Das fleißige Hausmütterchen

Dem Leben der Armut und Genügsamkeit entlehnte die Bildende Kunst zu allen Zeiten die Vorwürfe zu jenen Kunstwerken, welche unmenschlich anmuten und in unserem Gemüte eine verständnisinnige Teilnahme wecken. Das Volksleben ist die unerschöpflich reiche Quelle, aus welcher der dichterische und bildnerische Genius schöpft, denn hier allein ist Natur und Gemüt. Das Leben des Reichen mit seinem Überfluss und Genüge liefert dem Dichter und dem Künstler Mittagsbrotwirksamen wertvollen Anregungen, nichts was sich wirklich poetisch und künstlerisch verwerten ließe.

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So hat denn E. Bertling, dem wir das liebliche Genrebild auf S. 20 verdanken, auch wirklich einen rechtglücklichen Griff getan, indem er uns in die Wohnstube eines kleinen Handwerkers oder Arbeiters versetzte, wo die derbe Hausfrau sich gewaltig tummeln und den Kopf zerbrechen muss, um mit des Gatten Verdienst und der eigenen fleißigen Arbeit und genügsamen Entsagung für das Auskommen der Familie zu sorgen.

Und dass wir es mit einem fleißigen und wirtschaftlichen, für Alles besorgten Hausmütterchen zu tun haben, das sehen wir an der Wäsche, die sie in der Stube trocknet, an des Gatten Arbeitsbeinkleidern, die sie eben sorglich flickt, an der Wiege des Kleinen neben ihr, an dem Kaffeegeschirr auf dem Tische, das unzweifelhaft das frugale Mittagsbrot der Arbeiterfamilie enthielt. Fürwahr, ein solch emsiges, stilles Wirken im engsten Kreise hat seine tiefe Poesie und solch ein Hausmütterchen hat Schiller in seinem Lied von der Glocke in den Versen besungen:

Sie herrschet weise
Im häuslichen Kreise
Und reget ohn' Ende
Die fleißigen Hände.
Und mehrt den Gewinn
Mit ordnendem Sinn.
O. M.