit den Männern der Inselbesatzung machte man kurzen Prozess, sie wurden wohl sämtlich totgeschlagen, angesichts der neuerdings sich mehrenden Funde von Körpern ohne Schädel (Burg Mecklenburg) und von Schädeln ohne Körper in wendischen Grabfeldern, Wohnstellen und Burgwällen (so neuerdings wieder ist Weberin), bei welchen die noch vorhandenen Halswirbeln glatt wie mit einem Rasiermesser durchteilt sind, erscheint es nicht unwahrscheinlich, dass sie sämtlich enthauptet wurden. Andererseits waren Sachsen wie Dänen den in ihre Hände geratenen Wenden gegenüber immer sehr schnell mit dem Strick bei der Hand. Man denke an den Hängetod des christlichen Fürsten Wartislaw, welcher 1164 durch Kapitulation der Burg Werle gegen Zusicherung von Leib und Leben in die Hände Heinrichs des Löwen gekommen war, dann als Geisel in dessen Händen blieb und bald nachher beim Wiederbeginn des Krieges durch Bribislav von den Sachsen vor den Toren Malchows öffentlich gehängt wurde.

Die Befestigungen der Teterower Burg wurden von den abziehenden Dänen, welche diesen Stützpunkt des Feindes naturgemäß nicht bestehen lassen konnten, durch Anlegen großer Brände an die Stirn- und Rückverspundung der Wälle und dadurch bedingtes Einstürzen des Wallkernes infolge Verkohlung der Planken zerstört, wie es immer wieder bei Ausgrabungen brandzerstörter wendischer Burgwälle beobachtet wird.


Otimar selbst wurde zwar mitgefangen, aber nicht mitgehangen: Man hatte anderes mit ihm im Sinn. Offenbar hatte er bei den vorhergehenden Behandlungen mit Waldemar versucht, aus der schlimmen Situation das Beste für sich herauszuholen, soweit es eben möglich war, und hatte die Schonung seines Lebens gegen ausgiebige Versprechungen zugesichert erhalten. Vielleicht auch stellten sich die nordisch gearteten Dänen ihm gegenüber, den man sich als der wendischen Oberschicht entstammend wohl als blond, blauäugig und großgewachsen vorstellen darf, unbewusst anders ein, als gegenüber den Massen der anderen Wenden, die ihnen rassisch fernstanden. (Man vergleiche die rasche Eindeutschung des Fürsten Bribislaw.) Zunächst musste er sich zur Annahme der Taufe entschließen und wurde zwecks Vorbereitung von den abziehenden Dänen mit nach Dargun genommen. Dort erfolgte wenige Monate später die Stiftung des Zisterzienserklosters Dargun, zu welcher Otimar und seine Brüder Monic und Mirognew diesen Ort und den, Hauptteil ihres Landbesitzes hergeben mussten: Zum Schutze es beginnenden Baues des Klosters, welches 1173 bei der Bestätigung auch durch den Abt Walabert des dänischen Zisterzienserklosters Esrom besucht wurde, wurden dänische Kolonisten und dänische Besatzung zurückgelassen. Um den enteignete Otimar und seine Brüder zu versöhnen und um eine nähere Fühlung mit der wendischen Bevölkerung herzustellen, wurde — sonst etwas ganz außergewöhnliches — auch Wenden erlaubt, sich in Dargun unter den sächsischen und dänischen Kolonisten anzusiedeln. Hier in Dargun wurde dann auch wohl Otimar getauft, und Waldemar selbst oder ein kirchlicher Vertreter wird sein Pate gewesen sein.