Die leibeigenen Dienstboten

Von den leibeigenen Dienstboten hat Tolstoi vor allem der alten Wirtschafterin Praskowja Isajewna ein wundervolles Denkmal gesetzt in der „Kindheit“. Dort heißt sie Nathalja Ssawischna. Köstlich und auch heute noch für ergebene russische Dienstboten durchaus bezeichnend ist dabei die Schilderung, wie geizig sie war im Interesse ihrer Herrschaft, wie sie ewig feilschte mit Koch und Köchin um den Mundvorrat!

Von seiner Kinderwärterin Tatjana Philippowma sagt Tolstoi: ,,Sie war eines jener rührenden Geschöpfe, die sich derart hineinleben in die Familie ihrer Herrschaft, dass sie alle ihre persönlichen Interessen auf diese übertragen, so dass ihren Angehörigen gar nichts anderes bleibt, als ihnen ihr Geld abzuverlangen und sie schließlich zu beerben.“ (Solche Dienstboten gibt es übrigens auch heute noch in Russland. Ich selber habe solche kennen gelernt in meinem Elternhause. Und ich glaube, dass solche Menschen, die durch die Macht ihrer Güte alle sozialen Abgrenzungen hinfällig machen, es uns ebenso erschweren, die raue soziale Wirklichkeit zu erkennen, wie sie später, wenn wir erst einmal die soziale Wirklichkeit begriffen haben, die tröstende Hoffnung in uns wachhalten, dass nicht alles Menschliche totgetreten zu werden braucht unter dem Zwang der gesellschaftlichen Einrichtungen, in die wir hineingeboren und hineinerzogen wurden, ohne dass man uns vorher fragte.)


Tatjana Philippownas Bruder, Iwan Philippowitsch, war Kutscher, „den wir Kinder nicht nur alle sehr liebten, vor dem wir auch große Achtung hatten. Er trug besonders dicke Stiefel, es roch immer angenehm nach Mist von ihm, und ihm war eine freundliche und klangvolle Stimme eigen.“


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Das heutige Russland 1 - Tolstoi