5. Einteilung und Wirkung der Bäder im Allgemeinen

Die Natur gewähret uns kalte und warme Luft-, Sonnen-, Wasser-, Qualm- und Dunstbäder, die Kur naturwarme und kalte Mineral-Quellen; die Kunst bereitet verschiedenartige Luft- oder Gas-Bäder, auch elektrische, galvanische Dunst- oder Dampfbäder; feuchte, Qualm- und Schlamm-Bäder; trockne, Loh-, China-, Harz- und Rauch-Bäder etc.; tropfbar flüssige warme und kalte Bäder; aus tierischen Flüssigkeiten, Blut-, Milch-, Buttermilch-, Molke- und Harnbäder; aus Pflanzen-Flüssigkeiten, die Öl-, Wein-, Weingeist-, Weinhefen,- Weinessig- etc. Bäder; aus mineralischen Bestandteilen, die Schwefel-, die Salz-, Soolen-, Kali- und Stahl-Bäder etc.; die Kunst bereitet auch aus festen Stoffen, Sand-, Salz-, Tropf-, Heu-, Senf, Loh-, Kampfer-, Malz-, verschiedenartige Kräuter-Bäder, Baumwoll- und Ameisen-Bäder etc. Erd- und Moor-Bäder-, Gartenschnecken-, Dungebäder, Treberbäder, Weintrestern-Bäder, Schlamm-, Schnee- und Eisbäder etc. Rücksichtlich ihrer Anwendungsart unterscheidet man ganze, halbe und örtliche Bäder; zu den letztern gehören die Augen-, die Gesichts-, die Fußbäder etc. Ich übergehe die obigen verschiedenartigen Kunstbäder, und spreche in dieser Anweisung nur von jenen Natur- und Kunst-Bädern, die ich selbst öfters gebrauchte, und bei deren Gebrauch ich meine ärztlichen diätetischen Beobachtungen zu machen Gelegenheit fand; nämlich:

a) von dem einfachen, warmen Wasser-Bade, dem gewöhnlichen Reinigungsbade;


b) vom gewöhnlichen kalten Fluss-, Quell-, Kanal- und See-Bade;

c) von den Mineral-Wasser- Bädern, welche die Natur oder die Kunst bereitet; und

d) von dem Luft- und Sonnen-Bade.

Ehe ich jedoch diese Bäder einzeln behandle, werde ich Einiges, um die Wirkung der gewöhnlichen Wasser- und Mineral-Bäder auf den menschlichen Körper auch den Laien verständlicher zu machen, hier im Allgemeinen anführen.

Das Wasser ist das Element, indem der Mensch seinen Ursprung, sein Dasein erhält; im Wasser keimet er, und gedeihet und wachset während 9 Monaten zu einem schon großen Geschöpfe auf eine merkwürdige Weise. Durch die Geburt einem 2ten Elemente, der Luft gegeben, bleibt es ihm doch Bedürfnis, in den ersten Wochen, Monaten, Jahren des Lebens, seinem ursprünglichen Elemente, dem Wasser, seinen Körper wieder zu geben. Wir baden unsern Neugebornen jahrelang täglich, oder doch öfters, und mit welchem Wohlbehagen, mit welchem freudigen Lächeln badet der Säugling; wie beruhiget, wie munter und kräftig beweget er seine Gliedmassen, stampfet und arbeitet er im Bade!?

Wie der Mensch, so keimen Millionen von Tieren aus und in dem Wasser, und das Wasser bleibt seine und ihre Nahrung durch das ganze Leben.

Das Wasser ist das erste und vorzüglichste Nahrungsmittel des Menschen. Frisch von der Quelle und gesotten, besonders mit nahrhaften Wurzeln oder Früchten.

Ein halber Löffelvoll Sago mit 1 Maß Wasser gut eingesotten, gibt eine sehr nahrhafte, sättigende Suppe; ein halber Löffelvoll Malz gibt eine gute nahrhafte Maß Bier, eine Maß Rumforder-Suppe gewährt eine volle Mannsnahrung, und ist in allen solchen Abkochungen nicht das Wasser das vorzügliche, die Ernährungs- Fähigkeit vermittelnde, erzweckende?

Das Wasser ist des Menschen erstes und vorzüglichstes Heilmittel. Im Wasser- Bade in dem Mutter-Leib heilen wohl viele der krankhaften Zufälle, womit auch der Foetus wahrend der Schwangerschaft befallen wird.

Das frische Quellwasser, kalt und warm angewendet, war durch alle Jahrhunderte eines der größten Heilmittel gegen Krankheiten, und wenn ein Universale gegen alle Krankheiten des Menschen gedacht und erfunden werden könnte, so wäre dies das Wasser.

Im Luft- und Wasserbade sauget der Körper Licht, Luft, Feuchtigkeit und darinen enthaltene Stoffe ein, verarbeitet, verdauet sie, und scheidet wieder Luft und Feuchtigkeit und tierische Stoffe durch dasselbe Organ aus, auf eine eigentümliche Weise, wie oben bei Betrachtung der Hautbeschaffenheit und ihrer Lebenstätigkeit gezeigt wurde.

Im Jahre 1812, als ich die Schweizerbäder bereiste, machte ich im Bade Pfäffers den Versuch, wie viel von diesem leichten, elementarischen Wasser im Bade durch die Haut aufgesaugt, und so in den Kreislauf der Säfte gebracht wird. Ich enthielt mich des Nachmittags des Trinkens, und aß Abends nur etwas Braten und Brod, und trank nichts wie 1/8 Maß Wein. Um 8 Uhr früh des andern Tages legte ich mich auf eine Stunde in das naturwarme Bad, nahm keine Flüssigkeit weiter zu mir, und von 6 bis 12 Uhr Vormittags gingen gegen 2 Maß Wasser durch den Urin ab. Welche Quantität, wenn man bedenket, wie viel im Körper von der aufgesogenen Feuchtigkeit innerhalb 18 Stunden in die Säfte aufgenommen und verzehret, wie viel durch die Haut und Lungen verdünstet wurde? Bei Berücksichtigung solcher Umstande bestätiget sich die Behauptung der Alten, dass der Mensch von Luft und Wasser leben kann und die Bemerkung, dass die Menschen bei Luft und Wasser und dem Genusse von wenigen Wurzeln und Kräutern ihr Leben Monate, ja Jahre lang erhalten könnten.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Der Bade- und Brunnenarzt