Endlich wieder in der Geburtsstadt.

In Magdeburg wurde ich in zwei Gasthöfen, zum schwarzen Bock und weißen Bär – allerdings ominöse Namen – unfreundlich abgewiesen; und in dem, in welchen ich endlich, obschon auch ungern aufgenommen worden war, deutete mir die Frau Wirthin an: daß sie weder Juden, noch anderes Gesindel aufnehme; sie wurde aber etwas gütiger, als ich ihr bewies, daß ich keineswegs zu den erstern, und doch wohl auch nicht ganz zu den letztern gehöre. Später wurden ich und ihr Mann gute Freunde; und so unfreundlich meine Aufnahme gewesen war, so gütig betrugen beide sich gegen mich diesen und den folgenden Tag, welchen ich, da ich keine Gelegenheit zum Fortkommen fand, in ihrem Hause zubringen mußte.

Ich fand diese endlich für den Preis von 2 ¼ Thlr. Die Reisegesellschaft war gut, der Kutscher gefällig und die Reise angenehm. Ich konnte keine Ausgabe mehr machen und ich war mit meinen Kindern auf das Weißbrod beschränkt, was ich in Braunschweig erhalten hatte. Doch auch jetzt fand meine Lage Theilnahme. Ein junger Mann nöthigte mir, wenn wir einkehrten, manche Erquickung auf; und meine Kinder wurden von ihm mit Kirschen beschenkt. In Bärenburg wurde im deutschen Hause eingekehrt. Dieser Gasthof ist einer der schönsten und unterhaltensten, von allen, welche ich auf meiner Reise getroffen habe. Ich erwartete keine gute Aufnahme; eingedenk so mancher bittern Erfahrung; allein ich hatte mich getäuscht. Der Hausherr, welchen die Menschenliebe und Güte aus den Augen leuchtete, blickte mich freundlich und gütig an, als ich in sein mit Menschen angefülltes Gastzimmer trat. Meine Schicksale waren bald bekannt geworden, und als alle sich zu Tische setzten und meine verdursteten Kinder die bestellte Flasche Bier, – das Einzige, was ich noch bezahlen konnte, – schon geleert hatten, ehe ich selbst nur einen Schluck thun konnte, schickte der Wirth ihnen eine reichliche Portion Essen; ich selbst aber wurde von den Reisegefährten zu Tische geladen. Dankbar verließen wir das schöne Wirthshaus, die gütigen Reisegefährten und kamen glücklich in Halle an. Hier fand ich Briefe von Verwandten und Freunden, an welche ich von Bremen aus geschrieben hatte. Mein guter Schwager G** lud mich ein, zu ihm nach Zeitz zu kommen und in seinem Hause zu wohnen. Der brave Herr Z*** zu Z., dessen uneigennütziger Güte ich so viel verdanke, dem ich hier öffentlich zu danken mich verbunden fühle, schrieb theilnehmend, aufmunternd und half den dringendsten Bedürfnissen sofort ab. Meine Pläne waren gescheitert; allein ich war an Erfahrungen reicher, gesunder und zufriedener zurückgekehrt. Ich hatte die, welche mir so theuer sind, unverletzt zurück gebracht; sollte ich mich unglücklich fühlen? – Mit gerührtem, Herzen dankte ich dem, welcher mich aus so vielen Drangsalen und Gefahren gerettet, in das Vaterland zurück geleitet hatte.


Ich kaufte mir sofort die unentbehrlichsten Kleidungsstücke und langte glücklich und gesund am Abend des 3. Juli in der Geburtsstadt an.

Der Empfang, welchen ich bei meinen lieben Verwandten fand, das freundliche, hülfreiche Entgegenkommen vieler frühern Bekannten, die kräftigen Unterstützungen, welche mir freiwillig und unaufgefordert zu Theil wurden; die gütige Sorge, mir eine Beschäftigung zu geben, fordern mich zu dem innigsten Dank auf. Nie werde ich die so uneigennützigen Beweise von Güte und Theilnahme vergessen! – Ich sah das Vaterland, die liebe Vaterstadt wieder; freundlich und gütig nahm sie den verlornen Sohn auf. Dank, innigen Dank ihr! –

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Der Auswanderer nach Amerika, Teil 1