Der Aufbruch zur Sommerreise.

Der Aufbruch zur Sommereise.
Eine peinliche Szene.
Der Familienvater (zu seiner Familie).

Also sieben große Kolli haben wir und zwei kleine? Dazu kommen einundzwanzig Stück Handgepäck. Diese verteilt unter euch nach Billigkeit oder ratet sie aus. Was mich betrifft, so will ich eine Semmel einstecken und eine Schachtel mit schwedischen Streichhölzern unter den Arm nehmen. - Wer ruft mich? Was wollt ihr von mir? Ich soll kommen und mich auf den großen Korb setzen, weil er sonst nicht zugeht? Kann denn Jette nicht sitzen? - Wie? Jette ist zum Posamentier geschickt, um für zehn Pfennig Klammernadeln zu holen? Ein genialer Unfall, Jette an diesem Morgen wegzuschicken, und zwar nach einem Artikel, der in jedem Walde zu haben ist! Ich wollte, sie käme erst wieder, wenn wir schon fort sind! - Nun, ich will ja sitzen; ich komme ja schon. Das erste Mal, daß ich sitze! Ich darf doch rauchen dabei?


So! Der Korb ist zugesessen. Jetzt wäre es aber auch Zeit, daß die Droschken kämen. Sie werden doch richtig bestellt sein? Wenn sie nun aber nicht kämen, - was dann? - Was ist schon wieder los? Wo fehlt es schon wieder? - Also das Vorhängeschloss zum Koffer schließt nicht? Natürlich schließt es nicht, weil es verdreht ist! und natürlich muß es verdreht werden, wenn es euch und das Treiben hier ansieht! - Was ihr tun sollt? Ein anderes Schloss nehmen sollt ihr. Ihr habt keins? Da ist doch eins vor dem Keller! -Dann wird aus dem Keller alles gestohlen? Lasst es doch gestohlen werden! Es ist so nur noch Fassonwein unten. Wenn den Dieben danach hundeelend wird, haben sie's selbst zu verantworten; ich habe sie nicht eingeladen!

Unsere Droschken kommen und kommen nicht!
Und dabei fährt schon eine schwerbepackte Droschke nach der anderen vorbei nach dem Bahnhof! Da fahren Krauses - jetzt kommen Müllers - jetzt kommt Schmidt; das sind schon drei. Da kommt Meyer -Nr. 4! Und da Schulze - Nr. 5! Hurrjöh, was hat Schulze schwer geladen! Die Amme mit den Zwillingen auf dem Bock, und im Wagen der eine lange Junge der Quere nach! Auf der einen Seite stehen seine Füße über, auf der anderen der Kopf. Und oben auf dem Verdeck das bißchen Koffer! und hinten noch ein Kinderwagen angebunden und mit einem wirklichen Kinde drin! Wenn nur nicht die Strippe reißt oder es sonst ein Unglück gibt!

Jetzt fahren auch schon Lehmanns vorüber. Das ist unser Unglück denn die kommen immer zu spät. - Ihr seid doch alle fertig, für den Fall, daß die Droschken kommen sollten, was ich allerdings nicht glaube? Seid ihr selbst auch alle da? Ihr müßt euer neun sein, ich zähle aber nur acht. Wer fehlt denn? Hätt’ ich euch mir doch aufschrieben! Wer kann denn da fehlen? Hatten wir nicht ein Kind namenss Gustel? Wo ist Gustel? Ich sehe ihn nicht. Seht doch nach, ob ihr ihn nicht mit den Schirmen und Plaids geschnürt habt! Hoffentlich liegt er nicht unten im Koffer? - So, da kommt er. In der Küche war er und hat sich einen Topf mit Blaubeermus über den Kopf gegossen. Das ist ja herrlich, das passt ja gerade für die Reise! Oder paßt es nicht? Ich bin wahrhaftig im Zweifel. - Was? Ihr wollt ihn noch schwefeln? Nein, dazu ist keine Zeit mehr. Er soll nicht geschwefelt werden, er soll mitkommen, wie er ist. Aber nehmt euch in acht vor ihm, er färbt ab!

Jetzt gebe ich die Droschken auf! Nein doch! Ich will einmal gar nicht nach ihnen aussehen. ich will So tun, als wäre es mir vollkommen gleichgültig, ob sie kommen oder nicht; das lockt sie vielleicht herbei. -Nun, was macht ihr denn da? Ihr leid ja schon wieder beim Auspacken! Ach so! Hulda hat ihre Albums vergessen, die müssen noch in den großen Korb hinein, und zwar ganz zu unterst. Das ist ja reizend! Habt ihr auch sonst nichts vergessen? Die sämtlichen Bücher sind doch eingepackt? Wollt ihr denn nicht die Ofenvorsetzer und die Alabastervasen mitnehmen? und wie wär’s mit dem Kronleuchter und mit den Blumentischen? um Himmels willen! Da stehen ja die Büsten von Schiller und Goethe und die Venus von Milo! Schnell in den Korb mit ihnen!

Da sind die Droschken! Donnerwetter! Die Droschkenkutscher stehen da und unterhalten sich mit dem Milchmann über das neueste Theaterstück. Und dabei ist es die höchste Zeit! Schwerebrett, Leute! So kommt doch und tragt die Sachen hinunter! - Horch! langsam kommt es heraufgetrappelt. - Hier, nehmt die Sachen und werft sie vom Balkon auf die Straße! Wir haben keinen Augenblick Zeit zu verlieren.

Jetzt wird aufgepackt - langsam langsam. Jetzt fällt der Bettsack nach der einen Seite herunter, jetzt nach der anderen. - Jetzt wissen Sie nicht, wo sie mit dem großen Koffer hin sollen! Jetzt bemerkt man, daß der eine Hutkasten offen ist! Jetzt fällt Hermann mit dem Esskober hin. Die Weinflasche zerbricht, und der Margaux, mein einziger Trost, läuft in die Butterbrote.

Wie nobel, in zwei Droschken nach dem Bahnhof zu fahren! eigentlich gehörte dazu ein Vorreiter oder noch besser ein Nachreiter, um die herunterfallenden Gepäckstücke aufzulesen.

Jetzt ist es so weit, daß ich einsteigen kann. Was vergessen ist, sei vergessen! Ich sah oben noch ein paar Sachen stehen und werde mich hüten, daran zu erinnern. Jetzt noch die drangvolle Fahrt und die Angst auf dem Bahnhof, und dann, als Belohnung für alles Ausgestandene, vier Wochen hindurch kein ordentliches Bett und kein guter Bissen.

Also los jetzt!

Du aber, himmlischer Zeus, höre, was ich jetzt sage. Wenn ich noch einmal mit dieser Heerschar eine Sommerreise antrete, so wollest du nicht nur, wozu du jetzt eben dich anschickst, einen tüchtigen Platzregen auf meinen Bettsack herunterschicken, sondern mit dem kräftigsten aller deiner Blitze mich und mein ganzes Haus in Grund und Boden schmettern.