Dampfkraft und Militair.

In keinem Lande sind die Kräfte des Dampfes mehr ausgebeutet worden, als in den vereinigten Staaten; in keinem ist sein Einfluß auf Gewerbthätigkeit, Wohlstand und Gedeihen sichtbarer als hier; aber in keinem sind auch dieser, ich möchte sagen, göttlichen Kraft, mehr Opfer gefallen. In Fabriken, auf Dampfschiffen springen die Maschinen; unaufhörlich berichten es öffentliche Blätter. Nachlässigkeit und Gewinnsucht mögen wohl die vorzüglichsten Ursachen dazu seyn. Die Maschinen sind oft leicht und fehlerhaft gebauet; sie werden, vorzüglich auf Dampfschiffen, nachlässig behandelt; insbesondere beim Anhalten, wo es nicht selten versehen wird, den dadurch überflüßig entstehenden Dämpfen freien Abzug zu lassen; diese suchen sich Luft zu verschaffen und zersprengen das leichte, fehlerhaft gebaute Werk.

Die vereinigten Staaten haben kein eigentlich stehendes Heer. Einige Haufen regelmäßigen Militairs und die Milizen reichen für ihre Bedürfnisse hin. Sieht man einen Haufen ordentlichen Militairs, läßt man sich auf den ersten Augenblick leicht täuschen. Die geschmackvollen Uniformen – sie gleichen den preußischen – gefallen, und man erwartet eine geübte Truppe zu sehen. Allein in Handhaben der Waffen, in Gleichmäßigkeit des Schritts, sind sie weit hinter dem europäischen Militair zurück. Auch machen sie es sich bei ihren Uebungen leicht. Kaum haben sie einige Zeit unter den Waffen gestanden; scheinen sie der Sache überdrüßig und einer nach dem andern sucht es sich bequem zu machen.


Die nicht uniformirten Milizen sind eine spaßhafte Nachahmung der Soldaten. Ihre Übungen können nur Lachen erregen. Sie müssen zwei Tage im Jahr sich versammeln, um geübt zu werden.

Ihre Offiziere und Gemeine tragen ihre gewöhnliche Kleidung. Erstere haben wenigstens etwas Militairisches an sich. Sie tragen einen langen Schleppsäbel, manchmal sogar einen Chako. Die Gemeinen kommen zum Theil mit Flinten, zum Theil mit Knitteln, stellen sich in Reihe und Glied und marschiren. Auf Haltung und Schritt kommt nichts an; und nicht selten macht sich der Hintermann die Freude, den vor ihm marschirenden zu treten. Die Herren Offiziere werden, während sie an der Fronte stehen, nicht selten von hinten mit Papieren, Zöpfen u. s. w. aufgeputzt. Dazu machen die ungeübten Tambours und Querpfeifer eine wahre Katzenmusik, und das Ganze gleicht mehr einer komischen Farce, als einer ernsten, zur Vaterlandsverteidigung vorbereitenden Uebung.

Es ist wahr, die vereinigten Staaten ersparen bei ihrer militairischen Verfassung ungeheure Summen, welche sie zur Beförderung allgemeinen Wohlbefindens verwenden können; allein auch sie werden in kurzem genöthigt seyn, das stehende Militair zu vermehren und schon jetzt stellt sich der Mangel desselben heraus, wo die Indianer fast ohne Widerstand ganze Provinzen verheeren und Tausende von Einwohnern den Mordmessern dieser unmenschlichen Barbaren geopfert werden.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Der Auswanderer nach Amerika, Teil 1