Naturmerkwürdigkeiten von Nordamerika

Gewiß giebt es kein Land, das dem Schaulustigen einen interessanteren Gegenstand darbietet, als Amerika in dem Falle des Niagara. Der westliche Fall ist der größte. Der Fluß ist hier mehr als 600 Yards breit und 142 Fuß stürzt er herab. Der östliche oder amerikanische Catarakt ist 350 Yards breit und 163 Fuß hoch. Er ist von dem westlichen durch Goats Island getrennt, der eine halbe Meile von dem Abhange liegt und hat eine Sandbank, vermittelst welcher man bei niederm Wasserstand von dem östlichen Ufer nach dem Eiland gelangen kann. Jetzt ist es durch eine Brücke zugänglich gemacht, die etwas oberhalb des amerikanischen Falles hinübergebaut wurde und enthält gegen 8 Acker gutes Land. Der große Catarakt wird fortwährend durch einen Nebel verdunkelt, den man weit sehen kann und dessen rauchende Wolken gegen den Himmel aufzusteigen scheinen. Wenn sich dieser Nebel ein wenig verzieht, so sieht man die benachbarten Felsen und Wälder, wodurch die Pracht das Schauspiels erhöht wird. Der Effekt, den diese Wasserstürze bei Winterkälte gewähren, ist zu gleicher Zeit sonderbar und prächtig. Eiszapfen von großer Dicke und Länge bilden sich längs der Ränder an den Quellen. Diese nun mit Schwefelduft geschwängerten Quellen sind hinter transparent blauen Columnen verborgen und haben vorzüglich auf der amerikanischen Seite durch den Staubregen große Höhlen gebildet, in deren entblöstem Innerem Büschel von Eiszapfen, die Orgelpfeifen gleichen, sichtbar sind. Einige Theile der Fälle sind in fluthende Säulen consolidirt, deren obere Theile man theilweise gefroren sieht.

Der Table Rock ist ein Theil der Canada Bank, welche an dem Rande des großen Wassersturzes ist. Er bietet den interessantesten Anblick auf alle Wasserfälle zugleich dar. Das auf den Strom gerichtete Auge beobachtet, wie er mit wunderbarer Pracht über die Ecken und Klippen fällt. Die Wassermasse, die unaufhörlich über den Gipfel strömt, wird auf 128 Millionen Pfund angeschlagen.


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Der Auswanderer nach Amerika, Teil 2