Der dänische Vorstoß

Nun zurück zum dänischen Vorstoß. Auf welchem Wege die Dänen den Teterower See erreicht haben, wird von Saxo nicht direkt gesagt. Es muss aber wohl als sicher angenommen werden, dass sie zunächst längs des Südostufers der Trebel auf die Burg Dargun vorstießen, die von Ottmars Brüdern Monic und Mirognew gehalten wurde, und diese durch Verhandlungen oder gewaltsam in ihre Hand brachten. An der festen Burg Dargun musste Waldemar mindestens ebensoviel gelegen sein, wie an der Burg Teterow, zumal da Dargun einen wichtigen Knotenpunkt des Teiles der großen wendischen Handelsstraße Stettin-Lübeck, der „via regia“, bildete, der von Demmin über Dargun, Dörgelin, Lüchow, Laage westwärts führte, außerdem sagt übrigens Saxo ausdrücklich, dass die Dänen auf demselben Wege, auf welchem sie gekommen, wieder abgerückt seien; dass dies über Dargun geschah, ergibt sich ohne weiteres aus den auf den Fall der Burg Teterow folgenden wichtigen Ereignissen. Von Dargun ging es dann südwärts über die Westpeene bei Neukalen und dann weiter am Nordwestrande des Landes Hardt mit seinen großen Urwaldbeständen, bis der Ostrand des Teterower Sees etwa bei Teschow-Hohen Mistorf erreicht wurde. Nur von diesen Uferhöhen aus konnte, wie bei der Bahnfahrt Teterow-Malchin einige Minuten vor Hohen Mistorf der wundervolle Blick auf den See mit der Burgwallinsel überzeugend beweist, sich den Augen der Dänen die umfangreiche, bebaute Burginsel als ein inmitten eines schiffbaren Sees gelegener Ort darbieten, wobei das eigentliche wendische Teterow aus der jetzigen „Dorfstette“, in der Nähe des Sees, und nicht im See gelegen, mit seiner tieferen Lage dem Blick der Dänen zunächst kaum in Erscheinung treten konnte.

Dem Otimar konnte das von Nordosten herannahende Ungewitter, zumal wenn tatsächlich vorher seine und seiner Brüder Burg Dargun dem Feinde in die Hände gefallen war, nicht verborgen geblieben sein. Den nordwärts von Teterow gelegenen Ortschaften hatte der im tiefen Sumpf gelegene große Burgwall von Sukow als nächster Rückzugsort zur Verfügung gestanden; von hier aus konnte man über das durch Sumpf und unwirtliches Gelände führende umfangreiche wendische Dammsystem unschwer das Nordende des Teterower Sees und damit die rettende, wohl für uneinnehmbar gehaltene Inselburg erreichen. Es werden also wohl größere Flüchtlingsmassen dorthin geströmt sein. Dazu kam die geflüchtete Bevölkerung des Ortes Teterow selbst und der zum Burgward Teterow gehörenden nächsten Dörfer, sodass die Insel mit flüchtigen überfüllt gewesen sein muss. Dass für diese Massen genügend Proviant zur Verfügung stand, ist nicht anzunehmen, denn Otimar begann un-mittelbar nach dem Eintreffen der Dänen immer von neuem Verhandlungen zwecks Erlangung von günstigen Übergabebedingungen anzuknüpfen. Jedenfalls aber standen ihm zunächst einmal genügend Hände zur Verfügung, um rechtzeitig den Belag der großen, zum Festland führenden Brücke abdecken und die Brückenjoche in Seespiegelhöhe abtragen zu lassen.


Inzwischen waren die Dänen am Südufer des Sees angelangt und teilten sich nach der Plünderung und Niederbrennung des Ortes in zwei Abteilungen. Die eine rückte unter Führung des Bischofs Absolon zum Beutemachen ab, es war der größte Teil der Reiterei. Sehr weit werden sie nicht gelangt sein, denn sie kamen schon am Spätnachmittag mit reicher Beute zurück. So werden denn wohl in erster Linie die Ortschaften Bukow, Sührkow, Bohnsdorf, Teschow, Pampow, wohl auch Thürkow und Levitzow in flammen aufgegangen sein. Dass auch eine neuerdings festgestellte wendische Dorfanlage auf Teterower Stadtgebiet zwischen Hollerberg und Bornmühle auf dem „Cröpelinskamp“ (von starkem Brandschutt überdeckte Hüttenböden und ganz spätwendische Töpferware) hierbei in Asche gelegt wurde, erscheint naheliegend. Die zweite dänische Abteilung legte sich vor die Zugänge zur Insel. Einmal gegenüber dem Sauerwerder, zwischen Insel und Dorfstelle. Noch näher zu untersuchende Bodenveränderungen auf der „großen Horst“ in der Langenbruchsweide lassen möglich erscheinen, dass dort das dänische Lager angelegt worden ist. Die andern Dänen unter dem König selbst legten sich vor das Südende der Brücke und begannen unverzüglich, unter Verwendung der im See stehenden Stümpfe der Wendenbrücke mittels der Zaunlatten des wendischen Dorfes und alles irgendwie verwendbaren sonstigen Baumaterials, das Waldemar herbeischaffen ließ, einen neuen Notsteg gegen die Insel vorzutreiben.