Das Jahr und seine Abtheilungen in Pensylvanien, Maryland und Virginien.

Die Hitze des Sommers ist drückend und glühend und gewöhnlich lacht lange ungetrübt ein blauer Himmel auf die grüne Flur herab. Wenn sich aber einmal das Himmelsgewölbe mit Wolken umzieht, so sammeln sie sich auch mit weit größerer Schnelligkeit als in Europa und stürzen nach kurzem Drohen unter heftigem Donner und Blitz in dichtströmendem Regen herab. Von der letzten Hälfte des Maies bis mit Mitte Septembers dauert die heiße Jahreszeit, die ihrer Heiterkeit ungeachtet, für die sie noch ungewohnten Ausländer, sehr drückend und lästig ist. Doch mit dem Spät-September, October und November kommen die vollkommen schönen Tage des indischen Sommers (Der Spätsommer heißt indischer Sommer.) herbei, die wahrhaft zauberisch schön zu nennen sind. Die unerträgliche Hitze macht jetzt einer milden heitern Luft Platz. Aus dem noch hellgrünen Laub der Aepfel- und Pfirsichbäume schimmert der Segen der Früchte hervor, oft in solchem Ueberflusse, daß die Aeste sich biegen und zu brechen drohen. Eben so groß ist der Reichthum, den die Fruchtbäume des Waldes mit ihren sehr verschiedenartigen Früchten darbieten, die dort ohne die Arbeit der Menschen wild aufwachsen. Die Hickery-, Wall- und Haselnuß, die Kastanien und der Sinkepin, der wilde Apfel und der Semenes schimmern aus der Tiefe des Urwaldes hervor, wo sie neben dem längst schon seiner Frucht beraubten wilden Kirschbaum, dem Sassafras-, Maul- und Gummibeerbaum, inmitten der Eichen, Linden, Buchen, der prächtigen Fincomore, der Pappel etc., auf deren höchsten Gipfel sich die wilde Rebe schlingt, herrlich gedeihen.

Unter frohen Naturgenüssen kommt der ernste December heran. Zwar auch sein Himmel ist meist noch hell und heiter und nicht arm an laumilden Tagen.


Aber bereits kommen nächtliche Fröste und das dunkle Grün des Waldes verfärbt sich allmählig in Hochroth, Gelb und Grau. Rauhe Stürme beginnen durch ihre Kronen zu rauschen und die Früchte abzuschütteln, die des Menschen Hand und der Hunger der Vögel und der Eichhörnchen darauf ließ. Was herabfällt wird nun eine Beute dir braungestreiften, kurzbeinigen Schweine, die es gierig auflesen und dem Farmer die Mühe ersparen, seinen Mais zu ihrer Mast zu verwenden. Die letzte Frucht, die noch hängen bleibt, ist die bräunlich sich färbende Semenes, die mit ihrer grünen Farbe auch ihren säuerlich herben Geschmack verliert und einen süßen, gewürzhaften annimmt, wenn die Fröste eintreten, wo sie dann mit Wasser übergossen ein lieblich und wohlschmeckendes weinartiges Bier liefert. Der Wind braußt nun immer kälter und kälter über die Stoppeln und durch die rohrartigen Maisstengel, die der Farmer jetzt abschneidet um für die Zeit, wo er sich dieselben nicht mehr aus dem die Erde bedeckenden tiefen Schnee hervorholen kann, für sein Vieh ein gerngenossenes Winterfutter zu haben.

So kommt das Ende des Decembers herbei, die Luft erreicht einen noch höhern Grad von Kälte und endlich stürzt aus den grauen Wolken, die nun den Himmel bedecken, der Schnee in Masse herab und verhüllt die nun schlummernde Flur. Der Januar, Februar und ein Theil des Märzes sind rauhe, launige Gäste in diesem Lande. Die meilenbreiten Ströme erstarren, hoch sind die Wege mit Schnee bedeckt, dessen Oberfläche oft so fest gefroren ist, daß man sicher darüber gehen kann. Es kommt zwar auch vor, daß die durch die Wolken brechende Sonne den Schnee schmilzt und von dem Boden wegleckt. Aber dieß ist nur ein Spott für die armen lebendigen Geschöpfe; denn dann ist der Boden so weich, daß der Fuß darin stecken bleibt und kaum hat ihn die trocknende Sonne oder der nächtliche Frost wieder ein wenig befestigt, stürzt aufs neue eine Masse Schnee herab. Im April kommen nun wohl zuweilen schöne Tage, aber immer noch, bis tief in ihn hinein, scheint die Natur gefesselt, grau blicken noch die Wiesen und die Knospen der Bäume bleiben verschlossen.

Da meldet sich endlich der Frühling mit nicht sehr milder Geberde. Donner braußt, durch den Himmel zuckende Blitze erleuchten ihn. Ein heftiger Regen stürzt herab, überschüttet Berg und Thal, Wald und Flur mit lauen Gewässern, welches, die Fluren durstig und gierig einsaugen. Und welche göttliche kraft liegt in diesem Regen, wer beschreibt die Wunder, die er vollbringt. Wie durch Zauber verschwindet das traurige Grau der Wiesen und sanftes Grün zieht sich darüber. Zusehends wachsen die Blätter der Bäume und sichtbar platzen die Knospen zu Blüthen auf; der dunkle Urwald zeigt nun eine herrliche, blühende Welt; aus dem frischen Grün hervor leuchten in Millionen Blüthen die Farben der Lilien und der Rosen und andere schöne Blumen sproßen aus dem Boden. Ein herrlicher aromatischer Duft liegt auf der erwachenden Erde. Munter ertönt das Gekreisch der Vögel, in welches nur der Spottvogel einige liebliche Laute mischt. Aber ach, so schnell der Lenz erschien, so schnell verschwindet er, und sein Genuß ist nur von kurzer Dauer! Wenige Tage und aus der Blüthe drängt sich die Frucht hervor, des Sommers drückende Hitze tritt ein, noch sind die 31 Tage des Mai nicht vorüber und schon ist die Saat hoch aufgeschossen, und die Johannis-, die Stachel-, die Himbeere und die Frühkirschen bieten schon ihre erquickenden Früchte dar.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Der Auswanderer nach Amerika, Teil 2