Der Golf von Burgas, Cap Emineh, Varna

Dieser Golf von Burgas, der guten Ankergrund auch für größere Schiffe darbietet, wird nördlich von dem sehr gegen das Meer vortretenden Cap Emineh und südlich durch die auf der äußersten Landkante liegende kleine Stadt Sizepoli begrenzt und öffnet sich östlich gegen das Meer. Die im Hintergrunde des Golfs auf einer Anhöhe liegende Stadt Burgas gewährt einen freundlichen Anblick. Die Käufläden sind nett und sauber und die ausgestellten Sachen durch Zierlichkeit der Form und gute Arbeit ins Auge fallend.

Die vorzüglichste Quelle des Emporkommens dieser Stadt, welche etwas über 6.000 Einwohner zählt, beruht in der Fabrikation von Töpferwaren, Pfeifenköpfen, Tassen u. dgl., wozu ein ausgezeichneter Ton in der Nachbarschaft gefunden wird. Diese Waren werden wegen ihrer geschmackvollen Arbeit und reichen Dekorierung viel gesucht und teuer bezahlt. Außerdem treibt die Stadt noch bedeutenden Handel mit Getreide, Wein, Eisen, wollenen Stoffen, Butter, Käse und anderen Produkten der Gegend.


Das Cap Emineh wird durch einen hohen Gebirgsvorsprung gebildet, welcher das Ende eines andern langen von Westen nach Osten laufenden Armes des Hämus, des Emineh Dagh, ausmacht. Das von hier ab sich rein nördlich ziehende bulgarische Ufer zeigt abwechselnd bald steile felsige Küsten, bald niederes mit reicher Vegetation versehenes Land. 8 Meilen vom Cap Emineh öffnet sich der Hafen von Varna.

Varna, eine Stadt von 25.000 Einwohnern, treibt bedeutenden Handel und besitzt einen kostbaren Hafen, den besten der ganzen Westküste des schwarzen Meeres, der die größten Schiffe aufnehmen kann. Die Rhede wird im Norden durch das Vorgebirge Hodrava oder Sochankik, gegen Süden durch das von Galata begrenzt. In den kleinen Golf von Varna ergießt sich der Limanfluss, welcher unweit der Stadt zwei Seen bildet, den Dewnosee und den Limansee. Beide sind durch eine sumpfige, einige hundert Schritte breite Niederung getrennt, durch eine ähnliche auch der Limansee von dem Meerbusen. Letztere Niederung ist doppelt so breit und wird von den Abflüssen des Sees nach dem Meere in mehreren Armen durchströmt. Diese Wasserlinie deckt einen Teil der Südseite der Stadt; der andere Teil derselben und ein Teil der Ostseite sind vom Meere umflossen. Längs des linken Ufers des Liman ist Weideland, die ganze übrige Umgebung der Stadt im Westen und Norden bilden große Weingärten. Auf dem rechten Limanufer erstreckt sich ein Ast des Balkan bis an das Meer: nördlich des Platzes, nach der Donau hin, ziehen sich Ausläufer desselben Gebirges, über welche nur raue Fußpfade führen. Die große Wichtigkeit des Platzes und seine durch Örtlichkeit begünstigte Festigkeit sind hieraus ersichtlich. Auf dem Landwege einige 40 Meilen von Konstantinopel entfernt, ist Varna dessen bester Verteidigungspunkt gegen Norden, und die Verbindung mit der Hauptstadt bleibt so lange gesichert, bis der Angreifende nicht nur durch eine überlegene Flotte das schwarze Meer beherrscht, sondern auch zu Lande stärk genug ist, um sich zu teilen und den Platz auf beiden Ufern des Liman einschließen zu können. Von den Einwohnern ist ungefähr der dritte Teil Christen. Zur Zeit der Belagerung von 1828 war das Befestigungssystem allen andern von den Türken neu errichteten Festungen wie Braila, Isaktschi, Tultscha usw. ähnlich, das heißt die Deckung bestand aus vielen kleinen Bastionen, deren lange Seiten oder Façen meistens 6 Kanonen, ihre schmalen Seiten oder Flanken aber nur ein Geschütz enthielten. Diese Bastionen sind durch lange, nicht für Geschütz eingerichtete Zwischenwälle oder Courtinen verbunden. Varna hat vierzehn solcher Bastionen und einen schmalen Graben, welcher auf der nach Außen gerichteten Seite gemauert ist. Äußere Verstärkungen durch Werke in oder vor dem Graben sind nicht vorhanden; auch hat der Wall nur eine mäßige Höhe. Die einzig mögliche Angriffsseite liegt dem Norden zu, nach welcher Himmelsgegend der Talkessel in welchem Varna liegt, durch eine bedeutend hohe Ebene begrenzt ist, welche nach dem Meere zu gleichmäßig abfällt, aber von tiefen Einschnitten und Schluchten zerrissen ist. Die Nordseite der Festung enthält vier Bastionen, welche, da das Terrain sehr nach dem Meere zu abfällt, eine immer tiefer als die andere steht. Die Bastionen von der vierten bis zur neunten auf der Nord- und Westseite liegen gleich hoch. Von der neunten Bastion an, die sich an steile Felswände stützt, welche dort die Niederungen des Liman begrenzen, senkt sich die Festungsmauer bis zu der Talniederung herab und hat auf der Südseite, dem Liman zugekehrt, die fünf letzten Bastionen. Noch waren zur Deckung einiger Wassermühlen und einer steinernen Brücke über den Limanfluss in neuerer Zeit einige besondere detachierte Werke aufgeführt worden. Nahe dem Meere, im südlichen Teile der Stadt, liegt die Citadelle, deren Mauern zum Teil noch aus den Zeiten der griechischen Kaiser herrühren. Gewiss ist in neuester Zeit, wie es an den Donaufestungen geschehen, der Verteidigungszustand der Festung geprüft und die Werke in guten Zustand versetzt oder durch die neueren Erfahrungen verbessert und vermehrt worden. Obgleich Varna schon früher von den Türken für unüberwindlich gehalten wurde, ebenso wie Schumla, fiel es doch 1828 nach einer tapfern und über zwei Monate dauernden Gegenwehr in die Hände der Russen, nachdem es diesen gelungen war, die Festung auch von der südlichen Seite einzuschließen und ihr so alle Unterstützungen abzuschneiden.
Dieses Kapitel ist Teil des Buches Das schwarze Meer und die Ostsee