Der Ausbruch des Ätna 1892

Aus: Das Buch für Alle. Illustrierte Familienschrift. Zeitbilder. Heft 5. 1893
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Ätna, Vulkanausbruch, Krater, Lava, Eruption, Monte Nero,
Seit dem Jahre 1886, wo ein bedeutender Ausbruch des Ätna stattfand, hatte dieser höchste Vulkan Europas geruht, als er vom 8. auf den 9. Juli 1892 plötzlich seine Tätigkeit wieder aufnahm. Gegen 9 Uhr Abends verspürte man in den Ortschaften am Fuße des Berges zuerst einige Erdstöße, dann erhoben sich unter Donnergekrach aus Spalten in der Mitte des Berges ungeheure Rauchwolken, die von Zeit zu Zeit durch emporschießende Flammengarben erhellt wurden. Dies dauerte die ganze Nacht hindurch und am anderen Tage erkannte man, dass sich weit unterhalb des Hauptkraters mehrere neue Krater geöffnet hatten, die unter donnerndem Getöse und beständigen kräftigen Erdstößen Lavamassen nach Süden zu entsendeten.

*********************************************************
Die Hauptausgangspunkte der Eruption waren der Monte Nero und der Monte Gemellaro, welche erst im Jahre 1886 entstanden sind und etwa 8 Kilometer vom Gipfel des Ätna entfernt in einer Meereshöhe von 1.500 Metern liegen, während die höchste Spitze des Ätna bis zu 3.313 Metern emporsteigt. Die Lava floss anfangs in zwei Strömen, von denen der eine sich gegen Borello und Belpasso, der andere sich gegen Nikolosi und Pedara wendete, und die sich später zu einem einzigen starken Strom vereinigten, welcher an seiner Front etwa 70 Meter breit war. Glücklicherweise erreichte er keine der oben genannten Orte, was entsetzliches Unheil im Gefolge gehabt haben würde; kein Menschenleben ist verloren gegangen, dagegen ist der Schaden, den er durch sein Eindringen in die Zone der Weinberge und Olivenwälder verursacht hat, nicht unbedeutend. Bei dem diesmaligen Ausbruch des Vulkans haben sich 9 neue Krater gebildet, von denen die unteren Lava, die oberen Steine, Asche und Rauch auswarfen. Tausende von Fremden strömten herzu, um den Ätna zu erklettern und aus möglichster Nähe das gewaltige Naturschauspiel zu betrachten. Unser Bild auf S. 132 gibt drei Ansichten des Naturereignisses, die an drei aufeinander folgenden Tagen ausgenommen sind. Man erkennt daraus deutlich, wie die Erscheinung in stetiger Veränderung begriffen war, und der Berg sich an jedem Tage den Augen des Beschauers anders darstellte. Höchst großartig war besonders der Anblick bei Nacht, wo der Lavastrom in roter Glut leuchtete, in der schwarzen Rauchwolke die Tausende von emporgeschleuderten weißglühenden Lavafetzen wie Sterne blitzten und die aus den Krateröffnungen hervorzüngelnden Flammen ein herrliches, furchtbar erhabenes Schauspiel gewährten. Gegen Ende Juli und im ersten Drittel des August wurden die Bewegungen des Berges allmählich schwächer, der Lavastrom schob sich nur noch langsam vorwärts; die Eruption verstärkte sich zwar um 13. August von Neuem, ohne jedoch einen gefahrdrohenden Charakter anzunehmen Die umwohnenden Sizilianer sind also diesmal mit dem bloßen Schrecken davongekommen. Die braven Leute lieben übrigens ihren Mongibello, wie sie den Ätna nennen, trotz der Gefahr, mit der er sie bedroht, bauen sich stets wieder auf ihm an und nennen scherzend die neuen Kegel und Krater, welche er während eines solchen Ausbruches hervorbringt: "I nuovi figli dell‘ Etna“, die neuen Kinder des Ätna.

Der Ausbruch des Ätna

Der Ausbruch des Ätna

Der Ausbruch des Ätna 2

Der Ausbruch des Ätna 2