Ladenburg

Von einer Erhöhung des jenseitigen rechten Neckarufers winkt jetzt Ladenburg herüber, das mit seinen altertümlichen Türmen und Toren auch auf einem großen Teile der Bergstraße sichtbar wird. Am bedeutendsten treten die Türme der angeblich von König Dagobert gestifteten St. Galluskirche hervor. Der Bau ist freilich Jüngern Ursprungs, wie fast die ganze heutige Stadt, deren Anfänge doch in die Römerzeiten reichen. Schon Ausonius erwähnt Lupodunum, das auch ein römisches Bad und viele andere Überreste als eine der wichtigsten Niederlassungen der Römer am Oberrhein bezeichnet. Im Mittelalter war es die Hauptstadt des Lobdengaus, dem es den Namen gab. Auf dem Stahlbühel, so heißt noch jetzt eine Ackergewanne gegen Leutershausen hin, war das Gaumal, wo die Grafen des Lobdengaus unter freiem Himmel die sogenannten Gedinge, oder öffentlichen Gerichte hegten, Anfangs Namens der fränkischen Könige, welchen diese Grafschaft vorbehalten war, dann der Herzoge des rheinischen Franziens, zuletzt der Bischöfe von Worms, die auch im zwölften Jahrhundert, während der Empörung ihrer Bürger, hier ihr Hoflager aufgeschlagen hatten. Bis zu unsern Zeiten ward das Kurhaus Pfalz von den Bischöfen von Worms mit der Grafschaft auf dem Stahlbühel, welche keine andere als die des Lobdengaus ist, mithin auch Heidelberg einbegriff, feierlich belehnt. Die neuere Zeit hat Ladenburg in den Hintergrund gestellt; aber noch heute erinnert seine Saalgasse an den Pallast der fränkischen Könige, hier wie überall der Saal genannt. Zum Abschied sei noch einer Legende gedacht, die bis auf unsere Tage ein lebendiges Zeugnis hinterlassen hat. Die berühmte Sickingensche Familie, vielleicht einst mit der Burgmannschaft des Saals belehnt, war in Ladenburg begütert, die Kirche zeigt ihre Wappen und (Grabsteine, ja eine eigene Kapelle ist nach ihr genannt. Mit dieser haben sie eine Stiftung verbunden, die ihr Geschlecht überdauert hat. Ein Fräulein von Sickingen, so meldet die Sage, verirrte sich einst in dem jetzt gerodeten Schwabenheimer Walde. Es war schon spät in der Nacht, als sie den Schall einer Glocke vernahm. Sie erkannte sie als diejenige, die ihr oft vom Turme der St. Galluskirche zu Ladenburg in die Messe geläutet hatte, folgte der befreundeten Stimme und fand sich glücklich nach Hause. Seitdem ertönt die Glocke allnächtlich um elf Uhr und jede Woche lässt der Besitzer des Guts zum Vorteil der Armen Ladenburgs ein Malter Korn zu Brot verbacken.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Das malerische und romantische Deutschland