Erster Abschnitt

Der Fürst Carl Philipp zu Schwarzenberg wurde am 15. April 1771 in Wien geboren.

An eine grosse Folge verdienter und berühmter Ahnen reiht sich dieser Sprosse , der alle seine Vorfahren überragen sollte. Man hat sich die Mühe gegeben, die Stammtafel der Schwarzenberge an jene des Kaiserhauses von Habsburg, an die der Könige von England, Dänemark, Polen u. s. w. zu knüpfen. Es bedarf dieser Mittel, so ehrend sie sind, zur Festhaltung der Erinnerung nicht. Es gibt Todte, deren Leben und Wirken, von Geschlecht zu Geschlecht forterzählt, und jeden Wandel der Zeit überdauernd, aus dem Eigenthume dieses oder jenes Volkes schon ein Gemeingut der Menschheit geworden sind; – Todte deren alleiniger Name ausgesprochen, alle Lebensbeschreibungen und Thatenverzeichnisse derselben jetzt entbehrlich macht. Wunsch und Hoffnung haben Theil an dem Glauben, dass nach Verlauf des Zeitraumes, der auch in der geistigen Welt zur Absonderung und Gestaltung der Erscheinungen nothwendig ist, der Mann, aus dessen Leben hier Einiges niedergelegt werden soll, bei unsern Enkeln und Nachfolgern einer gleichen Schätzung geniessen werde.


Man muss zugeben, und Allem vorausschicken, dass ein seltenes Zusammentreffen von Umständen den Charakter und die Handlungsweise dieses Mannes reiner erhielt, als es manchem eben so hoch Gestellten unserer Zeit möglich war.

Nur zur Entscheidung im Kampfe des Welttheils berufen, nahm der Himmel den Mann in seinen kräftigsten Jahren hinweg. Es zerfällt sein Leben demnach nur in die Jahre der Vorbereitung, und in die, wo das Schicksal von Europa in seinen Händen lag, und wahrlich nicht reineren und gewandteren vertraut werden konnte.

Wer fühlt nicht, was es heisst, das Leben eines Mannes zu schildern, dessen Wirken durch Gelegenheit und durch eigene Kraft zu aussergewöhnlichem Einflüsse gesteigert wurde. Vor dem Auge der gesammten Mitwelt daliegend, fordert es auch die gesammte Mitwelt zum Urtheile auf, und je öfter die Ansichten der Einzelnen unter sich nicht übereinkommen, desto unnachsichtigeres Gericht droht Demjenigen, der, indem er öffentlich auftritt, den Schein auf sich zieht, als halte er sich berufen, den Streit der Meinungen beizulegen. Anderseits ist die Klage um den Verlust noch neu. Darum werden auch Diejenigen, die dem Verewigten näher standen, und folglich von seinem Wesen ergriffen waren, strenge Forderungen an diese Schilderung machen, und der Verfasser muss den Vorwurf des Unvermögens, wie den der Anmassung , befürchten. Er wird versuchen, sich zunächst gegen jenen mit Allem, was ihm zu Gebote steht, zu waffnen, und gegen diesen wird ihm das Bewusstseyn seiner Absicht genügenden Trost, ihn aufzuwiegen, und auch Kraft, ihn zu übersehen geben.

Also zur Jugend. vorerst. Von der Wiege auf zum Soldaten bestimmt, verkündigte sich in dem Fürsten Carl zu Schwarzenberg früh der Beruf, durch den die Vorsehung ihn zu verherrlichen beschlossen hatte. Früh entwickelte sich die Lust an Allem, was auf die Geschäfte des Krieges deutete. Wie jedes Kind, erfasste auch er zuerst die Aussenseiten, übte sich mit Leidenschaft im Spiele des Degens, lernte, sobald sein Arm die Kraft gewann, den Säbel führen, und bestieg endlich mit der Freude und der Kühnheit eines Siegers das Pferd.

Aber mit den Jünglingsjahren wandte sich sein Streben, und plötzlich, als besänne er sich über die zu ungetheilte körperliche Ausbildung, lag er mit gleicher Anstrengung auch dem Wissenschaftlichen seines künftigen Standes ob. Mathematik, Geschichte und Sprachkenntnisse betrieb er mit eben so grossem Eifer als Erfolg, legte sich dann auf die philosophischen Wissenschaften, und erwarb sich bis zu seinem siebzehnten Jahre einen verhältnissmässig ungewöhnlichen Reichthum an Kenntnissen, der in dem schönen, in allen ritterliehen Übungen gewandten Jünglinge frühe schon die herrlichsten Früchte versprach, und zu mancher Äusserung lebenserfahrener und hochgestellter Männer der damaligen Zeit, wie Lacy und Loudon, Veranlassung gab, welcher die späteren Begebenheiten den Charakter von Vorhersagung aufdrangen.

Siebzehn Jahre war der Fürst alt, als der Krieg gegen die Türken ausbrach. Der Feldmarschall Lacy sollte die Führung des Hauptheeres übernehmen. Ein Freund des Hauses, forderte er die Ältern unsers Fürsten auf, denselben jetzt schon in den Stand treten zu lassen, für den er bestimmt war: „denn ein Türkenkrieg wiederholt sich wohl lange nicht wieder. Wer daran Theil nahm, wird vor seinen Waffengenossen einst ein Verdienst voraus haben.“ – Nach dem Erziehungsplane des Vaters, sollte zwar noch einige Zeit auf die Vorbildung unseres Fürsten verwendet werden. Er wünschte ihn, ehe noch ein Paar Jahre vergingen, nicht seiner unmittelbaren Leitung zu entziehen. Dennoch gab er dem Drängen desselben, so wie dem Verlangen des Feldherrn nach, der Vatersorge zu übernehmen sich antrug. So folgte Fürst Carl, nachdem er am 29. December 1787 die Anstellung als Lieutenant im Infanterieregimente Wolfenbüttel erhalten hatte, dem Feldmarschall zum Heere nach Slavonien.

Die schützende Hand der Vorsicht that sich an ihm bald nach Beginn des Feldzuges auf unverkennbare Weise kund. Der Feldmarschall hatte den Wunsch geäussert, Gefangene zu machen. Der junge Fürst sah in diesem Wunsche einen willkommenen Auftrag, und erbat sich, die hiezu bestimmten Reiter begleiten zu dürfen. Mit seinem Freunde, dem Major Fürsten Poniatowski, Adjutanten des Kaisers, eilte er hinaus, traf in kurzem auf türkische Streifer, und ritt, der Vorderste, ohne Zaudern auf sie los. Einer der Feinde, der sich durch die Flucht nicht mehr retten konnte oder wollte, sprang ihm mit gespanntem Gewehre entgegen, und drückte, als der Reiter nicht anhielt, und schon bis zu ihm gelangt war, ab; aber - das Gewehr versagte. Im nächsten Augenblicke hatte der Fürst ihn schon gefasst, und führte den Gefangenen sofort dem Feldmarschall vor, Einer ähnlichen Gefahr entging er mit demselben Freunde bald darauf, als er, an einem dienstfreien Tage mit der Jagd sich ergötzend, auf einzelne Türken stiess, denen es gelungen war, zwischen die Vorposten sich einzuschleichen, und die alsbald Anstalt machten, sich der Officiere zu bemächtigen.