Angreifer und Verteidiger der Burganlage

Bei der Flucht in die Burg hatten die Wenden ihre Brücke oberflächlich zerstört. Auf den stehengebliebenen Stümpfen versuchten die Belagerer sofort eine neue zu bauen.

Die Wenden beantworteten dies dadurch, dass sie an der Südspitze der Insel einen hölzernen Turm aus Pfählen errichteten. Als dann der Brückenbau bis auf Schussnähe vorgerückt war, beschossen sie die auf dem schmalen Steg zusammengedrängten und durch den mühsamen Brückenbau an wirksamem Schutz gehinderten Dänen vorn Turm aus mittels Schleuderern, was diese, so gut es ging, mit Pfeilschüssen erwiderten. Zwischendurch hatte Otimar immer wieder versucht, mit dem König für ihn günstige Übergabebedingungen abzuschließen. Er wird vielleicht mit Waldemar schon irgendwelche Fühlung gehabt haben, da er immer im Kahn mit freiem Geleit zu den Dänen herüberkommen konnte. Vielleicht beruhte dies darauf, das sich seine Brüder in Dargun unter dem Druck der Verhältnisse auf friedlichem Wege mit den Dänen abgefunden hatten und ihm vielleicht ähnliche Abmachungen in Aussicht gestellt waren. An sich befand er sich ja in einer nicht ungünstigen Lage und konnte die Burg vielleicht auf Entsatz rechnen. Andererseits war die Burg bei der großen Flüchtlingsmasse nur kurze Zeit zu halten und er konnte darauf gefasst sein, dass seine Leute in der Not über ihn hinweg mit dem Feinde sich vergleichen würden. Jedenfalls zog er selbst die Verhandlungen immer wieder in die Länge, um zunächst einmal die Entwicklung der Dinge abzuwarten. — Als der Brückenbau noch näher an den Inselturm heran vorgerückt war, begannen die Wenden auf dem Turm mittels langer, an der Spitze mit krummen Sicheln versehener Stangen den an der Brückenspitze zusammengedrängten und infolge des Baumaterial- und Verwundetentransportes arg behinderten Dänen die Schilde wegzureißen und dabei manchen derselben ins Wasser zu zerren. Saxo lässt zwischen den Zeilen durchblicken, dass diese hierbei schwerste Verluste erlitten. Die Dänen antworteten mit ähnlichen Maßnahmen.


So war es inzwischen Spätnachmittag geworden und der ganze Vorgang auf dem toten Punkte angelangt. Den Dänen war allmählich das Baumaterial knapp geworden. So war denn der letzte Teil des Steges nur schwach gebaut und unzureichend belegt. Zudem war bei ihnen die Stimmung gesunken, da die Aussicht auf erfolgreiche Erstürmung immer ungewisser würde. Waldemar selbst musste damit rechnen, dass die Wenden unter dem Schutze der kommenden Nacht die unter so vielen Opfern und Mühen erbaute Brücke in Brand stecken und damit vernichten würden. Außerdem musste er auf sehr unangenehme Überraschungen durch wendische Entsatzversuche gefasst sein, zumal da Absalon mit der ausgesandten Abteilung noch immer nicht zurückgekehrt war. So war er denn schon so gut wie bereit, entsprechend den Vorschlägen des Otimar, sich mit diesem auf einen für die Wenden günstigen Vertragsabschluss zu einigen. Da kam Absalon mit seinen Leuten und mit reicher Beute zurück. Diese wird in der Hauptsache aus Viehherden, Pferden und Gefangenen, vor allem Frauen und Kindern, daneben aber auch aus Silber in Schmuck- und Münzform, wie es im Wendenlande in Form von Hacksilber als Zahlungsmittel kursierte, bestanden haben. Der kostbare wendische Schmuckfund von Blumenhagen (Meckl.-Strelitz) ist nach Herrn Konservator Karbes ansprechender Vermutung bei einem ähnlichen Raubzuge von flüchtenden Wenden, die dann umkamen, im Boden der bald darauf in flammen aufgehenden Hütten vergraben. — Absalon übersah sofort die Lage und griff tatkräftigst ein. Zunächst nahm er sich den König Waldemar vor, der offenbar stark unter seinem Einflusse stand, und erlangte von ihm die Zusage, dass kein Vertrag mit Otimar ohne sein, Absalons, Wissen abgeschlossen werden würde. Dann nahm er den wendischen Dolmetscher, welcher die Verhandlungen zwischen Otimar und dem König vermittelt hatte, beiseite und zwang ihn, natürlich mit entsprechenden Druckmitteln, alle auf friedliche Vergleichung hinzielenden ferneren Vorschläge Otimars dem König gegenüber systematisch in das Gegenteil, umzufälschen. Schließlich ging er selbst in voller Rüstung auf die Brücke und versprach im Namen Waldemars den missmutig gewordenen Mannschaften die gesamte, beim Falle der Inselburg sich ergebende Beute als persönliches Eigentum zur freien Verfügung. Dies wirkte bei den vornherein auf Beute eingestellten Jüten ausschlaggebend und wurde unmittelbar die Ursache zum Falle der Burg Teterow. Der schwierige Bau des letzten Teiles der Brücke wurde mit neuer Tatkraft wieder aufgenommen. Bald erreichten die ersten Dänen die Inselspitze, erstürmten mit Sturmleitern den Turm und vertrieben oder töteten die Turmbesatzung. Ein dänischer Reiter Herbarth, welcher, wie Saxo kennzeichnend bemerkt, nicht zu spät zum Beutemachen kommen wollte, sprang ins Wasser, um mit voller Rüstung nach der Insel zu schwimmen, andere folgten ihm auf demselben Wege, die große Masse der Dänen kam auf dem zu schwach gebauten und zu dünn belegten letzten Teil des Steges ins Drängen, die Brücke brach unter der Last zusammen, und alles stürzte ins tiefe Wasser, wobei mancher der schwer gerüsteten Leute nicht wieder an die Oberfläche gekommen sein wird. Absalon selbst, obwohl selbst schwer gerüstet, rettete sich durch Schwimmen und brachte auch andere in Sicherheit.

Als dann die große Masse der Dänen das feste Ufer erreichte, war das Schicksal der Insel entschieden. Unter der Besatzung und den Flüchtlingsmengen brach eine Panik aus. Wem es gelang, rettete sich von dem stark befestigten Nordteil der Insel aus, der den Dänen nicht unmittelbar in die Hände gesellen war, vermittels der der Zahl nach nicht annähernd ausreichenden vorhandenen Kähne über den See in die Sümpfe und Schilfwälder, ein Teil wird schwimmend entkommen sein. Schwimmunkundige, welche versuchten, mit Fässern und dergleichen über den See zu entkommen, wurden unter dem Gelächter der Dänen herausgefischt und ihrem Schicksal überliefert. Und dies war ein sehr hartes. Dem Versprechen Absalons gemäß wurden mit der übrigen Beute auch die Frauen und Kinder den dänischen Soldaten zum Verkauf überwiesen.