Abschnitt. 2

Während solche Verhandlungen im Gange waren, die es dem Nathan Bendix leid machen mochten, sich überhaupt auf das gewagte Geschäft eingelassen zu haben, wußte der allgemeine Unwille in den handeltreibenden Kreisen der Bevölkerung gegen das Monopol sich auch bei den Ständen Beifall zu verschaffen. Auf dem Landtage zu Sternberg baten am 9. September 1674 die Abgeordneten der Städte in Anbetracht der Befürchtung, „daß dies höchst schädtliches Monopolium dem Lande nicht geringen Schaden zufügen und ein mehres nach sich ziehen möchte“, daß „dieser praejudicirliche Tobackshandel möge wieder abgethan werden“. Die Ritter- und Landschaft aber des Herzogtums Mecklenburg nahm den Gedanken auf und lehnte sich in einer „unterthänigsten Deductionsschrift in puncto gravaminum“ vom 11. September 1674 ebenfalls gegen das Tabakmonopol auf, „wodurch die Städte und Ritterschaft mercklich graviret werden dürften“.99) Namentlich, daß der Herzog sich mit einem Juden eingelassen hatte, erregte Bedenken, und man schloß daher mit einem Appell an Seine Durchlaucht, er werde nicht wollen, „daß der ohnedem verdorbene freye handel undt Wandel vorauß von einem ungläubigen Juden eingeschrencket werden möge“.

Sicher wäre es in hohem Grade bedeutsam, nachweisen zu können, wie der Herzog auf den Monopolgedanken gekommen ist. Am nächsten liegt es natürlich, an eine Beeinflussung von französischer Seite zu denken. Indes abgesehen davon, daß in der herzoglichen Korrespondenz sich keine Anhaltspunkte zu dieser Annahme finden, bleibt auch zu erwägen, daß Colbert’s Edikt erst am 17. September 1674 veröffentlicht wurde, während der Herzog, der seit 1663 in Frankreich weilte,100) bereits seit dem Dezember 1673 mit sich im Reinen war und spätestens am 15. Mai 1674 das erste auf das Monopol bezügliche Patent erließ. Unter den deutschen Ländern war zu dieser Zeit noch keins auf den Gedanken geraten, den Tabakhandel als ein Monopol in Anspruch zu nehmen. Auf eine Spur führt ein Bericht, der dem Herzog am 19. Mai 1670 von Schwerin aus gesandt wurde. Es heißt in ihm: „So melden sich auch Juden an in E. F. D. Landen zu handeln, mit denen man unsers unvorgreifflichen Ermessens auff etliche Jahre zu versuchen, doch nach Maßgebung der Reichs-Constitutionen alß welcher sich E. F. D. quatenus status imperii quoad jus recipiendi Judaeos ohn einige Zweiffel zu gebrauchen.“ Wenn hierin auch nur von der Erlaubnis für Juden, sich in Mecklenburg aufhalten und Handel treiben zu dürfen, die Rede ist, so wäre doch möglich, daß deren Angebot sich auch gerade auf den Tabakhandel erstreckt hätte. Der Herzog, in chronischer Geldverlegenheit, mochte dann im Interesse seiner Kasse zugegriffen haben, obwohl ja schließlich die zu erwartende Einnahme im Hinblick auf den Bedarf nie eine beträchtliche sein konnte.101)


Woher nun immer der Herzog sich die Anregung geholt haben mag, auf eine Würdigung des ständischen Einspruchs glaubte er sich nicht einlassen zu sollen. Auf die ihm gewordenen Vorstellungen erteilte er folgende Resolution. Es sei sein Vorsatz nicht gewesen, die „Commercien“ in ihrem Laufe zu hindern. Eine Beeinträchtigung oder Hinderung der Gewürzhändler und Krautkrämer sei nicht zu erwarten, da er die Pächter angewiesen habe, den Tabak an sie zu demselben Preise, wie sie ihn bisher in Lübeck oder Wismar hätten kaufen können, abzulassen. Wenn Bendix den Tabak nicht in der Beschaffenheit, wie ihn die Händler brauchten, besorgen könnte, würde er erlauben, daß sie ihn von anderswo her bezögen. Zunächst aber müsse die erlassene Vorschrift bestehen bleiben.102)

Die Stände beruhigten sich bei der ablehnenden Haltung des Herzogs nicht und wandten sich vielmehr an den Kaiser Leopold mit der Bitte um Vermittlung. Am 2. Januar 1675 gebot dieser dem Herzoge von Mecklenburg, bei einer Strafe von 10 Mark lötigen Goldes die Neuerung wieder abzuschaffen. Der Kaiser berief sich darauf, daß in der Reformation- und Polizei-Ordnung sowie den kaiserlichen Kapitulationen derartige Monopole und Verkaufsanmaßungen verboten wären. Dazu rügte er die Vergünstigungen, die der Herzog den Juden eingeräumt hatte. Man habe seither in Mecklenburg nie etwas von Juden gehört, geschweige denn ihnen erlaubt, Handel zu treiben. Nun müsse man fürchten, daß, nachdem sie die Tabakkonzession erschlichen hätten, sie auch für den Vertrieb anderer Waren gleiche Vorteile zu erlangen suchen würden. Das sei um so schlimmer, als die mecklenburgischen Städte „von aller Nahrung bereits entblößet“ wären.

Zwei Monate später, am 12. März, wurde dann das Mandatum inhibitorium et cassatorium sine clausula der gesamten Ritter- und Landschaft des Herzogtums Mecklenburg contra Christian Ludwig vom Kammergerichtsnotar Jacobus Michael in Gegenwart zweier Zeugen, nachdem festgestellt worden war, daß der Herzog nicht auf seinem Schlosse in Schwerin anwesend, sondern verreist war, dem Kanzler Wedemann persönlich übergeben.103)

Der Herzog beantwortete die kaiserliche Einmischung zunächst damit, daß er am 3. April dem Handelsmanne Bendix sein Privileg erneuerte und die Pacht, wie jener gebeten hatte auf 100 Taler ermäßigte.104) Bald darnach aber ließ er durch seinen Rechtsanwalt Ulrich David Kuehorn dem Kaiser eine Antwort zugehen,105)die in dem Gedanken gipfelte, daß bei dem Tabakhandel von einem Vitium monopolii im Sinne der Frankfurter Polizeiordnung von 1577 nicht die Rede sein könne. Nathan Bendix verkaufe nicht zu beliebigen Preisen, sondern das Precium würde nach beiderseitiger Übereinstimmung von Käufer und Verkäufer festgesetzt, und dieses falle erfahrungsmäßig nicht höher als in Lübeck oder Wismar aus. Dabei sei in Betracht zu ziehen, daß der Genuß des Tabaks überhaupt von zweifelhafter Bedeutung und daher seine etwaige Einschränkung durch ein Monopol nicht unstatthaft sei. „Es ist,“ heißt es in dem Schreiben, „der Taback diesser Eigenschafft und Natur, daß dem gantzen Lande consequenter der Ritter- und Landschafft kein Eintrag geschehen könte noch würde, wann derselbe zu verkauffen oder zu kauffen gäntzlich solte verbotten werden, da man ja dessen entbehren kann, selbiger ad luxum angesehen, denen die sich darzu gewehnen, mehr schädlich als beförderlich, wordurch öfftermahlen viele Ungelegenheiten, incendia und dergleichen excitiret werden.“

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Das Tabakmonopol in Mecklenburg-Schwerin