Abschnitt. 4

Noch einmal wurde dann in den Jahren 1810-1812 das Monopol ernstlich in Erwägung gezogen. Der Hofkammerrat Moldenhauer regte zu seiner Einführung an, um die Finanzen zu bessern. Aber obwohl eingehende Pläne ausgearbeitet wurden, eine ausführliche Erörterung stattfand, auch das Beispiel des Herzogtums Nassau verführerisch wirkte, wo man durch das Tabakmonopol sich Einkünfte von 200000 Fl. verschafft hatte, drang die Idee in Hessen nicht durch. Beim Abschluß des Zollvertrages mit Preußen im Jahre 1828 kannte Hessen keine Besteuerung des Tabaks mehr.56)

In der Grafschaft Ravensberg57) wo der Tabakhandel und -verbrauch in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts sich lebhaft entwickelt hatte, kamen zwei kurfürstliche Amtskammerräte auf den Gedanken, ihn zum Gegenstande einer ergiebigen Besteuerung zu machen. Sie setzten sich im Jahre 1674 mit zwei angesehenen Tabakhändlern in Amsterdam in Verbindung, denen sie den Alleinverkauf für die Grafschaft auswirken zu wollen versprachen unter der Bedingung, von je 1000 Pfund verkauften Tabaks dem Kurfürsten von Brandenburg eine Abgabe von 3 Talern zu zahlen. Indes der Kurfürst, vermutlich auch durch Interessenten beeinflußt, lehnte die Genehmigung des Vertrages „als eines zu besorgenden Monopolii halber“ ab. Einige Jahre später faßte der Präsident der Halberstädter Amtskammer, Philipp von Lüderitz, der mit der Umgestaltung der Ravensberger Steuerverhältnisse betraut worden war, auch den „Impost auf Tabak“ unter den geplanten Neuerungen ins Auge. Jedoch mit den besonderen Verhältnissen in Ravensberg allmählich besser bekannt geworden, gab er diesen Gedanken wieder auf. Für Monopolexperimente erschien ihm die Grafschaft Ravensberg wenig geeignet. „Bescheiden an Umfang, an verschiedene Territorien grenzend, die, abgesehen von Minden, alle nicht brandenburgisch waren, in lebhaften Handelsbeziehungen mit ihren Nachbarn und dem Ausland, ließ sie sich schwer als geschlossenes Wirtschaftsgebiet behandeln und gegen außen hin absperren. Die eigenartigen, größtenteils hausindustriellen Verhältnisse der Leinenindustrie und des Leinenhandels, dieser beiden Brennpunkte des gesamten Ravensberger Wirtschaftslebens, verlangten eine aufmerksame Berücksichtigung und verboten ein derb bureaukratisches Zufassen, das sonst im Zeitalter des Absolutismus und Merkantilismus so beliebt war.“ Aus diesem Grunde glückte auch ein dritter Anlauf, der behufs Einführung des Monopols unternommen wurde, nicht. In Brandenburg war unterdessen zwei jüdischen Geschäftsleuten im Jahre 1676 ein Privileg zum Anbau und zur Verarbeitung von Tabak verliehen worden, das der Kurfürst fünf Jahre darnach wieder aufgehoben hatte, weil die privilegierten dem Vertrage nicht genügend nachgekommen waren. Das sollte indes keinen Bruch mit den bisher beobachteten Grundsätzen bedeuten. Vielmehr erteilte der Kurfürst am 28. Dezember 1681 einer Gruppe von Interessenten ein neues Privileg zur Einführung der Tabakkultur und -Manufaktur in der Mark und in Hinterpommern. Dieses Privileg bewog den Kaufmann Johann Latte in Herford, den Kurfürsten um ein gleiches für die Grafschaft Ravensberg zu ersuchen. Er erbot sich, eine „Pension“, die im ersten Jahre 300, im zweiten 400 und in jedem folgenden 500 Taler betragen sollte, für das Recht zu zahlen, die Grafschaft ausschließlich mit Tabak versehen zu dürfen. Selbstredend sollte der Tabak von guter, untadelhafter Beschaffenheit sein, und er wollte ihn zu ähnlich billigen Preisen, wie er in Hamburg, Lübeck oder Amsterdam feilgeboten wurde, verkaufen. Der Kurfürst ging sogleich auf den Antrag ein, der mit seinen sonstigen Plänen ja völlig übereinstimmte, und erteilte dem Latte am 1. Mai 1682 das Privileg, das mit dem in der Mark Brandenburg im Jahre vorher erteilten wörtlich übereinstimmt. Zu seiner Ausführung ist es jedoch nicht gekommen. Einerseits traute man Latte nicht, den man nicht als den geeigneten Mann ansah, der kein ausreichendes Kapital besaß und in den Händen von Juden war, die in seinem Namen das Werk führten. Andererseits war das Monopol den Reichskonstitutionen, dem gemeinen Rechte, dem kurfürstlichen und dem Interesse des Landes Ravensberg entgegen. Vor allen Dingen fürchtete man sich vor dem Rückgange des Handels mit Holland, von wo viel Tabak im Austausch gegen Leinwand bezogen wurde. „Bürgermeister, Schöffen und Rat von Bielefeld und Herford, die Kaufmannsgilde in Bielefeld, sämtliche Beisteher und Amtsmeister von Herford und auch die Drosten des Landes, die das kurfürstliche Edikt pflichtschuldigst publiziert hatten, erklärten sich einmütig gegen das Monopol.“


Dieses Kapitel ist Teil des Buches Das Tabakmonopol in Mecklenburg-Schwerin