Die Newa (8)

So wären wir denn auf diesem Wege bis an die Stadt selbst gelangt, ziehen es aber vor, unseren Leser zu bitten, mit uns von Peterhof aus die Fahrt dahin auf der Newa, auf einem jener raschen eleganten Dampfboote zu machen, um ihm die nordische Palmyra gleich in ihrer ganzen imponierenden Großartigkeit vorzuführen.

Die Newa ist in der Tat kein gewöhnlicher Fluss. Breit wie der Bosporus, tief wie ein Meer, klar wie der Ladogasee, dem sie 60 Werst nördlich von Petersburg entspringt, strömt sie reißend und rasch dahin, während sich in der Durchsichtigkeit ihrer Oberfläche eine doppelte Reihe eleganter Paläste, prächtiger Gebäude und Monumente aus Bronze, Gold, Porphyr, Marmor und Granit spiegeln, mit denen ihre Ufer übersäet sind.


So erscheint die Kaiserresidenz von hier aus den Augen des staunenden Reisenden ohne jene gewöhnlichen Übergänge ärmerer Vorstädte, wie sie großen Städten voranzugehen pflegen. Wenn man sie plötzlich, glänzend und geschmückt, aus den Ufern ihres breiten Stromes hervorsteigen sieht, so sollte man wirklich glauben, sie sei durch den Zauberstab einer wohlwollenden Fee dahin geschaffen. Das geringste Haus scheint ein Hotel, das geringste Hotel ein Palast, die Paläste Tempel.

Beim Anblick dieses ergreifenden, die Seele überwältigenden Bildes, dieses nach allen Richtungen von rauschenden Dampfern durchfurchten Riesenstromes, mit seinen ihn einengenden riesigen Graniteinfassungen und seinen vielen breiten Armen, dieser langen Bronze- und Granitbrücke, wie jener anderen auf dem Wasser liegenden, die unter der Last der ohne Ende über sie hin- und herrollenden Equipagen und Droschken schwanken und beben — beim Anblick dieses belebten, großartigen Panoramas ist der Reisende weit entfernt daran zu denken, wie vor fast zwei Jahrhunderten an dieser selben Stelle nichts gewesen als eine wüste, sumpfige Ebene. Dieselbe war bedeckt mit Moos, Strauchwerk und Nadelwäldern, in welchen nur wilde Tiere, Wolfe und Bären vornehmlich, hausten, während an den schilfbedeckten Ufern des Stromes und auf den Inseln ärmliche finnische Fischer ihr kärgliches Dasein fristeten.