Abschnitt. 2

Wie sicher der Herzog seine Auffassung verteidigt haben mochte, so ist ihm doch offenbar zweifelhaft gewesen, ob man seine Beweisführung allgemein anerkennen würde. Deswegen beauftragte er seinen Anwalt, sich an einen berühmten Rechtskundigen auswärts zu wenden. Als solcher war ihm sein früherer Kanzler und geheimer Rat Johann Schlüter bekannt, der im Jahre 1678 einem Rufe als Syndikus nach Hamburg gefolgt war. Schlüter, der die Akten durchsah, hielt den Fall für bedenklich. Zwar liegt seine Ansicht nicht unmittelbar vor. Allein man erfährt sie aus einem an den Herzog gerichteten Schreiben, dessen Verfasser sich nicht nennt, der aber kaum ein anderer als der herzogliche Anwalt gewesen sein dürfte. Der Schreiber des Briefes meldete von Schlüter, „daß er der Sachen nicht viel getrawet und einen widerwertigen Spruch befürchtet“. Als äußerstes Mittel schlug Schlüter die Einreichung einer Duplik beim Kammergerichte vor, „welches sonsten nicht leichtlich geschiehet“, und wovon er sich offenbar wenig Erfolg versprach. Dieser Auffassung trat der Briefschreiber bei. Im Grunde laufe der Vertrag mit Wilhelmsen doch auf ein Monopol hinaus, „wie man es auch beschönigen mag“, und er riet daher dem Herzoge, einen neuen Vertrag abzuschließen, in welchem die Klausel der alleinigen Berechtigung zum Handel ausgelassen würde.

Unterdessen erfolgte am 11. April 1679 die Entgegnung der Ritterschaft auf die herzogliche Auslassung. Ihr Verfasser, der Advokat Plönnies, der seine Kunst im Angriff auf das Monopol bereits bewährt hatte, trug folgenden Gedankengang vor. Das Zugeständnis an Wilhelmsen ist und bleibt doch ein „formales unstreitiges Monopolium“. Es sei „ad formam monopolii genug, wann Jemandt einige Handlung an sich allein ziehen und andere daran excludiren will“. Die Versprechungen, die der Privilegierte gemacht hat, wird er nicht halten. Statt virginischen oder anderen kostbaren Tabaks wird er „schlechten und stinkenden Musquetirer Toback“ feilbieten. Ob die Preise, die er fordert, mit den in Hamburg und Lübeck üblichen sich auf dem gleichen Niveau halten werden, wird man schwerlich erfahren können, und wollte man Nachforschungen anstellen, so wird das vielleicht bei Hofe als eine „Violation desPrivilegii“ angesehen. Ein Unterschied zwischen dem Monopol Privater und dem einer Staatsregierung ist unzutreffend. Monopole sind eben nirgends im Deutschen Reich „unter keinem Schein“ geduldet. Das Gefährlichste an ihnen ist, daß sie immer weiter um sich greifen. Was heute im Tabakhandel geschieht, kann morgen in Wein, Salz, Gewürzen oder anderen Kaufmannswaren verfügt werden. Am wenigsten paßt die Berufung, daß man eine Manufaktur nur durch Schutzmaßregeln emporbringen können. „Denn so weinig andere Kreutter, so auß der Erde wachsen und einiger Zubereitung bedörffen, ehe und bevor sie zu des Menschen Nutzen fueglich gebraucht werden mögen, sub praetextu artis manuariae einem Menschen allein unter die Hand gegeben werden können, ebensowenig bedarf auch der Toback eines Monopolii deßwegen, daß er umb mehrer Bequemlichkeit willen in Rollen zusammengemacht wirdt, das er ohne Gebrauch einiger Manufactur solcher gestalt wie er von Nattur wächst, eben den usum hat, alß wann er commodioris transportationis caisa zusammen gerollet wirdt.“


Auf den Herzog machten diese Ausführungen zunächst so wenig Eindruck wie die Ratschläge seines Anwalts. Das Privileg, das er Wilhelmsen erteilt hatte, war er gesonnen zu halten. Wieder-holt hatte er auf dessen Ansuchen Nachforschungen anstellen lassen, ob der von Krämern verkaufte Tabak auch von ihm genommen wäre, und z. B. u. a. einer Frau Apotheker Rugewald in Güstrow nicht weniger als 144 Pfund wegzunehmen angeordnet. So ließ er denn jetzt seine Idee nicht ohne weiteres fahren, sondern hielt sich an den von dem Juristen Schlüter in Hamburg gemachten Vorschlag, es mit einer Duplik beim Kammergericht zu versuchen. Seinem dortigen Anwalt Vergenius ließ er einige von seinen Räten aufgezeichnete Gesichtspunkte zugehen, nach denen er die Verteidigungsschrift ausarbeiten sollte.

Jedoch dieser Wunsch des Herzogs kam zu spät zur Kenntnis Dr. Vergenius. Am 14. Juni 1679 aus Güstrow abgegangen, gelangte das Schreiben erst am 6. Juli nach Speier in dessen Hände, d. h. nachdem am 4. Juli bereits die „ultima juridaca“ und tags darauf der letzte Ratgang in „extra judicialibus“ vor den Hundstagsferien gehalten worden war. Demgemäß war gegen die am 7. Juli erfolgte „Publicatio Sententiarum“ nichts mehr einzuwenden, und dieses Urteil lautete dahin, daß der Herzog aufgefordert wurde, binnen drei Monaten das Privileg aufzuheben, widrigenfalls er zu der im Mandat angegebenen Strafe sich verstehen müßte.

Das Urteil war aber wunderbarerweise nicht gleich in der Kanzlei ausgefertigt worden, so daß Dr. Vergenius es erst am 12. August nach Güstrow zu schicken vermocht hatte. Und hier war unterdessen der Herzog anderen Sinnes geworden. Er war von selbst aus bewegenden Ursachen darauf gekommen, das Privileg dem Wilhelmsen zu kündigen, und man hatte nur „wegen vieler anderer Geschäffte es zu notificiren vergessen“. Als jetzt das Urteil des Kammergerichts eintraf, wurde am 24. August 1679 die Unterlassung sofort gut gemacht. Damit war denn das Monopol in Mecklenburg-Güstrow aus der Welt geschafft.

Eine Reihe von Jahren verging, ohne daß man in Güstrow vom Monopol etwas hörte. Aber die Sicherheit, mit der dein fürstlicher Schwager an ihm festhielt, vielleicht auch die Erfahrung anderer Länder und der Wunsch, den geschwächten Finanzen aufzuhelfen, veranlaßten den Herzog Gustav Adolf, nach einem Jahrzehnt das Experiment zu wiederholen. Am 13. September 1689 befahl der Herzog seinen sämtlichen Beamten und insbesondere den Zolleinnehmern, die beiden Tabakhändler Franz Harz und Claus Schröter mit ihren Wagen frei passieren zu lassen,115)und am folgenden Tage erhielten die Genannten die Erlaubnis, in Güstrow eine Tabakspinnerei einzurichten und den Tabakhandel „ohn Jemandes Eintrag und Behinderung in unserem Herzogthume zu betreiben“. Ausdrücklich wird auf die Konzession Bezug genommen, die der Jude im Schwerinschen erlangt hatte. Harz sollte die Erlaubnis in gleicher Weise wie jener benutzen und Tabak von allem Landzoll frei importieren dürfen. Alle Krämer und Händler sollten künftig nur von ihm den Tabak beziehen und lediglich den mit Harzschem Stempel versehenen Tabak verkaufen dürfen. Andererseits mußte Harz versprechen, guten und unverfälschten Tabak für billigen und gehörigen Preis zu liefern.

Es fehlt leider an Nachrichten, wie man dieses Mal in den ständischen Kreisen das Monopol aufnahm. Die über das zweite Monopol erhaltenen Akten sind sehr dürftig. Nur soviel steht fest, daß am 16. September 1689 die Konzession dem Harz auf 8 Jahre ausgereicht wurde, nach deren Ablauf sie auf seinen Sohn Franz Harz den Jüngeren übergehen sollte.116) Die Rekognition, zu der sich die Händler verpflichteten, bestand in der Zahlung von 130 Speziestalern jährlich während der ersten Hälfte der Pachtperiode und 150 Speziestalern jährlich während der zweiten Hälfte. Im ganzen genommen waren demnach für acht Jahre die Summe von 1120 Talern zu erwarten, wovon 400 sofort „avanciret und ausgezahlet“ wurden.

Dieses Kapitel ist Teil des Buches Das Tabakmonopol in Mecklenburg-Schwerin