Reisescenen aus meinem Hausirerleben.

Die Reisenden, die mit vollem Geldbeutel überall klimpern können, die anständige Kleidung haben, oder nur noch im Stande sind, in Wirthshäusern die Zehrungskosten zu bezahlen, werden überall gut aufgenommen. Ein solcher Reisender lernt Menschen und Nationen nirgends gut kennen. Ganz anders verhält es sich mit dem Armen, welcher Blicke in das Volksleben thun kann und thun muß, die dem Reichen nie verstattet sind. Und so setzen mich meine Reisen in Deutschland und in den vereinigten Staaten von Nordamerika in den Stand, eine vergleichende Schilderung in dieser Beziehung zu geben.

Mit Entsetzen denke ich noch an die traurige Reise, die ich in abgerissener Kleidung mit 2 kleinen Kindern von Bremen nach Zeitz machte. Bremen, das liebe theure Bremen, ist einer der wenigen Lichtpunkte auf derselben, wo ich bei den gastfreundlichen Ralfs ohne Geld, sogar ohne Mittel ankam, meine Fuhre von Vegesack zu bezahlen. Aber ich denke noch mit Schauder an jenen stolzen unbrüderlichen Bruder, den Wirth zum wilden Mann in Hannover, an jenen groben Castellan der großen Loge zu Hannover, an den dicken Wachtmeister und Wirth im Posthofe vor Hildesheim, an die unmenschlichen Wirthe in Braunschweig, bei denen ich in später Nacht mit 2 armen Kindern kein Nachtquartier finden konnte, an die Wirthe im weißen Bär und schwarzen Bock in Magdeburg, die mich kurz und grob abwiesen.


Ich habe in Amerika große Reisen gemacht, mit und ohne Kinder. Ich habe mit einem Ranzen auf dem Rücken, mit einem Korbe am Arme, Pensylvanien, New-Jersey, Delavare durchreist, ja durchkrochen; manchmal mit großem Barte und mit sehr abgetragener Kleidung. Ich bin auf Eisenbahnen, auf Dampfschiffen, auf Post und zu Fuß durch Maryland, Virginien und Columbien gekommen, und überall, wo ich auch blieb, bin ich gut aufgenommen worden. Man sah nicht auf meine gute oder abgetragene Kleidung, auf meine ganzen oder schlechten Schuhe; man empfing mich überall, mit oder ohne Kinder – gut –; selbst da, wo der Wirth wenig, gar keinen Gewinn, oder selbst Schaden zu erwarten hatte, wurde ich nimmer zurückgewiesen. Welch schöne Tugend ist die Gastfreundschaft! Wie liebenswürdig, wie herrlich der, der sie übt! In Europa giebt man nicht gern dem, der nicht bezahlen kann, einen Trunk Wasser, oder Obdach auf einem Heuboden, in Amerika giebt man ihm Nahrung, Erquickung, Schlafplatz und reinliches Bett.

In Amerika wurde uns, als wir von Baltimore nach unserm Wohnort, Montgommery County, Md., durch die amerikanischen Wälder reisten, überall, wo unser Zug vor einem Farmhause, das manchmal blos in einem elenden Blockhause bestand, vorbeiging, gewöhnlich immer Milch und Brod entgegen getragen, und die guten Leute würden es für eine große Beleidigung angesehen haben, wenn wir ihnen dafür irgend eine Zahlung hätten anbieten wollen.

Von einem amerikanischen Wirthe wird so leicht niemand, oder wenigstens nicht eher aus dem Hause gewiesen, als bis er sich des Aufenthalts bei ihm durch schlechte Aufführung unwürdig gemacht hat; oder wenn er sich, ohne zu bezahlen, vielleicht länger bei ihm aufhält als es nöthig ist. Der Arme, der jedoch Abends in das Wirthshaus kommt, darin übernachtet, und am andern Morgen wegen üblem Wetter, oder gar wegen Krankheit nicht fort kann, darf durchaus nicht fürchten, eher vertrieben zu werden, als bis ihm entweder das Wetter oder seine Gesundheit das Fortgehen erlaubt. Es giebt nicht wenige Beispiele, daß krank gewordene Reisende in den Wirthshäusern sehr sorgfältig verpflegt worden sind.

So lange ich als Krämer im Lande herumreiste, machten mir die Wirthe in der Regel überall sehr billige Zechen, rechneten gewöhnlich fürs Nachtquartier gar nichts und erleichterten mir sogar die Bezahlung durch gütige Abnahme meiner Waaren. Hinaus habe ich sehr selten etwas zahlen müssen, aber oft hatte ich verdient, was meine Zeche betrug.

Wie manches Nachtquattier, wie manches Mittagsmahl ist mir aber ganz umsonst geworden. Kommt man an ein Haus gerade zur Zeit, wo die Mahlzeit gehalten wird, so kann man auf jeden Fall immer erwarten, zu Tische gezogen zu werden. Ja, es wird sogar oft übel aufgenommen, wenn man erst die Einladung abwartet, sich an den gedeckten Tisch zu setzen.

So ging es mir einmal sehr wohl in einem Kloster, wenn ich nicht irre in der Gegend von Hannover in Pensylvanien. Ich kam bei heftigem Regen triefend in ein hübsches Haus, das ich für ein solches erkannte, und bot den geistlichen Herren meine Waare an. Sie kauften mir einige Kleinigkeiten ab. Als unser Handel beendigt war, glaubte ich, der protestantische Ketzer, nichts Besseres thun zu können, als meine sieben Sachen zusammenzupacken und mich, dem Wetter zum Trotz, wieder davon zu machen. Sie sahen mich verwundert und erstaunt an, als wenn ich im Begriff wäre, eine wahre Tollheit zu begehen, und äußerten sich endlich in ihrem Pensylvandeutsch, ob ich das Hirn erfroren hätte, in solchem Wetter am späten Abend und in wenig bewohnter Gegend fortgehen zu wollen. Ich gestand, daß ich nicht gewagt hätte, bei ihnen um Nachtquartier anzusuchen, worauf mir die kurze und hier zu Lande nichts weniger als beleidigende Antwort wurde: du bischt ein Narr. – Daß dieses nicht so böse gemeint war, zeigte eine Flasche die hereingebracht wurde, und deren Inhalt ich als guten Madeira erprobte, als man mir, dem Triefenden, ein großes Glas davon überreichte. Ich wurde bald bekannt mit ihnen, läugnete keineswegs meinen Glauben ab, und wurde dessen ohngeachtet unverändert bieder, zutraulich und gut behandelt; diese Herren zogen mich an ihre wohlbesetzte Tafel, räumten mir, als die Nacht herbeikam, ein gutes Bett ein, und entließen mich früh, wo das Wetter sich gebessert hatte, nicht eher, als nach dem Frühstück, das ich ebenfalls an einer Tafel mit Ihnen einnahm.

Ich habe in Deutschland wenig oder gar keine Gelegenheit gehabt, mit Herrnhuthern bekannt zu werden und habe sie diesseits nur durch Hören und Sagen und zwar nicht immer von der vortheilhaftesten Seite kennen gelernt. In Amerika fand ich Gelegenheit, dieselben durch persönlichen Umgang kennen zu lernen und habe gefunden, daß wenn die europäischen ihren amerikanischen Brüdern gleichen, ich große Ursache habe, das angethane Unrecht abzubitten. Schon die Gegenden in denen sie leben, zeigen von ihren schaffenden und ordnenden Händen. Wie schön ist es um und ln den größtentheils von Herrnhuthern bewohnten Städten Bethlehem, Emaus, Nazareth; wie gutmüthig, wie freundlich, wie artig ist das Völkchen, das in diesen Orten lebt, und welche glänzende Reinlichkeit und Nettigkeit schimmert außerhalb und innerhalb ihrer Wohnungen. Ich kenne nicht ihre Einrichtung unter sich selbst, aber ihre Städte, ihre Häuser und ihre Gesichter haben mir stets den Wunsch eingeflößt, unter ihnen wohnen zu dürfen.

Im December 1834 kam ich einigemale in das romantische, an der Lecha gelegene Bethlehem, wo ich stets in dem schönen Gasthofe zum Anker blieb, der nahe dem Lecha-Canal am Fuße des Berges liegt, worauf Bethlehem erbaut ist. Der Gastwirth Williams war ein höchst feiner und anständiger Mann, auch Herrnhuther. Einmal traf ich bei ihm mit noch 2 andern Hausirern und einem alten Bettler zusammen, der alle Minuten ein Glas Whisky forderte, aber nur so lange bekam, bis sich Spuren von Rausch an ihm zeigten. – Damals war gerade einer der hier seltenen Fälle, ein Selbstmord, vorgekommen, worüber ganz Bethlehem in Aufregung war. Es hatte sich nämlich ein Gehülfe in der dortigen Bierbrauerei – Gott weiß aus welchen Ursachen, aus Armuth war es nicht, denn man fand noch 60 Dollars in seinem Koffer – erst in die Kehle geschnitten, und da dieses nicht den Tod unmittelbar zur Folge hatte, in einem Stalle an einem Halfter erhängt. Diese, unter diesem unschuldigen Volke so seltene That, erregte Schauder und Entsetzen und man eilte, den Körper des Unglücklichen sobald als möglich aus dem Bereich des Ortes zu bringen, wo die That geschehen war. Mit allem, was er an sich trug, selbst mit 10 Cents in seiner Tasche und den unschuldigen Werkzeugen seines Todes, dem Barbiermesser und dem Halfter, wurde der Entseelte im ziemlich entfernten Walde begraben.

Master Williams, mein rechtschaffener Wirth, war darüber sehr ungehalten, und obgleich er selbst Herrnhuther war, fand er es doch sehr unrecht, daß man den armen Burschen so schlecht begraben hatte.

Er meinte, der Unglückliche habe sich lange bei dem Brauer gut aufgeführt, sich immer still und rechtschaffen verhalten und nie habe man etwas Schlimmes von ihm gehört. Die schreckliche That könne von ihm nicht bei Bewußtseyn, sondern müsse im stillen Wahnsinn vollzogen worden seyn. In dem weitentfernten Lande, aus dem er gekommen sey, habe er vielleicht Eltern, Geliebte, Verwandte und Freunde, von welchen wohl einer einst herkommen dürfte, um sein Grab zu besuchen. Wie schrecklich müsse es für diese seyn, wenn sie erführen, daß er wie ein krepirtes Vieh im Busche verscharrt liege. Und er habe ja Geld gehabt, und hinreichend Geld, um jenen diese Kränkung ersparen zu können, womit nicht der nun fühllose Unglückliche, sondern seine Angehörigen bestraft worden wären.

Vernünftiger, menschlicher und milder konnte wohl niemand sprechen als dieser Williams, aber nicht überall erschallte eine gleiche Sprache. Das Gerücht dieses Selbstmords war bald in der ganzen Gegend bekannt und verbreitete überall Schauder und Entsetzen. Der Wirth in Kupferberg, bei dem ich einige Tage später einkehrte, ein Methodist und Besitzer eines sehr schönen Wirthshauses, hatte ganz andere Ansichten, als der milde und aufgeklärte Williams. Er meinte, eine solche That könne nicht anders als von einem Menschen geschehen, an dem Gott alle Macht aufgegeben und dessen der Teufel sich vollkommen bemächtigt habe. Er wurde sehr aufgebracht und hielt mich für einen Gotteslästerer, als ich nicht ganz mit ihm übereinstimmte; als ich sogar das Daseyn eines Teufels bezweifelte, die That dieses Menschen für Wahnsinn, und den Wahnsinn für eine Folge von Heimweh, Kummer und vielleicht innerer unmerklicher Krankheit erklärte. Nachdem seine erste Hitze über meinen Unglauben ein wenig ausgetobt hatte, und dieß geschah bald, denn ich widersprach ihm nicht mehr, sagte er, er wolle mir beweisen, daß es wirklich einen Teufel gäbe und daß dieser auch Macht über den Menschen gewinne. Sein eigener Vater sey Zeuge einer Geschichte gewesen, wo der Teufel eine auffallende furchtbare Rolle gespielt habe. Dieser, mein Vater, erzählte er nun, war, wie schon sein Großvater, Eigenthümer dieses Gasthofes. Dort hinter jenem Berge, an dem sich die Fensen (Befriedigungen) in schräger Linie hinaufziehen, und dessen Gipfel mit lauter Tannenholz bewachsen ist, wohnte ein Jugendfreund und Bekannter von ihm, Johann Lämmering, und unweit von diesem Elias Loth. Beide hatten von Jugend auf in langer treuer Freundschaft gelebt, mit einander gejagt, geschossen und so manchen Scherz gemacht, als sie sich einmal wegen eines hübschen Mädchens tödtlich entzweiten. Sie hieß Hanna Jarke. Ihr Vater hatte sich erst kürzlich in dieser Gegend niedergelassen. Sie war ein schlankes, blauäugiges, nettes Ding; beide drängten sich an sie. Anfänglich schien John Lämmering den Vorzug zu haben, sie hatte ihm theuer versprochen, ihn zu heirathen. Aber auf einmal fing die ihm zuvor gezeigte warme Liebe an zu erkalten, und ihr ganzes Herz wendete sich dem wilden, ungestümen Elias Loth zu. Alle Bemühungen Lämmerings, ihre Liebe wieder zu gewinnen, waren fruchtlos, und am Ende gestand sie ihm offen, sie zöge Elias Loth ihm weit vor, und sie werde nie jemand anders als diesen den Ihrigen nennen.

Lämmering stürmte nach dieser Erklärung wüthend fort, ergab sich bald darauf allen wilden Vergnügungen, Trunk und Spiel und einem liederlichen Leben. Loth aber genoß mit voller Freiheit des schönen Mädchens, das ihm gar nichts mehr abschlagen konnte. Und woher kam dieser schnelle Wechsel? – Man sagte, er habe sich von einer alten Negerin, die im Rufe übernatürlicher Künste stand, einen Zauber- und Liebestrank bereiten lassen, und bei dem Segen, den er selbst darüber gesprochen, sich dem Teufel ergeben. Kaum hatte Hanna – so erzählte mein Vater – diesen Trank verschluckt, so war sie ganz vernarrt in ihn, und konnte nur in seiner Gegenwart einige Ruhe finden. So sehr auch ihre Eltern sie von dem Wüstling zurückzuhalten suchten, so mußten sie ihr am Ende doch ihren Willen lassen, da ein einziger Tag, an welchem sie von ihrem Geliebten getrennt war, für sie fast Wahnsinn zur Folge gehabt hatte.

Einst ritten beide, Elias und Hanna, auf eine Frolick – eine Lustbarkeit – die mehrere Stunden weit über der Lecha statt hatte. – Ihr kennt ja wohl die felsigen Ufer dieses Flusses, die sich von Allentown längs ihr hinaufziehen, werdet gewiß auf euren Hausirwegen in den dort zerstreuten einzelnen Häusern herumgestrichen seyn. – Auf der damals noch mit weit weniger Wohnungen besetzten Straße nach Eastown zu, erschien ihnen der Teufel in leibhaftiger Gestalt und griff nach beiden mit tigerartigen Krallen. Ihre Pferde wurden scheu, bäumten sich, gingen mit ihnen durch, aus der Straße rechts heraus, durch Wald und Dickicht, über Hügel und durch Thäler im wildesten Galopp bis an einen hohen Felsen an der Lecha, wo sie sich nicht weit von einander mit ihren Reitern herabstürzten. Hanna kam auf den harten Boden und lebte noch, jedoch mit zerbrochenen Armen, Beinen und Ribben. Elias aber wurde während des Falles mit dem Kopf mehreremale gegen die Felsenwände geschleudert, und erreichte, im Falle schon ganz zerschmettert, das Ufer. Die Pferde blieben, trotz des tiefen Falles unbeschädigt und galoppierten wüthend davon. Hannas Gewimmer zog bald einige in der Nähe beschäftigte Fischer herbei. Sie hatte noch Besinnungskraft genug, diesen die Wohnung ihrer Eltern anzudeuten. Die bestürzten Männer flochten sogleich eine Trage, belegten sie mit weichen Zweigen, legten die tödtlich beschädigte Hanna und Elias Leichnam darauf und brachten sie nach Hause. 24 Stunden lebte die Unglückliche noch, und so lange durfte man auch den gräßlich zerstörten Leichnam ihres Elias nicht von ihrer Seite bringen. Sie erzählte noch, was vorgegangen, und gebot, kurz vor ihrem Hinscheiden, daß man sie mit ihrem Geliebten in ein Grab begraben solle.

Auf die Nachricht von diesem entsetzlichen Falle verfiel Lämmering anfänglich in dumpfe Betäubung, späterhin fand sich etwas von Schadenfreude ein, und bald fiel er in sein ruchloses, wildes und liederliches Leben zurück.

Wohl ziemlich ein Jahr konnte nach diesem Vorfall verflossen seyn, und beide moderten bereits dort auf dem Kirchhofe, in einem Grabe, der Forderung Hannas gemäß. – Den Kirchhof selbst werdet Ihr vorbeigekommen seyn. Es ist der, der auf dem Abhange genau an der Straße liegt, der durch eine Zahl weißer Leichensteine mit deutschen Inschriften verziert ist, den Kastanien- und Wallnußbäume einfassen, und der sich an jenen dichten Eichenwald lehnt. In seiner Mitte steht das einsame Schulhaus. Schon zu jener Zeit führte die Straße bei ihm vorbei. – Man hört, was da geschah. –

Ein Wettschießen hatte eine Anzahl junger Buben, unter andern auch Lämmering und meinen Vater nach einem etwas entfernten Orte gelockt, wo sie sich ein wenig verspätet hatten, und wovon die Meisten in Gesellschaft, so um die Mitternachtsstunde herum bei jenem Kirchhof ankamen. Lämmering war ungemein berauscht, und hatte auf dem ganzen Wege nichts als wilde, gotteslästerliche Scherze getrieben. An dem Gottesacker angekommen, springt er auf einmal von seinem Pferde herab, setzt mit einem Sprunge über die ihn umgebende Fense, stellt sich auf das schon berasete Grab, und ruft mit lauter schmetternder Stimme Hanna Jarke und Elias Loth, ihr Verfluchten, kommt hervor aus eurer Tiefe. Ich bin da, ich, Johann Lämmering, mit Euch zu rechten, kommt hervor, kommt hervor, ihr Verfluchten!

Kaum hatte er die letzten Worte ausgerufen, als ein dichter Feuerregen aus dem dunkeln Baumschatten auf ihn herabstürzte, der Boden umher durch einen schrecklichen Stoß erschüttert wurde, und er selbst ein entsetzliches Gebrüll erhob. Zugleich schien es der Gesellschaft, als wenn eine gräßliche feurige Gestalt ihn mit Krallen umfaßt hielt. Sämmtlichen graußten die Haare zu Berge, alle spornten ihre Pferde, die mit ihnen im wildesten Galopp davon eilten, und durch die wehbrüllende Stimme des Tollkühnen hindurch, verfolgte sie ein weitdröhnendes Hohngelächter. Keiner wagte sich umzublicken, und alle kamen in tiefem Entsetzen in ihren Wohnungen an.

Lämmering war nicht nach Hause gekommen, und als am andern Tage einige der Beherztesten an jenen Ort des Schreckens gingen, fanden sie die Erde um die Gegend des Grabes aufgewühlt, das Gras und die Baumzweige rings umher verbrannt, an welchen noch Fetzen von Johns Kleidung hingen. Als sie weiter suchten, fanden sich noch Stücken von abgerissenen Gliedern, die einzeln und zermalmt umherlagen oder an den Bäumen aufgehangen waren. –

Es würde für meinen Herrn Wirth in Kupferberg eine große Beleidigung gewesen seyn, und ich hätte gewiß sein ganzes Vertrauen verloren, wenn ich ihm nicht hätte unbedingt Glauben beimessen wollen, um so mehr, da sein eigener Vater Zeuge dieses Rachestückes gewesen seyn sollte. Ich that deshalb, als wenn ich schaudernd glaubte, und somit war unsere Freundschaft wieder hergestellt.

In Montgommery County, Pensylvanien und Montgommery County Township habe ich mehreremal in einem Wirthshause übernachtet, wo der brave und biedere Z. damals Pachtwirth und Postmeister war, und habe mich stets bei ihm vortrefflich befunden. Einmal mußte ich mich sogar einen Sonntag und einen Montag, des Regenwetters wegen, bei ihm aufhalten, und lernte bei dieser Gelegenheit einen alten eisgrauen Revolutionshelden kennen, der in diesem kleinen, etwa 8-10 Häuser enthaltenden Städtchen seine Pension von 300 Dollars verzehrte. Er hielt sich viel und gern im Wirthshause auf, nicht um zu trinken, denn er lebte sehr mäßig, sondern der Unterhaltung wegen. Er war sehr gesprächig, fragte viel nach seinem Stammlande – sein Vater war ein geborner Deutscher – und war mir bald so weit gut geworden, daß er mich mehremale mit Wein und Bier traktirte. Ihm verdanke ich die nun folgende Sage, welche während seines Aufenthaltes am Ohio, im Jahre 1798 daselbst im Schwunge ging, und die vielleicht doch einiges Interesse haben wird, weil sie über den Ocean herüberkommt.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Der Auswanderer nach Amerika, Teil 2