Siebentes Capitel: Malmö. — Geburtstag der Königin. — Politische Verhältnisse des Konigs. — Krieg gegen Frankreich. — Einschiffung von Cavallerie nach Stralsund. — Landskrona. — Beschreibung eines Kriegsschiffes. — Vom 12ten bis 28sten März 1807.

Am 12ten März war der Geburtstag der Königin. Von Seiten der Stadt wurde derselbe durch Ball und Soupee auf dem großen Knuths-Saale des Rathhauses sehr glänzend gefeiert. Bei dieser Gelegenheit erhob mich der König auf die schmeichelhafteste Weise aus eignem Antriebe in den Adelstand und ertheilte mir in dem Diplome den Namen von Nordenfels, indem er sagte: „Fest wie der Felsen ist Ihre Treue, und im Norden haben Sie solche bewährt, so mögen Sie denn fortan den Namen von Nordenfels führen*).“
Schon damals lebte der König in gespannten Verhältnissen mit dem Reichstage, mit Rußland, Dänemark und England. Gegen die Wünsche der Reichsräthe und gegen die Klugheitsforderungen der Politik hatte er Frankreich den Krieg erklärt, nachdem Preußens Sache schon verloren war und mit edlem Unwillen die Friedens-Vermittelungen mit Napoleon, welche Rußland und Oesterreich ihm noch vor dem Abschluß des Tilsiter Friedens angeboten hatten, zurück gewiesen. Jetzt war der König im Begriff, den Waffenstillstand gegen Napoleon im ungünstigsten Zeitpunkt zu kündigen und sich selbst zur Vertheidigung von Stralsund dorthin einzuschiffen.

Wir werden noch bei der zweiten Reise nähere Veranlassung haben, diesen ritterlichen König voll Verstand und Herzensgüte, mit seiner eisernen unbeugsamen Festigkeit und den tiefgewurzelten Vorurtheilen, wodurch er sein Reich und sich selbst in’s Unglück stürzte, näher kennen zu lernen.


Jetzt sollten im Hafen von Landskrona die Leibhusaren und die Carabiniers eingeschifft werden, um nach Pommern zu gehen. Ich reisete dorthin, um die Einschiffung anzusehen, in Gesellschaft des Admirals Rayelin, der zugleich Gouverneur und Generaladjutant des Königs war.

Am 25sten März reiseten wir von Malmö ab. Landskrona liegt nur 4 Meilen davon entfernt am Sund. Der Hafen, von Felsen gebildet, hat eine so jähe Tiefe, daß die größesten Kriegsschiffe sich bis auf 20 Schritt dem Strande nahen können.

Hier lagen drei Schwedische Linienschiffe, wovon ein Jedes bestimmt war, 200 Pferde an Bord zu nehmen. Mit Erstaunen erblickte ich zum ersten Male aus solcher Nähe diese schwimmenden Festungen mit drei Reihen Kanonen über einander. Solch ein Kriegsschiff unterscheidet sich von Handelsschiffen, außer den zahlreichen Gestückpforten, sogleich auf den ersten Blick durch die größern Verhältnisse der Masten und Segel (Takelage) zu dem Rumpf, indem diese mehr auf das Tragen von Lasten, jenes mehr auf Schnellsegeln und leichte Wendungen berechnet ist.

Dem Admiral zu Ehren bestiegen die Matrosen die Raaen und Segelstangen und bildeten Pyramiden von kräftigen Menschen in netter Matrosenkleidung an den Wänden der Takelage, und von allen Masten und Stangen wehten lange Wimpeln. Auf dem prächtigen Dreidecker Gustav Adolph wurde die Admiralsflagge aufgezogen und das Fallreep — die breite, mit rothem Tuch belegte Prachttreppe — herabgelassen, auf welcher wir an Bord gingen. Einige Kanonenschüsse hatten den Admiral salutirt. Dieser sagte mit vieler Feinheit zu mir: er habe sich die Ehre nicht verbeten, nur um diesen seemännischen Gruß auf seinen lieben Gast übertragen zu können. Die Matrosen begrüßten uns auf ihre Weise mit einem dreimaligen „Hurra!“ und nach wenigen Minuten war Alles wieder auf seinem Posten.

Während der Admiral die Musterung begann, führte mich auf seinen Befehl ein Deutscher Chirurgus im ganzen Schiffe herum. Wie soll ich den Eindruck beschreiben, den die Neuheit aller Gegenstände, die großartigen Massen, die sinnreiche Benutzung des Raums, die Eleganz und Reinlichkeit, die Oekonomie und der Organismus des Dienstes auf mich machte? — Welche ungeheuren Masten? — Der Naturwuchs der höchsten Fichten würde die Höhe und Stärke des mittlern Hauptmastes und des Vordermastes nicht erreichen, daher dieselben aus mehrern, durch eiserne Ringe und sorgfältige Zimmerung zusammengefügten Bäumen bestehen; nur der dritte Mast, der Besaansmast, welcher der niedrigste ist, besteht aus einem Stück. Der Hauptmast ist 3 ½ Fuß im Durchmesser und 110 Fuß hoch. Die ändern sind nach Verhältnis niedriger. Ein vierter Mast — der Bugspreat — hat eine schrägliegende Lage, weit über das Vordertheil des Schiffes hinausragend, etwa wie eine halb aufgerichtete Wagendeichsel, er hat mit dem daran befestigten Stag-Segel die Bestimmung, dem Steuerruder bei der Wendung des Schiffes, nach den Gesetzen des Hebels zu Hülfe zu kommen.

Die Marsen (Mastkörbe) sind die halbmondförmigen Galerien, auf ¾ der Höhe des Mastes. Jeder Mast hat einen solchen Mastkorb, in deren größestem wohl 20 Menschen Platz hatten. Hier waren einige Drehbassen **) angebracht. Unter und über den Mastkörben befinden sich die Stangen, oder Aufsätze, welche von Stangen, die wieder ihre kleinen Mastkörbe haben, zusammen gesetzt sind. Die untersten (Bramstangen) sind so bedeutend, daß jede derselben schon für kleinere Kauffahrteischiffe einen Mast abgeben würde. Die Segel, an hunderten von Querstangen befestigt, bilden mit allen den zahllosen Doppelreihen von Tauen und Kloben ein unermeßliches Labyrinth, in welchem jedoch die pünktlichste Ordnung herrscht. Jedes Segel hat seine Benennung und seine besondre Bestimmung, jeder Tau, wovon diejenigen, welche zur Haltung des Gleichgewichts der Masten bestimmt sind, die Wände heißen, und wie Strickleitern durch querlaufende Taue netzartig mit einander verbunden sind. Alle Taue, welche große Segel in Bewegung setzen oder sonst zu der Leitung des Schiffes benutzt werden, laufen durch Löcher im Verdeck in das erste Zwischendeck, in welchem die Kraftanstrengung erfordernden Arbeiten durch die Masse der dort stationirten Matrosen vorgenommen werden.

Man denke sich überhaupt die Arbeiten, um einen solchen Koloß in eine gewandte Bewegung zu setzen, so leicht nicht. Es wird Kühnheit, Kraftanstrengung und Geschicklichkeit dazu verlangt. Deshalb hat auf Kriegsschiffen jede Art von Arbeit ihre besondern dafür bestimmten und eingeübten Leute, die auch an dem Orte, wo das Gebiet ihrer Beschäftigung ist, ihre Tag und Nacht, von vier zu vier Stunden wechselnden Wachen halten. Die Matrosen theilen sich dadurch in Corps von verschiedenen Rangverhältnissen unter einander. So z. B. hat jeder Mast seinen besondern Marsklimmer unter Anführung eines Capitains, der aber nicht Officier ist, sondern in den Verhältnissen, wie der Gefreite bei Linientruppen, zu den Matrosen steht, daher auch immer nach seiner Station benannt wird, z. B. Vormars-Capitain, Hauptmars-Capitain u. s. w.— Die Marsklimmer versehen nur den Dienst bei den über den Mastkorb stehenden Segeln, da die tiefer liegenden, an den Brahmstangen von der Verdeck-Mannschaft besorgt werden. Die Marsklimmer des Vormastes fordern die kühnsten und gewandtesten Klimmer, daher sie auch den Vorrang vor den Uebrigen behaupten. Es ist unbegreiflich, mit welcher Leichtigkeit, Verwegenheit und Sicherheit sich diese Menschen in der schwindelnden Höhe, oft bei dem heftigsten Schwanken des Schiffes und den stürmenden Winden auf den Raaen und Tauen zwischen den schwellenden peitschenden Segeln bewegen. Jede Veränderung mit den Segeln geht wunderbar schnell auf einen Ruck, nach dem mit der gellenden Pfeife oder im Schlachtendonner mit Signalen gegebenen Befehle, und eben so schnell geht jede Veränderung und Wendung im Laufe des Schiffes vor sich. Die Masten, oft glänzend weiß angestrichen, durchschimmernd durch das schwarzgetheerte, glänzende Tauwerk, mit den großen und kleinen schwellenden Segeln, mit den langen Wimpeln und Flaggen an den Raaen, Stangen und Spitzen der Masten unter den funkelnden vergoldeten Knöpfen derselben, geben dem herrlichen, auf den Wellen dahin schwebenden Gebäude ein prachtvolles Ansehen. Doch es wird Zeit, den Körper eines solchen Schiffes näher zu betrachten.

Das ganze Gebäude, von dem festesten Eichenholz gezimmert, erscheint durch Schönheit und Leichtigkeit der Verhältnisse, trotz seiner Größe, doch nichts weniger als unförmlich. Drei Reihen Stückpforten über einander, wovon die unterste fast immer geschlossen, wenig erhaben über dem Wasserspiegel liegt, bilden mit ihren metallenen Kanonen-Mündungen eine wahrhaft imposante Streitmacht. Dazu kommen noch die Kanonen auf dem vordern und auf dem hintern Theile des Verdecks, wovon jenes das Back und dieses die Schanze genannt wird.

Das Back oder der vordere Theil war der freien Aussicht wegen nicht überbaut. Eine schmale Brücke mit einer Galerie führt hinaus auf das Bugspreat. Unter demselben hängen an den Außenwänden des Schiffs die Anker von 6000 bis 9000 Pfund schwer. Hinter dem Vormast hängt die Schiffsglocke, weiter vor erhebt sich der eiserne hohe Schornstein der Schiffsküche, und ganz vorn am Back ist die Luke zum Hinabsteigen in das untere Deck. Auch das Back hat seine Station von geschickten und erfahrnen Matrosen, welche die Anker, das Bugspreat und die Vorsegel zu besorgen haben.

Zwischen dem Back und der Schanze liegt das Mitteldeck, welches auf großen Kriegsschiffen der Kuhl genannt wird und wegen der vielen Raum erfordernden Arbeiten keine Kanonen führt. Hier befinden sich die großen Boote, die sogenannte Barkasse und die Travaljschaluppe, welche viel Raum erfordern. In der Regel liegen sie über der großen Luke, welche durch alle Verdecke in gleicher Richtung bis in den Raum hinabgeht und werden bei der Beladung des Schiffes mittelst des am Mast befestigten Krahnichs gebraucht.

Auf diese Weise wurden mit großer Leichtigkeit die Cavalleriepferde an Bord gebracht, indem sie auf flachen Booten an das Schiff gefahren, hier mittelst eines breiten, unter dem Leibe durchgehenden Gurts von Segeltuch hinaufgewunden und sogleich durch die großen Luken in den untern Raum hinabgelassen werden, wo ihre eng abgeschlagenen weich gepolsterten Stände angebracht waren. Diese Luken sind so geräumig, daß, nachdem die Boote darüber liegen, noch ein umgatterter Raum für die hinabführende Treppe offen bleibt.

Rings um den Rand läuft der Bord, aus einer vier Fuß hohen Lage von starken Balken bestehend. Die rechte Seite des Schiffes heißt der Steuerbord, die linke der Backbord. Ueber denselben befindet sich die Galerie, ein Doppelgeländer, zwischen welchem die fest aufgerollten Hängematten mit den Matrazen und Decken jeden Morgen so dicht aufgestellt werden, daß sie eine für Kugeln fast undurchdringliche Brustmauer bilden. In der Gegend der Luken ist der Bord durchbrochen und nur durch gleichfarbig angemalte Blendwande von Segeltuch ausgesetzt, um für die Beladung des Schiffes und die Zimmerarbeiten Raum gewinnen zu können.

Der hintere Theil des Verdecks, welcher das Halbdeck oder die Schande heißt, ist überbaut und enthält die Cajüten für den Admiral oder Capitain. Dieses sind wahre Prunkzimmer, mit polirtem Holz getafelt, mit modernen Sopha’s, Spiegeln, Glasschränken und Gardinen versehen. In der Mitte liegt der Hauptsaal, welcher an beiden Seiten ein Zimmer und mehrere Cabinette hat. Sonderbar contrastirt mit dem zierlichen Prunk der Gardinen, Spiegelglasschränke etc., ein Meuble, welches man weder in Paris noch in London in irgend einem der glänzenden Salons zu finden gewohnt ist, nämlich zwei große Kanonen von polirtem Messing, welche, auf schwarzgebeizten Schiffslaffeten ruhend, vor den gewöhnlich mit Glasfenstern verschlossenen Stückpforten liegen. Kommt es zum Gefecht, so werden nicht nur die Prunkgeräthe, sondern auch die Seitenwände, welche die Nebenzimmer und Cabinette bilden, weggeschafft, und der getäfelte Fußboden wird so wenig, als die vergoldete Sonne am Platefond geschont.

Ein bedeutender Vorsaal mit Nebenlogen bildet die Entree und den Speisesaal zu den so eben gedachten Prunkgemächern. Vor der Cajüte ist eigentlich der Theil des Verdecks, welchen man vorzugsweise die Schanze nennt. Die 6 Fuß hohe Brustwehr ist mit Schießscharten für lange zwölfpfündige Kanonen durchbrochen. Hier versammeln sich die Officiere, indem sie nach seemännischer Manier von vorn nach hinten auf- und niedergehen; hier stehen die nettesten und reinlichsten Matrosen, des Winkes ihrer gestrengen Gebieter gewärtig, und besorgen das untere Segel am Hauptmast und, das am Besaansmast befestigte Gabelsegel. Ueber der Cajüte befindet sich der erhabenste Theil des Schiffes, welcher das Vierteldeck oder die Kampanje (Campagne) genannt wird. Von hieraus beherrschen zwei Drehbassen das ganze Verdeck, um im Falle eines Aufruhrs unter dem Schiffsvolke, die Meuterer damit in Ordnung zu erhalten; hier hält sich bei Seeschlachten in der Regel der Befehlshaber mit seinem Signalmeister auf.

Ist Jener der Admiral selbst, welcher die Flotte commandirt, so hat der Signalmeister einen schwierigen Posten. Die Signale werden nämlich durch Flaggen, welche am Besaanmast aufgezogen werden, gegeben. Jedes Schiff hat seine eigene Flagge und jedes Signal wird durch eine besondere Flagge ausgedrückt. Sollen nun Befehle an ein einzelnes Schiff gegeben werden, so wird dessen Flagge aufgezogen und darunter die Signalflagge. So oft die Flotte zu einer Expedition geht, werden die wichtigsten Signale verändert, damit sie geheim bleiben, und das nöthigt dann den Signalmeister, oft im Signalbuche nachzusehen und seine 3—4 Gehülfen in beständiger Thätigkeit bei großer Accuratesse und Einübung zu erhalten. Die Nachtsignale werden mit Laternen gegeben.

Vor der obern Cajüte herdurch läuft ein Säulengang, welcher das Compaßhaus und das Steuerrad enthält. Durch zwei Taue, wovon der eine sich abwickelt, indem der andre sich um die Spindel der Winde aufwickelt, die dann in besondern Gehäusen unter dem Fußboden der obern Cajüte auf zwei Seiten bis an das Steuerruder laufen, wird dieses nach Belieben rechts oder links gestellt. Drei bis vier Menschen, ja bei stürmischem Wetter sechs Mann, sind zum Drehen des Steuerrades, nach Anweisung des Steuermanns, nothwendig.

An der Außenseite am Hintertheile hängen an hervorragenden Balken die verschiedenen Schaluppen, zu deren Bedienung besonders eingeübte Leute bestimmt sind.

Aus der Cajüte führen Glasthüren auf die Galerie am Spiegel oder dem flach gebauten Hintertheile des Schiffs, welcher mit zierlichem Schnitzwerk und dem Königlichen Wappen in der Mitte geschmackvoll verziert ist. Diese Galerie gewährt bei schönem Wetter einen angenehmen stillen Spaziergang, im Freien hoch über den Wogen des Meers.

Steigt man in eine der drei Luken hinab, so kommt man auf das erste Zwischendeck oder obere Kanonendeck. Hier erscheinen auf beiden Seiten achtzehnpfündige Kanonen, die um den ganzen Bord in ununterbrochner Reihe fortlaufen. Die Schießscharten stehen offen und bilden ein Dach über die hinausgerückten Mündungen der Stücke. Der vordere Theil heißt der Bug. Aus diesem geht eine Thür auf die Galion einer Galerie, die unter dem Bugspreat fortläuft und sich in eine Spitze endet, welche mit dem geschnitzten Standbilde, das dem Namen des Schiffs entspricht, endigt. Hier wird, weil die Galion weit über dem Wasser hervorragt, geschlachtet und gescheuert, und hier befinden sich die Abtritte für die Mannschaft. Aber auch hier herrscht unter Aufsicht des sogenannten Galions-Capitains eine musterhafte Reinlichkeit und Ordnung, wie im ganzen Schiffe: von Innen und Außen der Fall ist. Nach der Galion hinauf öffnen sich die Fenster der Kammern, welche unter Aufsicht des Schiffsarztes als Hospital benutzt werden. Vor diesen geht der mit Eisenplatten belegte Raum an, auf welchem sich die Küche befindet. Diese besteht aus einem schwebenden Eisenkasten, welcher eine mit vieler Holzersparniß eingerichtete Feuerung für die, zwei großen Schiffskessel und die vielen kleinern Kochöfen enthält. Dieser Anstalt, in welcher für 6 — 800 Menschen gekocht wird, steht ein Schiffskoch vor, und die Officiere halten sich ihre, eignen Köche. Auf beiden Seiten der Kochmaschine befinden sich zwischen den Kanonen die Tische für die Zubereitung der Speisen. Die Reinlichkeit ist hier zum Bewundern. Hier ist der einzige Platz, auf welchem geraucht werden darf. Die Matrosen benutzen ihn daher als Tabagie.

Auf die Küche nach hinten zu folgt die Schiffsschmiede, dann folgen die Ställe und Käfige für das Schlachtvieh, welche so reinlich gehalten werden, daß sie durchaus keinen Geruch verbreiten. Nur die Schweine, welchen man einmal die Unreinlichkeit ein wenig zu gute halten muß, sind unter die Galion verbannt. Zwischen den Kanonen, den übrigen Ställen parallel, stehen die Rinder - eine friedliche Vereinigung der Idylle und Heroide.

Hinter der großen Luke folgen die Wasserbehälter, welche täglich aus den Wassertonnen gefüllt werden und der Reinlichkeit wegen bedeckt und mit einem Hahn versehen sind. Daneben gestellte Wachen sollen darauf achten, daß Niemand mehr als zum täglichen Gebrauch zu trinken hatt; allein die fast übertriebene Reinlichkeit der Officiere mit der feinsten Leibwäsche von Battist, die täglich gewechselt wird, und in Seewasser nicht gewaschen werden kann, veranlaßt, daß den tausend kleinen Künsten, um dieses Gebot zu übertreten, durch die Finger gesehen wird.

Merkwürdig ist es, daß das Wasser auf langen Seereisen einem förmlichen Gährungsprocesse unterworfen ist, indem es trübe und faulig wird, dann aber sich abklärt, den erzeugten Schlamm und lange Würmer zu Boden setzt und dadurch erst den ungemeinen Wohlgeschmack und die Dauer empfängt, welche oft veranlaßt, daß man Wasser, welches schon eine Reise nach Ostindien gemacht hat, dem frischen vorzieht und auf die zweite Reise mitnimmt. Besonders das Wasser der Themse hat diese merkwürdige Eigenschaft. Das, Filtriren des Seewassers in Filtrirsteinen wird wenig mehr angewendet, weil die Steine nach Verhältniß nicht viel Wasser liefern und bald verschlämmt werden, dagegen benutzt man oft den großen Fleischkessel, welcher, weil nur drei Mal in der Woche Fleisch für die Mannschaft gekocht wird, und ein Feuer beide Kessel heizt, ohnehin mit Wasser gefüllt werden muß, an den übrigen Tagen zum Destilliren. Da ein solcher Kessel die Größe einer ziemlichen Braupfanne hat, so ist der Gewinn an destillirtem Wasser nicht unbedeutend.

Von den Wasserbehälter bis zu der Cajüte wird der völlig freie Platz zu den Hauptarbeiten im Schiffe benutzt. Hier werden die Kraft erfordernden Manöver mit den Segeln gemacht. deren Tauenden durch die Decke herabhängen. Eine zahlreiche Mannschaft ist deshalb hier stationirt, die aber, weil sie nichts als Körperkrafe bedarf — denn jedes Tau, welches sie anziehen sollen, ohne dessen Wirkung zu kennen, wird ihnen zugereicht — und weil sie für alle andern großen Schiffsarbeiten als Reserve gebraucht wird, zu der niedrigsten Classe der Matrosen gehört.
Am Ende des Decks tritt man in die untere Cajüte, welche zwar nicht so prachtvoll als die obere, aber doch immer sehr elegant und glänzend eingerichtet ist, und vor jener den Vortheil der Größe voraus hat, denn sie läuft ohne Abtheilung in Cabinette vor der ganzen Breite des Spiegels (hintern Wand des Schiffs) herdurch. Auch hier stehen die polirten Kanonen zwischen Fenstern, Spiegeln und Gardinen. An beiden Seiten des Vorsaals laufen Schlafcabinette für die Schiffslieutenants, Officiere der Seesoldaten und einigt Civilbeamte. Die Betten bestehen in Hängematten, die durch Ausspannung in Rahmen an Bequemlichkeit gewonnen haben.

Von hier stiegen wir in die zweite oder mittlere Batterie hinab. Diese führt zwei glatte Lagen von vierundzwanzigpfündigen Kanonen. Die Stückpforten in den verschiedenen Batterien stehen nicht senkrecht unter einander, sondern zwischen dem darüber liegenden im Verbande, um durch das Aufschlagen des Feuers beim Losbrennen die Leute, welche mit dem Laden der Stücke der obern Batterie beschäftigt sind, nicht zu verletzen. Dieses Deck dient zur Wohnung der Matrosen, welche, in Gesellschaften abgetheilt, zwischen den Kanonen an den Wänden ihre Klapptische und kleine Oekonomie in der allergrößesten Reinlichkeit und Ordnung haben. Abends werden die Hangematten von der Galerie auf den Bord geholt und als Schlafstellen an der Decke befestigt. Gehen die Wellen hoch, so müssen die Stückpforten geschlossen werden und dann geben Laternen in diesem Aufenthalt das nöthige Licht. Am Vordertheile dieses Decks befinden sich die Kammern für den Bootsmann und dessen Schreiber nebst einigen andern Unterofficieren. Am hintern Ende dieses Verdecks befinden sich die Kammern für die Cadetten und einige andere Unterofficiere. Ueberall, auch hier, vertreten die Stückpforten die Stelle der Fenster.

Dieselbe Anordnung und Reinlichkeit findet sich auch im dritten Deck, welches von den Handwerksleuten und Marinesoldaten bewohnt wird. Diese Batterie führt sechs- unddreißigpfündige Kanonen, nur im Spiegel liegen zwei Achtundvierzigpfünder. Der Aufenthalt in diesem Verdeck hat das Unangenehme, daß die Pforten mit Ausnahme einiger wenigen nur bei stillem Wetter oder in der Schlacht geöffnet werden. Im Vordertheil befindet sich die große Ankerwinde, welche durch eingesteckte Balken in die senkrecht gehende Spille von 50 bis 100 Menschen gedreht werden, während das eigentliche Lichten der Anker außerhalb des Schiffes mittelst der Boote geschieht.

Der hintere Theil enthält die Constablerkammer, welche in ihren verschiedenen Abtheilungen auch die Wohnung für den Oberzimmermann und eine Menge Schiffshandwerker hat. Hier arbeiten in dem größeren Raume Bötticher, Tischler, Drechsler, Blechschläger, Schuster und Schneider in der regsamsten Thätigkeit; hier steht die Werkstatt der Waffenschmiede unter Aufsicht des Constablers; von hier aus schlagen die Taumacher ihre Seilerbahnen durch die ganze Länge der Batterie auf, die Segelmacher und Zimmerleute arbeiten im mittleren Raum dieses Decks, und trotz der ameisenartigen Regsamkeit in dieser Abtheilung des Schiffes geht doch Alles in der wundersamsten Ordnung seinen geregelten Gang. Kein Plätzchen ist unbenutzt, nirgend aber fehlt auch nur das Geringste am Raume, was für die Bequemlichkeit und Gesundheit der Mannschaft oder für den Zweck des Ganzen unentbehrlich wäre. Selbst für die Erfrischung der in den untern beiden mit hunderten von Menschen angefüllten Decken ist auf das zweckmäßigste durch Kühlsegel gesorgt. Dieses sind lange Segel, deren untrer.Theil zusammen genäht, einen Schlauch bildet, welcher durch die Luken in das zu lüftende Verdeck hinabgelassen wird. Oben ist das Kühlsegel an den Stangen und Rahmen in die Höhe gezogen und gegen den Wind gestellt, und brausend fährt dann der dadurch aufgefangene Wind durch den Schlauch in die untern Räume hinab.

Erst unter dem untersten Deck, in dem im Wasser gehenden, mit Kupfer beschlagenen Theile des Schiffes, liegen die Räume in drei Etagen über einander getheilt, durch zwei Zwischendecken, welche, sonderbar genug, Kuhbrücken genannt werden.

Die oberste Kuhbrücke enthält neben dem Hauptmast die Pumpenkammer, mit Doppelpumpen, welche das Wasser aus der Tiefe des untern Raums in zwei Absätzen heraufholen; dann die Buttlerei, wo die Lebensmittel mit Schnelligkeit und Ordnung vertheilt werden.

Auf der untern Kuhbrücke finden sich zwei merkwürdige Gemächer — der Schlachtverband — zum Verbinden der Verwundeten in der Schlacht, mit einer Menge von chirurgischen Instrumenten ausgestattet, und die Pulverkammer, in welche von oben aus der Constablerkammer die Treppe und ein kupferner kleiner Schornstein herabführt. Durch Letztern wird die mit Kupferdrath übersponnene, dicke Krystallgläser enthaltende Laterne hinabgelassen. Die ganze Pulverkammer und die Treppe ist von Innen und Außen mit Bleiplatten ausgelegt, ein mit Wasser stets gefülltes Gefäß steht dort zum Löschen immer bereit und nur mit bloßen Füßen, ohne Eisen und Stahl an den Kleidungen zu haben, dürfen die Constabler dieses Allerheiligste der Kriegsschiffe betreten, in welchem ein einziger glimmender Funken hinreichen würde, die ganze kolossale Maschine in die Luft zu sprengen.

Die Räume (Kuhbrücken) sind theils zur Aufbewahrung, theils zur Wohnung für niedre Beamte in Gemächer abgetheilt, welche von Gängen nach der Länge und Breite des Schiffs unterbrochen werden. Im mittelsten Gange brennen immer Laternen, und die Gänge an den Schiffswänden dienen für die Schiffszimmerleute, um zu den Luken kommen zu können.

Der unterste Theil des Raums, der auch vorzugsweise der Raum genannt wird, bildet ein ununterbrochnes Ganze, durch die hier freilich schon sehr verjüngte Länge und Breite des Schiffsbodens gehend. Er ist anstatt des Ballastes mit Kugeln und altem Eisenwerk gefüllt, und Abschläge darin werden von den Officieren als Keller benutzt:

Für die Aufnahme der Pferde war auf dem Gustav Adolph die zweite Kuhbrücke und ein Theil bes Raumes zweckmäßig eingerichtet. In der Regel befassen sich aber Kriegsschiffe nicht mit dem Cavallerie-Transport, sondern es werden dazu eigene Transportschiffe gemiethet.

Wer könnte scheiden von einem solchen Riesenwerke des menschlichen Erfindungsgeistes, ohne sich tief durchdrungen zu fühlen von der Großartigkeit der Erscheinung, welche durch harmonische Ordnung und in einander greifende Zusammenwirkung aller Theile nicht als ein Gebilde aus Menschenhand hervorgegangen, sondern als ein organisches Wesen erscheint, dessen ungeheure Riesenkraft Meere bezwingt und dessen Flügelschnelle Welttheile verbindet. — Und doch, wie oft wird es, selbst nur ein Federball der Berge hoch steigenden Wogen, zerschellt an der steinernen Stirn einer Klippe, ja in dem tropischen Meere, an dem Gehäuse, welches ein Wurm sich baut — an dem Korallenriff. — Wohl mag der Mensch die Elemente bezwingen, aber er gleicht nur dem Knaben, welcher den gezähmten Löwen reizt. Gegen den Zorn der Elemente ist Menschenkraft ein zertretner Wurm.

Am 28sten März reiseten wir wieder nach Malmö zurück.




*) Der König Gustav IV. liebte bekanntlich alle mystischen Beziehungen und Gleichnisse. So hatte z. B. Jemand gefunden, daß in dem Namen Napoleon Bonaparte die Zahl 666 enthalten sei und in dieser Zahl wollte der König die mystische Bezeichnung des Ungeheuers in der Offenbarung finden und Gott weiß durch welche Ideenverbindüng das Prognostiken, daß er berufen sei, Napoleon zu stürzen. Kiese fixe Idee scheint die erste Quelle seines Unglücks gewesen zu styln.

**) Leichte Kanonen. *)