Abschnitt. 3

Diese Argumentation klang nicht sehr überzeugend und vor allen Dingen, sie änderte nichts an der Sachlage. Das Monopol, das nach fürstlicher Auffassung keines war, blieb in Kraft, und da gerade an seiner Aufhebung den Ständen viel gelegen sein mußte, war es nur natürlich, daß die Ritter- und Landschaft noch einen Versuch unternahm, den Herzog zum Widerruf des Monopols zu bewegen. Durch den Mund des Anwalts Friedrich Ploennies trug sie dem Herzog ehrerbietigst vor, daß die „Distinctio inter merces necessarias et non necessarias“ im Reichsgesetze nicht zu finden und das Monopol beiden gegenüber verboten wäre. Es seien die Monopolien eben „in allerley Wahren und Kauffmannsgütern“ unerlaubt, „von den höchsten bis zu den geringsten“, selbst ein Weinmonopol sei nicht zulässig, obwohl der Wein „ad vitae sustentationem“ nicht gerade erforderlich sei. Überdies bekämpfte man die Auffassung von der Entbehrlichkeit des Tabaks. Dieser habe vielmehr großen Nutzen, „und nicht wohl entrahten werden kann von denen, die phlegmatischer complexion seyen oder auch sonsten nicht allemahl überflüssig zu essen haben, voraus bey Kriegeszeiten, da mancher Soldat und Musquetirer sich mit einem Stück Tobackern erhalten muß, wan er kein Brod hatt, wie die tägliche Erfahrung lehret“. Man schien auch andeuten zu wollen, daß der Tabak auf diesem Wege zu teuer werde, obwohl das nicht direkt ausgesprochen ist. Man wies nur darauf hin, daß in Hamburg der Tabak wohlfeiler als in Lübeck oder Wismar eingekauft werden könne. Demnach bat man also den Herzog in Anbetracht der „augenscheinlichen Noht der hierunter Leidenden in den Landesreversalen undt allen Rechten höchst privilegirten Freyheit der Commercien alß der hier im Lande ohnedem genug beschwerten Landsassen undt Unterthanen mitleidentlich beherzigen“ das Monopol aufzuheben.

Diese Replik wegen des Handels mit Tabak, „mercis per se fumosae vilissimae non sustentationem corporis sed beneficium temporis in otio comburendi facillime respicientis“, wie es im herzoglichen Reskript heißt, erreichte den Zweck nicht, den sie beabsichtigte. Fast hat es den Anschein, als ob der Herzog geneigt gewesen wäre, dem Drängen nachzugeben. Wenigstens ließ er am 6. Mai 1675 schreiben, „er sei inclinirt gewesen, der Sachen ein Wandel zu schaffen, um sich dadurch des verdrießlichen liederlichen Klagens der Zeit auf Landtagen zu erwehren und die Zeit zu nützlichen Sachen, zu dem gemeinen Besten, zu keinen Extravagantien anzuwenden“. Jetzt, nach Empfang der Replik, überwog wohl der Ärger, und er wies das Kammergericht an, wenn die Kläger „dieses geringfügigen Dinges“ wegen den Instanzenzug weiter beschreiten wollen, ihnen seine frühere Erklärung, nämlich, daß es sich gar nicht um ein Monopol handele, zu wiederholen.


Es geht aus den Akten nicht hervor, wie die Angelegenheit verlaufen ist. Jedenfalls blieb der Herzog bei seiner Ansicht und erteilte den Pächtern, die nicht aufhörten - Nathan Bendix hatte sich mittlerweile mit Abraham Hagen assoziiert - sich über die Beeinträchtigung ihrer Privilegien und die Verletzung der ihnen ausschließlich zustehenden Einfuhr von Tabak zu beschweren, neue Ausfertigungen. Diese datieren vom 1. Oktober 1678, vom 26. Februar und 1. Juni 1679. Ja, der Herzog hatte nichts dagegen, daß die Einfuhrverbote, wie die Juden der damals üblichen Gewohnheit gemäß nachgesucht hatten, von der Kanzel in den Kirchen herab verkündet wurden.106) Das Patent vom 1.Juni 1679 ist in bekannter Manier gehalten. Die Pächter sollten nur en gros, „weinigst zu Pfunden, gegen billigen leidlichen Preiß“, Tabak verkaufen und hatten das alleinige Recht der Einfuhr. Um Unterschleif zu verhüten, sollten die Tabakrollen mit gewissen Stempeln versehen werden. Alle Behörden wurden angewiesen, die Inhaber des Privilegs zu unterstützen. Wie es mit dem im Lande geernteten Tabak gehalten werden sollte und wie hoch das „Gewisse“ war, das die Handelsleute zu zahlen erbötig waren, ist nicht im Patente gesagt.

In den maßgebenden Beamtenkreisen Schwerins war man mit dem Vorgehen des Herzogs gar nicht einverstanden. Seine Geheimräte sandten ihm, der in dieser Zeit in Hamburg weilte.107) im November 1678 ein Schreiben mit dem dringenden Rat, die Sache aufzugeben. Man stellte Seiner Durchlaucht nach reiflicher Erwägung vor, daß die Juden geringen Vorteil böten, während hundertfältiger Schaden, viele Prozesse und große Verantwortung für Mecklenburg daraus erwüchsen. Das Monopol sei doch in den Reichsinstitutionen verboten, „denn es leidet herunter der gemeine nutz, die bürger in den Städten, welche sich und die ihrigen durch Handel und Wandel ernehren.“ Besser wäre es den Bürgern und Handelsleuten, eine Steuer für den Handel mit Tabak aufzulegen. „Das wahre und richtige Interesse der fürstlichen Durchlaucht liege nicht in Beneficirung dergleichen einzelner Personen, sondern in Vermehrung des Landes Einwohner, Besetz- und Erhaltung der Städte.“

Doch auch solchen gewiß treu gemeinten Ratschlägen gegenüber verhielt sich der Herzog ablehnend. Willig gab er den Klagen der Pächter, daß sie durch Unterschleif zu kurz kämen, nach. Unnachsichtig ließ er diejenigen, die Tabak, der nicht von den Pächtern gekauft worden war, verhandelten, verfolgen und lieh den Pächtern gerichtlichen Beistand gegen ihre „morosos debitores“.108) Wenn auch der Unwille der Einwohnerschaft gelegentlich stark zum Ausdrucke kam, an der Sache wurde nichts geändert. Der Herzog war nicht im Lande und erfuhr vielleicht gar nicht von den Beschwerden, die gegen das Monopol laut wurden. In Schwerin kam es z. B. bei einem Verhör von drei des Handels mit nicht von Bendix gekauftem Tabak beschuldigten Personen dazu, daß diese in die Worte ausbrachen, „wie das ganze Land sich mit ungleich größerem Fueg über den Kläger zu beschweren mehr den zu viel Ursach haben möge“.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Das Tabakmonopol in Mecklenburg-Schwerin