Die Altäre der Unsittlichkeit.

Die schönsten Characterzüge der amerikanischen Frauen sind Sittlichkeit, Häuslichkeit, eheliche Treue. Ich habe schon Gelegenheit gehabt, ihre Vorzüge zu rühmen; allein ich darf auch hier die Kehrseite nicht verdecken. Nicht alle besitzen diese Vorzüge; auch hier werden der Unsittlichkeit Altäre errichtet. Ueberall giebt es öffentliche Häuser. In großen Städten sind sie zahlreich vorhanden; aber auch in kleinern Orten von 3 bis 4000 Einwohnern kommen schon solche Höhlen des Lasters vor. Weiße und schwarze Dirnen leben hier nebeneinander; ihre Unverschämtheit, ihre Frechheit geht wirklich weit. Sie rufen Männer von offener Straße, am hellen Tage, in ihre Schlupfwinkel; gehen Abends auf Fang aus und sind frech genug, die, welche ihnen begegnen, auf offener Straße zu umarmen und zu küssen. Zugleich sind sie die kecksten und geübtesten Diebe und wissen unter Zärtlichkeitsbezeugungen die Taschen ihrer Liebhaber zu leeren. Ja oft werden diese förmlich ausgeplündert. Ein solches Unglück betraf einen jungen Tischler, welcher mit mir zugleich in einem Kosthause wohnte. Er läßt sich in ein solches Haus von einem hübschen Lärvchen verlocken; bringt die Nacht bei ihr zu; sieht am Morgen seine Kleider, seine Baarschaft mit der Dulcinee verschwunden; und ist so genöthiget andere Kleider holen zu lassen; wodurch sein unglückliches Abentheuer ruchbar und er lang zum Gegenstand der Spöttereien seiner Nebengesellen wurde.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Der Auswanderer nach Amerika, Teil 1