Das Tier in der Religion

Zwischen Himmelswelt und Tierwelt. Mit 102 Abbildungen
Autor: Fuhrmann, Ernst (1886-1956) Dichter, Schriftsteller, Philosoph und Fotograf, Erscheinungsjahr: 1922
Themenbereiche
Enthaltene Themen: Religion, Tiere, Tierwelt, Drache, Löwe, Elefant, Schlage, Fische, wilde Tiere, Bär, Schildkröte, Katze, Hund, Vögel, Fuchs, Kamel, Sagentiere, Völker, Tierwelt, Skulpturen, Religion, Gestirntiere, Kalendertiere, Eule, Adler, China, Indien, Sternbilder, Hase, Geier, Greif,
Himmelswelt und Tierwelt sind die beiden Pole, zwischen denen sich einst für die Menschen das Leben abgespielt hat. Soweit auch die Pflanze eine Rolle spielte, war sie so lebendig gedacht, dass sie mit Bezug auf religiöse Vorstellungen in die Tierwelt mit eingeordnet werden kann.

Himmelswelt und Tierwelt sind die beiden bedeutendsten Faktoren, die ihre Formen für die religiösen Symbole abgegeben haben. Es wird trotzdem außerordentlich schwer sein, festzustellen, welche Bedeutung das Tier in den religiösen Vorstellungen der Völker gehabt hat, denn wir selbst sind von den Beziehungen zum Tier losgelöst und wissen fast nichts mehr von der Gegenseitigkeit. Das wilde Tier aber war früher der ständige Begleiter und Gegner des Menschen. Sein Zusammenleben mit dem Tier vollzog sich durchaus auf animistischer Basis. Es wird in der vorliegenden Untersuchung nicht möglich sein, das ganze Gebiet erschöpfend zu behandeln. Es soll also nur versucht werden, eine klare Problemstellung herbeizuführen und einige Lösungen zu geben, welche auf das Endgültige hinweisen. Die Tiere, über welche Betrachtungen angestellt werden sollen, möchte ich in drei Kategorien einteilen:

1. VORGESCHICHTLICHE TIERE. Hier wird es wesentlich sein zu prüfen, wie weit die Kulturmenschen, von denen wir Sprache, Berichte und Kunst kennen, noch Gelegenheit gehabt haben, jetzt ausgestorbene Tiere, im besonderen Saurier, kennen zu lernen. Ich bin bestimmt der Meinung, dass der Drache auf ein vorgeschichtliches Tier zurückgeht, was ich bei seiner Besprechung weiter ausführen werde. Die sonstigen Sagentiere und ihre Verbindungen mit Menschen sowie auch die Zwillingsformen (Greif, Ziegenfisch in Assyrien, Sphinx, Kentaur und Phönix) scheinen mir sämtlich intellektuelle Konstruktionen.

2. WILDE TIERE. Ihre ganze Reihe hier aufzuzählen scheint mir überflüssig. Es ist klar, dass Elefant, Löwe und Tiger, Adler und Geier, Fuchs und Hase, Eule und Schildkröte die Beachtung verdienen, und um Wesentliches zu erreichen, werde ich mich auf eine geringe Anzahl beschränken müssen. Für die wilden Tiere oder besser gesagt für die wildlebenden gibt es wiederum zwei Gesichtspunkte. Einerseits sind den Menschen diese Tiere wegen ihrer magischen und dynamischen Wirkung aufgefallen. Andererseits aber dadurch, dass sie eine Lebensfunktion ausübten, die dem Menschen seiner Natur nach fremd war, wie z. B. die Fische durch ihr dauerndes Wasserleben.

3. DIE ZAHMEN ODER SPÄTER GEZÄHMTEN TIERE sind selbstverständlich eine ganz anthropomorphe Kategorie. Ihr Leben hat immer Bezug auf den Menschen. Ihr Leben ist das Symbol ganz entscheidender menschlicher Beziehungen zum All. Und in dieser weitesten Beziehung sind die gezähmten Tiere alsdann in Verbindung mit Göttern für uns dokumentiert.

Widder und Kuh, Hahn und Pferd, Hund und Katze werden in dieser Hinsicht wesentlich zu betrachten sein.

Eine Untersuchung über Tier und Religion wird nicht vorübergehen können an den Bildern der Tierkreise, die in sehr verschiedenen Formen über die ganze Erde verbreitet sind. An dem Problem der Kalender- oder Gestirntiere wird aber vorläufig noch jede derartige Untersuchung scheitern, denn es wird für uns kaum möglich sein, zu erfahren, welche Tiere jedes Volk gekannt hat und welche typische Wirkung jedes Tier auf die Völker gehabt hat. Wir wissen nicht, ob eine Maus z. B. dem Volk, das sie im Tierkreis führt, begegnet in einer Periode des intensiven Ackerbaues, in der sie ihn schädigt und ihm einen großen Teil seiner Ernte nimmt, oder ob er in ihr nur ein flinkes, sich ungeheuer vermehrendes Tier etc. sieht.

Die weitere Untersuchung wird sich auf drei Gebieten bewegen müssen: Das Tier in der Sprache. Auf diesem Gebiet werde ich mich sehr kurz fassen, da sonst diese Arbeit zu umfassend werden würde. Zweitens auf dem Gebiet der Berichte und Überlieferungen aller Art, das heißt Religionsberichte, Sagen und Mythen.

Drittens, das Gebiet der Kunst in religiösen Skulpturen und Architekturen aller Art. Bevor ich aber an dieses Material gehe, scheint es mir zweckmäßig zu sein, über eine Anzahl von Tieren einmal vorweg eine kurze Skizze zu geben, nach welcher man ungefähr voraussagen kann, welche Vorstellungen bei den Völkern im wesentlichen zu erwarten sind.

DER BÄR. Unbekannt, wann und wo der Eisbär in den Vorstellungen der Völker auftaucht. Durchweg wird man annehmen können, dass es die schwarzen und braunen Bären sind, die bis zur äußersten Menschengrenze leben, und die Tierwelt des Nordens vollkommen typisch vertreten. Der Bär mit seinem Winterschlaf vertritt durchaus die Nordsonne mit ihrem vielmonatigen Winter.

Es scheint sicher, dass die Menschen schon seit undenklichen Zeiten nicht fähig gewesen sind, sich im Herbst mit Honig, wilden Beeren und Fleisch so wie der Bär zu füllen. Es ist bekannt, dass die Bärin eben in dieser Winterzeit ihre Jungen austrägt, von ihrem eigenen Leibe nährt und noch Kräfte genug hat, diese Jungen auf das wildeste in Gefahr zu verteidigen.

Es ist deshalb auch wohl verständlich, dass unser großes Nordgestirn den Namen des Bären erhalten hat.

DER LÖWE. Dass er von den Menschen einer höheren Kultur nördlich des Mittelmeeres angetroffen wurde, vielleicht aber auch in den südlichen Teilen von Deutschland, scheint mir keinem Zweifel zu unterliegen. Dass er trotzdem der Antipode des Bären ist, glaube ich ebenso sicher. Er ist der Vertreter der leuchtendsten Farbe in der Tierwelt. Seine Kraft ist allen anderen Tieren überlegen. Die gelegentlichen Ausnahmen spielen dabei keine Rolle. Häufigkeit und Gewalt des Löwen nahmen aber zu, je weiter die Völker zum Süden kamen, genau wie die Macht der südlichen Sonne wuchs, um schließlich unumschränkt und tödlich in der großen Wüste von Nordafrika zu herrschen.

Dass der Löwe einem der südlichsten Sternbilder zugedacht wurde, erscheint ebenso selbstverständlich wie die Tatsache, dass er die höchste Sonne selbst dargestellt hat.

DIE EULE. Ihre Fähigkeit, im Dunkel zu sehen, war für den Menschen jederzeit etwas Fremdes. Ihre Rufe in den stillen Nächten sind stets von einschneidender magischer Bedeutung gewesen.

Den Menschen ist das Wissen der nächtlichen Welt vollkommen versagt geblieben. Wenn er auch durchwachen kann, so ist doch sein Zustand so apathisch, dass er selten oder nie zu einer Fortsetzung seiner logischen Reihen kommt. Die Traumwelt ist ihm unverständlich und trotzdem erfährt er ihre Beziehung zum Tagdasein. Es sind also besonders die Eulen, welche ihm die Träume deuten können. Dass die Eule ein Tier geworden ist, das Dinge weiß, die auf normalem Wege nicht zu wissen sind, ist noch heute die Bedeutung ihres Symboles. Außerdem aber ist die Eule zweifellos der wichtigste Wächter, wo der Mensch den Hund noch nicht gezähmt hatte. Wie weit die Eule früher ein Wachtvogel gewesen ist, dafür scheint mir nur wenig Beweismaterial auffindbar. Die Tatsache selbst geht für mich aber besonders deutlich daraus hervor, dass sie in den ältesten Gefäßen deutlich überliefert ist. In frühester Zeit bedeutet jedes Gefäß samt seinem Inhalt eine Errungenschaft von ungeheurem Wert. Der Anreiz zum Raub ist ebenso groß wie die Wichtigkeit der Bewachung. Und mm möchte ich schon an dieser Stelle einem Grundbegriff der Tierbedeutungen etwas näher kommen: Weshalb werden denn überhaupt Tiere abgebildet? Man weiß, dass unter allen Tieren gleicher Gattung eine unglaublich große soziale Einheit besteht. Ein Tier tötet nicht das andere. Ein Tier benachrichtigt das andere von jeder Gefahr. Der animistische Grundgedanke der Tierzeichnungen wird also vor allen Dingen etwa der folgende sein:

Die Eulen wachen im Wald. Auch auf meinem Krug wacht eine Eule. Wenn Gefahr droht, wird eine Eule die andere benachrichtigen.

Ebenso heißt es in China: Wenn der Drache mit der Sonne kämpft, schleudert er Blitz gegen sie. Wenn ich auf mein Hausdach einen Drachen setze, so wird der große Drache in den Wolken dem kleinen Drachen auf dem Dach nichts tun. Die Kraft von dem Großen überträgt sich auf den Kleinen und der speit den Blitz weiter zur Erde, ohne mich zu treffen.

DIE SCHILDKRÖTE. Sie ist in ihrem Leben unter einer Schale genau wie die Eule ein besonders merkwürdiges Nachttier. Ihr Leben unter der gewölbten Oberfläche der Erde entspricht durchaus dem Dasein der Sonne in der Nacht. Ihr Ausbrüten von Eiern wird gedeutet auf das neue Aufgehen der Sonne. Dass ihr ebenfalls ein ungewöhnliches Wissen zugeschrieben wird, hat die gleichen Ursachen wie bei der Eule. Wie bei uns die Eule auf den Büchern sitzt, trägt die Schildkröte in China auf ihrem Rücken die Inschrift-Stelen der Weisen und der Mandarinen, die gute Examina gemacht haben.

Dass man aus den Rissen der Schildkrötenschale früher Orakel und Traumdeutung versucht hat, ist natürlich. Das hexagonale Schriftsystem chinesischer Priester wird bestimmt ebenfalls auf die Schildkröte zurückzuführen sein.

DIE SCHLANGE. Ihre Eigenschaften sind so zahlreich, dass man nicht weiß, welche man voranstellen soll. Eine Bewegung ohne besondere Bewegungsorgane, ein spiraliges Aufrollen und wellenartige Bewegungen, eine Erneuerung durch das Häuten und ein dämonischer Blick, der Vögel und kleinere Tiere absolut wehrlos macht, sind die äußerlichsten Erscheinungen, denen nun je nach der besonderen Gattung eines Landes oft noch ganz Wesentliches über die Kopfbekrönung, über die Zeichnungen der Haut, über das Legen von Eiern etc. hinzuzufügen wäre. Die Spirale deutet auf Sonne, die Wellenbewegung auf Wasser, die Häutung auf ewige Wiederkehr, und so kann man schon nach diesen wenigen Zeichen verstehen, dass die Schlange eine der bedeutendsten Erscheinungen unter den religiösen Tieren ist. Im ganzen wird man aber wohl sagen können, dass ihre dämonische Natur, ihre Schnelle, Unsichtbarkeit, ihr Gift und ihre Suggestion sämtlich dazu führen, sie zum Feind der Menschen und menschenähnlichen Wesen zu machen. Sie ist ein Tier des Teufels. Sie zu bändigen, gehört zu den größten Aufgaben menschlicher Geisteskraft, und hieraus ergibt sich die Beziehung der Inder zu den Schlangen vor allen Dingen.

DER ADLER. Über den siegreichsten Vogel braucht nicht viel gesagt zu werden. Wenn schon das Prinzip des Fluges selbst für den Menschen erstaunlich ist, weil er in keiner Weise aus seinem eigenen Körper diese Funktion erzwingen kann, so sind natürlich der Kondor und der Adler als Alleinherrscher über alle Vögel die höchsten Vertreter der Götter. Sie können überall in kurzer Zeit anwesend sein. Alle Tiere in Peru warten mit der Verteilung einer Beute, bis der Königskondor sich die edelsten Teile ausgewählt hat. Ein solcher Vorgang in der Natur macht auf den Menschen einen erschütternden Eindruck. Es ist klar, dass der Adler der Vertreter höchster irdischer Gewalt geworden ist, dass er als Symbol auf Stangen und Fahnen den Truppen vorangeführt wird, und dass die Inkas ihren Kopf mit seinen Federn ebenso wie die Indianerhäuptlinge schmücken. Der Adler ist aber auch ungefähr das einzige Tier, das den Kampf mit großen Schlangen aufgenommen hat, und von Assyrien bis zu den Südseeinseln und Mexiko ist der Kampf zwischen Adler und Schlange das höchste Symbol geworden für den Wechsel aller polaren Kräfte und den Sieg des Aufgehenden. Der aufrechtgehende Mensch hat, da er des Schwimmens einigermaßen kundig ist, die Macht von Landtier und Fisch: das Unerreichte für ihn ist Flug. Sein Streben zu den Göttern und übermenschlichen Kräften bewegt sich stets im Sinne des Daidalos.

DER GEIER. In zwei Beziehungen erscheint er in den Symbolen der Völker. Einerseits als mütterlichstes Tier, von dem zu Recht oder zu Unrecht der Glaube gilt, dass er, um seine Jungen zu erhalten, sein eigenes Brustfleisch von den Knochen reißt, andererseits aber als aasfressender Vogel.

Dass er in dieser zweiten Hinsicht im Orient viel Nutzen schafft und Krankheiten verhütet, ist schon sicher, aber die bedeutendste Erscheinung haben wir in den Türmen des Schweigens in Indien, Siam etc. Man legt dort die Körper der Verstorbenen nieder, damit sie von den Geiern aufgefressen werden und wir haben also eine dreifache Beziehung der Menschen zum Leben nach dem Tode zu erkennen: Entweder der Mensch geht wieder mit seinem toten Leib in die Erde ein, um mit Pflanzen und Tieren langsam wieder aus ihr hervor zu wachsen oder er lässt sich verbrennen, damit das Unvergängliche in die Höhe getragen wird durch das Feuer. Der Gedanke der Jainas geht aber dahin, dass ihr Körper rein materiell empor gewandelt wird zu der Funktion des Fliegens, die sie im Leben nicht erreichen konnten. Ihnen wird auf diese Weise ein künftiges Dasein gesichert, indem sie die höchste Bewegungsfreiheit der Materie besitzen. Dieses wird der leitende Grundgedanke sein, der dann später noch allerlei Variationen erlebt haben mag.

DER ELEFANT. Seine dunkle Farbe und seine mächtigen gebogenen Stoßzähne, sowie auch sein Leben im Dickicht bestimmen ihn zu einem Mond- und Nachttier. Auch seine kleinen Augen werden dazu beigetragen haben. In Indien ist er in gewisser Weise der Antipode des Löwen, der die Sonne vertritt, und Götter wie Durga, die über Sonne und Mond herrschen, haben als Thron den Löwen, der auf dem Elefanten ruht. Dass der Elefant in Siam in den sehr gesuchten gelben Exemplaren die Sonne vertreten soll, scheint mir eine Ausnahme.

DER FUCHS. Astronomisch ist er wohl kaum einzuordnen. Ein Tier, das in Höhlenbauten lebt und oft zahlreiche Ausgänge anlegt, also unberechenbar ist, wird schon aus diesem Grunde als sehr mystisch gelten. Sein leuchtendes Fell hat ihn aber in gewisser Weise zum Ersatztier des Löwen gemacht. Da das Sommerfell des Fuchses leuchtend ist und die Winterfarbe vielmehr ins Graue geht, hat man auch den Fuchs auf Grund dieser Mimikry zur Sonne in Beziehung gebracht. Das französische Wort renard für Fuchs bedeutet Rey-Nord, das ist: Sonnenkönig des Nordens, und er ist in dieser Rolle etwa das, was der Narr mit Bezug auf den König ist. Er teilt mit ihm gleiche Rechte, darf ihm mit beliebigen Grobheiten entgegentreten und hat im Sinne des Narren auch Gewalt über alle anderen Tiere.

DER HASE. Er ist merkwürdig dadurch, dass er mit offenen Augen schläft. Auch seine Art zu springen hat vielleicht ihm einige Bedeutung verschafft. Es ist nicht ganz leicht zu verstehen, weshalb der Hase in Afrika die Rolle des Fuchses übernommen hat. Der Haarwechsel mag eine Rolle gespielt haben und das Wachen bei Tag- und Nachtzeit könnte ja als ein Zeichen besonderer List gelten. Hier müsste weiteres aus dem Sagenmaterial gefolgert werden.

DIE ENTE. Eine seltsame Erscheinung für die früheren Menschen war ihr Tauchen, das heißt, die unnatürliche Neigung eines Vogels, in die Tiefe und nicht in die Höhe zu streben. Dass die Ente auf Gewichten als Zeichen vorkommt, geht aus dieser Bedeutung hervor. Sprachlich wird über die Ente ausführlicher zu berichten sein.

DIE FISCHE. Sie sind die Vertreter von allen Tieren, die dauernd im Wasser leben können, was den Menschen ebenfalls versagt ist. Die Fische müssen es sein, welche die Sonne nach ihrem Untergang im Westwasser in sich aufnehmen und bis zum Osten hintragen. Sich mit Fischen ernähren, bedeutet deshalb, ein untergegangenes, scheinbar verlorenes Leben wieder in sich aufnehmen. Hieraus ergibt sich die Nahrung durch Fische an Trauertagen sowie ihr Gegensatz zum Fleisch, das über der Erde gelebt hat. Größere Fische, wie Delphin, Walfisch etc., sind natürlich dazu geschaffen, im Tode des Westens untergegangene Könige, Weise, Helden und Lichtbringer, wenn sie als Kinder von ihren feindlichen Eltern oder Verwandten ausgesetzt waren, wieder zu einem neuen Leben empor und in das Land der Zukunft zu tragen.

DER WOLF. Er gehört nicht eigentlich in die religiösen Vorstellungen. Sein russischer Name Wölk ist die richtige Form, aus der man erkennt, wie die Rudel von Wölfen über unendliche Schneeflächen hinübergejagt sind und Lebendiges angefallen und vernichtet haben, wie die Herden der Wolken die Sonne verschlingen. Gleichzeitig aber hat man wiederum die Wolken des Himmels und das Volk, das heißt die Vielheit der Menschen auf der Erde, die sich um die Könige oder die Sonne scharen, einander gleichgesetzt. Der Wolf ist deshalb das Symbol vieler Städte geworden. Besser gesagt die Wölfin mit ihrer großen Anzahl von blinden Jungen, so wie sie als Wahrzeichen von Rom besonders für uns lebendig ist.

Mit dieser ersten Einführung glaube ich eine Andeutung dafür gegeben zu haben, welche Art von Vorstellungen die Menschen früher mit den Tieren verbunden haben kann. Die tatsächlichen Beziehungen können dann weiter aus der Sprache den Berichten und der Kunst entnommen werden. Nur die Teilfunktionen des Tieres haben noch keine Berücksichtigung gefunden. Löwe und andere Tiere gelten besonders als Wasserspeier. In manchen Fällen wird hier die Beziehung des Löwen zur Sonne, des Elefanten zum Mond etc. noch eine besondere Deutung möglich machen. Der Speichel der Tiere, der schon viele Teile der Nahrung auflöst, wird aber schon an sich von den früheren Völkern viel stärker beachtet sein, als wir annehmen.

Auch in anderen Fällen wird oft nur ein Teil des Tieres für eine wesentliche Funktion genommen. Wenn z. B. in Ägypten der Große Bär in den Sternbildern durch einen hinteren Tierschenkel ersetzt ist, so ist ein Vergleich gemeint, in dem der hintere Huf eines Tieres stets den Nordpol des Wesens und Lebens berührt, damit der Kopf als der lebendigste Teil der Sonne entgegengetragen werden kann.

000. Das Tier in der Religion

000. Das Tier in der Religion

000. Relief des Heiligen Michael, Um 1467, Erfuhrt, Severinkirche

000. Relief des Heiligen Michael, Um 1467, Erfuhrt, Severinkirche

001. Teil eines Chorgestühles, Valenciennes, Museum

001. Teil eines Chorgestühles, Valenciennes, Museum

002. Löwe im Chorgestühl, Ende 14. Jahrhundert, Doberan, Cistercienser-Kirche

002. Löwe im Chorgestühl, Ende 14. Jahrhundert, Doberan, Cistercienser-Kirche

015. Hirten aus einer Verkündigung. 12. Jahrhundert, Oberitalienisch, Kalkstein, Höhe 72 cm, Frankfurt a. M., Städtische Galerie

015. Hirten aus einer Verkündigung. 12. Jahrhundert, Oberitalienisch, Kalkstein, Höhe 72 cm, Frankfurt a. M., Städtische Galerie

021. Lappentrommel, Aus O. Rudbeck, Antlantis

021. Lappentrommel, Aus O. Rudbeck, Antlantis

028. Manschette, Höhe ca. 25 cm, Elfenbein, Benin, Afrika, Berlin, Museum für Völkerkunde

028. Manschette, Höhe ca. 25 cm, Elfenbein, Benin, Afrika, Berlin, Museum für Völkerkunde

033. Reiter mit Schale, Höhe ca. 30 cm, Holz, Joruba, West-Afrika, Leipzig, Grassi-Museum

033. Reiter mit Schale, Höhe ca. 30 cm, Holz, Joruba, West-Afrika, Leipzig, Grassi-Museum

035. Katze, Bronze, Höhe ca. 15 cm, Ägypten, Hagen, Folkwang-Museum

035. Katze, Bronze, Höhe ca. 15 cm, Ägypten, Hagen, Folkwang-Museum

038. Tongefäß, Höhe ca. 30 cm, Peru, Vorcolumbisch, Berlin, Museum für Völkerkunde

038. Tongefäß, Höhe ca. 30 cm, Peru, Vorcolumbisch, Berlin, Museum für Völkerkunde

048. Ming-Gräber, nördlich von Peking, Ming-Zeit, 1338-1644 n. Chr.

048. Ming-Gräber, nördlich von Peking, Ming-Zeit, 1338-1644 n. Chr.

056. Reiter, Höhe 35 cm, Ton, Gelb glasiert, China, Tang-Zeit, 618-907 n. Chr., Frankfurt a. M., Städtische Galerie

056. Reiter, Höhe 35 cm, Ton, Gelb glasiert, China, Tang-Zeit, 618-907 n. Chr., Frankfurt a. M., Städtische Galerie

070. Wandrelief, Hanumant, 12. Jahrhundert, Angkor-Vat, Cambodja, Hanumant ist das Prinzip des Bösen, der Affengott

070. Wandrelief, Hanumant, 12. Jahrhundert, Angkor-Vat, Cambodja, Hanumant ist das Prinzip des Bösen, der Affengott

081. Banaspatikopf, Tjandi Singasari, Oberes Stockwerk, 13. Jahrhundert, Java

081. Banaspatikopf, Tjandi Singasari, Oberes Stockwerk, 13. Jahrhundert, Java

086. Fels-Relief, Herabkunft des Ganga auf die Erde, 6 m hoch, 8. Jahrhundert, Mahavellipore, Südindien

086. Fels-Relief, Herabkunft des Ganga auf die Erde, 6 m hoch, 8. Jahrhundert, Mahavellipore, Südindien

095. Große Pagode, 17. Jahrhundert, Madura, Südindien

095. Große Pagode, 17. Jahrhundert, Madura, Südindien

101. Särge in Gestalt von Stieren, Bali

101. Särge in Gestalt von Stieren, Bali

102. Ganesha, Java, Hagen, Folkwang-Museum

102. Ganesha, Java, Hagen, Folkwang-Museum

066. Opferglas, Bronze, vor Chr., China

066. Opferglas, Bronze, vor Chr., China

085. Treppenwange, 5.-8. Jahrhundert. Anuradhapura, Ceylon

085. Treppenwange, 5.-8. Jahrhundert. Anuradhapura, Ceylon

060. Tier-Metall-Relief, China, Ca. 75% natürliche Größe, Altai-Iran-Kreis, Köln, Museum für ostasiatische Kunst. Sonnenkreis in Vorder- und Hinterschenkel

060. Tier-Metall-Relief, China, Ca. 75% natürliche Größe, Altai-Iran-Kreis, Köln, Museum für ostasiatische Kunst. Sonnenkreis in Vorder- und Hinterschenkel

043. Schlangengefäß aus hellgrauem Ton, Xoro, Staat Oaxaca, Mexiko, Berlin, Museum für Völkerkunde

043. Schlangengefäß aus hellgrauem Ton, Xoro, Staat Oaxaca, Mexiko, Berlin, Museum für Völkerkunde

044. Malagganfigur, Höhe ca. 1 m, Bemaltes Holz, Neu-Mecklenburg, Südsee, Hagen, Folkwang-Museum

044. Malagganfigur, Höhe ca. 1 m, Bemaltes Holz, Neu-Mecklenburg, Südsee, Hagen, Folkwang-Museum

055. Kamel, Höhe 60 cm, Gebrannter Ton, China, Tang-Zeit, 618-907 n. Chr., Köln, Museum für ostasiatische Kunst

055. Kamel, Höhe 60 cm, Gebrannter Ton, China, Tang-Zeit, 618-907 n. Chr., Köln, Museum für ostasiatische Kunst