Abschnitt 14

ad 4. Die von Herzog Heinrich dem Löwen im Jahre 1158 in der Stiftungsurkunde für das Bisthum Ratzeburg getroffene Anordnung: postquam autem Slavis ejectis terra decimalis facta fuerit, decima tota vacabit episcopo, qui cum domino fundi de dotibus aget ecclesiarum parochialium, scilicet ut - quatuor mansis dotentur cum censu et decima" - ist wegen der Parochial-Kirchen nicht in dem vorgeschriebenen Umfang zur Ausführung gekommen. Im Jahre 1319 wurde den sämmtlichen zur Diöcese Ratzeburg gehörigen Pfarrern und Vicarien aufgegeben, eine Taxe ihrer Pfarreinkünfte aufzustellen; aus den (im U.-B. VI, S. 453 flgd. abgedruckten) Taxen sehen wir, daß die Mehrzahl der Pfarren nur 2 bis 3 Hufen besaß und daneben auf anderweitige, mehr oder weniger feststehende Einkünfte angewiesen war. Eine Zusammenstellung der Taxen vom Jahre 1335, mit welcher der Pfarrer Petrus zu Schönberg beauftragt wurde, findet sich U.-B. VIII, S. 540 flgd. abgedruckt. Danach waren abgeschätzt:

siehe Bild 1


Die Hufen sollen abgeschätzt werden, prout locari possunt aliis cultoribus ad colendum; die freiwilligen Hebungen, oblaciones, secundum quod communiter obveniunt. Es sollte angenommen werden

siehe Bild 2

Die Kirchen-Visitations-Protocolle aus dem 16. und 17. Jahrhundert ergeben vielfach einen Besitz der Pfarren von 2 bis 4, oft bis 6 Hufen; bei großen Pfarren sind gewöhnlich Vicarienäcker der dos zugeschlagen. Ein großer Theil dieses Besitzes ist aber durch die Wirren während und nach der Reformation, mehr noch durch die Verwüstungen des 30jährigen Krieges verloren gegangen, oder doch in Streit und Ungewißheit gerathen; die Rubrik der nicht mehr nachweisbaren geistlichen Ländereien, für welche an Kirche und Pfarre seit unvordenklicher Zeit eine bestimmte jährliche Entschädigung von den Gutsherren gezahlt wird, ist in unsern Gutsbeschreibungen (§. 5 sub 2 der revidirten Hypothekenordnung für Landgüter vom 18. October 1848) noch immer ziemlich stark vertreten.

Ein Zeugniß dafür, daß die Pfarrhufen ebenso wie alle Bauerhufen an den gemeinschaftlichen Nutzungen der Dorfgenossen nach Hufenzahl participirten, findet sich noch im landesgrundgesetzlichen Erbvergleich von 1755, §. 13; es sollen bei den Pfarrhufen für jede 175 Scheffel an saatbarem Lande oder an urbaren Wiesengründen, 125 Scheffel an Außenweide, oder in Rusch und Busch gerechnet werden; mit anderen Worten: es sollen 175 Scheffel Pfarrland wegen der zuständigen Nutzungen an den außerhalb des Hufenschlages der Dorfschaft belegenen Objecten für eine volle Hufe von 300 Scheffeln gerechnet, beziehungsweise zum Abzuge gebracht werden.

ad 5. Die Antheile, welche das eine ritterschaftliche Gut in dem andern, und welche die Großherzogliche Kammer in einzelnen ritterschaftlichen Gütern besitzt, sind in vielen Fällen darauf zurückzuführen, daß einzelne bäuerliche Hufen sich in der Hand benachbarter Gutsbesitzer befanden und wegen eines besonderen Nutzens dieser Verbindung mit dem benachbarten Gute sich der allmählich fortschreitenden Consolidation des Hufenbesitzes in der Hand dessen, welcher die Lehnspflichten zu erfüllen hatte, entzogen haben. Eine wichtige Rolle bei dieser Consolidation spielt in früherer Zeit, als noch die Particularadjudicationen einzelner Gutstheile in täglicher Uebung standen, das Reluitionsrecht, worüber das Nähere bei Tornow, de feudis Meckl. 1708, p. 652, nachgesehen werden kann.

Wir kehren zu der anfänglichen Aufgabe, ein Bild der bäuerlichen Hufen-Verfassung in Meklenburg zur Zeit des Mittelalters zu geben, zurück, und vervollständigen die obige Darstellung durch einige Bemerkungen über wirthschaftliche Verhältnisse, über Größe der Hufen und über Flächenmaße, soweit wir aus den Urkunden Aufschlüsse hierüber entnehmen können.

1. Als Ausgangspunkt für die hierauf bezügliche Untersuchung ist die Frage anzusehen, ob die Hufeneintheilung, wie sie im Beginne der deutschen Besiedelung überall bei uns entgegentritt, als eine aus früherer Zeit überkommene Einrichtung aufzufassen, oder ob neue Auftheilung und Vermessung des dem Ackerbau dienenden Bodens dabei stattgefunden habe. Wir sehen hierbei natürlich ab von den Hägerhufen und Hägerdörfern, über welche schon oben gehandelt ist; die Frage kann nur für die große Masse der Dörfer und Ortschaften, welche schon zur wendischen Zeit bestanden haben, gestellt werden. Wird dieselbe im Sinne der ersteren Alternative beantwortet, so würde sich zunächst in Bezug auf die Zahl der Hufen (mansi) und der wendischen Haken (unci), welche zu einer Ortschaft gehören, eine Uebereinstimmung, also ein unveränderter Uebergang der alten in die neue Einrichtung ergeben müssen; daß sich daneben die Ackerfläche der Hufen durch Heranziehung von bisher unbebauten, zu den Haken gehörigen Flächen vergrößert haben könne, würde mit dieser Annahme vereinbarlich sein. -

Wir neigen zu der Annahme, daß die Zahl der Hufen in den einzelnen Ortschaften als eine von alter Zeit her überkommene anzusehen sei. Zunächst ist außer Zweifel, daß einem wendischen Hufen ein bestimmtes Ackermaß mit Antheil an der gemeinschaftlichen Nutzung von Wald, Wiese, Weide und Wasser entsprach. Im Jahre 1297 verkauft Fürst Witzlav von Rügen an die Unterthanen im Dorfe Patzig das Erbe des Dorfes und das Erbe von 20 1/2 Haken, die zu dem Dorfe liegen. Von jedem Haken sollen die Käufer und ihre rechten Erben jährlich entrichten 24 Schillinge gewöhnlicher Münze, 4 Hühner, 20 Eier, 1 Maß (coretz) Roggen, 1 Maß Hafer; damit sollen sie los und frei sein von aller ringen Rechtigkeit (minori justicia in der lateinischen Uebersetzung) wegen Dienste und gastynge. Diese Pacht soll niemals erhöht werden; die Haken sollen niemals beritten oder gemessen werden (predicti unci nunquam debent amplius equitari vel metiri. (Fabricius, Urkunden des Fürstenthums Rügen III, S. 129.)